Kann der „Willehalm“ Wolfram von Eschenbachs, ungeachtet aller Epochengrenzen, in eine Geschichte der Humanität eingeordnet werden? Diese Frage bildet den Ausgangspunkt dieser Hausarbeit. Um Fragen zur Entstehung oder Absicht eines mittelalterlichen Textes zu beantworten, reicht eine rein textorientierte Erarbeitung häufig nicht aus. Es ist meiner Ansicht nach unerlässlich die historischen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Mit diesem Wissen erweitert sich die Perspektive auf den Text und es können neue Antworten generiert werden.
Im Willehalm werden unter anderem der Umgang mit Heiden und der Kreuzzugsgedanke behandelt. Wie dabei die genaue Bewertung aussieht, ist umstritten. Die Forschung ist sich allerdings einig, dass der "Willehalm" inhumane Positionen durchaus in Frage stellt. Daraus ergibt sich die Frage, welches Ziel Wolfram damit bezweckte. War dies eine Einzelmeinung des Dichters Wolfram, war er politisch gesteuert oder gab es andere Gründe, die die Ansichten innerhalb des Textes begründen. Um diese Frage zu beantworten, muss interdisziplinär auf Texte von Geschichtswissenschaftlern zurückgegriffen werden. Denn die Bedeutung des Textes erschließt sich dem Leser meiner Ansicht nach nur, wenn man auch den historischen Kontext, der der Produktion zugrunde lag, betrachtet.
Zu diesem Zweck wird nach der Vorstellung des Werkes, die politische Situation der damaligen Zeit vorgestellt und es wird eine mögliche Ursache für die Entstehung des Werkes gegeben. Danach wird der "Willehalm" mit der altfranzösischen Vorlage verglichen. Denn es ist problematisch fiktive Motive des Werkes auf reale Ereignisse umzudeuten. Dies führt häufig zu simplen Analogieschlüssen. Es ist entscheidend herauszuarbeiten, welche Änderungen Wolfram vornahm. Um im nächsten Schritt diese Änderungen zu begründen und in einen historischen Kontext einzubetten.
Als Textgrundlage für die Analyse des "Willehalm" dient die Ausgabe von Werner Schröder (2003). Auch Texte von anderen mittelalterlichen Dichtern mit einer ähnlichen Thematik werden im Rahmen dieser Forschungsarbeit behandelt; die jeweilige Edition wird in den Fußnoten angegeben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Willehalm
- Inhalt
- Historische Grundlage
- Historischer Kontext der Entstehung
- Die Kreuzzüge
- Die Welfen und die Staufer
- Entstehung des Werkes
- Der Vergleich mit der altfranzösischen Vorlage
- Begründung des Vorgehens
- Die Änderungen zur Vorlage
- Giburgs Toleranzrede
- Auswertung der Beobachtungen
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Wolframs von Eschenbachs "Willehalm" im Kontext seiner historischen Entstehung. Ziel ist es, den Text nicht nur textanalytisch, sondern auch unter Berücksichtigung der politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten des 13. Jahrhunderts zu verstehen und die Intention Wolframs besser zu erfassen. Die Arbeit hinterfragt, inwieweit die im "Willehalm" dargestellten Positionen zur Auseinandersetzung zwischen Christen und Muslimen die persönliche Meinung Wolframs, politische Einflüsse oder andere Faktoren widerspiegeln.
- Der "Willehalm" als literarisches Werk im Kontext der Kreuzzüge
- Der Vergleich des "Willehalm" mit seiner altfranzösischen Vorlage
- Die Darstellung des Umgangs mit Heiden und der Frage nach "Humanität"
- Wolframs mögliche Intention und die Bedeutung des Werkes im historischen Kontext
- Die politische Situation des 13. Jahrhunderts und ihre Beziehung zum "Willehalm"
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung betont die Notwendigkeit, mittelalterliche Texte nicht nur textorientiert, sondern auch unter Berücksichtigung des historischen Kontextes zu interpretieren. Sie führt die Thematik des Umgangs mit Heiden und den Kreuzzugsgedanken im "Willehalm" ein und stellt die Forschungsfrage nach Wolframs Intention bei der Darstellung dieser Themen. Die Methodik der Arbeit wird skizziert: Vorstellung des Werkes, Darstellung des historischen Kontextes, Vergleich mit der altfranzösischen Vorlage und Einbettung der Veränderungen in den historischen Kontext.
Der Willehalm: Dieses Kapitel präsentiert zunächst die Handlung des "Willehalm". Willehalm, ein enterbter Fürst, erobert Oransche, entführt Arabel (die später Giburg wird) und provoziert einen Krieg mit dem Großkönig Terramer. Die beiden Schlachten von Alischanz und die Rolle des Rennewart werden beschrieben. Der Abbruch der Dichtung an der Stelle der Suche nach Rennewart wird erwähnt. Der zweite Teil dieses Kapitels beleuchtet die historische Grundlage des Werkes, den historischen Wilhelm von Toulouse und seine Bedeutung im 8. Jahrhundert, und stellt die verschiedenen Datierungen für die Entstehung des "Willehalm" vor. Der Bezug zur "Chanson de geste" wird hergestellt.
Historischer Kontext der Entstehung: Dieses Kapitel beleuchtet den historischen Kontext der Entstehung des "Willehalm", der sich primär auf die Kreuzzüge und den damit verbundenen "gerechten Krieg"-Gedanken konzentriert. Es wird auch die politische Lage mit den Welfen und Staufern und die Entstehung des Werkes im zweiten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts diskutiert. Die wenigen höfischen Epik-Werke, die sich mit Kriegen gegen Heiden befassen, werden hervorgehoben.
Der Vergleich mit der altfranzösischen Vorlage: Dieses Kapitel widmet sich einem Vergleich des "Willehalm" mit seiner altfranzösischen Vorlage. Es analysiert die von Wolfram vorgenommenen Änderungen und versucht diese im historischen Kontext zu erklären. Die "Giburgs Toleranzrede" wird als besonders relevanter Aspekt hervorgehoben, der für die Interpretation des Werkes von Bedeutung ist.
Schlüsselwörter
Willehalm, Wolfram von Eschenbach, Kreuzzüge, Heiden, Islam, Christentum, altfranzösische Vorlage, höfische Epik, Mittelalter, Historischer Kontext, Humanität, bellum iustum, Wilhelm von Toulouse.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Wolframs von Eschenbachs "Willehalm"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht Wolframs von Eschenbachs "Willehalm" im Kontext seiner historischen Entstehung. Der Fokus liegt auf der textanalytischen Untersuchung des Werkes unter Berücksichtigung der politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten des 13. Jahrhunderts, um Wolframs Intention besser zu verstehen. Insbesondere wird der Umgang mit der Thematik der Auseinandersetzung zwischen Christen und Muslimen im "Willehalm" analysiert.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit befasst sich mit dem "Willehalm" als literarisches Werk im Kontext der Kreuzzüge, vergleicht ihn mit seiner altfranzösischen Vorlage, analysiert die Darstellung des Umgangs mit Heiden und die Frage nach "Humanität", untersucht Wolframs mögliche Intention und die Bedeutung des Werkes im historischen Kontext und beleuchtet die politische Situation des 13. Jahrhunderts und ihre Beziehung zum "Willehalm".
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Die Einleitung betont die Notwendigkeit der Berücksichtigung des historischen Kontextes bei der Interpretation mittelalterlicher Texte und stellt die Forschungsfrage nach Wolframs Intention. "Der Willehalm" präsentiert die Handlung des Epos und beleuchtet seine historische Grundlage. "Historischer Kontext der Entstehung" konzentriert sich auf die Kreuzzüge, die politische Lage (Welfen und Staufer) und die Entstehung des Werkes. "Der Vergleich mit der altfranzösischen Vorlage" analysiert die von Wolfram vorgenommenen Änderungen und deren Kontextualisierung, wobei die "Giburgs Toleranzrede" besonders hervorgehoben wird. Die Arbeit schließt mit einer Auswertung der Beobachtungen und einem Schluss.
Welche Methode wird angewendet?
Die Arbeit kombiniert textanalytische Methoden mit der Einbeziehung des historischen Kontextes. Sie beinhaltet eine Darstellung des Werkes, eine Beschreibung des historischen Kontextes, einen Vergleich mit der altfranzösischen Vorlage und die Einbettung der Veränderungen in den historischen Kontext.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Willehalm, Wolfram von Eschenbach, Kreuzzüge, Heiden, Islam, Christentum, altfranzösische Vorlage, höfische Epik, Mittelalter, Historischer Kontext, Humanität, bellum iustum, Wilhelm von Toulouse.
Was ist die zentrale Forschungsfrage?
Die zentrale Forschungsfrage untersucht, inwieweit die im "Willehalm" dargestellten Positionen zur Auseinandersetzung zwischen Christen und Muslimen die persönliche Meinung Wolframs, politische Einflüsse oder andere Faktoren widerspiegeln.
Welche Rolle spielt die altfranzösische Vorlage?
Die altfranzösische Vorlage dient als Vergleichsgrundlage, um die von Wolfram vorgenommenen Änderungen zu analysieren und im historischen Kontext zu erklären. Diese Änderungen liefern wichtige Hinweise auf Wolframs Intention und die Rezeption der Thematik im 13. Jahrhundert.
Wie wird der historische Kontext berücksichtigt?
Der historische Kontext, insbesondere die Kreuzzüge, die politische Situation mit Welfen und Staufern, und die allgemeine gesellschaftliche Stimmung des 13. Jahrhunderts, wird als essentieller Bestandteil der Interpretation des "Willehalm" betrachtet und eingehend untersucht.
- Citar trabajo
- Frank Hoffmann (Autor), 2015, Der "Willehalm" Wolframs von Eschenbach. Entstehung und Bedeutung im historischen Kontext, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/320351