Kaum eine literarische Gattung kann sich größerer Beliebtheit erfreuen als der Kriminalroman. Die Faszination, die der Kriminalroman auf den Leser ausübt, scheint viele Gründe zu haben. Dies kann neben dem Spannungsaufbau, vor allem an seinem Rätselcharakter liegen. Ziel eines jeden Kriminalromans ist es, den Leser bis zum Schluss über die Aufklärung des Verbrechens im Unklaren zu lassen. Dies wird durch eine Beeinflussung des Lesers im Leseakt erzeugt. Es lässt sich nun die Frage formulieren, wie genau diese Beeinflussung funktioniert und wie sie sich äußert. Dies führt zum Thema der literarischen Kommunikation.
Literatur ist Kommunikation, wenn der Urheber des Textes mit einer Botschaft in seinem Werk einen, für ihn unbekannten, Rezipienten erreichen möchte. Vereinfacht gilt für literarische Kommunikation die Formel: Autor – Text – Leser. Doch damit allein ist die Kommunikationsstruktur eines Textes noch nicht erklärt. Da Leser und Autor außerhalb des Textes stehen, muss die Information vermittelnde Instanz innerhalb des Textes verortet sein. Dazu bieten sich die abstrakten Entitäten, der abstrakte Autor und der abstrakte Leser, an. Der abstrakte Autor als Bild, dass sich der Leser vom realen Autor während des Rezeptionsvorgangs macht und der abstrakte Leser als Bild, das sich der Autor von einem undefinierten Leser im Produktionsprozess macht, könnten auf eine Kommunikation zwischen Autor und Leser schließen lassen, die eine Beeinflussung des Lesers durch den Text erzeugt.
Die Problemstellung, der sich diese Arbeit stellt, bezieht sich auf eine Möglichkeit der kommunikativen Fähigkeiten des abstrakten Autors und des abstrakten Lesers als Bestandteil eines Kommunikationsmodells der Literaturwissenschaft. In diesem Kontext muss hier zugleich die Frage beantwortet werden, ob sich speziell innerhalb des Kriminalromans diese abstrakten Entitäten nachweisen lassen.
Ausgangspunkt der weiteren Überprüfung sollen die ausgewählten Werke zweier deutscher Autoren sein. Die beiden Kriminalromane Friedrich Dürrenmatts „Der Richter und sein Henker“ und „Der Verdacht“ werden ebenso wie Bernhard Schlinks „Selbs Trilogie“ im Fokus der Analyse stehen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Der Kriminalroman und seine Leserlenkung
- 2.1 Entstehung und Geschichte des Kriminalromans
- 2.2 Elemente und Strukturen des Kriminalromans
- 2.3 Die Methoden der Leserlenkung im Kriminalroman
- 3. Kommunikationsmodelle der Literaturwissenschaft
- 3.1 Das Kommunikationsmodell von Wolf Schmid
- 3.2 Das Kommunikationsmodell des Autorenkollektivs Cordula Kahrmann, Gunter Reiß und Manfred Schluchter
- 3.3 Erweiterung der Kommunikationsmodelle Schmid und Kahrmann/Reiß Schluchter durch Reinhard Ibler
- 4. Die textinterne Kommunikationsebene des abstrakten Autors und des abstrakten Lesers
- 4.1 Der abstrakte Autor
- 4.1.1 Kritik am abstrakten Autor
- 4.1.2 Definition und endgültige Begriffsbestimmung des abstrakten Autors
- 4.2 Der abstrakte Leser
- 4.2.1 Kritik am abstrakten Leser
- 4.2.2 Definition und endgültige Begriffsbestimmung des abstrakten Lesers
- 5. Friedrich Dürrenmatt und seine Detektivromane „Der Richter und sein Henker“ und „Der Verdacht“
- 5.1 „Der Richter und sein Henker“
- 5.1.1 Analyse der stilistischen Mittel des Romans
- 5.1.2 Leserlenkung und der abstrakte Leser
- 5.1.3 Analyse des abstrakten Autors
- 5.2 „Der Verdacht“
- 5.2.1 Analyse der stilistischen Mittel des Romans
- 5.2.2 Leserlenkung und der abstrakte Leser
- 5.2.3 Analyse des abstrakten Autors
- 6. Bernhard Schlink und seine Detektivromane die „Selbs Trilogie“
- 6.1 „Selbs Betrug“
- 6.1.1 Analyse der stilistischen Mittel des Romans
- 6.1.2 Leserlenkung und der abstrakte Leser
- 6.1.3 Analyse des abstrakten Autors
- 6.2 „Selbs Justiz“
- 6.2.1 Analyse der stilistischen Mittel des Romans
- 6.2.2 Leserlenkung und der abstrakte Leser
- 6.2.3 Analyse des abstrakten Autors
- 6.3 „Selbs Mord“
- 6.3.1 Analyse der stilistischen Mittel des Romans
- 6.3.2 Leserlenkung und der abstrakte Leser
- 6.3.3 Analyse des abstrakten Autors
- 7. Ergebnis der Analyse
- 8. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit befasst sich mit der kommunikativen Funktion des abstrakten Autors und des abstrakten Lesers in Kriminalromanen. Ziel ist es, die Rolle dieser Entitäten in der Leserlenkung und der Gestaltung der Textinterpretation zu beleuchten. Hierzu werden die Werke von Friedrich Dürrenmatt und Bernhard Schlink analysiert, um die spezifischen Kommunikationsstrategien dieser Autoren aufzuzeigen.
- Die Rolle des abstrakten Autors und des abstrakten Lesers in der literarischen Kommunikation
- Die Einflussnahme des Autors auf den Leser im Kriminalroman
- Die Analyse von Stilmitteln und deren Wirkung auf die Leserlenkung
- Die spezifischen Kommunikationsstrategien von Friedrich Dürrenmatt und Bernhard Schlink
- Die Bedeutung des Kriminalromans als Genre der Leserlenkung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in das Genre des Kriminalromans und seinen charakteristischen Merkmalen, insbesondere der Leserlenkung. Im Anschluss werden verschiedene Kommunikationsmodelle der Literaturwissenschaft vorgestellt, die die Rolle des Autors und des Lesers im Text beleuchten. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Erweiterung dieser Modelle durch die Konzepte des abstrakten Autors und des abstrakten Lesers. Kapitel 4 beschäftigt sich mit diesen beiden Entitäten und deren Definition. Die folgenden Kapitel analysieren die Kriminalromane von Friedrich Dürrenmatt und Bernhard Schlink, wobei die stilistischen Mittel, die Leserlenkung und die Rolle des abstrakten Autors im Mittelpunkt stehen. Abschließend werden die Ergebnisse der Analyse zusammengefasst und die Bedeutung der Kommunikationsmodelle für die Interpretation der Kriminalromane diskutiert.
Schlüsselwörter
Kriminalroman, Leserlenkung, abstrakter Autor, abstrakter Leser, Kommunikation, Literaturwissenschaft, Stilmittel, Friedrich Dürrenmatt, Bernhard Schlink, Textinterpretation.
- Quote paper
- Yatiker Yildiz (Author), 2014, Kommunikationsmodelle in Kriminalromanen von Friedrich Dürrenmatt und Bernhard Schlink, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/321193