Rapid Manufacturing Anwendungen im Maschinen- und Anlagenbau. Systematische Bauteilauswahl, Potenzialanalyse und konstruktive Umsetzung


Thèse de Bachelor, 2016

141 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung

Abstract

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Formelverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziel der Arbeit und Einschränkungen
1.3 Aufbau der Arbeit
1.4 Kurzprofil Schmitt Werke GmbH
1.4.1 MSB GmbH & Co. KG
1.4.2 IBS GmbH
1.4.3 Cleanscrape GmbH

2 Generative Fertigungsverfahren
2.1 Einteilung der Technologien
2.2 Beschreibung der Technologien
2.2.1 Pulverbett-basierte Technologien
2.2.1.1 Lasersintern (LS)
2.2.1.2 Selektives Laserschmelzen SLM
2.2.1.3 Elektronenstrahlschmelzen EBM
2.2.2 Pulverstrahl-basierte Technologien
2.2.2.1 Laserauftragsschweißen mit Pulver
2.2.3 Draht-basierte Technologie
2.2.3.1 Laserauftragsschweißen
2.3 Potenziale und Chancen
2.3.1 Erhöhte Gestaltungsfreiheit
2.3.1.1 Umsetzung komplexer Strukturen
2.3.1.2 Funktionsintegration und Bauteilverschmelzung
2.3.1.3 Entkopplung der Bauteilkosten und der Komplexität
2.3.2 Individualisierung von Bauteilen
2.3.3 Neue Verbindungselemente
2.3.4 Realisierung neuer Fertigungsstrategien
2.3.5 Umsetzung der Industrie 4.0
2.3.6 Realisierung neuer Werkstoffe
2.3.7 Steigerung der Nachhaltigkeit
2.4 Grenzen generativer Fertigungsverfahren
2.4.1 Bauteilgröße
2.4.2 Bauteilqualität
2.4.3 Maßgenauigkeit und Oberflächenrauigkeit im Bauprozess
2.4.4 Baugeschwindigkeit
2.4.5 Notwendigkeit von Stützstrukturen im Bauprozess
2.4.6 Folgeprozesse
2.4.7 Automatisierung
2.4.8 Prozesssicherheit und Qualitätsmanagement

3 Systematische Bauteilauswahl
3.1 Methodenauswahl
3.2 Grobauswahl
3.2.1 Stage-Gate-Methode
3.2.2 Stage 1 – Bauteilgröße
3.2.3 Stage 2 – geometrische Bauteilkomplexität
3.2.4 Stage 3 – Bauteilvarianten
3.3 Eignungsanalyse TOPSIS-Verfahren
3.3.1 Kriterienauswahl
3.3.1.1 Bauteilform
3.3.1.2 Losgröße
3.3.1.3 Bauteilkomplexität
3.3.1.4 Komplexität der Herstellung
3.3.1.5 Zerspanungsverhältnis
3.3.1.6 Werkstoffkosten
3.3.1.7 Zerspanbarkeit
3.3.1.8 Anzahl der Schnittstellen
3.3.1.9 Variantenanzahl
3.3.1.10 Anzahl der Passungsflächen
3.3.2 Ermittlung der Entscheidungsmatrix
3.3.3 Ermittlung der Gewichtungsmatrix mittels AHP
3.3.3.1 Paarweiser Vergleich der Kriterien
3.3.3.2 Aggregation der Paarvergleichsurteile zu Bedeutungsurteilen
3.3.3.3 Überprüfung der Gewichtungsmatrix
3.3.3.4 Konsistenzprüfung
3.3.4 Berechnung der gewichteten Entscheidungsmatrix
3.3.5 Bestimmung virtueller Alternativen und deren Abstandsmaße
3.3.6 Berechnung des Eignungsindexes
3.4 Ergebnisse
3.5 Ausgewählte Bauteile
3.6 Potenzialuntersuchung
3.7 Sensitivitätsanalyse der Auswahlmethodik

4 Konstruktive Überarbeitung der Bauteile
4.1 Doppelkammersprührohr – Wasser-Nebel-Bedüsung
4.1.1 Beschreibung
4.1.2 Funktionen des Bauteils
4.1.3 Anforderungen
4.1.4 Konstruktive Überarbeitung
4.1.5 Generative Herstellung
4.1.6 Nachbearbeitung
4.1.7 Kostenermittlung
4.1.7.1 Ermittlung der Bauzeit
4.1.7.2 Ermittlung des Maschinenstundensatzes
4.1.7.3 Ermittlung der Fertigungskosten
4.1.7.4 Ermittlung der Materialkosten
4.1.7.5 Ermittlung der Herstellkosten
4.2 Pumpengehäuse Schrämgetriebe
4.2.1 Beschreibung
4.2.2 Funktionen des Bauteils
4.2.3 Anforderungen
4.2.4 Konstruktive Überarbeitung
4.2.5 Generative Herstellung
4.2.6 Nachbearbeitung
4.2.7 Kostenermittlung

5 Vergleich der Herstellungsverfahren
5.1 Vergleich der Prozessketten
5.1.1 Prozesskette des Doppelkammersprührohrs – Wasser-Nebel-Bedüsung
5.1.2 Prozesskette des Pumpengehäuses – Ölumlaufpumpe
5.2 Vergleich der Herstellzeiten
5.3 Vergleich der Herstellkosten

6 Zusammenfassung

7 Ausblick
7.1 Weiterentwicklung der Auswahlmethodik
7.1.1 Unschärfe-Logik
7.1.2 Softwareentwicklung
7.2 Zukunft der Bauteile
7.2.1 Wasser-Nebel-Bedüsung
7.2.2 Pumpengehäuse
7.3 Zukunft der Fertigungsverfahren
7.3.1 Allgemeine Zukunftsaussichten der Technologien
7.3.2 Generative Fertigung bei den Schmitt Werken GmbH

Literaturverzeichnis

Anhangsverzeichnis

Kurzfassung

Generative Fertigungsverfahren, teilweise umgangssprachlich auch 3D-Druck genannt, halten in den letzten Jahren in vielen Branchen Einzug. In der Prototypenherstellung sind sie bereits ein etabliertes Fertigungsverfahren. Bei der Herstellung von Endprodukten sind sie in der Medizintechnik und in der Luft- und Raumfahrt auf dem besten Weg dazu. In der vorliegenden Arbeit wird die aktuelle Eignung dieser Verfahren für Maschinenbauunternehmen untersucht. Als Referenzunternehmen steht hierfür die mittelständische Firma Schmitt Werke GmbH aus dem unterfränkischen Bischofsheim zur Verfügung. Das Hauptthema dieser Arbeit ist die systematische Bauteilauswahl. Hier stellt sich die Kernfrage: Welche Eigenschaften und Merkmale müssen Bauteile aufweisen um sie wirtschaftlich sinnvoll generativ herstellen zu können und wie kann man diese Bauteile zuverlässig identifizieren?

Die Arbeit gliedert sich in eine kurze Beschreibung der generativen Fertigungsverfahren mit deren Grenzen und Potenzialen, systematische Bauteilauswahl bestehend aus Grob – und Feinauswahl, Potenzialanalyse sowie die konstruktive Umgestaltung und zuletzt ein Vergleich von konventioneller, subtraktiver und formativer Herstellung zur generativen Herstellung. Verglichen werden sowohl die Kostenstruktur, die Prozesskette wie auch die Gestaltung der Bauteile

Abstract

Additive manufacturing methods, in colloquial terms also called 3D-print, have been appearing in many branches during the last few years. They are considered already an established manufacturing method for the development of prototypes. With manufacturing of end products, medical technology or aerospace technology they are well on their way. The bachelor thesis at hand is examining the suitability of these processes for mechanical engineering companies. The company Schmitt Werke GmbH, located in Bischofsheim acts as Reference Company. The main topic of this thesis is the systematic component selection. The core question arises: Which characteristics and features do the components have to display, in order for them to be manufactured in a generative and economic way and how can the components be identified reliably?

The thesis is structured as a short description of additive manufacturing methods with limits and potentials, systematic component selection consisting of a quick and a detailed selection, potential assessment as well as a constructive modification and last a comparism of conventional, subtractive and formative manufacturing for the additive manufacturing

The cost structure as well as the chain of processes and the design of components will be compared

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Gartner Hype Cycle der Technologien nach ([2])

Abbildung 2: Einsatz generativer Fertigung in der direkten Produktion ([3], S. 18, Abb. 1-11)

Abbildung 3: Gliederung von generativen Fertigungsverfahren ([4], S. 7, Bild 1.6)

Abbildung 4: Rapid-Technologie im Produktentstehungsprozess nach ([5], S. 127 Bild 3.2)

Abbildung 5: Struktur der Arbeit

Abbildung 6: Leistungsspektrum Schmitt Werke GmbH

Abbildung 7: Palettenwechselsystem, horizontal

Abbildung 8: Teilschnittmaschine SM150 OMP

Abbildung 9: Abstreifer der Cleanscrape GmbH

Abbildung 10: Metallverarbeitende, generative Fertigungsverfahren

Abbildung 11: Lasersinter- und -schmelzverfahren, Prinzip

Abbildung 12: Prinzipdarstellung Lasersintern nach ([12], S. 9, Bild 2)

Abbildung 13: Prinzipdarstellung Laser-Strahlschmelzen nach ([12], S. 10, Bild 3)

Abbildung 14: Prinzipdarstellung Elektronen-Strahl-Schmelzen nach ([12], S. 11, Bild 4)

Abbildung 15: Prinzipdarstellung Laserauftragsschweißen nach ([16])

Abbildung 16: Prinzipdarstellung Laserauftragsschweißen Draht

Abbildung 17: Prozesskette Topologie-Optimierung

Abbildung 18: Herstellkosten und Bauteilkomplexität in Anlehnung an ([5], S. 5, Bild 1-1)

Abbildung 19: Herstellkosten und Losgröße in Anlehnung an ([24], S. 51, Bild 5-2)

Abbildung 20: Beispiele neuer Gestaltungselemente

Abbildung 21: Prognose für die Entwicklung der Bauraumgröße ([26], S. 74, Abb. 3-14)

Abbildung 22: Verschiedene Belichtungsstrategien

Abbildung 23: Erreichbare Genauigkeiten verschiedener Verfahren nach ([42], S. 24)

Abbildung 24: Treppenstufeneffekt und Schichtstärken nach ([43], S. 5, Bild 3)

Abbildung 25: Genauigkeit und Oberflächenrauigkeit nach ([41], S. 38, Bild 2)

Abbildung 26: Baugeschwindigkeit und Zugfestigkeit nach ([41], S. 38, Bild 6)

Abbildung 27: Bauteilkonturen und Stützstrukturen in Anlehnung an ([43], S. 14, Tab. 4)

Abbildung 28: Black-Box der Auswahlmethodik

Abbildung 29: Mengentheoretische Darstellung

Abbildung 30: Kano-Modell

Abbildung 31: Einteilung Mehrkriterielle Entscheidungsanalyse nach ([48], S. 27–31)

Abbildung 32: Ablaufschema Bauteilauswahl

Abbildung 33: Untersuchte Bauteile nach Firmen- und Projektzugehörigkeit

Abbildung 34: Anzahl der Bauteile in der Grobauswahl

Abbildung 35: Ablauf der Stage-Gate-Methode in Anlehnung an ([50], S. 146)

Abbildung 36: Vorgehensweise Stage 1 - Bauteilgröße

Abbildung 37: Planetenträger Originalgröße und Größe der abgespalteten Kontur

Abbildung 38: CSG-Baum in Anlehnung an ([52], S. 237) und ([51], S. 180)

Abbildung 39: Vorgehensweise Stage 3 - Varianten

Abbildung 40: Beispiel einer Prozesskettenanalyse

Abbildung 41: Zerspanbarkeit verschiedener Werkstoffe in Anlehnung an ([59], S. 385)

Abbildung 42: Virtuelle Alternativen

Abbildung 43: Teilschnittmaschine mit Wasser-Nebel-Bedüsung

Abbildung 44: Potenzialanalyse der ausgewählten Bauteile

Abbildung 45: Wasser-Nebel-Bedüsung auf der Teilschnittmaschine SM 150

Abbildung 46: Aufbau der Wasser-Nebel-Bedüsung

Abbildung 47: Doppelkammersprührohr und Zwei-Stoff-Spiraldüse im Querschnitt

Abbildung 48: Umgestaltete Wasser-Nebel-Bedüsung

Abbildung 49: Umgestaltete Wasser-Nebel-Bedüsung, Schnittdarstellung

Abbildung 50: Baugruppenvergleich Wasser-Nebel-Bedüsung

Abbildung 51: Bauprozessvorbereitung in Anlehnung an ([64], S. 24)

Abbildung 52: Bauteil in Maschine

Abbildung 53: Spanende Endbearbeitung Doppelkammersprührohr

Abbildung 54: Prozesskette zur Berechnung der Fertigungskosten

Abbildung 55: Kühlkreislauf am Schrämgetriebe

Abbildung 56: Funktionsweise Umlaufkühlung, neue Gestaltung

Abbildung 57: Vergleich der Baugruppe

Abbildung 58: Bauteil in Maschine

Abbildung 59: Nachbearbeitung am Pumpengehäuse

Abbildung 60: Vergleich der Prozessketten des Doppelkammersprührohrs (vereinfacht)

Abbildung 61: Vergleich der Prozessketten des Pumpengehäuses (vereinfacht)

Abbildung 62: Analyse der Herstellzeit des Doppelkammersprührohrs

Abbildung 63: Analyse der Herstellzeit des Pumpengehäuses

Abbildung 64: Vergleich der Herstellkosten

Abbildung 65: Analyse der Kostenträger der generativ herstellten Bauteile

Abbildung 66: Magisches Dreieck der Produktentwicklung nach ([54], S. 23)

Abbildung 67: Vergleich generativer zur konventionellen Fertigung

Abbildung 68: Strategische Handlungsoptionen in Anlehnung an ([65], S. 301, Abb. 4.73)

Abbildung 69: Softwarestruktur

Abbildung 70: Entwicklung der Kosten der generativen Herstellung nach ([44], S. 30)

Abbildung 71: Struktur des Technologiemanagements nach Fraunhofer IPA Walker ([3], S. 10)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Teilschnittmaschinen der IBS GmbH ([9])

Tabelle 2: Maximale Baugröße generativer Maschinen (auszugsweise)

Tabelle 3: Bool`sche Operationen und deren Symbole nach ([52], S. 272)

Tabelle 4: Anforderungen und Qualitätsmerkmale in Anlehnung an ([12], S. 32,Tab. 6)

Tabelle 5: unterschiedliche Bauteilformen und deren Punktzahl

Tabelle 6: Relative Werkstoffkosten

Tabelle 7: Relative Wichtigkeit zweier Elemente

Tabelle 8: Kriterien und deren relative Wichtigkeit

Tabelle 9: Zufallskonsistenz R und Matrixgröße nach ([60], S. 21)

Tabelle 10: Bauteilkatalog (auszugsweise) nach Eignungsindex

Tabelle 11: Kriterien und deren Fehlerpotenziale

Tabelle 12: Potenzielle Fehlerquellen und deren Auswirkungen

Tabelle 13: Teilfunktionen Wasser-Nebel-Bedüsung, konventionelle Ausführung

Tabelle 14: Teilfunktionen Wasser-Nebel-Bedüsung, generative Ausführung

Tabelle 15: Größen zur Berechnung der Bauzeit

Tabelle 16: Größen zur Berechnung des Maschinenstundensatzes

Tabelle 17: Teilfunktionen Pumpengehäuse

Formelverzeichnis

Formel 3-1: Berechnung Zerspanungsverhältnis

Formel 3-2: vereinfachte Berechnung der Zerspanbarkeit

Formel 3-3: Entscheidungsmatrix D, nicht normiert

Formel 3-4: Normierung der Werte

Formel 3-5: Normierte Entscheidungsmatrix R

Formel 3-6: Berechnung der Nebenelemente

Formel 3-7: Gewichtungsmatrix, nicht normiert

Formel 3-8: Ermittlung der Spaltensumme

Formel 3-9: Ermittlung der normierten Evaluationsmatrix N‘

Formel 3-10: Normierte Evaluationsmatrix N'

Formel 3-11: Berechnung der Bedeutungsurteile wi

Formel 3-12: normierte Entscheidungsmatrix

Formel 3-13: Berechnung der Durchschnittsmatrix

Formel 3-14: Berechnung des normierten Eigenvektors

Formel 3-15: Berechnung des normierten Eigenvektors in Matrixdarstellung

Formel 3-16: Berechnung der maximalen Eigenwerte

Formel 3-17: Berechnung des Konsistenzindexes

Formel 3-18: Berechnung der Konsistenzratio

Formel 3-19: Berechnung der gewichteten Entscheidungsmatrix

Formel 3-20: Ermittlung der Maximalausprägung

Formel 3-21: Ermittlung der Minimalausprägung

Formel 3-22: Berechnung des Abstands zur bestmöglichen Alternative

Formel 3-23: Berechnung des Abstands zur schlechtmöglichsten Alternative

Formel 3-24: Berechnung des Eignungsindexes C

Formel 3-25: Berechnung des Potenzials eines Bauteils

Formel 3-26: Berechnung des Potenzials, prozentual

Formel 4-1: Berechnung der Bauzeit

Formel 4-2: Berechnung des Maschinenstundensatzes

Formel 4-3: Berechnung der jährlichen Nutzungsdauer

Formel 4-4: Berechnung kalk. Abschreibung

Formel 4-5: Berechnung jährliche Zinskosten

Formel 4-6: Berechnung Instandhaltungskosten

Formel 4-7: Berechnung Raumkosten

Formel 4-8: Berechnung Energiekosten

Formel 4-9: Berechnung der Materialkosten

Formel 4-10: Berechnung der Herstellkosten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Den generativen Fertigungsverfahren, oder auch umgangssprachlich 3D-Druck genannt, werden vorausgesagt in ähnlicher Weise die Welt zu verändern wie beispielsweise die Dampfmaschine oder später der Computer. Spätestens mit der Äußerung des Präsidenten der Vereinigten Staaten in seiner Rede zur Lage der Nation im Februar 2013: “… the 3-D printing that has the potential to revolutionize the way we make almost everything.” - Barack Obama ([1]) bekamen die generativen Fertigungsverfahren Zugang zu breiten Teilen der Bevölkerung. In Folge dessen brach ein regelrechter Hype (siehe Abbildung 1: Gartner Hype Cycle der Technologien nach ([2])) aus. In den Medien wurde nahezu täglich von 3D-gedruckten Lebensmitteln, Actionfiguren nach eigenem Abbild, futuristischen Möbeln und anderen diversen Lifestyle-Produkten berichtet.

Betrachtet man die Aussage des US-Präsidenten Barack Obama, so drängt sich die Frage auf: Was sind diese Potenziale und wie sollen sie die Art und Weise, wie wir fast alles tun, verändern?

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Gartner Hype Cycle der Technologien nach ([2])

Bei einer wirtschaftlichen Analyse der generativen Fertigungsverfahren kann man das Potenzial erahnen. Mit einer Wachstumsrate von knapp 35 % im Jahr 2014 erreichte der 3D-Druck-Markt das größte Wachstum seit 17 Jahren. Im Wohlers Report 2014 ([2]) wurde der 3D-Druck-Markt im Jahr 2013 von allen Produkten und Dienstleistungen mit einem Wert von 3,07 Milliarden US-Dollar angegeben. Zum ersten Mal wurde damit die 3 Milliarden US-Dollar Grenze überwunden.

Beschäftigt man sich, auf Grund dieser sehr positiven Wachstumszahlen, mit diesen Fertigungsverfahren genauer, so erkennt man schnell, dass sie bereits Anwendung in vielen Unternehmen finden. Oft in der Herstellung von Modellen und Anschauungsobjekten oder in der Herstellung von Vorrichtungen und Werkzeugen. Besonders bei der Herstellung von physischen Prototypen sind die Verfahren nicht mehr wegzudenken und haben branchenübergreifend einen festen Platz in Unternehmen und im Wertschöpfungsprozess.

Doch immer häufiger werden die aufbauenden Verfahren aber auch dazu verwendet vollfunktionsfähige und technisch verwendbare (End-)Produkte herzustellen. Diese industriellen Anwendungen der generativen Fertigungstechnologien werden momentan am häufigsten in der Medizintechnik, in der Luft- und Raumfahrt und in der Schmuckindustrie verwendet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Einsatz generativer Fertigung in der direkten Produktion ([3], S. 18, Abb. 1-11)

Die Anwendungsfälle für die direkte Produktion nehmen in den letzten Jahren stetig zu. Dies belegt Abbildung 2: Einsatz generativer Fertigung in der direkten Produktion ([3], S. 18, Abb. 1-11). Für Unternehmen ist die werkzeuglose Fertigung, eines der verfahrenstypischen Potenziale, interessant und meist bei Kleinserien oder Spezialanwendungen lukrativ. Der Wandel vom Werkzeug zur schnellen Herstellung von Modellen und Anschauungsobjekten bis hin zum industriell eingesetzten Fertigungsverfahren ist im vollen Gange. Dieser Prozess birgt allerdings auch Risiken. Betrachtet man die weiteren Vorteile dieser Verfahren, kommt man schnell zu einigen Anwendungsfällen, die gerade für den mittelständischen Maschinen- und Anlagenbau interessant sind. Diese Unternehmen stehen immer weiter wachsenden Herausforderungen und Aufgaben gegenüber. Im Anlagen- und Sondermaschinenbau werden Systeme kundenspezifisch und dementsprechend meist mit einer geringen Losgröße entwickelt und gefertigt. Diese anwenderorientierte Ausrichtung führt eine Großzahl an Forderungen und Risiken im Produktentstehungsprozess bis hin zur Produktion mit sich.

Als innovatives Maschinenbauunternehmen stellt sich die logische Frage nach einer sinnvollen Verwendung der generierenden Verfahren. Ein weiterer Gesichtspunkt ist, neben der Verwendung, die Implementierung dieser aufbauenden Verfahren in die bestehenden Fertigungsmöglichkeiten und Prozesse.

Kern dieser Arbeit ist daher das systematische, methodische Klassifizieren von Bauteilen, bei denen die generative Herstellung wirtschaftlich sinnvoll ist. Für die Untersuchung der wirtschaftlichen Eignung werden die Bauteile mit den bisherigen Fertigungsverfahren verglichen. Wie müssen diese Bauteile gestaltet sein und wie kann man diese Gestaltung verändern, um eine Qualitätssteigerung zu erreichen?

1.2 Ziel der Arbeit und Einschränkungen

Ziel der Arbeit ist es die Bauteile der Schmitt Werke GmbH methodisch und systematisch auf Eignung zur Herstellung durch generative Fertigungsverfahren zu untersuchen. Besteht eine solche potenzielle Eignung sind die Bauteile verfahrensspezifisch umzugestalten und mit den ursprünglichen Bauteilen zu vergleichen.

Generative Verfahren sind Technologien, die nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile gegenüber traditionellen Herstellungsverfahren haben. Vergleicht man ein großvolumiges, geometrisch einfaches Bauteil, das beispielsweise gedreht oder gefräst wird, mit einem identischen Lasersinterteil, schneidet das Lasersinterteil in vielen relevanten Punkten teils schlechter ab als das gefräste Gegenstück ([3], S. 18). Um einen Mehrwert erreichen zu können ist eine geometrische und funktionale Umgestaltung notwendig.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Gliederung von generativen Fertigungsverfahren ([4], S. 7, Bild 1.6)

In Abbildung 3: Gliederung von generativen Fertigungsverfahren werden die Anwendungsfälle deutlich. Unter Rapid Prototyping versteht man im Allgemeinen die schnelle Herstellung von Anschauungsobjekten und physischen Modellen. Sie findet in der frühen Phase der Produktentwicklung Anwendung. Ziel dieser Prototypen ist es möglichst frühzeitig ein haptisches und aussagekräftiges Modell zu bekommen, um zu Beginn eines Entwicklungsprozesses Modelleigenschaften und Gestaltungsmerkmale abzusichern ([4], S. 7). Rapid Tooling hingegen ist die generative Herstellung von Werkzeugeinsätzen, Werkzeugen, Lehren, Vorrichtungen und Formen. Verwendung findet diese Herangehensweise vor allem bei der Herstellung von gekühlten Werkzeugen für Spritzgussprozesse, Montagevorrichtungen in der Fließbandmontage und weiteren Anwendungen vorzugsweise in kunststoffverarbeitenden Unternehmen.

Rapid Manufacturing oder auch Direct Manufacturing ist die direkte, generative und schnelle Herstellung von Endprodukten. Dementsprechend werden von den Erzeugnissen die technologischen und funktionalen Anforderungen eines fertigen Produkts erwartet und verlangt ([4], S. 10).

In Abbildung 4: Rapid-Technologie im Produktentstehungsprozess nach ([5], S. 127 Bild 3.2) kann man die Anwendungsbereiche der verschiedenen Rapid-Technologien im Entstehungsprozess erkennen. Hier wird deutlich, dass die Rapid-Manufacturing-Anwendung Bauteilen, die konventionell gefertigt werden, nicht qualitativ unterlegen sein dürfen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Rapid-Technologie im Produktentstehungsprozess nach ([5], S. 127 Bild 3.2)

In dieser Arbeit werden nur metallische Herstellungsverfahren und Werkstoffe untersucht. Die kunststoffverarbeitenden Verfahren werden weder betrachtet noch berücksichtigt. Rapid Prototyping- und Rapid Tooling- Anwendungen werden ebenfalls nicht weiter untersucht. Es geht ausschließt um die generative Fertigung von Produkten, deren Merkmale und Eigenschaften eine direkte Verwendung erlauben und ermöglichen.

Am Markt sind inzwischen auch Hybridmaschinen verfügbar. Diese Maschinen sind Werkzeugmaschinen, meist Fünf-Achs-Fräsmaschinen, mit einem Aufsatz zur generativen Fertigung. Die Werkzeugmaschinenhersteller DMG, Hermle, Mazak, Maatsura und weitere Unternehmen haben bereits solche Maschinen entwickelt und auf den Markt gebracht. Der generative Prozess in diesen Maschinen wird meist durch ein Laserauftragsschweißverfahren mit Pulverzuführung realisiert ([6]). In der folgenden Arbeit werden diese Maschinen nicht weiter betrachtet. Ein Grund hierfür ist die noch geringe Verbreitung und Verwendung dieser Maschinen.

1.3 Aufbau der Arbeit

Nach der Einleitung und den allgemeinen Ausführungen zu den generativen Fertigungsverfahren folgt die systematische Bauteilauswahl. In diesem Kapitel werden die Bauteile identifiziert, die in den folgenden Kapiteln konstruktiv angepasst und mit der konventionellen Herstellung verglichen werden. Grafisch lässt sich der Aufbau der Arbeit, wie in Abbildung 5: Struktur der Arbeit aufgezeigt, darstellen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Struktur der Arbeit

In Kapitel 1 erfolgt die Einleitung zu dieser Arbeit. In der Einleitung wurden die Problemstellung, die anvisierte Lösung bzw. die Zielsetzung sowie die zur Erreichung der Ziele notwendigen methodischen Vorgehensweisen grob skizziert. Das Referenzunternehmen, die Schmitt Werke GmbH, wird hier ebenfalls kurz vorgestellt.

In Kapitel 2 erfolgt die kurze, theoretische Beschreibung der marktverfügbaren, generativen Verfahren. Die Potenziale und Grenzen werden ebenfalls kurz erläutert.

In Kapitel 3 wird nach der Beschreibung der Methodenauswahl, der Prozess der systematischen Bauteilauswahl erläutert und ausgeführt.

In Kapitel 4 wird die konstruktive Umgestaltung der beiden ausgewählten Bauteile beschrieben.

In Kapitel 5 sieht man den Vergleich der bisherigen, zu den umgestalteten Bauteilen. Verglichen wird sowohl die Prozesskette, die Gestaltung aber auch die Kostenstruktur der Werkstücke.

In Kapitel 6 werden die Ergebnisse zusammengefasst und diskutiert. Diese Zusammenfassung wird auf Basis eines Vergleichs zur konventionellen Fertigung ausgeführt.

In Kapitel 7 erfolgt der Ausblick der Bauteile, der Technologien und der Auswahlmethodik in die Zukunft. Weiterhin wird diskutiert welche Anwendungsfelder für das Unternehmen Schmitt Werke GmbH in Fragen kommen könnten.

1.4 Kurzprofil Schmitt Werke GmbH

Die Schmitt Werke GmbH ist ein mittelständisches, familiengeführtes Maschinenbauunternehmen mit Sitz im unterfränkischen Bischofsheim an der Rhön. Das Unternehmen besteht seit dem Jahr 1900. Die aktuelle Mitarbeiterzahl liegt bei ungefähr 240 Angestellten und ist somit einer der größten Arbeitgeber in der Region. Der Jahresumsatz des Jahres 2014 liegt bei ca. 30 Mio. € ([7]). Zu den Schmitt Werken gehören die Unternehmen MSB, IBS und Cleanscrape.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Leistungsspektrum Schmitt Werke GmbH

Die angebotenen Leistungen der einzelnen Unternehmen werden in Abbildung 6: Leistungsspektrum Schmitt Werke GmbH deutlich. Auffallend ist hierbei, dass die meisten Unternehmensbereiche Komplettlösungen von der Konstruktion und Entwicklung bis zur Inbetriebnahme und Endmontage anbieten. Eine besonders hohe Priorität wird in allen Firmen und deren Abteilungen auf die unternehmensinterne Wertschöpfung gelegt.

1.4.1 MSB GmbH & Co. KG

Die MSB GmbH & Co. KG gliedert sich in mehrere Unternehmensbereiche. Neben der Lohn – und Auftragsfertigung mit eigenem Maschinenpark, gehören vor allem die Bereiche des Sondermaschinenbaus und des Anlagenbaus zu den Kernkompetenzen des Unternehmens.

Die MSB GmbH & Co. KG ist Marktführer bei der Herstellung von Verkettungssystemen für Großbearbeitungsmaschinen. Neben der Konstruktion, Konzeption, Herstellung und Vormontage bietet das Unternehmen auch die Inbetriebnahme und Endmontage beim Kunden an. Ein Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens ist die hohe Fertigungstiefe und die Nähe am Kunden. Die Anlagen werden kunden- und anwendungsspezifisch entwickelt und ausgelegt.

In Abbildung 7: Palettenwechselsystem, horizontal sieht man ein typisches Produktbeispiel für ein Verkettungssystem. Bei diesem System kann durch die Verwendung von mehreren Maschinenaufspannplattformen (Paletten) ein hauptzeitparalleles Rüsten der Werkstücke ermöglichen und somit die Nebenzeiten des Bearbeitungsprozesses reduzieren. Anwendung findet dieses System im Werkzeugbau der Automobil- und Luftfahrtindustrie. Lieferumfang ist das komplette Schienensystem, die Schnittstellen zu den Werkzeugmaschinen sowie sämtliche Rüst-, Reinigungs- und Serviceplätze. MSB fungiert bei solchen Großprojekten als Zulieferer und Partner der Werkzeugmaschinenhersteller.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Palettenwechselsystem, horizontal

Diese Palettenwechselsysteme werden weltweit verwendet. Die Größe und der Automatisierungsgrad der Anlage werden hierbei nach Kundenwunsch variiert.

Neben diesen Verkettungssystemen stellt MSB auch noch Vorrichtungen und Anlagen für den Sondermaschinenbau her. Hier sind Kunden weltweit und branchenübergreifend verteilt. Neben Anlagen für Hersteller von Großwälzlagern und Teppichverformungsanlagen, werden auch Vorrichtungen für die Nukleartechnik entwickelt und hergestellt.

1.4.2 IBS GmbH

Die IBS GmbH hat seinen Ursprung im Berg- und Tunnelbau. Das Haupttätigkeitsfeld der Firma liegt in der Entwicklung und Herstellung von Teilschnittmaschinen. Diese Maschinen werden zur Erzeugung von kleineren Tunneln und zur Gewinnung von Salz, Kohle und anderen Bodenschätzen verwendet. Ein weiteres Standbein ist neben der Überholung und Instandsetzung solcher Maschinen auch das Ersatz- und Verschleißteilgeschäft. Das Unternehmen hat aktuell drei Modellreihen (SM100, SM130 und SM150) auf dem Markt. Diese Modelle unterscheiden sich in Größe, Gewicht und Leistung. Die größte der drei Maschinen, die SM150, bietet zusätzlich die Option der Fernsteuerung mittels Radartechnik ([8]). Diese optionale Zusatzkonfiguration, auch bekannt als Outburst Management Package, liefert eine Live-Simulation der Untertage-Bedingungen an der Ortsbrust zu einem Bedienstand, der sich nicht in der Gefahrenzone der Maschine befindet. Die Gefahrenzone entsteht durch das Herauslösen des Gesteins oder der Kohle aus dem Berg und die damit verbundene Gefahr des Einsturzes des Tunnels.

Ein Auszug der technischen Daten der Maschinen ist in Tabelle 1: Teilschnittmaschinen der IBS GmbH ([9]) zusammengefasst.

Tabelle 1: Teilschnittmaschinen der IBS GmbH ([9])

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Teilschnittmaschine SM150 OMP

In Abbildung 8: Teilschnittmaschine SM150 OMP sieht man eine solche Maschine. Durch den modularen Aufbau der Maschinen ist eine optimale Ausstattung für den Kunden gewährleistet. Besonderes Augenmerk wird bei der Entwicklung auf eine einfache und sichere Montage gelegt. Dies ist auch notwendig, um die Maschinen in einer schwierigen Umgebung, die ein Kohlebergwerk zweifelsfrei darstellt, aufbauen und betreiben zu können.

Ein Baukastensystem ermöglicht die Variation und die Mehrfachverwendung einiger Baugruppen und Bauteile für alle Modellreihen. So ist es möglich die Teilschnittmaschine kunden- und anwendungsspezifisch zu konfigurieren. Gerade bei Getriebe- und Hydraulikbauteilen wird auf eine modulare Gestaltung geachtet. Die Teilschnittmaschinen werden ebenfalls weltweit eingesetzt. Zu den größten Absatzmärkten zählen momentan neben Kohlebergwerken in Osteuropa und in Mexiko auch Tunnelbauprojekte im arabischen Raum und in Südeuropa.

1.4.3 Cleanscrape GmbH

Die dritte Schwesterfirma der Schmitt Werke GmbH ist das Unternehmen Cleanscrape GmbH. Dieses Unternehmen stellt Abstreifer für Bandanlagen her. Das innovative Reinigungssystem gibt es passend für jede Anwendung in unterschiedlichen Größen und Ausführungen. Einsatz finden diese Abstreifsysteme im Bergbau, in Betonwerken, der Glasindustrie und in Mülldeponien.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Abstreifer der Cleanscrape GmbH

Die hergestellten Abstreifer bestehen aus einen federnden, modularen Metallgrundgestell, das mit Kunststoff ummantelt und verbunden wird. Abbildung 9: Abstreifer der Cleanscrape GmbH zeigt ein solches Reinigungssystem an einer Bandtrommel montiert. Der CS-Abstreifer besteht aus vier Hauptkomponenten und ist in drei verschiedenen Größen verfügbar. Die Auswahl der Größe erfolgt nach den Parametern Bandgeschwindigkeit, Trommelgröße, abzustreifendes Medium und Bandbreite.

Die Abstreifkante (Oberseite des Abstreifers) ist mittels eines Federsystems mit der Läuferseite (Unterseite des Abstreifers) zur Kraftübertragung verbunden. Dieses Skelett wird durch eine Matrix aus antistatischem und selbstverlöschendem Kunststoff zusammen gehalten und geschützt. Der Abstreifer wird mittels Drahtseil und Kette über die Systemspanner gespannt und durch ein Kettennotglied (Sollbruchstelle) vor größeren Beschädigungen geschützt.

Das System wird unterhalb der Abwurfzone montiert. Es vereint die Vorteile verschiedener Abstreifertypen, die ebenfalls am Markt erhältlich sind. Die Vorteile dieses innovativen Systems sind neben der hohen Standzeit, die Eignung für schnell und langsam laufende Bänder und vor allem die hohe Betriebssicherheit. Durch die innovative Gestaltung und die herausragende Reinigungsleistung des Abstreifers kann meist auf einen nachgelagerten Sekundärabstreifer verzichtet werden. Dies spart nicht nur Kosten bei der Anschaffung, sondern auch bei der Wartung und der Instandhaltung der Systeme ([10]).

2 Generative Fertigungsverfahren

2.1 Einteilung der Technologien

Fertigungsverfahren lassen sich nach dem Verfahrensprinzip ([4], S. 1)([11], S. 237) unterscheiden in:

- Subtraktive (abtragende) Fertigungsverfahren – Drehen, Fräsen, Bohren, usw.
- Formative (formgebende) Fertigungsverfahren – Gießen, Schmieden, Tiefziehen, usw.
- Generative (aufbauende) Fertigungsverfahren – Lasersintern, 3D-Druck, usw.

In den letzten Jahren wurden einige generative Verfahren zur Herstellung von metallischen Bauteilen entwickelt und zur Marktreife gebracht. Diese Verfahren lassen sich nach der Art des Rohmaterials und dessen Zuführung gliedern. Die große Gemeinsamkeit der Verfahren ist der schichtweise Aufbau der Werkstücke. Einige Unternehmen haben sich ihr spezielles Verfahren patentieren und schützen lassen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Metallverarbeitende, generative Fertigungsverfahren

In Abbildung 10: Metallverarbeitende, generative Fertigungsverfahren sieht man eine Übersicht der Herstellungsmethoden sowie auszugsweise die dazugehörigen Maschinenhersteller. Die größte Verbreitung am Markt haben momentan die pulverbett-basierten Technologien. Hervorzuheben ist hierbei der große Marktanteil der deutschen Maschinenhersteller Concept Laser, EOS, Trumpf und SLM Solutions.

2.2 Beschreibung der Technologien

2.2.1 Pulverbett-basierte Technologien

In der bestehenden Literatur gibt es einige Übersichten und genauere Erläuterungen zu diesem Thema. Besonders hervorzuheben ist das Werk Generative Fertigungsverfahren von Prof. Dr.-Ing. Andreas Gebhardt ([4]), die VDI-Richtlinie 3405 – Blatt 2.1 ([12]) sowie das Buch 3D-Drucken von Frau Petra Fastermann.

Die große Gemeinsamkeit aller pulverbett-basierten Verfahren ist die Umsetzung der schichtweisen Generierung von Bauteilen durch eine absenkbare Plattform. Die prinzipielle Funktionsweise ist bei diesen Verfahren sehr ähnlich. Sie unterscheiden sich meist nur in der Energiequelle oder diversen verfahrenstypischen Faktoren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Lasersinter- und -schmelzverfahren, Prinzip

Den typischen Ablauf für diese Verfahren zeigt Abbildung 11: Lasersinter- und -schmelzverfahren, Prinzip. Zuerst wird eine Pulverschicht durch den Beschichter aufgezogen. Anschließend wird diese Schicht versintert oder aufgeschmolzen. Nach Verfestigung dieser Schicht senkt sich der Hubtisch um genau eine Schichtstärke nach unten und der Beschichter zieht eine neue Pulverschicht auf. Durch diesen immer wiederkehrenden Kreislauf wird das zu fertigende Bauteil aufgebaut.

2.2.1.1 Lasersintern (LS)

Beim Lasersintern unterscheidet man zwischen indirekten und direkten Verfahren. Beim indirekten Lasersintern ist der Ausgangswerkstoff ein kunststoffummanteltes Metallpulver. Im Bauprozess wird diese Ummantelung soweit aufgeschmolzen, dass sich die Schichten verbinden und ein Bauteil entsteht. Das Produkt dieses Arbeitsganges ist der sogenannte Grünling. In darauffolgenden Prozessen wird dann der Polymerbinder thermisch ausgetrieben und das Metallpulver versintert ([13], S. 22–24).

Beim direkten Lasersintern, auch bekannt unter der Bezeichnung Selektives Lasersintern (SLS) oder direktes Metalllasersintern DMLS® der Firma EOS, wird der Pulverwerkstoff schichtweise versintert und so Schicht für Schicht zu einem Objekt aufgebaut. Die Materialvielfalt ist bei diesem Verfahren besonders hoch. Sie reicht von Polymermischungen über Keramiken bis hin zu einer Großzahl von metallischen Legierungen. Typische Postprozesse sind bei diesem Verfahren neben dem kontrollierten Abkühlen und dem Reinigen, auch das Strahlen der Oberfläche ([12], S. 9–10).

Als Energiequelle dient meist ein CO2-Laser. So wird das Bauteil schichtweise aufgebaut. Das Lasersinter-Verfahren wird neben der Werkzeugherstellung (Rapid Tooling) auch für die Herstellung von Endprodukten aus metallischen Werkstoffen verwendet ([14], S. 23–25). Als größter Technologietreiber, vor allem in der metallischen Verarbeitung, ist die Firma EOS mit Sitz in Krailling bei München zu nennen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12: Prinzipdarstellung Lasersintern nach ([12], S. 9, Bild 2)

Der Aufbau der Maschine ist bei allen pulverbett-basierten Technologien ähnlich. Die Prozesskammer, in der der Bauvorgag abläuft, besteht aus einer Pulvervorratskammer, einer Pulverüberlaufkammer und der eigentlichen Baukammer mit Hubtisch (Z-Richtung). Die verschiedenen Kammern sind fest installiert und bilden eine Einheit. Der Beschichter, der immer wieder die neue Pulverschicht aufzieht, besteht meist aus einer kalibrierten Walze ([4], S. 167–168). In Abbildung 12: Prinzipdarstellung Lasersintern nach ([12], S. 9, Bild 2) ist der schematische Aufbau einer Lasersinter-Maschine dargestellt.

2.2.1.2 Selektives Laserschmelzen SLM

Beim Selektiven Laserschmelzen (SLM – Selective Laser Melting) wird das Ausgangsmaterial der Pulverwerkstoff, nicht gesintert, sondern direkt an dem Bearbeitungspunkt mittels einer Energiequelle lokal aufgeschmolzen. Dies ist der wesentliche Unterschied zum selektiven Lasersintern ([15], S. 29–31) .

Typische Vertreter dieses Verfahrens sind Laser Cusing® (Firma Concept Laser), SLM® (Firma SLM Solutions) und LMF (Firma Trumpf) ([12], S. 10). Weitere Unternehmen, die diese Technologie verwenden, sind beispielsweise die Firmen Renishaw und Realizer. Diese große Anzahl an Maschinenherstellern zeigt, dass das SLM-Verfahren im Rapid Manufacturing mit die größte Anwendung findet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 13: Prinzipdarstellung Laser-Strahlschmelzen nach ([12], S. 10, Bild 3)

Der pulverförmige Werkstoff wird beim Laserschmelzen mittels eines Lasers vollständig umgeschmolzen. Beim Erkalten verfestigt sich der pulverförmige Grundwerkstoff. Anschließend senkt sich der Hubtisch und eine neue Pulverschicht wird aufgetragen. Die Baukammer, die meist mit einem Infrarotheizer aufgewärmt wird, ist während dem kompletten Bauprozess mit einem inerten Gas geflutet. Den prinzipiellen Ablauf zeigt Abbildung 13: Prinzipdarstellung Laser-Strahlschmelzen nach ([12], S. 10, Bild 3).

Das SLM-Verfahren ermöglicht den Aufbau einer poren- und rissfreien Struktur. Genauso wie beim Lasersintern kommt es durch den Temperatureinfluss zu Schrumpfungsprozessen und zu thermischem Verzug beim Abkühlen der Schicht. Die Genauigkeit ist, wie beim Lasersintern, durch die Größe der Pulverpartikel und die Schrumpfung beim Abkühlen begrenzt. Die Bauteilqualität und Oberflächenrauigkeit ist vergleichbar mit traditionell gegossenen Bauteilen. Jedoch ergeben sich an den Schichtgrenzen Kristallgrenzen, welche die Endfestigkeit beeinflussen können ([15], S. 29–32). Die Werkstoffvielfalt bei der Verarbeitung von metallischen Werkstoffen ist hier besonders ausgeprägt. Es können Aluminium- und Titanwerkstoffe aber auch Edel- und Werkzeugstähle verarbeitet werden.

2.2.1.3 Elektronenstrahlschmelzen EBM

Das Verfahren des Elektronenstrahlschmelzens (EBM – Electron Beam Melting), patentiert vom schwedischen Unternehmen Arcam, ist auch als Elektronenstrahlsintern bekannt. Dabei wird durch einen Elektronenstrahl schichtweise das Metallpulver aufgeschmolzen. Der Elektronenstrahl wird durch eine elektromagnetische Feder (Ablenkspule) gelenkt. Die verwendbaren Werkstoffe, analog zum selektiven Laserschmelzen, sind hierfür viele Metalle zum Beispiel Titan, Kobalt-Chrom oder Werkzeugstähle ([15], S. 31).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 14: Prinzipdarstellung Elektronen-Strahl-Schmelzen nach ([12], S. 11, Bild 4)

Das Elektronenstrahlschmelzen betrachtet man oft als Alternative zu lasergestützten Verfahren. Die Vorteile des Elektronenstrahlschmelzens sind eine hohe Flexibilität und eine gute Kontrolle, beispielsweise über die Temperatur (Temperierung des Bauraums der Maschine auf etwa 1000 °C). Anwendung findet das Verfahren überwiegend in der Luft- und Raumfahrt, sowie in der Medizin- und Implantationstechnik. Der hohe Wirkungsgrad des Elektronenstrahls und das für einige Baumaterialien bessere Absorptionsverhalten, gegenüber dem Laser, werden als Vorteile gesehen. Die Qualität der Oberflächen, abhängig vom Fließverhalten des Ausgangswerkstoffs, ist mit herkömmlichem Sandguss vergleichbar, allerdings geringfügig schlechter als bei Verfahren, die auf Lasern basieren ([15], S. 31).

Der Verfahrensablauf ist sehr ähnlich zum Lasersintern und Laserschmelzen. Den prinzipiellen Aufbau zeigt Abbildung 14: Prinzipdarstellung Elektronen-Strahl-Schmelzen nach ([12], S. 11, Bild 4). Ein Unterschied zum Lasersintern ist, dass das Elektronenstrahlschmelzen nur bei metallischen Grundwerkstoffen verwendet werden kann.

Eine weitere Besonderheit ist, dass der Bauraum unter Hochvakuum steht, da der Elektronenstrahl nur unter diesen Bedingungen betrieben werden kann. Die Steuerung des Energiestrahls erfolgt nicht über einen Scanner, sondern wird mit Ablenkspulen umgesetzt. Durch dieses Konzept können schnellere Geschwindigkeiten erreicht werden. Die typischen Schichtdicken variieren je nach Material von 0,05 bis 0,2 mm. Die maximale Baugeschwindigkeit beträgt bei diesem Verfahren rund 30 mm3/h ([4], S. 205–210).

2.2.2 Pulverstrahl-basierte Technologien

2.2.2.1 Laserauftragsschweißen mit Pulver

Das Laserauftragsschweißen mit pulverförmigen Grundwerkstoff, auch Laser Cladding, LMD (Laser Metal Desposition) oder LENS (Laser Engineered Net Shaping) genannt, hat neben der Anwendung im schichtweisen Aufbau von Bauteilen auch Verwendung in der Reparatur von Formen und Werkzeugen ([13], S. 21–22). Der Laser schmilzt und trägt das Material direkt, lokal und schichtweise am Werkstück auf. Bei dieser Technologie ist im Gegensatz zum selektiven Lasersintern, Laserschmelzen oder Elektronenstrahlschmelzen kein Pulverbett vorhanden, sondern das Material wird aus einem externen Behälter zugeführt. Durch eine oder mehrere Düsen wird der Werkstoff in den Fokusbereich des Lasers transportiert. Den schematischen Aufbau einer solchen Maschine zeigt Abbildung 15: Prinzipdarstellung Laserauftragsschweißen nach ([16]).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 15: Prinzipdarstellung Laserauftragsschweißen nach ([16])

Der Bauprozess läuft in einem vollgekapselten Bauraum ab. Diese Abschirmung ist durch die Flutung des kompletten Bauraums meist mit dem Schutzgas Argon zu erklären. Dementsprechend sind die Maschinen in der Regel mit einem aufwändigen Gasmanagement auszuführen. Dies regelt die Zuführung und Zirkulation des Schutzgases. Großer Vorteil dieses Verfahrens ist der große zur Verfügung stehende Bauraum. Beim amerikanischen Systemanbieter Optomec (LENS-Verfahren) ist dies 900mm * 1.500mm * 900mm und bei der deutschen Firma Trumpf sogar 4.000mm * 2.000mm * 750mm in X-Y-Z-Richtung ([4], S. 220–226).

Die großen Vorteile dieser Verfahren gegenüber den pulverbett-basierten Technologien sind neben dem großen Bauraum auch die erhöhte Baurate und der Umstand, dass den Maschinen nur so viel Pulver zugeführt werden muss, wie das zu bauende Werkstück verlangt. Durch eine gute Mikrostruktur wird mit diesem Verfahren eine hohe Dichte in den Bauteilen erreicht. Daraus resultieren mechanische Eigenschaften, die mit geschmiedeten Werkstücken vergleichbar sind. Dementsprechend verfügen die Bauteile über hohe Belastbarkeiten ([16], S. 13).

2.2.3 Draht-basierte Technologie

2.2.3.1 Laserauftragsschweißen

Nahezu identisch ist das Laserauftragsschweißen mit einem drahtförmigen Ausgangswerkstoff. Ähnlich zu den kunststoffverarbeiteten Technologien, wie beispielweise das Extrusionsverfahren FDM (Fused Depostion Modeling) der Firma Stratasys ([4], S. 249), entwickelte das Fraunhofer IPT die Technologie CMB (Controlled Metal Build Up).

Die Funktionsweise ist vergleichbar dem Auftragsschweißen mit pulverförmigen Grundwerkstoff. Unterschied ist lediglich die Form und Art des Ausgangswerkstoffs. Vorteile gegenüber den Pulverfahren sind die nochmals erhöhte Materialausnutzung, die sauberen Prozesse sowie die geringe chemische Reaktivität, aufgrund der kleineren spezifischen Oberfläche ([17]).

Abgeschirmt wird der Prozess ebenfalls mit einem inerten Schutzgas. Das Verfahren CMB wurde in Kombination mit einer Werkzeugmaschine entwickelt und erprobt. Nach jeder aufgeschweißten Schicht wird die Oberfläche gefräst und anschließend wieder aufgeschweißt ([17], S. 16–18). Durch diese Kombination, die meist nach einer erhöhten Bauzeit verlangt, ist das hergestellt Bauteil in Fertigteil-Qualität und benötigt keine weiteren Post-Prozesse.

Eine weitere Variation dieser Technik ist die Arbeitsweise mit einem Lichtbogen. Als Grundwerkstoff wird hier ebenfalls ein Schweißdraht verwendet. Der schematische Aufbau, wie in Abbildung 16: Prinzipdarstellung Laserauftragsschweißen Draht aufgezeigt, kann hierbei variieren. Eine Option ist die Ausführung des dargestellten Schweißkopfes durch einen Industrieroboter. Vorteil dieses Verfahrens ist die hohe chemische Reinheit ([18]). Dieses Verfahren ist im Bereich der generativen Fertigung noch nicht sehr verbreitet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 16: Prinzipdarstellung Laserauftragsschweißen Draht

Anwendung findet dieses Verfahren, ähnlich wie das Pulverstrahl-Auftragsschweißen, in der Reparatur von Bauteilen und Werkzeugen. Vorteil dieses Verfahrens ist die hohe Baurate und der große Bauraum. Als Nachteile hingegen sind erhöhte Oberflächenrauigkeit durch die einzelnen Schweißraupen und die mangelnde Prozesssicherheit zu nennen.

2.3 Potenziale und Chancen

2.3.1 Erhöhte Gestaltungsfreiheit

2.3.1.1 Umsetzung komplexer Strukturen

Die schichtweise Erzeugung von Werkstücken bringt einige Potenziale und Chancen mit sich. Um wirtschaftlich sinnvoll generative Fertigungsverfahren anzuwenden, muss man diese genau sowie die Grenzen der Verfahren kennen. Die meisten Potenziale, die durch die generative Fertigung entstehen, beeinflussen sich gegenseitig.

Der vielleicht größte Vorteil, den die generativen Verfahren bieten, ist die Möglichkeit zur Schaffung von komplexen 3D-Konturen. Unter komplexen Geometrien versteht man in diesem Zusammenhang Strukturen, meist dreidimensional, die sich mit formativen und subtraktiven Fertigungsverfahren nicht oder nur schwer herstellen lassen. Bislang war man immer an die Restriktionen, die diese Verfahren mit sich bringen, gebunden. Betrachtet man bei Gussbauteilen Hohlräume und Hinterschneidungen, so sind diese nur mit einem großen Aufwand und damit verbunden Kosten herstellbar. Die generativen Fertigungsverfahren hingegen fordern erheblich weniger verfahrenstypische Gestaltungsvorschriften ([3], S. 16).

Diese gestalterische Freiheit bietet die Möglichkeit der Erstellung bionischer Leichtbaustrukturen. Gerade in der Luft- und Raumfahrt eröffnet dies ein sehr großes Potenzial, da durch den Leichtbau die Betriebskosten gesenkt werden können. Schätzungen zufolge können durch jedes eingesparte Kilogramm bei einem Flugzeug über die komplette Nutzungsdauer bis zu 3.000 US-Dollar Treibstoffkosten eingespart werden ([19], S. 91). Aus diesem Grund ist die Luftfahrtindustrie neben der Medizintechnik zurzeit einer der größten Technologietreiber.

Bei Bauteilen, die Medien führen und leiten, können durch die Umsetzung von 3D-Kanälen die Strömungsverluste und somit die Verlustleistung reduziert werden. Des Weiteren können durch konturnahe Kühlkanäle Bauteile optimal temperiert und eine gute Wärme- oder Kälteabfuhr gewährleistet werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 17: Prozesskette Topologie-Optimierung

Im Maschinen- und Anlagenbau kann die erhöhte Gestaltungsfreiheit für topologie-optimierte Bauteile verwendet werden. So kann für jeden Anwendungsfall das ideale Bauteil entwickelt und vor allem auch hergestellt werden. Die mögliche Prozesskette wie in Abbildung 17: Prozesskette Topologie-Optimierung darstellt, verdeutlicht dieses Potenzial. Während bei der Herstellung durch konventionelle Fertigungsverfahren das Ergebnis der Topologie-Optimierung noch nach fertigungstechnischen Gesichtspunkten (DFM – Design for Manufacturing) umgestaltet werden muss, kann durch die erhöhte Gestaltungsfreiheit das Bauteil bei der generativen Fertigung direkt und unverfälscht hergestellt werden.

2.3.1.2 Funktionsintegration und Bauteilverschmelzung

Auf dem Grundsatz der Gestaltungsfreiheit basierend besteht die Möglichkeit zur Bauteilverschmelzung und Funktionsintegration.

Unter Funktionsintegration versteht man in der Konstruktionslehre, möglichst viele technische Funktionen, meist bestehend aus Haupt- und Teilfunktionen, mit möglichst wenigen Bauteilen abzudecken. Diese Konstruktionsmethode ist auch unter funktionsgerechter oder funktionsorientierter Gestaltung (DFF – Design For Function) bekannt. Die Herangehensweise führt dabei zu Konstruktionen, die mit konventionellen, also formativen und subtraktiven, Fertigungsverfahren nicht oder nur mit einem großen Aufwand und daraus folgend mit hohen Kosten realisierbar sind. Ein Vorteil der generativen Verfahren ist daher, dass es oft gelingt, möglichst viele Funktionen in ein Bauteil zu integrieren ([3], S. 14–16).

Stellt man die Funktion in den Vordergrund und gestaltet das Bauteil um diese Funktion herum, kann es, im Vergleich zu fertigungsgerecht ausgeführten Bauteilen, zu Performancesteigerung und somit einer Senkung der Verlustleistungen und Betriebskosten führen. Dadurch kann das Potenzial eines Bauteils maximiert werden.

Unter Bauteilverschmelzung hingegen versteht man das Zusammenlegen mehrerer Bauteile zu einem. Dies hat den großen Vorteil der reduzierten Schnittstellen und impliziert die Verringerung von möglichen Fehlerquellen. Ein großes Potenzial der generativen Fertigungsverfahren ist daher, dass es oft gelingt alle benötigten Bauteile sowie die funktionellen Komponenten in einem Arbeitsschritt herzustellen, sodass nachgelagerte Prozessschritte wie Vor- und Endmontage entfallen ([3], S. 14–17).

Eine Schnittstelle dieser beiden Potenziale ist die Möglichkeit zur Integration von Filtern, Wärmetauschern, Sensoren oder weiteren Bauteilen. So wird die Bauteilanzahl reduziert und Funktionen werden integriert.

Die Bauteilreduzierung, die sich aus Funktionsintegration und Bauteilverschmelzung ergibt, bringt Vorteile durch reduzierte Montage- und Herstellzeit, reduzierte Fehlerquellen durch Reduzierung der Schnittschnellen sowie Reduzierung der Herstellkosten, was ebenfalls auf die Minimierung der Bauteilanzahl zurückzuführen ist ([20], S. 10–12).

2.3.1.3 Entkopplung der Bauteilkosten und der Komplexität

Ein weiteres Merkmal der generativen Fertigung, welches auf die erhöhte Gestaltungsfreiheit zurückzuführen ist, ist die Entkopplung des Zusammenhangs der Bauteilkomplexität und deren Kosten. In der Literatur wird häufig von „complexity for free“ gesprochen ([21], S. 8). Während bei subtraktiven und formativen Fertigungsverfahren die Bauteilkosten mit steigender Komplexität des Bauteils extrem ansteigen, bleiben die Kosten bei generativen Herstellungsverfahren nahezu identisch.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 18: Herstellkosten und Bauteilkomplexität in Anlehnung an ([5], S. 5, Bild 1-1)

Diese vereinfachten Verläufe, wie in Abbildung 18: Herstellkosten und Bauteilkomplexität in Anlehnung an ([5], S. 5, Bild 1-1) dargestellt, lassen die Folgerung zu, dass Bauteile, die wirtschaftlich sinnvoll generativ hergestellt werden können, eine hohe Bauteilkomplexität aufweisen sollten. Diese Entkopplung ist ein großes Potenzial, da Bauteile beliebig komplex sein können ohne eine enorme Steigerung der Kosten zu implizieren.

Bei einer detaillierten Betrachtung eines Bauteils, das durch mehrere spanende Bearbeitungsschritte hergestellt wird, werden die Unterschiede zu den generativen Verfahren besonders sichtbar. Beim Fräsen, Drehen oder Bohren sind nicht alle Flächen in einer Aufspannung bearbeitbar. Dies liegt zum einen an den vorgegeben Maschinengeometrien, zum anderen an der Tatsache, dass das Bauteil auf dem Maschinentisch (Spannfutter) fixiert werden muss. So entstehen beim Bearbeitungsprozess Zeiten zum Rüsten, Umspannen oder Werkzeugwechsel, die Nebenzeiten ([22], S. 374–377). Beim generativen Herstellprozess hingegen entstehen diese Zeiten nicht.

Bei formativen Bauteilen ist die Kostensteigerung durch komplexere oder mehrteilige Werkzeuge (Gussbauteile) oder durch die Notwendigkeit von Vorrichtungen und Fertigungshilfsmitteln (Schweißkonstruktionen) herzuleiten. Hinzu kommt, dass bei diesen Fertigungsverfahren die Bearbeitungsprozesse und Fertigungsstrategien für jedes Bauteil in der Arbeitsvorbereitung festlegt werden müssen. Dies entfällt im klassischen Sinne bei der generativen Fertigung. Vereinfacht kann man festhalten, dass jedes Bauteil generativ auf derselben Anlage und auf die gleiche Art und Weise hergestellt werden kann. ([5], S. 3–5).

2.3.2 Individualisierung von Bauteilen

Die Individualisierung ist die kunden- und bedürfnisorientierte Anpassung von Bauteilen. Dies kann in Bezug auf Qualität und Quantität umgesetzt werden, was bedeutet entweder Einzelstücke und kleine Losgrößen zu fertigen oder Aussehen, Geometrie oder Funktion eines Bauteils zu verändern.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Individualisierung und Personalisierung. Bei der Individualisierung werden das Design eines Bauteils oder eines Produkts an den Geschmack der Kunden angepasst. Bei der Personalisierung kann man wiederum zwischen aktiver und passiver Personalisierung unterscheiden. Bei der passiven Personalisierung wird das Bauteil dem Kunden entsprechend gestaltet, während bei der aktiven Personalisierung der Kunde das Bauteil gestaltet. Dieser Prozess, der eng mit dem Designvorgang verbunden ist, lässt sich mit generativen Verfahren leichter, einfacher und flexibler umsetzen als beispielsweise mit subtraktiven Fertigungsverfahren ([23], S. 128–136). Dieses Potenzial lässt sich für eine Großzahl von Produkten, auch im Maschinen- und Anlagenbau, anwenden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 19: Herstellkosten und Losgröße in Anlehnung an ([24], S. 51, Bild 5-2)

Beim Vergleich der Kostenverläufe in Anhängigkeit der Losgröße, ersichtlich in Abbildung 19: Herstellkosten und Losgröße in Anlehnung an ([24], S. 51, Bild 5-2), wird deutlich, welchen Vorteil die generativen Verfahren in Bezug auf Personalisierung und Individualisierung haben. Der Kostenverlauf der subtraktiven und formativen Fertigung lässt sich vor allem durch die Erstellung von Werkzeugen, CNC-Programmen, Vorrichtungen und Formen erklären. Diese Kosten, meist unter Sondereinzelkosten der Fertigung zusammengefasst, entfallen bei der aufbauenden Herstellung.

Die Anpassung von Bauteilen an deren Einsatz- und Verwendungszweck lässt sich dadurch variabel und mit verhältnismäßig geringem Aufwand umsetzen. Dadurch lassen sich optimal gestaltete Bauteile realisieren. Abschließend lässt sich zusammenfassend festhalten, die generativen Fertigungsverfahren helfen die Individualisierung flexibler zu gestalten und einfacher umzusetzen ([25], S. 17–19).

2.3.3 Neue Verbindungselemente

Durch den schichtweisen, werkzeuglosen Aufbau der Bauteile ergeben sich auch neue Möglichkeiten bei der Ausgestaltung von Verbindungselementen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 20: Beispiele neuer Gestaltungselemente

Die neue, erhöhte Gestaltungsfreiheit bietet auch neue Möglichkeiten bei der Ausarbeitung von Verbindungselemente jeder Art. Dies kann man auf Welle-Nabe-Verbindungen, Befestigungselemente und allen sonstigen Konstruktionselemente anwenden. Eine kleine Auswahl für die Umsetzung von herkömmlichen und neuen Konstruktionselemente zeigt Abbildung 20: Beispiele neuer Gestaltungselemente.

Diese Gestaltungselemente können wiederum für Leichtbau- und topologie-optimierte Konzepte verwendet werden. Mit Hilfe der Umgestaltung können Bauteile reduziert, schneller montiert und stabiler ausgeführt werden. Nachteil dieser neuen Konstruktionselemente ist, dass es momentan noch wenig Berechnungsmodelle und Kontrollwerkzeuge gibt ([26], S. 43–46).

2.3.4 Realisierung neuer Fertigungsstrategien

Produzierende Unternehmen, gerade in Deutschland, stehen vor immer neuen Herausforderungen. Hier sind exemplarisch Globalisierung, Dynamisierung der Produktlebenszyklen, steigender Kostendruck, Ressourcenknappheit und der demografische Wandel zu nennen ([27], S. 10–23).

Diese Faktoren eröffnen auf der anderen Seite der generativen Fertigung die Chance der Umsetzung neuer Fertigungsstrategien. Besonders sind hier die dezentrale und die lagerfreie Fertigung zu nennen. Die bedarfsgerechte und kundennahe Herstellung von Bauteilen und deren Ersatz- und Verschleißteile reduziert dabei sämtliche Logistikressourcen ([25], S. 19).

Gerade bei schwer zugänglichen Einsatzorten (Offshore-Windparks, Bohrinseln, Raumstationen, Bergwerke, usw.) könnte eine einfache und vor Ort durchführbare Herstellung von Ersatzteilen interessant werden. Durch diese zeitnahe Herstellung würden wiederum Ausfall- und Stillstandzeiten minimiert werden. Diese Fertigungsstrategie ist auch unter „production on site“ bekannt ([25], S. 20). Bei weltweit operierenden Unternehmen werden meist Konsignationslager errichtet. Diese Lager sind vom Unternehmen errichtete Standorte in Nähe der Kunden, um die vertraglich vereinbarten Lieferzeiten bei Maschinen- oder Anlagenausfällen gewährleisten zu können. In Zukunft könnte man diese Konsignationslager durch einen ortsansässigen Dienstleister, der Bauteile mittels generativer Fertigungsverfahren zeitnah und zuverlässig herstellt, ersetzen. Diese ressourcenschonende, flexible und globale Fertigungsstrategie ist ein großes Potenzial der generierenden Verfahren.

In diesen Zusammenhang ist auch die Produktionsstrategie „production on demand“ zu nennen. Unter dieser Fertigungsstrategie versteht man die lagerfreie, bedarfsorientiere Produktion von Erzeugnissen. Die Besonderheit dieses Produktionskonzepts ist die Herstellung der Bauteile zum Zeitpunkt ihres Gebrauchs. Gerade im Maschinen- und Anlagenbau verlangen die Kunden meist eine Ersatzteillieferung innerhalb von 24 bis maximal 48 Stunden. Die Herstellerfirmen sind dadurch angehalten Ersatz- und Verschleißteile für den Lagerbestand zu fertigen, um im Falle eines Ausfalls diese zeitnah liefern zu können. Dadurch sind Unternehmen gezwungen ihr Kapital zu binden und in Form von Ersatzteilen meist mehrere Jahre einzulagern.

Eine weitere Theorie, die im Zusammenhang mit der Entwicklung generativer Verfahren genannt wird, ist die Stärkung des Produktionsstandortes Deutschland. Die Kombination aus Individualisierung von Produkten und Senkung der relativen Bedeutung von Lohnkosten durch automatisierte Herstellung könnte für Unternehmen der Standort Deutschland wieder deutlich attraktiver machen ([28], S. 78–79).

2.3.5 Umsetzung der Industrie 4.0

Der Begriff Industrie 4.0 steht für die vierte industrielle Revolution. Darunter versteht man eine neue Stufe der Organisation und Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette über den Lebenszyklus von Produkten. Industriell bedeutet dies in diesem Zusammenhang die Digitalisierung der Fertigung in allen Prozessschritten.

Dieser Produktlebenszyklus (PLC – product life cycle) orientiert sich an den zunehmenden individualisierten Kundenwünschen und erstreckt sich von der Idee, dem Auftrag über die Entwicklung und Fertigung, die Auslieferung eines Produkts an den Endkunden, bis hin zum Recycling, einschließlich der damit verbundenen Dienstleistungen.

Basis ist die Verfügbarkeit aller relevanten Informationen in Echtzeit durch Vernetzung aller an der Wertschöpfung beteiligten Instanzen sowie die Fähigkeit aus den Daten den zu jedem Zeitpunkt optimalen Wertschöpfungsfluss abzuleiten. Durch die Verbindung von Menschen, Objekten und Systemen entstehen dynamische, echtzeitoptimierte und selbst organisierende, unternehmensübergreifende Wertschöpfungsnetzwerke, die sich nach unterschiedlichen Kriterien wie beispielsweise Kosten, Verfügbarkeit und Ressourcenverbrauch optimieren lassen ([29], S. 8–16). Ein Vorteil, den die generative Fertigung in diesem Zusammenhang hat, ist, dass der komplette Herstellungsprozess auf einer digitalen Basis fußt. Als Fertigungsgrundlage muss bei der generativen Fertigung, anders als bei der subtraktiven oder formativen, ein digitaler Datensatz des Bauteils vorliegen. Die Überwachung des Bauprozesses ist mittels Kamerasystemen ebenfalls verhältnismäßig einfach umzusetzen. Dementsprechend einfacher ist auch die Einbindung der generativen Fertigungsverfahren in die digitale Fabrik der Zukunft.

2.3.6 Realisierung neuer Werkstoffe

Durch die zuvor beschriebenen Potenziale lässt sich ein weiterer Vorteil ableiten, nämlich die Realisierung neuer Werkstoffe. Bei der bisherigen Werkstoffauswahl wurden neben den technologischen Kennwerten wie Festigkeit, E-Modul, Härte und Bruchdehnung auch verarbeitungstechnische Faktoren wie Zerspanbarkeit, Gießbarkeit oder Schweißbarkeit betrachtet ([30], S. 344–346).

Durch die abfallfreie, endkonturnahe und werkzeuglose Herstellung von Bauteilen durch generative Verfahren ist die Werkstoffauswahl ebenfalls zu überdenken. Die Gewichtung der einzelnen Faktoren ist zu überarbeiten. Durch die nahezu abfallfreie Herstellung eignen sich hochwertige Werkstoffe, wie z. B. Titan-Legierungen und schwer zerspanbare Nickel-Chrom-Werkstoffe besonders für die generative Verarbeitung ([22], S. 322–325).

Diese Hochleistungswerkstoffe, die in der Luftfahrt bereits eingesetzt werden, qualifizieren sich durch die nahezu abfallfreie Herstellung auch für die Verwendung im konventionellen Maschinen- und Anlagenbau.

2.3.7 Steigerung der Nachhaltigkeit

Grundsätzlich haben Innovationen und Neuentwicklungen in Bezug auf ökologische Folgen immer zwei Seiten. Einerseits können sie einen Beitrag zur Umweltentlastung leisten bzw. positive Umwelteffekte erschaffen. Andererseits können auch potenzielle Risiken für Ökologie und Nachhaltigkeit mit den neuen Technologien verbunden sein. Die generativen Fertigungsverfahren haben nach aktuellem Forschungsstand mehr positive als negative Effekte auf das Ökosystem ([31], S. 25–26).

Die verbesserte Nachhaltigkeit und die damit verbundenen positiven Auswirkungen auf die Umwelt lassen sich in vier Punkte zusammenfassen. Diese sind neben der nahezu abfall-freien Herstellung von Bauteilen, die vereinfachte Umsetzung von Leichtbaustrukturen und die damit verbundene Senkung von Betriebskosten, die Verlängerung des Lebenszyklus durch optimale Gestaltung sowie die Reduzierung von Logistikressourcen durch neue Fertigungsstrategien ([31], S. 27–34). Im Unterschied zur subtraktiven Fertigung werden bei der generativen Herstellung gesundheitlich problematische Stoffe wie Schneidflüssigkeiten und Kühlschmierstoffe hinfällig.

Allerdings bringt die generative Fertigung auch einige Aspekte mit sich, die die Nachhaltigkeit vermutlich negativ beeinflussen könnten. Hier sind vor allem der momentan noch große Energieverbrauch der Maschinen und die Recyclebarkeit der verwendeten Materialen, die noch weitgehend unklar auf Grund der zurzeit noch geringen Verwendung der Bauteilen ist, zu nennen ([31], S. 27).

Bei der generativen Fertigung entstehen nahezu keine Abfallprodukte. Bei pulverbett-basierten Maschinen kann das nicht verwendete Pulver durch Reinigungs- und Siebprozesse größtenteils wiederverwendet und der Maschine erneut zugeführt werden. Durch die endkonturnahe Gestaltung liegt das Zerspanungsverhältnis im unteren Prozentbereich, anders als bei konventionellen Bauteilen. Hier kann es unter Umständen zu einem Zerspanungsverhältnis von bis zu 95% kommen. Das bedeutet, dass das Fertigteil nur aus 5% vom Rohteil besteht ([32]). Diese großen Abfallmengen können zwar zum großen Teil wieder recycelt werden, dies ist aber wiederum mit einem hohen Energie- und Logistikaufwand verbunden.

2.4 Grenzen generativer Fertigungsverfahren

2.4.1 Bauteilgröße

Die mögliche Bauteilgröße, die durch generative Verfahren herstellbar ist, ist im Maschinen- und Anlagenbau ein bedeutender Faktor. In der Tabelle 2: Maximale Baugröße generativer Maschinen ist eine Übersicht der momentan (Stand Dezember 2015) am Markt verfügbaren Maschinen aufgezeigt. Daraus ergibt sich ein maximales Bauvolumen von 0,16 m3 mit der Anlage X line 2000 R von Concept Laser.

Tabelle 2: Maximale Baugröße generativer Maschinen (auszugsweise)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Bauraumgröße und damit die maximalen Bauteilgrößen wurden in den vergangenen Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und vergrößert. Experten zufolge wird diese Entwicklung weitergehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 21: Prognose für die Entwicklung der Bauraumgröße ([26], S. 74, Abb. 3-14)

Laut einer Studie des DMRC werden schon in zehn Jahren Bauteilgrößen von bis zu 8 m3 bei pulverbettbasierten Maschinen realisierbar sein. Diese Entwicklung, wie in Abbildung 21: Prognose für die Entwicklung der Bauraumgröße ([26], S. 74, Abb. 3-14) dargestellt, wurde durch eine Expertenbefragung ermittelt und veröffentlicht ([26], S. 68–75).

Dem Maschinen- und Anlagenbau kommt diese Prognose sehr entgegen, da die Bauteile meist großvolumig sind. Ob die abgebildete Entwicklung allerdings so umgesetzt werden kann, bleibt abzuwarten.

2.4.2 Bauteilqualität

Während die relative Dichte generativ hergestellter Bauteile meist besser ist, als bei Bauteilen, die durch Gussverfahren hergestellt wurden, gibt es auch Gefahren, die bei der Gestaltung, Planung und Umsetzung generativer Bauteile beachtet werden muss.

Als wichtiger prozesstechnischer Faktor ist die Entstehung von Eigenspannungen zu nennen. Vergleichbar sind diese mit den Spannungen, die bei konventionellen Schweißprozessen auftreten. Die Eigenspannungen können zum Verzug des Bauteils führen. Der Verzug kann bereits im Bauprozess so groß werden, dass das verfestigte Material sich aus dem Pulverbett herausbiegt und zum Prozessabbruch führt. Grundsätzlich gilt: Je größer die eingebrachte Energie, umso größer die potenziellen Temperaturunterschiede im Bauteil und damit die Stärke der Eigenspannungen ([40], S. 59).Durch speziell entwickelte Belichtungsstrategien, die nur in sehr kurzen Zeitintervallen auf der zu belichteten Oberfläche verbleiben, kann der lokale Temperatureintrag auf ein Minimum reduziert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 22: Verschiedene Belichtungsstrategien

Diese Strategien, wie in Abbildung 22: Verschiedene Belichtungsstrategien, sind je nach Verfahren und Bauteil zu wählen und anzupassen. Dadurch kann der thermische Verzug und die damit verbundenen Eigenspannungen reduziert und minimiert werden. Ebenfalls zu beachten ist, dass mit höheren Leistungen die Detailauflösung und die damit verbundene Genauigkeit sinken. Die Ursache hierfür ist das erhöhte Wachstum des Schmelzbades. Demensprechend müssen Belichtungsmuster, Belichtungsgeschwindigkeit und die Laserleistung jeweils material- und bauteilspezifisch angepasst werden ([40], S. 59). Eine weitere Strategie zur Verminderung des Verzugs ist die kontrollierte Temperierung des Bauraums ([41], S. 118–120).

2.4.3 Maßgenauigkeit und Oberflächenrauigkeit im Bauprozess

Die erreichbaren Genauigkeiten, Maß- und Formgenauigkeiten, sind größtenteils abhängig von zwei Faktoren, den mechanischen Systemkomponenten sowie den prozesstechnischen Faktoren. In der XY-Richtung bedingt die Wiederholgenauigkeit des Scanners für die Strahlführung die Position des Laserfokus und damit an welcher Stelle Material verfestigt wird. In Z-Richtung sind das Höhenspiel des Hubtisches, Verschleiß dieser Vorrichtung und somit die Verlagerung der Bearbeitungsebene für Maßabweichungen verantwortlich. ([40], S. 59)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 23: Erreichbare Genauigkeiten verschiedener Verfahren nach ([42], S. 24)

Die Oberflächenrauigkeit und Maßgenauigkeit generativ hergestellter Bauteile ist vergleichbar mit Werkstücken, die mittels Urformverfahren (Gießen, Strangpressen, Schmieden) hergestellt wurden. Dies wird in der Abbildung 23: Erreichbare Genauigkeiten verschiedener Verfahren nach ([42], S. 24) deutlich. Die spanenden Bearbeitungsverfahren weisen hier deutlich bessere Werte auf.

Die Oberflächengüte wird im Wesentlichen von der Schichtdicke im Bauprozess, der Partikelgröße des Pulvers sowie der Baurichtung beeinflusst. Diesen Einfluss erkennt man deutlich in Abbildung 24: Treppenstufeneffekt und Schichtstärken nach ([43], S. 5, Bild 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 24: Treppenstufeneffekt und Schichtstärken nach ([43], S. 5, Bild 3)

Benötigt die Funktion des Bauteils eine feinere Oberfläche, beispielsweise für Lagersitze oder Dichtflächen, ist eine nachfolgende spanende Bearbeitung unverzichtbar. Je nach Technologe und Ausgangswerkstoff variieren die Oberflächenrauigkeit sowie die Genauigkeit.Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 25: Genauigkeit und Oberflächenrauigkeit nach ([41], S. 38, Bild 2)

Die verschiedenen Verfahren und deren typischen Genauigkeiten wie Oberflächenrauigkeiten werden in Abbildung 25: Genauigkeit und Oberflächenrauigkeit nach ([41], S. 38, Bild 2) verdeutlicht.

Richtwerte für Oberflächenrauigkeiten bei metallverarbeiteten Verfahren sind 10 – 100 μm. Diese große Spannweite basiert auf den unterschiedlichen Energiequellen, deren Leistungseintrag und Strahlqualität.

2.4.4 Baugeschwindigkeit

Die Baugeschwindigkeit bei der Herstellung von Bauteilen durch generative Verfahren ist noch sehr limitiert. Durch den feinen, schichtweisen Aufbau und den nachgelagerten Abkühlprozess sind diese Verfahren meist sehr zeitintensiv.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 26: Baugeschwindigkeit und Zugfestigkeit nach ([41], S. 38, Bild 6)

Eine grobe Übersicht der verschiedenen Werkstoffe und deren typischen Herstellgeschwindigkeiten ist in Abbildung 26: Baugeschwindigkeit und Zugfestigkeit nach ([41], S. 38, Bild 6) ersichtlich.

Im Sondermaschinen- und Anlagenbau sind häufig großvolumige Bauteile notwendig und in Verwendung. Deren Herstellung, falls dies mit den gängigen Bauteilgrenzen möglich ist, ist langwierig und vereinnahmt die generativen Maschinen oft tagelang.

Prognosen zufolge werden sich allerdings die Baugeschwindigkeiten in den nächsten Jahren deutlich vergrößern([44]), ([26]). Für die Vergrößerung der Bauteilgeschwindigkeiten gibt es mehrere Entwicklungs- und Umsetzungsstrategien. Die Verwendung mehrerer Laser bzw. Energiequellen ist eine davon. Dieser Ansatz wird bereits bei am Markt verfügbaren Maschinen umgesetzt. Weitere Optimierungsstrategien zielen auf die Verwendung von mehreren Baukammern ab, um so die Baugeschwindigkeit zu maximieren. Die Parallelisierung von Prozessen ist in diesem Zusammenhang ebenfalls zu nennen. Durch Abspaltung des eigentlichen Bauprozess von nach- und vorgelagerten Arbeiten, die momentan teilweise noch in der Maschine ausgeführt werden müssen, kann ebenfalls die Baugeschwindigkeit erhöht werden.

2.4.5 Notwendigkeit von Stützstrukturen im Bauprozess

Bei der Verarbeitung von metallischen Pulverwerkstoffen sind meist Stützstrukturen notwendig. Diese beeinflussen die Bauzeit und die Materialkosten. Dadurch steigen auch die Herstellkosten erheblich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 27: Bauteilkonturen und Stützstrukturen in Anlehnung an ([43], S. 14, Tab. 4)

Durch den schichtweisen Aufbau der Bauteile muss die vorherige Bauteilschicht die nachfolgende tragen und abstützen. Aus diesem Grund sind Stützstrukturen teilweise unumgänglich. In Abbildung 27: Bauteilkonturen und Stützstrukturen in Anlehnung an ([43], S. 14, Tab. 4) wird ein Beispiel aufgezeigt, wie diese Hilfs-Geometrien vermieden werden können.

Als Grenzwert gilt ein Winkel von 45°. Dies betrifft aber nur die Baurichtung Z. In der X-Y-Richtung ist die Maßnahme nicht notwendig, allerdings ist bei der Bauteilorientierung der Treppenstufeneffekt zu beachten (siehe Abbildung 24: Treppenstufeneffekt und Schichtstärken nach ([43], S. 5, Bild 3)).Ein weiterer Grund für die Verwendung von Stützstrukturen ist die kontrollierte Abfuhr der Prozesswärme und somit die Verringerung von thermischen Spannungen und Verzug.

2.4.6 Folgeprozesse

Bei der Herstellung durch generative Verfahren erfüllen meist die gefertigten Bauteile die gestellten Anforderungen nicht oder nur teilweise. Dies ist auf die im Kapitel 2.4.3 Maßgenauigkeit und Oberflächenrauigkeit im Bauprozess (S. 27) beschriebenen Faktoren zurückzuführen. Die Folgeprozesse, teilweise auch Post-Prozesse genannt, sind alle Arbeitsschritte, die nach dem eigentlichen Herstellvorgang noch notwendig sind. In der Regel sind folgende, nachgelagerte Prozessschritte wie kontrolliertes Abkühlen des Bauteils, Reinigen des Bauteils, Entfernen des überschüssigen Pulvers, Entfernen der Stützstrukturen, Nachbearbeitung von funktionsrelevanten Oberflächen wie Lagersitze und Dichtflächen sowie die Veredelung der Bauteiloberflächen wie Lackieren oder Pulverbeschichten notwendig ([4], S. 161–213). Für diese Prozesse, die je nach Verfahren und Technologie variieren, gibt es noch wenige spezialisierte Lösungen. Dementsprechend zeit-, arbeits- und somit kostenintensiv sind diese notwendigen Arbeitsschritte.

2.4.7 Automatisierung

Beim Automatisierungsgrad sind die generativen Fertigungsverfahren bei weitem noch nicht ausgereift. Während der Bauprozess bei den meisten Verfahren automatisch abläuft, sind die Post-Prozesse (2.4.6 Folgeprozesse S. 30) durch den Maschinenbediener auszuführen.

In der industriellen Serienproduktion ist es üblich, dass Produkte von Arbeitsschritt zu Arbeitsschritt von automatisierten Transportsystemen weitergeleitet werden. Wenn Zulieferbauteile in undefinierter Lage angeliefert werden, werden diese für die Weiterverarbeitung meist automatisiert vereinzelt und für die nächsten Arbeitsschritte durch einen Aktor exakt positioniert. Vor diesem Hintergrund stellen die manuellen Interaktionen in der generativen Herstellung eine Unterbrechung in einer automatisierten Prozesskette dar. Es gibt derzeit keine automatisierte Lösung, die generative Maschinen mit subtraktiven Werkzeugmaschinen oder Industrierobotern verknüpft. Die generativen Fertigungsverfahren setzten bislang voraus exklusiv und als Stand-Alone-Maschinen eingesetzt zu werden. Die notwendigen Nacharbeiten an generativ gefertigten Bauteilen werden zurzeit als notwendiges Übel angesehen. Wenn es gelingt, in einer Prozesskette generative Fertigungsverfahren mit anderen Prozessen zu kombinieren und zu automatisieren, ergeben sich neue Möglichkeiten und noch mehr wirtschaftlich sinnvollere Lösungen ([25], S. 12–13).

2.4.8 Prozesssicherheit und Qualitätsmanagement

Bei Rapid Manufacturing Anwendungen müssen die gefertigten Bauteile im Gegensatz zum Rapid Prototyping nicht nur optische sondern vor allem mechanische Anforderungen erfüllen. Da meist eine kleine Stückzahl gefertigt wird, kann man dies nicht mit zerstörenden Werkstückprüfungen verifizieren. Bei der Bewertung der Qualität eines Bauteils sind Merkmale wie Maßhaltigkeit, Optik, Haptik, Gewicht und Homogenität, wie auch bei der konventionellen Fertigung, die entscheidenden Faktoren ([3], S. 94–96).

Ein weiteres Problem stellt die Qualitätssicherung und die Kontrolle von Bauteilen dar. Während die meisten Außenkonturen noch optisch bzw. taktil vermessen werden können, ist dies für die Technologien typischen innenliegenden Flächen nicht möglich. Hier kann man wieder nur auf zerstörende Messverfahren oder durchleuchtende, bildgebende Messverfahren zurückgreifen ([40], S. 59).

Zur Realisierung einer gleichbleibenden Bauteilqualität und Wiederholgenauigkeit sind Lösungen im Bereich der Qualitätssicherung und -management sowie einheitliche Qualitätsstandards noch nicht entwickelt worden. Zurzeit existieren noch keine bzw. keine ausreichende Anzahl an einheitlichen und allgemein gültigen Normen und Richtlinien. Aus diesem Grund haben bereits einzelne Branchen, wie z. B. die Luft- und Raumfahrt, eigene brancheninterne Qualitätsstandards vergeben ([27], S. 82–83). Der Verband Deutscher Ingenieure (VDI) arbeitet bereits an diesen Themen und hat mit der Herausgabe der VDI-Richtlinie 3405 einen ersten Schritt gemacht.

3 Systematische Bauteilauswahl

3.1 Methodenauswahl

Im Vorfeld der systematischen Bauteilauswahl wurden mehrere Methoden untersucht und auf Eignung, Umsetzbarkeit, Flexibilität und Aufwand untersucht. In diesem Prozess konnte auf Daten des ERP-Systems sowie auf Merkmale, die im 3D-CAD-Modell und den Fertigungsunterlagen enthalten sind, zurückgegriffen werden. Dies waren neben technologischen und wirtschaftlichen auch organisatorische Merkmale ([45]).

Technologie und wirtschaftliche Merkmale sind mechanische Kennwerte, Werkstoffkennwerte, geometrische Eigenschaften, Oberflächengüte, Lebensdauer, Kosten und Faktoren wie Datenaufbereitung und Arbeitsvorbereitung. Die organisatorischen Merkmale gliedern sich in Verfügbarkeit, Personalaufwand, Automatisierungsgrad und Fertigungskapazität.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 28: Black-Box der Auswahlmethodik

Mit Hilfe dieser Merkmale (Input) und dem gewünschten Ergebnis (Output) konnte eine Black-Box (Abbildung 28: Black-Box der Auswahlmethodik) aufgestellt werden. Die Anforderungen an diese Black-Box sind:

- Keine Verwendung von Spezialsoftware
- Möglichkeit zur unternehmensspezifischen Anpassung
- Umsetzung einer großen Anzahl an Bauteilen
- Schrittweise und reproduzierbare Vorgehensweise
- Quantitative Aussage,

In der Entscheidungslehre differenziert man grundsätzlich zwischen auswählen und bewerten. Beim Auswählen reduziert sich die Anzahl der untersuchten Objekte. Dies wird meist mit JA / NEIN – Fragen umgesetzt. Grundlage dieser Fragen sind Kriterien, die erfüllt werden müssen bzw. Eigenschaften, die ein Objekt besitzen muss. Beim Bewerten hingegen wird eine gleichbleibende Anzahl von Objekten auf verschiedene Kriterien untersucht, quantifiziert und miteinander verglichen. Im Anwendungsfall der Bauteiluntersuchung handelt es sich um einen Bewertungsprozess. Allerdings ist die Anzahl der zu untersuchenden Objekte sehr groß.

Bei einer Betrachtung dieses Problems mit der mathematischen Mengenlehre, kann man die Aufgabe der Bauteilauswahl weiter eingrenzen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 29: Mengentheoretische Darstellung

Wie in Abbildung 29: Mengentheoretische Darstellung beschrieben, enthält die Gesamtmenge A alle zu untersuchenden Bauteile. Die Teilmenge B ist generativ herstellbar, Teilmenge C ist wiederum Teilmenge von B. Die Bauteile, die Elemente dieser Teilmenge sind, sind generativ herstellbar und dies wirtschaftlich sinnvoll. Durch die zu entwickelnde Auswahlmethodik sind diese Elemente zu identifizieren.

Mit Hilfe der in oben aufgezeigten Abbildung 29: Mengentheoretische Darstellung und der Abbildung 28: Black-Box der Auswahlmethodik kann festgestellt werden, dass nur ein zwei-stufiger Prozess sich eignen würde: Zu Beginn ein Auswahlverfahren, um nicht herstellbare Bauteile zu eliminieren, gefolgt von einem Bewertungsverfahren, um die Eignung quantifizieren zu können und die Bauteile zu vergleichen.

In der Produktentwicklung kann man solche Entscheidungsmodelle zur Auswahl der bestgeeignetsten Variante oder Konzept finden. Ein Beispiel hierfür ist die einfache Punktbewertung nach Ehrlenspiel ([46], S. 536–540). Bei dieser Vorgehensweise werden Anforderungen an ein Bauteil oder technisches System definiert. Es folgt eine Klassifizierung in Form von Forderungen (K.O.-Kriterien), welche erfüllt werden müssen, und in Wünsche, welche erfüllt werden sollten. Die beste Lösung erfüllt demnach alle Forderungen und die größte Anzahl an Wünschen. Vorteil dieser Methode ist die einfache und schnelle Durchführung. Nachteile sind die große Ungenauigkeit, durch subjektive Bewertungen, sowie die Eigenschaft, dass alle Wünsche gleich wichtig erscheinen. Dies widerspricht der Anforderung der unternehmensspezifischen Anpassung, da die unterschiedlichen Kriterien nicht an verschiedene Anwendungszwecke angepasst werden können.

Betrachtet man diese Forderungen, die Eingangsgrößen sowie den geforderten Output, so kann man schon die einfachen Punktbewertungsverfahren, wie von Lindemann entwickelt, ausschließen. Für diesen Anwendungsfall und die Verarbeitung von großen Datenmengen und einer Vielzahl an Eingangsgrößen, scheinen diese nicht geeignet zu sein.

Bei der einfachen Punktbewertung stellt man Forderungen an die Bauteile auf, klassifiziert diese in Forderungen und Wünsche und bewertet diese. Forderungen kann man nochmal in Mindest- und Maximalforderungen gliedern, Wünsche in implizierte und explizierte.

Das daraufhin untersuchte Kano-Modell bietet hier schon mehr Möglichkeiten als bei der zuvor beschriebenen Punktebewertung. Dieses Modell hat seinen Ursprung im Qualitätsmanagement und wurde von Prof. Kano entwickelt. Diese Vorgehensweise teilt Merkmale eines Bauteils oder eines Systems in Basisfaktoren, Leistungsfaktoren und Begeisterungsfaktoren auf ([47], S. 249–255).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 30: Kano-Modell

Für die Auswahl und die Eignungsuntersuchung der Bauteile zur Fertigung mittels generativer Verfahren kann dieses Modell angepasst und angewandt werden. Basisfaktoren sind Kriterien wie Bauteilgröße, Leistungsfaktoren beispielsweise Merkmale wie Komplexität. Ein Begeisterungsfaktor ist beispielsweise die Wertigkeit des Werkstoffs. Das am besten geeignete Bauteil wäre demnach das, welches alle Basisanforderungen, die meisten Leistungsanforderungen und einige Begeisterungsfaktoren erfüllt. Nachteil dieser Vorgehensweise ist, dass nicht genau bekannt ist, welches Merkmal welcher Klasse an Anforderungen entspricht. Die dadurch entstehende Ungenauigkeit wurde als nicht einschätzbar und demnach als zu groß eingeschätzt.

Durch die bis dato untersuchten Daten und Methoden wurde deutlich, dass ein geeignetes mehrdimensionales Bewertungsverfahren notwendig ist. Diese Herangehensweisen werden branchenübergreifend bei Investitionsrechnungen und Standortauswahlverfahren bei Industrieunternehmen oder bei der Planung von großen Bauprojekten verwendet. Verallgemeinert werden diese Methoden bei der Bewertung von Alternativen mit einer Großzahl an Anforderungen angewandt.

In der Entscheidungstheorie sind diese Vorgehensweisen auch unter dem Begriff multikriterielle oder mehrkriterielle Entscheidungsanalysen (MCMA – engl. Multi Criteria Decison Analysis) zusammengefasst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 31: Einteilung Mehrkriterielle Entscheidungsanalyse nach ([48], S. 27–31)

Die mehrkriteriellen Entscheidungsanalysen teilen sich in MODM- und MADM-Methoden auf. Der Unterschied ist, dass bei MODM-Verfahren ein stetiger Lösungsraum benötigt wird, während bei MADM-Verfahren ein diskreter Lösungsraum vorausgesetzt wird ([48], S. 24–35).

Bei einer erneuten Betra'chtung der mathematischen Mengenlehre (siehe Abbildung 29: Mengentheoretische Darstellung) wird deutlich, dass für das hier dargestellte Problem ein diskreter Lösungsraum vorliegt. Es ist aus einer Anzahl n an Bauteilen das bestgeeignetste Werkstück durch die Untersuchung von verschiedenen Merkmalen m herauszufinden. Aus diesen Gründen konnten alle MODM-Methoden ausgeschlossen und die MADM-Verfahren genauer untersucht werden. Typische Vertreter dieser Verfahren sind AHP (Analytic Hierarchy Process), NWA (Nutzwertanalyse), ELECTRE, PROMETHEE I & II sowie das TOPSIS-Verfahren ([49], S. 1–10). Nach Sichtung der Vorgehensweisen und der methodenabhängigen Abläufe, wurde das TOPSIS-Verfahren als bestgeeignetstes identifiziert, gewählt und umgesetzt.

Um die zuverlässige Bauteiluntersuchung zu gewährleisten und den Aufwand, der durch die Anzahl der Bauteile gesteuert wird zu minimieren, wurde eine Kombination mehrerer Verfahren entwickelt. Zuerst eine grobe Bauteilauswahl nach der Stage-Gate-Methode, gefolgt von einer feineren Variantenuntersuchung nach dem TOPSIS-Verfahren. Durch dieses Vorgehen konnten alle gestellten Forderungen realisiert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 32: Ablaufschema Bauteilauswahl

In Abbildung 32: Ablaufschema Bauteilauswahl ist die Vorgehensweise visualisiert. Der große Vorteil der entwickelten Methode ist eine schnelle, einfache Bauteilgrobauswahl gefolgt von einer genaueren, zeitintensiveren Feinanalyse. Das simple Vorgehen in dieser Grobauswahl ermöglicht es schnell die Anzahl der zu untersuchenden Bauteile zu reduzieren. Die entwickelte Methode wird im Folgenden durchgeführt, erläutert und bewertet.

3.2 Grobauswahl

Die Bauteile, die untersucht worden sind, stammen zum Großteil aus Aufträgen, die im Jahr 2015 in den Schmitt Werken abgewickelt worden sind. Es wurde besonders auf eine Repräsentativität bei den ausgewählten und untersuchten Projekten geachtet. Bei der Firma IBS waren dies die Teilschnittmaschinen SM150 und SM130, bei MSB ein vertikales und horizontales Palettenwechselsystem sowie diverse Vorrichtungen und bei Cleanscrape Befestigungselemente für alle Baugrößen der Primärabstreifer.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 33: Untersuchte Bauteile nach Firmen- und Projektzugehörigkeit

Eine Übersicht über die verwendeten Projekte und deren Firmenzugehörigkeit sowie die Anzahl der untersuchten Bauteile liefert Abbildung 33: Untersuchte Bauteile nach Firmen- und Projektzugehörigkeit. Als Bauteile wurden Teile definiert, deren Wertschöpfung zum Großteil in den Schmitt Werken generiert wurde. Norm- und Kaufteile wurden nicht betrachtet. Um die große Anzahl der Bauteile zu Beginn sinnvoll zu reduzieren, wurde eine Grobauswahl durchgeführt. Der Ablauf dieses Schrittes wurde nach der Stage-Gate-Methode umgesetzt. Durch diese methodische Herangehensweise konnte die Anzahl, der zu untersuchenden Bauteile von 1820 auf 52 herabgesetzt werden. Als Filter (Gates) für diesen Prozess wurden die Kriterien Bauteilgröße, Bauteilkomplexität sowie Variantenanzahl verwendet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 34: Anzahl der Bauteile in der Grobauswahl

Die Effektivität der Filter und somit die Veränderung der Anzahl der Bauteile veranschaulicht Abbildung 34: Anzahl der Bauteile in der Grobauswahl.

3.2.1 Stage-Gate-Methode

Die Stage-Gate-Methode ist eine Herangehensweise der Produktentwicklung. Ziel dieser Methode ist die effektive und effiziente Umsetzung einer Idee zu einem fertigen Produkt ([50], S. 145–150). Die Vorgehensweise bei der Bauteilgrobauswahl wurde dem Verfahren angepasst und angewandt. Als Stages wurden Bauteilgröße, Bauteilkomplexität und Bauteilvarianten definiert. In Abbildung 35: Ablauf der Stage-Gate-Methode in Anlehnung an ([50], S. 146) wird diese Vorgehensweise verdeutlicht. Große Vorteile der Methode in diesem Anwendungsfall sind die Übersichtlichkeit, schrittweise Vorgehensweise sowie die gute Reproduzierbarkeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 35: Ablauf der Stage-Gate-Methode in Anlehnung an ([50], S. 146)

Die Grobauswahl liefert hierbei nur das Ergebnis, ob die Teile generativ herzustellen sind (Bauteilgröße – Stage 01) und liefern, allerdings nur bedingt, eine grobe wirtschaftliche Eignung (Bauteilkomplexität – Stage 02). Die Reduzierung der Varianten (Variantenanzahl – Stage 03) hat vor allem den Grund die Anzahl der Bauteile und damit die Anzahl der zu bearbeitenden Daten zu minieren.

3.2.2 Stage 1 – Bauteilgröße

Da der Bauraum bei generativ arbeitenden Maschinen noch limitiert ist, ist die Bauteilgröße ein sehr wichtiges Kriterium. Als verfügbarer Bauraum wurde eine Größe von 400mm * 400mm * 400mm definiert. Die Anordnung und Positionierung der Bauteile im Bauraum wurde nicht weiter betrachtet. Die Möglichkeit zur Abspaltung komplexer Strukturen wiederum wurde berücksichtigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 36: Vorgehensweise Stage 1 - Bauteilgröße

Den Ablauf dieses Schrittes zeigt Abbildung 36: Vorgehensweise Stage 1 - Bauteilgröße. Bei der Schleife „Abspaltung Komplexer Strukturen“ wurden mögliche Trennstellen und Verbindungmöglichkeiten mitbetrachtet. Ein Beispiel hierfür ist ein Planetenträger eines Antriebsgetriebes. Dieses Teil entstammt dem Teilespektrum der Firma IBS.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 37: Planetenträger Originalgröße und Größe der abgespalteten Kontur

In Abbildung 37: Planetenträger Originalgröße und Größe der abgespalteten Kontur wird diese zusätzliche Schleife verdeutlicht. Im Falle des Planetenträgers besteht die Möglichkeit den Korb, in dem die Planetenräder und das Sonnenrad positioniert sind, von der Antriebswelle zu trennen und mit einer Welle-Nabe-Verbindung bei der Montage wieder zusammenführen. Durch diesen Vorgang verringert man die Außenabmessungen des Bauteils und kommt so in den Zielraum oder Grenzraum, der in Stage 1 definiert ist.

Als Grenzwert für dieses Gate wurden die Abmessungen 400mm * 400mm * 400mm gewählt. Diese Werte konnten aus den momentan verfügbaren Maschinen und deren Baugrößen abgeleitet werden (siehe 2.4.1 Bauteilgröße S. 25).

3.2.3 Stage 2 – geometrische Bauteilkomplexität

Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten die geometrische Komplexität eines Bauteils zu klassifizieren und zu quantifizieren. Die einfachste und schnellste Methode ist die Bestimmung der Anzahl der verwendeten Features zu bestimmen. Allerdings entstehen hier, je nach CAD-Software, Modellierungsvorgehensweise und Konstruktionsart, einige Unsicherheiten und Fehlerquellen.

Eine weitere Methode ist die Berechnung, die Herr Carsten Schopp in der Diplomarbeit „Erarbeitung eines Kataloges zur Klassifizierung von LOM-Bauteilen“ aus dem Jahr 1997 erarbeitet hat. Veröffentlicht wurde diese in der Dissertation von Frau Olga Kushnarenko ([13], S. 46–49). Der Berechnungsalgorithmus ermittelt den Bauteilkomplexitätsgrad durch Untersuchung von Haupt- und Nebengeometrieelement sowie deren Anordnung, Anzahl und Größe. Das Ergebnis dieser Berechnung ist dabei sehr genau. Großer Nachteil dieser Herangehensweise ist allerdings der große Aufwand. Bei der großen Anzahl der untersuchten Teile ist dies nur schwer umsetzbar.

Die dritte untersuchte Methode ist die Verwendung von CSG-Bäumen unter Betrachtung der Boole`schen Ausdrücke. Hierbei werden Grundvolumina (Zylinder, Quader, Kugel, Kegel) mit den mengentheoretischen Verknüpfungen kombiniert ([51], S. 179–180).

Tabelle 3: Bool`sche Operationen und deren Symbole nach ([52], S. 272)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit Hilfe der in der Tabelle 3: Bool`sche Operationen und deren Symbole nach ([52], S. 272) gezeigten Funktionen und den geometrischen Grundvolumina lassen sich die CSG-Bäume darstellen. Ein Beispiel für den Aufbau eines Körpers ist Abbildung 38: CSG-Baum in Anlehnung an ([52], S. 237) und ([51], S. 180) dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 38: CSG-Baum in Anlehnung an ([52], S. 237) und ([51], S. 180)

Bei einer Klassifizierung der Bauteilkomplexität anhand der verwendeten Operatoren (in Abbildung 38: CSG-Baum in Anlehnung an ([52], S. 237) und ([51], S. 180) 7 Operatoren), ist das Ergebnis ein zuverlässiger Wert, der unabhängig von der CAD-Software ist.

Für diese Einordnung der Komplexität wurde im Bauteilkatalog die Methode der CSG-Bäume verwendet. Gründe hierfür waren die schnelle und einfache Ermittlung sowie die notwendige Genauigkeit. Die Abweichungen durch unterschiedliche Modellierungsvarianten können akzeptiert werden. Als Grenzwert wurde für dieses Gate der Wert 15 definiert. Ermittelt wurde dieser im iterativen Prozess.

3.2.4 Stage 3 – Bauteilvarianten

Varianten werden in der DIN 199 beschrieben als: „Gegenstände ähnlicher Form und / oder Funktion mit einem in der Regel hohen Anteil identischer Gruppen oder Teile“ ([53]).

Um die Bauteilanzahl weiter zu reduzieren, wurden diese ähnlichen Bauteile entfernt. Hierfür wurden die zuvor untersuchten Bauteile nach Funktion, Form und Gestaltung betrachtet. Werkstücke mit identischer Funktion und ähnlicher Form und Gestaltung wurden entfernt. In der Konstruktion von Bauteilen ist es teilweise notwendig rechte und linke Varianten von einer Version zu erzeugen. Diese Bauteile wurden ebenfalls zusammengefasst.

Die Anzahl unterschiedlicher Varianten stellt in der konventionellen Fertigung meist einen erheblichen Mehraufwand dar. Um diese Varianten steuern und lenken zu können, ist ein Variantenmanagement meist unumgänglich. Durch die Einsparung unnötiger Varianten können in einem Unternehmen Kostensenkungen von 10 - 20% realisiert werden. In der konventionellen Fertigung können meist nur wenige Prozessschritte synchron geplant, gesteuert und durchgeführt werden. Hinzu kommt die Fehleranfälligkeit bei Arbeitsschritten, die nicht maschinell und automatisiert ausgeführt werden können. Durch meist ähnliche Zeichnungsgestaltung kann es hier zu fehlerhalfen Teilen kommen ([54], S. 150–153).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 39: Vorgehensweise Stage 3 - Varianten

Dieser Schritt, wie in Abbildung 39: Vorgehensweise Stage 3 - Varianten dargestellt, hat den Bauteilkatalog bzw. die Anzahl der untersuchten Werkstücke um knapp 70 % auf 52 Bauteile reduziert. Diese große Reduktion ist mit der Verwendung von artverwandten Bauteilen bei den Teilschnittmaschinen der Modellreihen SM 150 und SM 130 sowie der Verwendung von artähnlichen Bauteilen bei den verschiedenen Abstreifer-Befestigungselementen einhergegangen. Auch bei den Palettenwechselsystemen (vertikal und horizontal) wird meist auf eine gleichbleibende Konstruktionsbasis mit unterschiedlichen Varianten zurückgegriffen.

[...]

Fin de l'extrait de 141 pages

Résumé des informations

Titre
Rapid Manufacturing Anwendungen im Maschinen- und Anlagenbau. Systematische Bauteilauswahl, Potenzialanalyse und konstruktive Umsetzung
Université
Munich University of Applied Sciences  (Fakultät 03)
Note
1,0
Auteur
Année
2016
Pages
141
N° de catalogue
V321837
ISBN (ebook)
9783668217140
ISBN (Livre)
9783668217157
Taille d'un fichier
7235 KB
Langue
allemand
Mots clés
Generative Fertigung, Additive Fertigung, Rapid Manufacturing, Systematische Bauteilauswahl, 3D-Druck, Maschinenbau, Anlagenbau, Fertigungsverfahren, Potenzialanalyse, Mittelstand
Citation du texte
Benedikt Enders (Auteur), 2016, Rapid Manufacturing Anwendungen im Maschinen- und Anlagenbau. Systematische Bauteilauswahl, Potenzialanalyse und konstruktive Umsetzung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/321837

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