Die Triebfeder der menschlichen Vernunft als Beweggrund zur Moral bei Kant im Vergleich zur emotionalen Gefühlsbasiertheit bei Hume


Term Paper, 2013

25 Pages, Grade: 1,7


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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Eingrenzung des Themas

2 Humes Gefühls-basierter Beweggrund zur Moral
2.1 Explikation grundlegender Zusammenhänge
2.2 Argumentation

3 Kants Vernunft-basierter Beweggrund zur Moral
3.1 Explikation grundlegender Zusammenhänge
3.2 Argumentation

4 Gegenüberstellung und Versuch einer Kritik

Literaturverzeichnis

1 Einleitung und Eingrenzung des Themas

Etwa im 18. Jahrhundert wurden die zuvor verbreiteten metaphysischen Argumentationen durch den aufkommenden Empirismus, basierend auf Er- fahrung und Erlebbarem, immer stärker zurück gewiesen. Einer der wich- tigsten Vorreiter war dabei David Hume. Als Empirist sah er in den auf- kommenden Wissenschaften eine wichtige Rolle um Erkenntnis zu erhalten und daraus eine Begründung der Frage zu finden, wodurch Moralität ent- steht und worauf sie basiert. Mit seinen Überlegungen gegen die Metaphysik beeinflusste er gleichfalls Kant1, dessen Philosophie bis heute maßgeblichen Einfluss besitzt. Kant grenzte seine Thesen jedoch gegen den entstande- nen Skeptizismus ab und sucht eine Möglichkeit die durch Hume entstan- denen unlösbaren Widersprüche gegen die Metaphysik zu vermitteln, also eine Verbindung von theoretischer wie praktischer Erkenntnis.2 Er maß den empirischen Wissenschaften ebenfalls einen hohen Stellenwert bei, sah aller- dings dennoch die Notwendigkeit Erkenntnisse über Dinge a priori erhalten zu können, wie dies z.B. in der Mathematik der Fall ist. Kant und Hume waren jedoch beide Kritiker des Rationalismus.

Beide Philosophen haben mir ihren Argumentationen nach wie vor Einfluss auf aktuelle philosophische Diskussionen. So werden z.B. Humes Überlegungen über die Bewertung des Nutzens einer Handlung in der Beurteilung seiner Moralität und seines Rechts aktuell in der Rechtsphilosophie diskutiert3 während Kants Philosophie nach wie vor omnipräsent ist. Ein Vergleich beider philosophischer Standpunkte ist somit besonders in moralphilosophischer Hinsicht sehr interessant.

In der Hausarbeit wird daher zuerst - zeitlich vorausgehend - die Gefühl- sethik von Hume ausgeführt, welche moralisches Handeln in der menschli- chen Gefühlswelt situiert und von dieser grundsätzlich motiviert sieht. Im dritten Kapitel wird anschließend die Triebfeder der reinen praktischen Ver- nunft bei Kant als Ursache menschlicher, moralischer Beweggründe heraus- gearbeitet. Im abschließenden Kapitel erfolgt eine Gegenüberstellung und der Versuch einer Kritik beider Positionen. Auf Grund des Umfangs der Überlegungen und der zu Grunde liegenden Werke werden die Argumenta- tionen knapp pointiert dargestellt.

2 Humes Gefühls-basierter Beweggrund zur Moral

Hume führt seine Überlegungen zur Moralphilosophie in seinem Werk „An Enquiry concerning the Principles of Morals“ aus, ins Deutsche übersetzt von G. Streminger in „Eine Untersuchung über die Prinzipien der Mo- ral“1.

2.1 Explikation grundlegender Zusammenhänge

Die Grundlage seiner Überlegungen zur Moral ist für ihn die Willensfreiheit als Grundlage von Moralität. Streminger schreibt in seiner Einleitung zum Werk von Hume, dass „[...] nur die Handlungen eines Wesens, das auch anders hätte handeln kön- nen, unterliegen der moralischen Bewertung, weshalb nicht das Handeln eines Roboters, sondern nur das seines Erbauers lobens- oder tadelnswert sein kann.“2

Die Freiheit der Menschen kann jedoch kein Produkt von Zufall sein und ist Zwängen entgegen gerichtet. Mit den Tieren haben wir dabei gemeinsam „[...] den Glauben an die Gleichförmigkeit der Natur, als "natürliche Glau- bensinhalte" [ein], also als eine Art lebensnotwendiger Instinkte [...]“3

Hume war dabei einer der ersten, der Empirismus in die Moralphilosophie als festen Bestandteil aufgenommen hat.

In der Diskussion um Verstandes- und Gefühlseinfluss auf moralische Entscheidungen vertritt er die Meinung

2.2. Argumentation

„[...] daß Verstand und Gefühl bei nahezu allen moralischen Entscheidungen und Schlüssen zusammenwirken.“4

2.2 Argumentation

Hume versucht in seiner „Untersuchung über die Prinzipien der Moral“ die Frage argumentativ zu klären, ob Gefühl oder Vernunft ursächlich für Moral ist. Er geht dabei vom menschlichen Gemüt aus, und untersucht welche Ei- genschaften zu Hochachtung/Zuneigung, Haß/Verachtung u.ä. führen. Dies sieht er als „Frage von Tatsachen, nicht von abstrakter Wissenschaft“5 und möchte dies experimentell aus Vergleichen einzelner Beispiele erhalten, denn die Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung sieht er nur a posteriori mit Hilfe der Erfahrung erkennbar.

Ausgangspunkte sind dabei die sozialen Tugenden Wohlwollen und Ge- rechtigkeit. An oberster Stelle der Zustimmung durch die Menschheit stehen Wohltätigkeit, Menschlichkeit, Zuneigung bzw. allgemein alles, wodurch na- türliche Zuneigung und Gemeinsinn bzw. Sorge um unsere Art besteht. Die- ses Interesse und Engagement für die Menschheit sieht Hume auch in der Frage der Grenzen der Pflicht. Die öffentliche Nützlichkeit steht im Zentrum moralischer Bestimmungen. Empfindungen (engl. Originalwerk: sentiment ) durch vorherrschende falsche Meinungen, die auf trügerischen Eindrücken bestehen, werden entsprechend der vorliegenden Argumente korrigiert und Grenzen des moralisch Guten und Bösen angepasst.

Hume nennt in seinen Beschreibungen menschlicher Empfindungen einige potentielle menschliche Schwächen, z.B. Luxus, welche zu Korruption und Verlust von Freiheit führen können. Er bezeichnet dies als Laster im Ge- gensatz zu Tugenden, welche auszeichnende Eigenschaften sind. Er definiert Tugend als „[...] jede geistige Tätigkeit oder Eigenschaft, die einem Zuschauer das angenehme Gefühl der Zustimmung gibt; und unter Laster das Gegenteil.“6 [kursive Formatierung aus Quelle übernommen]

Er sieht es als „[...] unleugbar [zu sein], daß nichts einem menschlichen Wesen ein höheres Ansehen verleihen kann als das stark ausgeprägte Gefühl des Wohlwollens;

2.2. Argumentation

und daß [...] das Wohlwollen die Interessen der Menschheit fördert und das Glück der Gesellschaft vermehrt.“7

Der öffentliche Nutzen ist der einzige Ursprung der Tugend Gerechtigkeit. Dessen Zweck ist, „[...] durch Aufrechterhaltung der Ordnung in der Ge- sellschaft Glück und Sicherheit herbeizuführen [...]“8. Für Hume ist der Mensch jedoch nicht genügend weise und sieht also nicht das Interesse an Gerechtigkeit von sich aus, besitzt weiterhin auch nicht die Gemütsstärke um allgemeine Interessen augenblicklichen Vergnügen vorzuziehen. Durch diesen Umstand wird der Grund einer politischen Gesellschaft, in welcher alle Menschen in Frieden und Harmonie koexistieren können, gefördert. Die Pflicht der Bürger resultiert für Hume aus dem Vorteil, dass sie Frieden und Ordnung in einer Gesellschaft aufrecht erhält. Diese Gesellschaften sind da- bei essentiell für das Bestehen der Menschheit an sich. Hume führt weiter aus:

„[...] die öffentliche Zweckmäßigkeit, welche die Moral regelt, hat ihre un- antastbaren Grundlagen in der Natur des Menschen und der Welt, in der er lebt.“9

Daraus entstehen notwendige Regeln und Prinzipien zur gegenseitigen Er- leichterung und Bequemlichkeit, welche wiederum die Bewertungen bzw. Maßstäbe „richtig“ und „falsch“ bei den betroffenen Parteien hervorbringen. Gehen individuelle und öffentliche Interessen auseinander, so bleibt jedoch dennoch eine moralische Empfindung erhalten. Idealerweise sind beide In- teressen kongruent, womit die Zuneigung zur Tugend wächst.

Selbstliebe ist für Hume kein Quell moralischer Empfindung im Gegen- satz zu einer Zuneigung zur Allgemeinheit. Wir können die Interessen der Gesellschaft selbst in der Selbstliebe nicht ignorieren. Ein guter Wille ent- spricht dabei einer Billigung von etwas, das zum Glück der Gesellschaft beiträgt, also eine Nützlichkeit aufweist. Dies ist für Hume einer der Quel- len von Moralität. Gleichzeitig sieht es Hume als Natur-gegeben, dass jeder Mensch Wohlfahrt empfindet und ihm Unglück seiner Mitmenschen nicht gleichgültig sein kann.

Handlungen können allgemein unterschieden werden durch: Gut für Din- ge, die das Glück fördern, schlecht, für solche, die Unglück erzeugen. Im Nutzen (von Dingen) als einzige Quelle von Hochschätzung, welcher eine

2.2. Argumentation

“Grundlage des Hauptteils der Moral bildet“10, zeigt sich unsere Verbindung mit der Menschheit qua Menschlichkeit. Diesen Nutzen betrachtet Hume jedoch nicht normativ, sondern allein Fakten-bezogen.11 Er schreibt:

„[...] alles, was zur Förderung des Allgemeininteresses tendiert, so hochgeschätzt wird; denn unmöglich kann etwas als Mittel zu einem Zweck gefallen, wenn der Zweck völlig gleichgültig ist.“12

Hume spricht von einem allgemeinen Prinzip des moralischen Tadels und der Billigung, sieht dies jedoch nicht notwendigerweise bewiesen. Es steht jedoch fest, dass eine Beförderung der gesellschaftlichen Interessen Vergnü- gen bereitet, während schädliche Handlungen Unbehagen erzeugen. Ist eine Handlung tugendhaft, so wird sie begleitet von moralischer Billigung.

Mit diesem Argumentationsfundament versucht Hume die Frage zu klären, ob bzw. wie Vernunft oder Gefühl unsere Entscheidungen über Lob und Tadel beeinflussen. Dem Verstand kommt bei der Bewertung des Handlungsnutzens eine wichtige Rolle zu:

„[...] denn außer dieser Fähigkeit gibt es nichts, das uns über die Tendenzen von Eigenschaften und Handlungen informieren und uns auf ihre vorteil- haften Konsequenzen für die Gesellschaft oder ihren Besitzer aufmerksam machen kann.“13

Die wesentliche Rolle zur Klärung von Fragen der Gerechtigkeit bei Interessenswidersprüchen kommt dabei den bürgerlichen Gesetzen zu. Eine richtige Klärung kann in solchen komplizierteren Fällen oftmals nur vermittels „eines sehr genauen Verstandes“14 gelingen.

Vernunft mag somit zwar ausreichen um uns zu informieren, aber sie reicht nicht für moralisches Lob oder Tadel; die Ursache von Moral liegt im Nutzen. Dieser ist jedoch „eine Tendenz auf einen bestimmten Zweck hin“15 und eben dieses Ziel muss uns als Menschen kümmern, also ein Gefühl bewirken, damit wir uns nicht doch für etwas Schädliches entscheiden. Dieses Gefühl kann nur die Freude über Glück der Menschen bzw. Menschheit sein, während uns Elend empört. Hume fasst daher zusammen:

„Hier gibt uns also der Verstand Aufschluß über die verschiedenen Tendenzen der Handlungen, und die Menschlichkeit macht eine Unterscheidung zugunsten derjenigen, die nützlich und wohltätig sind.“16

2.2. Argumentation

Menschliches Handeln und somit auch Moralität, kann nicht durch Vernunft erklärt werden, sondern resultieren aus Neigungen und Gefühlen. Die Vernunft übernimmt im Menschen die Rolle des Beurteilers, schließt auf wahr oder falsch, während unser Geschmack die Ursache für das Gefühl von Laster und Tugend ist. Die Vernunft zeigt dem Menschen somit die Mittel, die ihm in der Handlung zur Verfügung stehen, während das Gefühl der Beweggrund/Impuls der Handlung an sich ist. Moralisches Handeln hat seinen Beweggrund somit aus dem Gefühl der Menschlichkeit. Hume grenzt dieses Gefühl jedoch von Selbstliebe ab, die er als „mit jeder Tugend und jedem moralischen Gefühl absolut unverträglich“17 sieht.

Die gleichermaßen vorhandene Gültigkeit für alle Menschen sieht Hume darin begründet, dass

„[...] dieses endgültige Urteil von einem inneren Sinn oder Gefühl abhängt, das allen Menschen von Natur aus gemeinsam ist.“18

[...]


1 Vor allem „Nachtgedanken eines Zweiflers“ - eine zeitgenössische Übersetzung von Humes „Treatise of Human Nature“ durch Georg Hamann 1771

2 Vgl. Manfred Geier, Kants Werk, Reinbek 2004, S. 141f.

3 Udo Krauthausen, Die Moralphilosophie des David Hume und ihre Aktualität in der Rechtsphilosophie, München 2009, S. 1

1 G. Streminger, David Hume Eine Unterschung über die Prinzipien der Moral, Stutt- gart 1984

2 a.a.O., S. 6

3 ebd.

4 a.a.O., S. 91

5 a.a., S. 93

6 a.a.O., S. 220

7 a.a.O., S. 100

8 a.a.O., S. 105

9 a.a.O., S.131f.

10 a.a.O., S. 154

11 U. Krauthausen, a.a.O., S. 176

12 G. Streminger, a.a.O., S. 155

13 a.a.O., S. 215

14 a.a.O., S. 216

15 ebd.

16 a.a.O., S. 217

17 a.a.O., S. 227

18 a.a.O., S. 91

Excerpt out of 25 pages

Details

Title
Die Triebfeder der menschlichen Vernunft als Beweggrund zur Moral bei Kant im Vergleich zur emotionalen Gefühlsbasiertheit bei Hume
College
University of Hagen
Grade
1,7
Author
Year
2013
Pages
25
Catalog Number
V322101
ISBN (eBook)
9783668212923
ISBN (Book)
9783668212930
File size
677 KB
Language
German
Keywords
triebfeder, vernunft, beweggrund, moral, kant, vergleich, gefühlsbasiertheit, hume
Quote paper
Robert Schrobenhauser (Author), 2013, Die Triebfeder der menschlichen Vernunft als Beweggrund zur Moral bei Kant im Vergleich zur emotionalen Gefühlsbasiertheit bei Hume, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/322101

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