Lösung der Sozialen Frage: Entstehung von Arbeitervereinen (Geschichte, Sekundarstufe 1)


Plan d'enseignement, 2013

22 Pages, Note: 1,5

Tom Nachtigall (Auteur)


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Sachanalyse
1.1 Soziale Frage
1.1 Von der Entstehung erster Arbeitervereine bis zur Bildung sozialer Parteien

2 Didaktische Analyse
2.1 Exemplarische Bedeutung
2.2 Gegenwartsbezug
2.3 Zukunftsbezug
2.4 Sachstruktur
2.5 Zugänglichkeit

3 Methodische Analyse

4 Zielstellungen
4.1 Richtziele
4.2 Grobziele
4.3 Feinziele

5 Literatur- und Quellenangabe

6 Tabellarischer Stundenverlauf

7 Anhang

1 Sachanalyse

1.1 Soziale Frage

Im Politiklexikon von Schubert und Klein (2011) wir der Begriff „Soziale Frage folgendermaßen definiert: „Im 19. Jh. entstandener Begriff für die Verelendung der arbeitenden Klasse und insbesondere der Industriearbeiterschaft. Die unterschiedlichen (sozialkonservativen, christlichen, sozialistischen) Lösungsversuche zur s. F. führten zur Entwicklung der modernen Sozialpolitik und trugen zum Aufbau des sozialen Wohlfahrtsstaates bei.“ Die soziale Frage beschäftigt sich also mit den miserablen Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiterklasse im 19. Jahrhundert. In dieser Definition wird ebenfalls auf den Bezug zur heutigen Zeit in Form des Ursprungscharakters für unseren heutigen Sozialstaat. Die folgende Definition von Wilhelm Emmanuel von Ketteler (1911) hat einen noch eher allgemeineren und zeitgenösserischen Charakter. Er bezeichnet die soziale Frage allgemein als„[…] die Diskrepanz zwischen einer nach dem historischen Entwicklungsstand möglichen vernünftigen Gesellschaftsordnung und den tatsächlichen gesellschaftlichen Verhältnissen. Im engeren Sinne hat die soziale Frage die ökonomische Lage der Arbeiterklasse zum Gegenstand.“1

Die soziale Frage bezieht sich also zum einen auf die soziale Gerechtigkeit und eine daraus resultierende entsprechende Gesellschaftsordnung und zum anderen auf ein spezielles historisches Problem des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. In dieser Zeit gab es eine Vielzahl ökonomischer und sozialer Veränderungen, die eine enorme Verschlechterung der Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen der Arbeiterklasse zur Folge hatte. Diese Veränderungen entstanden durch die zunehmende Industrialisierung und die daraus resultierende Ausbeutung der Industriearbeiter. Somit ist die soziale Frage unmittelbar mit der Industriellen Revolution, deren Durchbruchphase in Deutschland zwischen 1850 und 1873 lag2, verbunden und durch diese bedingt. Die Industrielle Revolution hat folgende Merkmale. Das vorherrschende Wirtschaftsprinzip zu der Zeit war die Durchsetzung des Marktes und der Konkurrenz. Außerdem wurden arbeitsteilige und maschinengestützte Methoden zur organisierten Herstellung von Massenprodukten entwickelt. Durch jederzeit auflösbarer Arbeitsverträge und ein revolutioniertes Verkehrswesen wurde eine neuartige Mobilität geschaffen. Darüber hinaus kam es zur Auflösung der ständischen Strukturen, die durch ökonomisch definierte „Klassen“ ersetzt wurden. Diese Entwicklung stellte den Übergang von der feudalen Agrargesellschaft zur kapitalistischen Industriegesellschaft dar.3 Es gab wesentliche Voraussetzungen in Folge dieser Entwicklung, die zur sozialen Fragen führten. Durch die Abhängigkeit vom Arbeitgeber, aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Situation, entstand eine breite Schicht gewerblicher Lohnarbeiter. Diese mussten mit niedrigen Löhnen leben, die aufgrund des Überangebotes von Arbeitskräften bis zum Existenzminimum gedrückt wurden. Ein weiterer Faktor für das geringe Einkommen war die daraus resultierende große Konkurrenzsituation. Darüber hinaus wurde durch den Wirtschaftsliberalismus bis Mitte der 80er Jahre ein staatliches Engagement oder privatunternehmerische Tätigkeiten zur Lösung der sozialen Frage weitgehend unterdrückt.4 Eine weitere Ursache für die wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen im 19. Jahrhundert, die bereits vor Beginn der Industrialisierung in Deutschland einsetzte, war die enorm wachsende Bevölkerungszahl. Diese war bedingt durch bessere Hygiene, fortschrittlichere Krankenbehandlung, bewusstere Ernährung und steigende Anzahl an Eheschließungen unter Gesellen und Bauern, aufgrund der Einführung der Gewerbefreiheit und der Bauernbefreiung.5 Eine immer größer werdende Schicht an Arbeitern, die am Existenzminimum lebten entstand. Der zur damaligen Zeit entstandene und von Karl Marx geprägte Begriff für die Klasse der besitzlosen Arbeiterschicht lautete „Proletariat“. Mit der Zunahme der Industrie um 1950 stieg die Kluft zwischen den immer größer werdenden armen Bevölkerungsgruppen und der kleinen Gruppe von Unternehmern, deren Wohlstand rasch stieg, stetig an. Noch vor Beginn der eigentlichen Industrialisierung, lebten in Deutschland ca. 50 Prozent der Bevölkerung am Existenzminimum.6 Gleichzeitig stieg allerdings auch der Unmut der Arbeiterklasse über die miserablen Lebens- und Arbeitsbedingungen und somit auch die Bemühung ihrerseits die eigenen Interessen zu vertreten und Forderungen zu stellen. Dies führte zum Zusammenschluss der Arbeiter zu ersten Arbeitervereinen.

1.2 Von der Entstehung erster Arbeitervereine ab 1848 bis zur Bildung sozialer Parteien

Aufgrund der sozialen Lage Mitte des 19. Jahrhunderts bildeten sich immer mehr kleine Arbeitervereine, die sich um Hilfeleistungen für die Arbeiter und die Unterstützung bei Streiks kümmerten. Im Jahr 1948 kam es dann in Deutschland zum ersten eigenständigen und politisch organisierten Zusammenschluss mehrerer kleiner Arbeitervereine. Es entstand die „Allgemeine Deutsche Arbeiterverbrüderung“, die vornehmlich aus Handwerksgesellen und Facharbeitern bestand. Dies war möglich aufgrund einer Lockerung der sonst streng geltenden Streik- und Koalitionsverbote im Zuge einer revolutionistischen Bewegung in diesem Jahr. Die Arbeiterverbrüderung wollte eine politische und moralische Macht werden und in einem demokratischen Staat soziale Reformen hervorbringen. Jedoch wurden ihre Forderungen bei einer Mehrheitsabstimmung des Reichsparlaments in der Frankfurter Paulskirche abgelehnt. Nachdem es zu heftigen Demonstrationen der Arbeiter kam, wurden in der Folgezeit Arbeitervereine nach und nach verboten, was zum Scheitern der Revolution führte und vorerst einen Rückschlag in der deutschen Arbeiterbewegung darstellte. Die Arbeiterverbrüderung wurde schließlich im Jahr 1854 endgültig verboten7

Zur selben Zeit hatten Karl Marx und Friedrich Engels ihre eigenen radikalen Ansichten zur Lösung der sozialen Frage. Diese fassten sie 1848 als „Kommunistisches Manifest“ zusammen. Sie sahen die komplette bisherige Gesellschaftsgeschichte als Klassenkampf an, der stets in einer Revolution endete. So sollte auch zur damaligen Zeit die immer größer werdende Kluft zwischen Proletariat und Bourgeoisie, durch eine gewaltsame Machtergreifung der immer größer werdenden Arbeiterklasse gelöst werden.8 Marx und Engels bildeten bereits 1947 in England, in der die Industrialisierung bereits früher eintrat und somit bereits ein Koalitions- und Streikverbot aufgehoben war, den „Bund der Kommunisten“. Im ersten Artikel der Vereinigung hieß es: „Der Zweck des Bundes ist die Bourgeoisie, die Herrschaft des Proletariats, die Aufhebung der alten, auf Klassengegensätzen beruhenden bürgerlichen Gesellschaft und die Gründung einer neuen Gesellschaft ohne Klassen und ohne Privilegien“.9 Das Kommunistische Manifest war eine Beschreibung der Aktivitäten dieses Bundes und erschien ebenfalls in London noch vor der Revolution 1948 in Deutschland.

Nachdem es ein Jahrzehnt einen Stillstand in der Entwicklung der Arbeitervereine gab, wurde am 23. Mai 1963 in Leipzig unter der Führung von Ferdinand Lasalle der „Allgemeine Deutsche Arbeiterverein“ (ADAV) gegründet. Er vertrat die Ansicht, dass die Interessen der Arbeiter und die Abschaffung der Klassengegensätze nur durch ein allgemeines, gleiches und direktes Wahlrecht, das friedlich herbeigeführt werden solle, vertreten werden können. Damit stand er trotz des gemeinsamen Zieles der Aufhebung der Klassen und Vertretung der Arbeiterinteressen in einem Gegensatz zu Marx und Engels, die einen Umsturz in Form einer Machtergreifung erzwingen wollten. Lasalle wollte mit Hilfe des Staates Gesetze und Genossenschaften für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiterklasse durchsetzen. In dem Arbeiterprogramm zum ADAV wird Lasalles Position zu den radikaleren Vorstellungen von Marx und Engels deutlich: „Eine Revolution machen wollen, ist die Torheit unreifer Menschen, die von Gesetzen der Geschichte keine Ahnung haben“.10 Trotzdem stand Lasalle besonders wegen des übergeordneten großen gemeinsamen Zieles in regem Kontakt zu Marx, meist in Form von Briefwechseln. Leider konnte Lasalle seine Partei nicht allzu lange führen, da er bereits im Jahr 1864 verstarb. Allerdings hatte er einen wichtigen Grundstein für die weitere Entwicklung gelegt.

Ebenfalls in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts entstand eine ähnliche Entwicklung der politischen Organisation zur Vertretung der Arbeiterinteressen unter Führung von August Bebel. Zwischen ihm und Lasalle gab es viele Parallelen, allerdings war er im Gegensatz zum kleindeutsch und preußisch eingestellten Lasalle eher großdeutsch und antipreußisch eingestellt. Daher entschloss er sich trotz der vielen Gemeinsamkeiten nicht dem ADAV anzuschließen. Er blieb als Führungsperson im Gewerblichen Bildungsverein, den er zunächst vergebens versuchte politisch zu etablieren. Während eines rasanten politischen Aufstieg Bebels in den 60er Jahren, unter anderem Gründung der Sächsischen Volkspartei 1866, ließ er mit Hilfe von Karl Liebknecht einen zweiten großen sozialistischen Flügel in Deutschland entstehen. Der Höhepunkt fand sich 1869 in der Gründung der „Sozialdemokratischen Arbeiterpartei“ (SDAP), die auf der Basis des „Verbandes Deutscher Arbeitervereine“ entstand. Marx und Engels beschäftigten sich derweil mit der „Internationalen Arbeiterassoziation ihre Ansichten eher über die Landesgrenzen hinaus zu verbreiten.11

Durch den Krieg von 1870/71, der folgenden Reichsgründung 1871 und Bismarcks autoritärer Innenpolitik kam es allmählich zu einer Annäherung des ADAV und der SDAP. 1875 kam es dann letztendlich auf dem Einigungsparteitag in Gotha zu einer Fusion und der Gründung der „Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands“. Sie stand für ein allgemeines, gleiches, geheimes und direktes Wahlrecht, für eine sozialistische Gesellschaft auf friedlichem Weg, direkte Gesetzgebungen und Entscheidungen durch das Volk, unbeschränktes Koalitionsrecht und Abschaffung aller Gesetze gegen die Arbeiterschaft. Trotz großer Vertretung der Vorstellungen Lasalles und einer Vielzahl seiner Anhänger in der Partei, wurde sie von Staat und Bourgeoisie als Bedrohung gesehen. Daher versuchte Bismarck mit Hilfe des Sozialistengesetzes die Partei zu schwächen. Doch gerade diese Maßnahme brachte die Sozialdemokraten noch mehr zusammen und führte zu einem großen Wahlerfolg bei den Reichstagswahlen 1877 (9,1 %). Nachdem das Sozialistengesetz wieder aufgehoben wurde nannte sich die Partei auf ihrem Parteitag von Halle 1890 in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands“ um.12

Anhand der Tatsache, dass diese Partei bis heute bestehen geblieben ist und einen hohen Stellenwert in unserer heutigen Gesellschaft hat, kann man erkennen wie grundlegend die damalige Arbeiterbewegung für unseren heutigen Sozialstaat war. Die heutigen für uns selbstverständlichen geregelten Arbeitsbedingungen, wie z: B. der Mindestlohn oder der 8- Stunden-Tag, mussten damals durch einen langwierigen Prozess hart erkämpft werden. Somit hat die Soziale Frage als Grundstein der Arbeiterbewegung für die heutige Zeit einen durchaus positiven Charakter. Als ursprüngliches Gründungsjahr der SPD wird bereits das Jahr 1863, aufgrund der Gründung des ADAV, angesehen, wodurch wir aktuell zum 150- jährigen Bestehen der Partei als Symbol der Arbeiterbewegung gratulieren können.

2 Didaktische Analyse

2.1 Exemplarische Bedeutung

Die Themen der Industrialisierung und der danach anschließenden Sozialen Frage haben eine große Bedeutung für die Entwicklung sozialer und demokratischer Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Die Themen dienen als exemplarisches Beispiel für die gesellschaftlichen, sowie innenpolitischen Probleme früherer Zeiten, die auch heute noch in abgeänderter Form durchaus aktuell vorhanden sind.

2.2 Gegenwartsbezug

Der Gegenwartsbezug spielt eine entscheidende Rolle bei der Auswahl dieses Themas. So wurde Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Beginn der Bekämpfung der sozialen und gesellschaftlichen Klassenunterschiede der Grundstein für unsere heutige Regierungsform, die Demokratie gelegt. Außerdem ist es für die Schüler interessant zu erfahren, wie sich die Bevölkerung zur damaligen Zeit gegen die Klassenunterschiede zur Wehr gesetzt hat und inwieweit dies erfolgreich verlief. Des Weiteren haben die marxistischen Ideen der Endkapitalisierung sowie die Lassall´schen Theorien zur Bekämpfung der sozialen Unterschiede durchaus noch aktuellen Bezug. So können eventuelle Parallelen zu aktuellen Themen wie dem 150. Geburtstag der SPD, oder der Bekämpfung des Mindestlohnes gezogen werden.

2.3 Zukunftsbezug

In ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema der Industrialisierung und der daraus resultierenden Sozialen Frage, sollen die Schüler Gefahren erkennen, die bei großen wissenschaftlichen und sozialen Veränderungen durch beispielsweise bedeutende Erfindungen auftreten können. Sie sollen sich der sozialen Ungerechtigkeit der damaligen Zeit bewusst werden. Dem Schüler sollte das Thema so vermittelt werden, dass die auftretenden Probleme keinen Einzelfall in der Geschichte darstellen und so in ähnlicher Form durchaus wieder auftreten können. Sie sammeln Erfahrung und werden für zukünftige, ähnliche Szenarien sensibilisiert. Parallelen zum „Zeitalter des Internets“ können beispielsweise gezogen werden, oder die aufkommenden Probleme die die zunehmende Globalisierung bzw. der Euro mit sich bringt, in Bezug auf Einkommensunterschiede.

[...]


1 Zitiert bei Mumbauer, Johannes: Wilhelm Emmanuel von Kettelers Schriften. Kempten/München 1911, S. 215. Abgedruckt in: Heidenreich, Berndt: Politische Theorien des 19. Jahrhunderts. III. Antworten auf die soziale Frage. Wiesbaden 2000, S. 12.

2 Vgl. Hahn, Hans-Werner: Die industrielle Revolution in Deutschland. München 2011, S. 24 ff.

3 Heidenreich, S. 12 f.

4 Göbel, Walter: Abiturwissen. Industrielle Revolution und soziale Frage. Stuttgart 1991, S. 98.

5 Grebing, Helga: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. München 1970, S. 20.

6 Miller, Susanne & Potthoff, Heinrich: Kleine Geschichte der SPD. Bonn 1991, S. 19 f.

7 Miller & Potthoff, S. 26f.

8 Ebd., S. 24 f.

9 Grebing, S. 41.

10 Ebd., S. 51.

11 Grebing, S. 64 ff.

12 Göbel, S. 112 ff.

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
Lösung der Sozialen Frage: Entstehung von Arbeitervereinen (Geschichte, Sekundarstufe 1)
Université
University of Rostock  (Historisches Institut)
Cours
Schulpraktische Übungen Geschichte
Note
1,5
Auteur
Année
2013
Pages
22
N° de catalogue
V321617
ISBN (ebook)
9783668222847
ISBN (Livre)
9783668222854
Taille d'un fichier
1512 KB
Langue
allemand
Mots clés
Soziale Frage, Arbeitervereine, SDAP, Soziale Parteien
Citation du texte
Tom Nachtigall (Auteur), 2013, Lösung der Sozialen Frage: Entstehung von Arbeitervereinen (Geschichte, Sekundarstufe 1), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/321617

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