Kulturelle Bildung im Spannungsfeld zwischen Teilhabe und Distinktion. Das Museum als Ort für Kulturelle Teilhabe


Dossier / Travail, 2016

21 Pages, Note: 1,0


Extrait


INHALT

Einleitung

1. Kulturelle Bildung
1.1 Was und wozu? - Eine Annäherung an den Begriff
1.2 Forschung(sstand)..
1.3 Auf die ersten Jahre kommt es an

2. Das Museum als Ort für kulturelle Teilhabe..
2.1 Das Museum als Bildungs- und Lernort früher und heute.
2.2 Kulturelle Bildung im Kunst-Museum.
2.2.1 Teilhabe an der Kunst / „Kunst für alle!“
2.2.2 Rahmenbedingungen
2.2.2.1 Zusammenarbeit.
2.2.2.2 Eintrittsgelder
2.2.2.3 Audience Development & Kommunikation.
2.2.3 Prinzipien der Vermittlung bei der Zielgruppe Kinder
2.2.3.1 Handlungsorientierung.
2.2.3.2 Prinzip der Lebensnähe
2.2.3.3 Verknüpfung mit Emotionen.

3. Fazit

4. Literatur

Sekundärliteratur.

EINLEITUNG

"Der wahre Sinn der Kunst liegt nicht darin, schöne Objekte zu schaffen. Es ist vielmehr eine Methode, um zu verstehen. Ein Weg, die Welt zu durchdringen und den eigenen Platz zu finden."

Paul Auster

“Kunst ist nicht Luxus, sondern Notwendigkeit.” lautet ein Zitat des Malers Lyonel Feininger. ‘Kunst’ könnte hier gleichermaßen mit dem Begriff der Kulturellen Bildung getauscht werden, denn auch diese darf kein Luxusgut sein, sondern sollte jedem Menschen zustehen (1.1. Was und wozu? - Eine Annäherung an den Begriff). Im Alltag sieht es jedoch anders aus und Kulturelle Bildung wird nicht allen Menschen in gleichem und auch nicht in notwendigem Maße zuteil, sondern befindet sich in einem Spannungsfeld zwischen Teilhabe und Distinktion.

Kulturelle Bildung ist dabei ein Feld, das bisher noch weniger erforscht ist als allgemein ange- nommen, aber dessen Erforschung notwendig ist. Die unter dem Punkt 1.2 Forschung(sstand) zitierten Studien zeigen die Bedeutsamkeit der Einflussnahme der Familie auf die Entwicklung eines Kindes in Hinblick auf dessen Kulturelle Bildung auf. Weitergehend wird herausgearbeitet, dass Kulturelle Bildung im familiären Kontext nicht immer ausreichend ist und es wird von diesem Umstand abgeleitet, dass Kulturelle Bildung auch institutionell stattfinden muss - zum einen als Ergänzung, zum anderen zur Kompensation. Dem kommt entgegen, dass Kinder in immer jün- gerem Alter für immer längere Zeitspannen am Tag institutionell betreut werden, was auf der einen Seite sicherlich kritisch betrachtet werden kann, in der vorliegenden Arbeit aber als Mög- lichkeit zur Herstellung von Chancengleichheit hinsichtlich des Zugangs zu Kultur beleuchtet wird, denn in den Einrichtungen der Kindertagesbetreuung (Kitas) können alle Kinder erreicht werden. Da es also wichtig ist, mit Kultureller Bildung bereits früh zu beginnen (1.3 Auf die ersten Jahre kommt es an), liegt der Fokus bei den Ausführungen über (2.) Museen als Orte für Kulturelle Teilhabe auf der Zielgruppe Kinder. So beziehen sich die vorgestellten (2.2.2) Rahmenbedingun- gen und (2.2.3) Prinzipien der Vermittlung auf Museumsbesuche von Kindergruppen aus Einrich- tungen der Kindertagesbetreuung beziehungsweise auf Kooperationen zwischen Museen und solchen Einrichtungen. Mit der Pop Art und der partizipativen Kunst werden außerdem beispiel- haft zwei Kunstrichtungen vorgestellt, deren Konzept die Ermöglichung zur Teilhabe aller an der Kunst beinhaltet (2.2.1 Teilhabe an der Kunst / “Kunst für alle!”).

1 KULTURELLE BILDUNG

1.1 WAS UND WOZU? - EINE ANNÄHERUNG AN DEN BEGRIFF

In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Artikel 27) ist verankert, dass ein jeder ein Recht darauf hat, “am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen [und] sich an Kunst zu erfreuen […]”. Im Leitfaden für kulturelle Bildung der UNESCO (2006) wird noch einmal be- sonders betont, dass dies auch “die oft von Bildung Ausgeschlossenen wie z.B.: EinwanderInnen, kulturelle Minderheiten und Menschen mit Behinderungen [einschließt]”. Gerade in Hinblick auf die aktuelle Flüchtlingssituation hat diese Aussage, nicht nur in Deutschland, einen hohen Stel- lenwert und eine besondere Aktualität. Darüber hinaus besagt Artikel 31 der Allgemeinen Erklä- rung der Menschenrechte, dass die Vertragsstaaten auf die Einhaltung des Rechtes des Kindes achten, sich “[voll] am kulturellen und künstlerischen Leben [beteiligen zu können]”. Weiter “för- dern [sie] die Bereitstellung geeigneter und gleicher Möglichkeiten für die kulturelle und künstle- rische Betätigung“ (ebd.). Obwohl es sich um ein Menschenrecht handelt, wird laut der Kinder- kommission des Deutschen Bundestages (2008, 1) “die Bedeutung von Kultur für unsere Kinder [...] systematisch vernachlässigt“, woraus die Forderung resultiert, dass “Kulturelle Bildung zu einer Selbstverständlichkeit für jedes Kind werden [soll]“ (a.a.O., 2). “Die Stiftung Mercator hat das Ziel, kulturelle Bildung als festen Bestandteil des formellen Bildungssystems bis 2025 in allen Bundesländern zu verankern” (Stiftung Mercator, 2016).

§11 des KJHG verankert das allgemeine Menschenrecht auf Kunst und Kultur als eine Aufgabe der Jugendhilfe. Im Kinder- und Jugendplan des Bundes (II.2), kurz KJP, wird Kulturelle Bildung darüber hinaus genauer als notwendiges Mittel für die Teilhabe am kulturellen Leben der Gesellschaft benannt. Diese soll erreicht werden über die Befähigung, “sich mit Kunst, Kultur und Alltag auseinander zu setzen” (ebd.). Oder, etwas anders gesagt, “bezeichnet [Kulturelle Bildung] den ästhetisch-künstlerischen Prozess, sich lernend, handelnd und verändernd mit [sich selbst und] dieser Welt auseinander zu setzen” (Witt, 2009, 1; vgl. BKJ, 2011, 9).

Dazu bedarf es laut KJP

- einer Förderung des gestalterisch-ästhetischen Handelns (in den Bereichen Bildende Kunst, Film, Fotografie, Literatur, elektronische Medien, Musik, Rhythmik, Spiel, Tanz, Theater, Video u.a.),
- einer Förderung der Wahrnehmungsfähigkeit für komplexe soziale Zusammenhänge,
- einer Stärkung des Urteilsvermögens junger Menschen
- und einer Ermutigung zur aktiven und verantwortlichen Mitgestaltung der Gesellschaft.

Bamford (2010, 23, zit. in Knigge, 2013, 4) ergänzt, dass Kulturelle Bildung auch dazu da sei, junge Menschen „in die Lage zu versetzen, sich ihre eigene künstlerische Sprache zu schaffen“ beziehungsweise wie die BKJ (2011, 8) sagt, zu einem “[eigenen] subjektiven Ausdrucksvermögen” zu gelangen. Dass sich die Definition im KJP befindet, kann suggerieren, dass Kulturelle Bildung nur etwas ist, das für Kinder und Jugendliche von Bedeutung ist. Doch da sich mittlerweile ein Verständnis vom lebenslangen Lernen in unserer Gesellschaft herausgebildet hat, also die Annahme der Fähigkeit “während des gesamten Lebens eigenständig lernen” zu können (Dreyer, o.J.), ist Kulturelle Bildung beziehungsweise die Teilhabe am kulturellen, gesellschaftlichen Leben auf das diese abzielt, ebenso ein lebenslanges Thema.

Ein Blick auf die nachfolgenden Prinzipien Kultureller Bildung (Witt, 2009, 2f.) kann dabei weiter- helfen, zu verstehen, wie die von der KJP benannten Ziele umgesetzt werden können.

- “Ganzheitlichkeit,
- die Erfahrung von Selbstwirksamkeit,
- ästhetische Erfahrungen,
- Stärkenorientierung,
- Fehlerfreundlichkeit,
- Interessenorientierung, - Partizipation,
- Vielfalt,
- selbstgesteuertes Lernen,
- die Zusammenarbeit mit professionellen Künstler/innen - und die Herstellung von Öffentlichkeit.”

Für das Gelingen von Teilhabe hat Kaufmann (2003, zit. in Fuchs, 2008, 69) darüber hinaus rechtliche, geografische, ökonomische und bildungsmäßige Faktoren als vier notwendige Voraus- setzungen formuliert. Er bezieht sich dabei nicht allein auf den Kulturbereich, sondern beispiels- weise auch auf soziale oder politische Teilhabe. Rechtliche Hindernisse, die zum Beispiel eine politische Teilhabe einschränken, sind möglicherweise bei der Wahlberechtigung von MigrantIn- nen zu finden. Geografische Faktoren beziehen sich auf die (Nicht-)Erreichbarkeit von zum Bei- spiel kulturellen Bildungseinrichtungen aufgrund der Lage und/oder Entfernung zum Wohnort o- der -viertel. Hohe Eintrittsgelder in Kultureinrichtungen oder Teilnahmegebühren für ein Kursan- gebot im Bereich der Kulturellen Bildung können (finanzielle) Hindernisse darstellen, die von einer Teilhabe abhalten. Ein Beispiel dafür, warum Bildung eine notwendige Voraussetzung für gelun- gene Teilhabe ist, ist Folgendes: für die (vertiefende) Auseinandersetzung mit Werken der Bil- denden Kunst beispielsweise bedarf es eines Kontextwissens und gleichzeitig wird durch die Auseinandersetzung neues Wissen geschaffen. Daher ist Bildung “sowohl Voraussetzung als auch Folge von Teilhabe” (ebd.). An dieser Stelle lohnt sich ein Blick auf Bourdieus (1974) sozi- ologische Theorien zur Kunstwahrnehmung. In diesen beschäftigt er sich mit der Frage wie Kunst- werke wahrgenommen werden (können) und welche Voraussetzungen aufseiten von Rezipienten vorhanden sein müssen, um Kunstwerke mit all ihren Bedeutungsebenen verstehen zu können. Jede Betrachtung von Kunstwerken beinhaltet nach Bourdieu eine bewusste oder unbewusste Entschlüsselung eines Codes (vgl. a.a.O., 51). Er spricht in diesem Zusammenhang von „Brillen der Bildung“ (a.a.O., 55), durch die ein jeder blickt. Der Code ist werkspezifisch zu verstehen und umfasst Inhalte, Merkmale und den Grad der Abstraktion ihrer Bedeutungen. Das Rezeptionsni- veau einer Person hängt mit dem Ausmaß ihres angehäuften kulturellen Kapitals, das heißt ihrer kulturellen Bildung und Erfahrung, zusammen und beruht einerseits auf Erziehung, andererseits auf Bildung.

1.2 FORSCHUNG(SSTAND)

“Zu wissen, was Kulturelle Bildung [bewirken kann, ist wichtig], um ihren Stellenwert als grundle- genden Teil der Bildung und Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen besser zu verstehen und zu festigen” (Rat für Kulturelle Bildung, 2015). Die Annahme, dass Kulturelle Bildung von sich aus zahlreiche positive Effekte mit sich bringt, ist in vielen Köpfen vorhanden, auch verbunden mit der Annahme, die Wirkungsweisen Kultureller Bildung seien nachweislich in hinreichenden Studien belegt. Doch dem ist nicht so. Liebau (2015, zit. in Rat für Kulturelle Bil- dung; vgl. Reinwand-Weiss, 2013, 99) hält fest, dass wir “noch [viel] zu wenig über die tatsächli- chen soziologischen, pädagogischen und psychologischen Wirkungsmechanismen der ver- schiedensten kulturellen Angebote [wissen]”. „Zu Langzeiteffekten gibt es bisher [zwar] mehr oder minder plausible Annahmen, aber so gut wie keine Forschungsergebnisse, da die Laufzeit der meisten Projekte nicht länger als drei Jahre beträgt“ (Rat für Kulturelle Bildung, 2013b, 24). Gründe für die bisher nur geringe Erforschung der Wirkungen sind in den besonderen Herausfor- derungen zu finden, die dieses Forschungsfeld bereit hält (vgl. Mandel, 2013, 64; Reinwand- Weiss, 2013, 100). Weil künstlerische Prozesse immer auch soziale Prozesse sind, sind sie hoch komplex, was die Kontrolle und Erfassung aller einflussnehmenden Faktoren erschwert bis teil- weise gar unmöglich macht. Daher bedarf es einer Anpassung des Forschungsdesigns hinsicht- lich der Forschungsmethoden und der Laufzeit. Ebenso schwierig verhält es sich mit der Ver- schriftlichung (was aber nun einmal das Medium der Wissenschaft ist) von künstlerischen Rezep- tions- und Produktionsprozessen. “Die Atmosphäre und Stimmung beispielsweise einer Theater- aufführung lässt sich zwar nacherzählen oder gar über Video festhalten, aber im Moment des Erlebens ist sie bereits vergangen und kann nicht wieder vollständig reproduziert werden” (vgl. Reinwand-Weiss, 2013, 100). Zudem muss das Erkenntnisinteresse so formuliert sein, dass es die Besonderheiten des Feldes der Kulturellen Bildung berücksichtigt. Den Initiatoren eines For- schungsprojektes1 zur Qualität von Musikunterricht erschien beispielsweise “[ein] direktes ‚Mes- sen’ von ästhetischen Erfahrungen [...] unmöglich[, weswegen dies...] auch nicht unternommen [wurde]. Dem Projekt [lag] vielmehr die Hypothese zugrunde, dass zumindest die Wahrschein- lichkeit für ästhetische Erfahrungen erhöht werden kann, indem ein qualitativ hochwertiger Mu- sikunterricht stattfindet [...]” (Knigge, 2013, 7).

Es bedarf also einer verstärkten empirischen Erforschung dieses Themenfeldes wie sie beispiels- weise der Rat für Kulturelle Bildung e.V. fordert und auch fördert. An dieser Stelle sei verwiesen auf die vom Forschungsfonds Kulturelle Bildung geförderten Studien zu den Wirkungen Kulturel- ler Bildung bei denen es sich um zweijährige empirische Forschungsprojekte2 mit insgesamt 2700 teilnehmenden Kindern, Jugendlichen, Studierenden und KünstlerInnen handelt, deren Ergebnisse aber noch ausstehen.

Studien, die sich mit der Reichweite von und den Zugängen zu Kultureller Bildung beschäftigen, gibt es jedoch bereits durchaus zahlreicher. Hinsichtlich des Zugangs zu Kultureller Bildung lässt sich beispielhaft das Ergebnis der Studie mapping//kulturelle-bildung (Stiftung Mercator, 2013) anführen, dass das elterliche Einkommen zu einem großen Teil den Umfang des außerschuli- schen Zugangs zu kulturellen Bildungsangeboten bedingt beziehungsweise beeinflusst, ob er überhaupt stattfindet (vgl. Hübner, 2008, 47). Gleichzeitig ist auch entscheidend, welchen Wert die Eltern Kulturangeboten beimessen. Eltern, die selbst kulturinteressiert sind, was häufiger in der Gruppe bildungsnaher Eltern der Fall ist, stufen kulturelle Angebote eher als förderlich für die Entwicklung ihres Kindes ein und sind dementsprechend bestrebter, den Zugang ihres Kindes zu Kulturangeboten außerhalb der Schule zu fördern (vgl. ebd.). “[...] Immerhin knapp 50% der Eltern mit niedriger Schulbildung [erachten] Kulturangebote als wichtig für ihre Kinder” (Shell Deutsch- land Holding, 2006, zit. in Hübner, 2008, 47). Außerdem findet die erste Begegnung der Kinder mit Kultur umso früher statt, je höher der Schulabschluss der Eltern ist (ebd.). Die von dem Rat für Kulturelle Bildung geförderte bundesweite Allensbach-Studie3 aus dem Jahr 2015 kommt zu- dem anhand von Befragungen von SchülerInnen der 9. und 10. Klasse zu dem Ergebnis, dass Jugendliche aus akademischen Haushalten am Ende ihrer Pflichtschulzeit sehr wahrscheinlich über mehr kulturelle Kenntnisse und Interessen verfügen als Jugendliche aus nicht-akademi- schen Elternhäusern (vgl. Rat für Kulturelle Bildung, 2015).

Die Familie spielt nicht nur für das Treffen von Bildungsentscheidungen eine besondere Rolle, sondern prägt darüber hinaus auch die Erfahrungen eines Kindes hinsichtlich seines Kontaktes zu außerfamiliären Kulturangeboten (vgl. Kulturelle Bildung Online, 2015). Doch “[die] Erfolglo- sigkeit des Bildungsgeschehens in der Privatheit vieler Familien [ist] mehr als offenkundig”, meint Büchner (2008, 184, zit. in Cloos, 2012, 816). Gleichzeitig darf im Kontext von Zugängen zu Kultur nicht außer Acht gelassen werden, dass auch Menschen aus bildungfernen Lebenswelten Kultur nutzen sowie auch erschaffen, diese entspricht jedoch nicht immer der Form der sogenannten klassischen Kultur.

Zusammengefasst besteht eine Notwendigkeit, dass die Unterschiede zwischen Kindern und Jugendlichen aus bildungsnahen und -fernen Haushalten in Hinblick auf Teilhabe und Partizipation an Kultur aufgehoben werden. Kinder und Jugendliche aus allen Bildungs- und Sozialniveaus sollen nicht nur kulturelles Grundwissen erlangen, sondern künstlerisch kreative Erfahrungen sammeln und eine Erweiterung ihrer kreativen und wahrnehmenden Kompetenz erlangen können (vgl. Hübner, 2012, S. 48). Kulturelle Bildung im institutionellen Kontext kann dabei nicht nur eine ergänzende, sondern sogar kompensatorische Leistung vollbringen (vgl. Cloos, 2012, 817; Staupe, 2012, 8) und so als Mittel zur Herstellung von Chancengleichheit dienen, denn sie “macht Angebote, die Familien in der Regel nicht leisten können” (Cloos, 2012, 817).

1.3 AUF DIE ERSTEN JAHRE KOMMT ES AN

Kinder (wie auch Erwachsene) sind eigenständige und aktive Gestalter ihrer Entwicklungs- und Bildungsprozesse und wollen und sollen in dieser Rolle ernst genommen werden. Mit diesem veränderten, subjektbezogenen Blick auf die Lebensphase Kindheit, welche sich im Laufe von Jahrzehnten bis Jahrhunderten entwickelt hat, sowie mit dem veränderten Verständnis von Bil- dung als Selbstbildungsprozess, hat sich der Aufgabenbereich von Kindertageseinrichtungen von der reinen Betreuung hin auf Erziehung und Bildung ausgeweitet. “Immer mehr Kinder werden immer früher für eine immer längere Dauer am Tag an für sie speziell hergerichteten Orten be- treut” (Cloos, 2012, 816). Das heißt noch konkreter: Kinder verbringen einen Großteil ihres Alltags in Institutionen.

Da in den ersten Lebensjahren die Grundsteine für die weitere (Persönlichkeits-)Entwicklung ei- nes Menschen gelegt werden (vgl. ebd.), ist es sinnvoll, bereits früh mit Kultureller Bildung anzu- setzen und in diesen Institutionen, also bereits in den Kindertageseinrichtungen, für positive Er- lebnisse mit Kunst und Kultur zu sorgen. Ein frühes positives Verhältnis zu Kultur begünstigt ein fortwährendes Interesse an ihr im Jugend- und Erwachsenenalter. Diejenigen, die selbst künst- lerisch tätig sind beziehungsweise die Gelegenheit zur kreativen Gestaltung, aber auch zur Kunstrezeption erhalten und dabei unterstützt werden, das heißt diejenigen, die Zugang zu äs- thetischen Erfahrungen erhalten, nehmen (später) selber auch eher kulturelle Angebote war und zeigen ein größeres Interesse an diesen (vgl. ZfKf, 2012, 10). Da es sich bei Kultureller Bildung um einen Langzeitprozess handelt, ist es jedoch nicht ausreichend, “nur” früh mit ihr zu beginnen, sondern “[man] muss für eine ständige, kontinuierliche Angebots- und Beteiligungsstruktur sor- gen, damit man in (kultureller) Übung bleibt” wie Fuchs sagt (2008, 6; vgl. UNESCO, 2006, 5).

Pädagogische Fachkräfte in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung haben zur Aufgabe, Kinder in ihrer Entwicklung zu gesellschaftlich handlungsfähigen Subjekten zu begleiten und diese zu unterstützen sowie gezielt zu fördern.

[...]


1 Hafen, R., Hartogh, T., Kehrer, U., Kleine-Huster D. & Bohn, A. (2011). Musikunterricht auf dem Prüfstand
- ästhetische Erfahrung im Fokus der Empirie. In K.-O. Bauer (Hg.): Unterrichtsqualität und fachdidaktische Forschung. Modelle und Instrumente zur Messung fachspezifischer Lernbedingungen und Kompetenzen (S. 187 - 220). Münster: Waxmann.

2 Die sechs derzeit geförderten Forschungsvorhaben im Einzelnen sind einzusehen unter: http://www.rat- kulturelle-bildung.de/fileadmin/user_upload/pdf/2016-01-06_PM_Forschungsfonds_Projektliste.pdf [Zu- griff am 04.02.2016].

3 Demoskopie Allensbach (IfD) (2015). JUGEND/KUNST/ERFAHRUNG. HORIZONT 2015. Studie: Kultur- verständnis, kulturelle Interessen und Aktivitäten von Schülerinnen und Schülern der 9. und 10. Verfügbar unter: http://www.rat-kulturelle-bildung.de/fileadmin/user_upload/pdf/2015-07-16_RFKB_Allensbach_Stu- die.pdf [Zugriff am 04.01.2016].

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
Kulturelle Bildung im Spannungsfeld zwischen Teilhabe und Distinktion. Das Museum als Ort für Kulturelle Teilhabe
Université
University of Applied Sciences Düsseldorf  (FB 06 Sozial- und Kulturwissenschaften)
Cours
Kultur, Kulturelle Bildung und gesellschaftliche Teilhabe
Note
1,0
Auteurs
Année
2016
Pages
21
N° de catalogue
V321201
ISBN (ebook)
9783668204331
ISBN (Livre)
9783668204348
Taille d'un fichier
619 KB
Langue
allemand
Mots clés
Museum, Museumspädagogik, Pädagogik, Kultur, Kulturelle Teilhabe, Teilhabe, Partizipation, Kunst, Kulturelle Bildung, Frühförderung, gesellschaftliche Teilhabe, Gesellschaft, Kunstpädagogik, Kinder, Jugendliche, Jugend, Rat für Kulturelle Bildung, Distinktion, Museen, Bildungsort, Lernort, Kunst für alle
Citation du texte
Sara Kritzler (Auteur)Andreas Janßen (Auteur), 2016, Kulturelle Bildung im Spannungsfeld zwischen Teilhabe und Distinktion. Das Museum als Ort für Kulturelle Teilhabe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/321201

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