Heinrich Heines „Deutschland. Ein Wintermährchen“ (nachfolgend: Wintermährchen) durchlebte eine wechselvolle Geschichte. Allein zu Heines Lebzeiten kannte der Text mindestens drei inhaltlich verschiedene Ausführungen. Und auch nach seiner Zeit fand es viele Wiedergaben, darunter Übersetzungen in mindestens 18 Sprachen sowie Bearbeitungen für die Schule und die universitäre Lehre.
Ziel dieser Arbeit ist es, einige Textwiedergaben samt der Gründe für ihre Gestaltung vorzustellen und das Für und Wider ihrer Ausformung zu erhellen. Dabei werde ich auch auf einige ideologische Denkmuster zu sprechen kommen, die ich für veraltet und unlogisch halte und die ich zu relativieren versuchen werde.
Das Werk wurde abgemildert, gekürzt, beschnitten, in Auszügen wiedergegeben und verschlimmbessert. Exemplare dieses Textes wurden verboten, beschlagnahmt, verbrannt und dienen heute dazu, Diskussionen über Freiheit im Deutschunterricht anzuheizen. Ein Text, der Geschichte schrieb. Es ist eine Geschichte, die sich allein schon an den vielen verschiedenen Ausgaben des Wintermährchens ablesen lässt.
Wie ein Text wiedergegeben wird – in welcher Gestalt, mit welchen Zusatzmaterialien – hängt unzweifelhaft mit der Zielgruppe zusammen, an die sich ein Text wenden soll. Studierenden und Wissenschaftlern, so ist die allgemeine Auffassung, kann man historisch veraltete Schreibweisen und mittlerweile ungebräuchliche Worte zumuten. Schülern allerdings nicht. Der Jugend zuliebe wird in historische Vorlagen mitunter ohne erkennbares Muster eingegriffen und erläutert.
Ich werde anfangs in aller Kürze auf jene Textwiedergaben zu sprechen kommen, die zu Heines Lebzeiten das Licht der literarischen Welt erblickten. Im Anschluss werde ich die Textfassungen der zwei heute gebräuchlichen wissenschaftlichen Ausgaben – die DHA und die HSA – vorstellen und die Gründe für deren Textauswahl nennen und kritisch beleuchten. Ebenso möchte ich auf nichtwissenschaftliche Ausgaben, so genannte Leseausgaben, zu sprechen kommen und in diesem Teil besonders das Problemfeld der sprachlichen Modernisierung historischer Texte behandeln. In einer abschließenden Betrachtung werde ich neue Wege und Bedingungen der Textwiedergabe darlegen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Wintermährchen und seine Geschichte
- Fassungen in verschiedenen Ausgabetypen
- Textfassungen in wissenschaftlichen Ausgaben
- Textfassungen in Studien- und Leseausgaben
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert verschiedene Textwiedergaben von Heinrich Heines "Deutschland. Ein Wintermärchen", um die Gründe für deren Gestaltung und die Auswirkungen auf die Rezeption des Textes zu beleuchten. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Behandlung historischer Schreibweisen und sprachlicher Modernisierungen in verschiedenen Ausgabetypen.
- Die Geschichte des "Wintermährchens" und seine Entstehung im Kontext politischer und literarischer Umstände
- Die Herausforderungen der Textwiedergabe in wissenschaftlichen Ausgaben (DHA und HSA)
- Die Problematik der sprachlichen Modernisierung historischer Texte in Leseausgaben
- Die Relevanz der Berücksichtigung aller historischen Fassungen für die Textinterpretation
- Die Rolle des Autors und der Selbstzensur in der Gestaltung von Textfassungen
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung führt in die Thematik der verschiedenen Textwiedergaben von Heinrich Heines "Deutschland. Ein Wintermärchen" ein. Sie beleuchtet die wechselvolle Geschichte des Textes und die Herausforderungen, die sich aus der Wiedergabe historischer Texte für die Rezeption und Interpretation ergeben.
- Das Wintermährchen und seine Geschichte: Dieses Kapitel beschreibt die Entstehung des "Wintermährchens" im Kontext der politischen und literarischen Situation des 19. Jahrhunderts. Es beleuchtet die Zensur des Textes und die verschiedenen Auflagen, die zu Heines Lebzeiten veröffentlicht wurden.
- Fassungen in verschiedenen Ausgabetypen: Dieses Kapitel widmet sich der Analyse der Textwiedergabe in wissenschaftlichen Ausgaben (DHA und HSA) und in nichtwissenschaftlichen Ausgaben, den sogenannten Leseausgaben. Es werden die Kriterien der Textauswahl, die Problematik der sprachlichen Modernisierung und die Relevanz der Berücksichtigung aller historischen Fassungen diskutiert.
Schlüsselwörter
Heinrich Heine, "Deutschland. Ein Wintermärchen", Textwiedergabe, wissenschaftliche Ausgaben, Leseausgaben, sprachliche Modernisierung, Zensur, Selbstzensur, Textgeschichte, Textinterpretation, historische Schreibweisen, Rezeption, Textidentität, Textvarianz.
- Quote paper
- Patrick Ewald (Author), 2012, Textfassungen im Vergleich. Textdarstellungen in verschiedenen Ausgabetypen von Heinrich Heines "Deutschland. Ein Wintermährchen", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/320265