Personalentwicklung. Instrument zur Mitarbeiterbindung oder Förderung der Personalfluktuation?


Masterarbeit, 2016

70 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung aus der Praxis
1.2 Aktueller Stand der Forschung
1.3 Fragestellung und Zielsetzung
1.4 Untersuchungsmethodik und Vorgehensweise

2. Diverse Personalentwicklungsansätze
2.1 Einordnung und Definition des PE-Begriffs
2.2 Personalentwicklung in KMU
2.2.1 KMU - Begriffsverständnis und Abgrenzung
2.2.2 Berufsgruppen und Tätigkeiten in industriellen KMU
2.2.3 Umsetzung von PE-Maßnahmen in KMU
2.3 Personalentwicklung im Gesundheitswesen
2.3.1 Gesundheitswesen - Begriffsverständnis und Abgrenzung
2.3.2 Berufsgruppen und Tätigkeiten im Gesundheitswesen
2.3.3 Umsetzung der PE-Maßnahmen in Kliniken und Krankenhäusern
2.3.3.1 Fort- und Weiterbildungen in der Pflege
2.3.3.2 Fort- und Weiterbildungen im ärztlichen Dienst
2.3.3.3 Praktische Umsetzung der PE-Maßnahmen
2.4 Personalentwicklung aus Sicht der Generation Y
2.4.1 Definition Generation Y und Abgrenzung von der Generation X
2.4.2 Erwartungen und Vorstellungen der Generation Y
2.4.3 Anwendung geeigneter PE-Instrumente für die Generation Y
2.4.4 Die Generation Z

3. Mitarbeiterbindung
3.1 Die Ebenen der Mitarbeiterbindung
3.2 Mitarbeiterbindung aus Sicht des Unternehmens
3.3 Mitarbeiterbindung aus Sicht der Mitarbeiter

4. Personalfluktuation
4.1 Personalfluktuation und deren Auswirkung für das Unternehmen
4.2 Messbarkeit der Personalfluktuation

5. Durchführung und Auswertung der Online-Befragung
5.1 Methodische Vorgehensweise
5.2 Aufbau des Online-Fragebogens
5.3 Vorstellung der Ergebnisse

6. Schlussbetrachtung
6.1 Fazit und Reflexion der Masterarbeit
6.2 Ausblick in die Zukunft

Literaturverzeichnis

II. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Fokus der Personalentwicklung im Personalmanagement

Abb. 2: Unternehmensplanung und Personalentwicklung

Abb. 3: Übersicht über die Berufsgruppen in deutschen Kliniken

Abb. 4: Struktur der aktiven Personalentwicklung

Abb. 5: Balancemodell

Abb. 6: Investitionsmodell des Commitments

Abb. 7: Commitment und Foci

Abb. 8: Anzahl der Beantwortungen bei der Online-Befragung

Abb. 9: Altersstruktur der Umfrageteilnehmer

Abb. 10: Umfrageteilnehmer nach Geschlecht

Abb. 11: Anteil der Umfrageteilnehmer nach Branchen

Abb. 12: Einfluss Fort- und Weiterbildung auf Mitarbeiterbindung

Abb. 13: Einfluss von BGM-Maßnahmen auf Mitarbeiterbindung

Abb. 14: Mitarbeiterjahresgespräche Industrie/Gesundheitswesen

Abb. 15: Einfluss Mitarbeiterjahresgespräche auf Mitarbeiterbindung

Abb. 16: Einfluss von Entgelt/Prämien auf Mitarbeiterbindung

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Anzahl der Beschäftigten in deutschen Kliniken 2014

1. Einleitung

Die vorliegende Masterarbeit befasst sich zunächst mit aktuellen Problemstellungen aus der Human-Resources-Praxis (HR-Praxis). Im konkreten Fall geht es um die zukünftigen Herausforderungen für den gesamten HR-Bereich, insbesondere für den der Personalentwicklung (PE), sowie deren Auswirkungen auf die Mitarbeiterbindung. Bevor eine exakte Problem- bzw. Fragestellung formuliert werden kann, wird zunächst auf den aktuellen Stand der Forschung eingegangen, indem verschiedene wissenschaftliche Sichtweisen anderer Autoren dargestellt und erläutert werden. Im darauf folgenden Abschnitt wird eine Fragestellung, sowie daraus resultierende Folgefragen formuliert, welche im weiteren Verlauf der Masterarbeit ausführlich beantwortet werden. Im abschließenden Punkt der Einleitung wird die Untersuchungsmethodik, sowie die weitere Vorgehensweise der einzelnen Bearbeitungsschritte kurz erläutert. Eine detaillierte Vorgehensweise der jeweiligen Schritte wird im weiteren Verlauf der Masterarbeit in Kapitel 1.4 beschrieben.

1.1 Problemstellung aus der Praxis

Begrifflichkeiten, wie der demografische Wandel, die Generationen X und Y, sowie der Fachkräftemangel, sind aktuelle Themen, die in Medien und Fachkreisen diskutiert werden und immer mehr an Bedeutung gewinnen (vgl. Haag/Roßmann 2015: 253). Der demografische Wandel schreitet voran, mit der Konsequenz, dass sich das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Jung und Alt in Deutschland in den kommenden Jahren stark verändern wird (vgl. Jeschke 2013: 11). Als Gründe dafür können u.a. die niedrigen Geburtenraten der letzten Jahre, sowie der medizinische Fortschritt und demzufolge eine entsprechend höhere Lebenserwartung der Bevölkerung in Deutschland genannt werden (vgl. Rading 2010: 13). Neben der Tatsache, dass in den nächsten Jahren immer weniger qualifizierte, junge Fachkräfte ins Berufsleben einsteigen werden, wird sich auch die alternde Generation der sogenannten (sog.) "Babyboomer" (Jeschke 2013: 53) - die Geburtenjahrgänge von 1955 bis 1969 - auf Grund von Verrentungen oder Fluktuation aus gesundheitlichen Gründen verringern (vgl. Jeschke 2013: 53). Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts bedeutet dies in Zahlen ausgedrückt, dass sich der Anteil der 23- bis 64-jährigen in Deutschland - verglichen mit dem Jahr 2000 - von 48,4 Millionen (Mio.) auf voraussichtlich 38,5 Mio. Menschen im Jahr 2050 verringern wird. Aktuell - Stand 2016 - können bereits nur noch 46,8 Mio. Menschen aus dieser Altersgruppe verzeichnet werden. Ebenfalls rückläufig ist die Anzahl der unter 23-jährigen. Waren es im Jahr 2000 mit insgesamt 20,2 Mio. noch ein Viertel der Bevölkerung, so werden es im Jahr 2050 voraussichtlich nur noch ca. 14,5 Mio., also 19 % sein (vgl. Statistisches Bundesamt online 2015). Bei einer genauen Betrachtung der Altersstruktur ist festzustellen, dass sich die grafische Darstellung von einer Pyramide zu einem Baum entwickelt hat (vgl. Wolf 2013: 29). Neben dem allgemeinen Rückgang der Arbeitskräfte, stellt vor allem der Rückgang von qualifizierten und erfahrenen Fachkräften, die wie bereits erwähnt aus Altersgründen aus dem Erwerbsleben ausscheiden, sowie von Auszubildenden und Nachwuchsführungskräften eine große Herausforderung für die Personalverantwortlichen dar (vgl. Rading 2010: 14f). Um den Wissenstransfer zu sichern und einen evtl. Wissensverlust entgegenzuwirken, müssen Unternehmen Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung konzipieren und in den jeweiligen Organisationen implementieren (vgl. Jeschke 2013: 53). Der Arbeitgebermarkt hat sich in den Jahren 2008 bis einschließlich heute zudem zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt (vgl. Wolf 2013: 29), weshalb sich vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowohl untereinander, als auch mit großen Unternehmen und Konzernen einen Konkurrenzkampf um Fachkräfte leisten, um im "war for talent" (Chambers et al. 2007: 1) konkurrenzfähig zu bleiben (vgl. Haag/Roßmann 2015: 253). Konkret bedeutet dies für Organisationen, dass in einem Arbeitsbereich, in dem heute 100 Mitarbeiter beschäftigt sind, in 15 bis 20 Jahren nur noch ca. 80 Personen beschäftigt sein werden. Im Jahr 2060 wären es dann nur noch ca. 60 Mitarbeiter, was bedeuten würde, dass ca. 40 Arbeitskräfte nicht vom Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt werden könnten (vgl. Wolf 2013: 31). Hier ist jedoch davon auszugehen, dass sich der Stand der Technik bis dorthin entsprechend weiterentwickeln wird, mit der Konsequenz, dass dann wahrscheinlich auch nicht mehr so viele Mitarbeiter, wie heute benötigt werden.

Trotz dieser alarmierenden Zukunftsprognose haben viele Personalverantwortliche aus KMU den Ernst der Lage scheinbar noch nicht erkannt und beschränken sich nach wie vor schwerpunktmäßig auf grundlegende Tätigkeiten, wie z.B. Einstellungen, Entlassungen oder die Durchführung der monatlichen Entgeltabrechnung. Das bedeutet, dass gezielte PE-Maßnahmen, wie z.B. Coaching, Mentoring, Talentmanagement oder Karriere- und Laufbahnplanungen häufig zu kurz oder gar nicht zum Einsatz kommen, obwohl diese für die Zukunft eine wichtige Basis für den Unternehmenserfolg darstellen (vgl. Nerdinger et al. 2014: 292). Dies kann damit begründet werden, dass sich KMU häufig im Vergleich zu großen Unternehmen und Konzernen eine eigene PE-Abteilung weder personell noch finanziell leisten können oder wollen, obwohl der Bedarf in vielen Fällen vorhanden wäre (vgl. Stiefel 2006: 1). Becker bezeichnet PE gar als "Schlüsselfunktion der Wettbewerbsfähigkeit und der Beschäftigungsfähigkeit" (Becker 2013: 2), da es auf Grund der bereits geschilderten Problematik immer schwieriger wird, qualifiziertes Personal zu gewinnen und langfristig an das Unternehmen zu binden.

Die zunehmende Bedeutung von Aus-, Fort- und Weiterbildung für Deutschland als Volkswirtschaft wird durch die PISA-Studien zusätzlich bestätigt (vgl. Becker 2013: 2). Auf Grund gravierender Veränderungen des Schul- und Hochschulsystems - in Folge der Bologna-Reform - ergeben sich für Unternehmen und deren Personalverantwortliche neue Herausforderungen. Für viele Bacheloranden werden oft nicht die richtigen Masterabschlüsse angeboten, die auf den vorher abgeschlossenen Bachelorabschluss aufbauen. Das bedeutet, dass die notwendigen Qualifikationen und Kenntnisse durch Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen durch die Unternehmen kompensiert werden müssen (vgl. Becker 2013: 2f). Auch die betriebliche Ausbildung wird wohl in Zukunft noch intensiver in den Vordergrund rücken. Laut Bildungsbericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ist die Zahl der im Jahr 2014 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Gegensatz zum Vorjahr um 1,4 % auf 522.232 Abschlüsse gesunken (vgl. BMBF online 2015). Dies stellt einen negativen Trend dar, der bereits seit einigen Jahren erkennbar und auf die demografische Entwicklung in Deutschland zurückzuführen ist. Die Konsequenz des Rückgangs der Anzahl der Jugendlichen ist, dass es folglich weniger Auszubildende und Hochschulabsolventen gibt, welche in Unternehmen dringend benötigt werden (vgl. Rading 2010: 14). Das bedeutet für die Praxis, dass sich Betriebe in Zukunft in einem noch höherem Grade auf die innerbetriebliche PE konzentrieren müssen, um den Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften decken zu können. Hinzu kommt, dass die Mitarbeiter immer älter werden, Ausbildungsplätze in manchen Berufsfeldern komplett unbesetzt bleiben und qualifizierte Fachkräfte nur sehr schwer rekrutiert werden können (vgl. Felser 2010: 7).

Sowohl produzierende Industrieunternehmen, als auch Organisationen aus dem Bereich des Gesundheitswesen - die beiden Bereiche, welche im Verlauf vorliegender Masterarbeit detailliert miteinander verglichen werden - haben folglich nicht nur Probleme, qualifiziertes Personal zu gewinnen. Vielmehr besteht die zukünftige Herausforderung darin, die bereits in den Organisationen beschäftigten Personen mittel- bis langfristig zu binden (vgl. Felser 2010: 7). Die Zeiten, in denen Mitarbeiter ihr gesamtes Berufsleben in dem Betrieb, in dem sie ausgebildet wurden verbleiben, sind für die meisten längst vorbei (vgl. Rhein/Stüber 2014: 1). "Während die durchschnittliche Dauer betrieblicher Beschäftigungsverhältnisse für die Geburtenjahrgänge 1961/62 noch bei 834 Tagen lag, betrug sie bei den jüngeren hier betrachteten Jahrgänge 1978/79 nur noch 652 Tage. Sie ging somit um rund 22 Prozent zurück" (Rhein/Stüber 2014: 1). In diesem Kontext besteht zudem die Problematik, dass langjährige Beschäftigte zwar oft die betrieblichen Abläufe, sowie die Kollegen kennen und ihre Aufgaben in den letzten Jahren meist sehr gut erfüllt haben, jedoch nicht darauf vorbereitet sind, fachlich anspruchsvolle Führungsaufgaben zu übernehmen (vgl. Blickle 2014: 292).

Hinzu kommt, dass jüngere Mitarbeitergruppen aus der sog. Generation Y - die Jahrgänge nach 1980 - in Deutschland laufend auf der Suche nach Veränderungen und neuen Herausforderungen sind und von ihren Arbeitgebern neben einer angemessenen Vergütung, sowie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, verschiedenen Angebote, wie z.B. betriebliche Gesundheitsförderung, Karriere- und Laufbahnplanung oder die Durchführung von Team-Events erwarten (vgl. Steinweg 2009: 5). Auch das Thema Freizeit und eine entsprechende Gestaltung der Work-Life-Balance stellt für viele Arbeitnehmer ein wichtiges Argument dar, um langfristig zufrieden und folglich beim Arbeitgeber tätig zu sein. Sind die Beschäftigten unzufrieden, liegt es nah, dass sie sich nach alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten umsehen (vgl. Wolf 2013: 159). Unternehmen müssen deshalb versuchen, ihre Mitarbeiter durch gezielte PE-Maß-nahmen weiterzuentwickeln und an den aktuellen Stand der Technik anzupassen. Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Zukunft sind neben der körperlichen und geistigen Gesundheit u.a. ein hohes Bildungsniveau der Mitarbeiter, sowie die Bereitschaft des lebenslangen Lernens (vgl. Becker 2013: 2).

"Da Weiterbildungen jedoch angesichts der gesteigerten Wettbewerbsfähigkeit sowie einer erhöhten Attraktivität der Arbeitnehmer für alternative Arbeitgeber gleichzeitig die Abwanderungsgefahr erhöhen können, bergen Weiterbildungsinvestitionen grundsätzlich auch ein Risiko" (Flore 2014: 2).

1.2 Aktueller Stand der Forschung

Die wissenschaftliche Literatur hat sich in den letzen Jahren mit diversen PE-Themen, wie z.B. Mitarbeiterbindung, PE-Gestaltungsmöglichkeiten, Betriebliches Gesundheits-management (BGM), etc. befasst. Relativ neu und unerforscht ist jedoch die Fragestellung, ob die unterschiedlichen PE-Maßnahmen und -konzepte, die in Unternehmen umgesetzt werden, zur Mitarbeiterbindung beitragen oder auch Risiken mit sich bringen können. Es gibt zahlreiche Studien und Publikationen, die die Weiterbildungsbereitschaft von Arbeitnehmern und Arbeitgebern untersuchen. Gleichzeitig wird oft versucht, den Nutzen für beide Seiten zu ermitteln (vgl. Flore 2014: 2). Flore untersucht mit ihrer Arbeit, wie sich die betriebliche Weiterbildung auf die Mitarbeiterbindung auswirkt, in dem sie verschiedene Weiterbildungsansätze miteinander vergleicht und eine Mitarbeiterbefragung durchführt. Sie findet u.a. heraus, dass es durchaus sinnvoll erscheint, Weiterbildungsmaßnahmen z.B. im Rahmen der Kurzarbeit durchzuführen und die Mitarbeiter somit trotz schlechter wirtschaftlicher Gesamtsituation an das jeweilige Unternehmen zu binden (vgl. Flore 2014: 1ff).

Die Forschung hat sich zuletzt zudem mit Themen, wie z.B. der Erhaltung der körperlichen und geistigen Gesundheit durch Maßnahmen des BGM auseinandergesetzt (vgl. Tewes/Stockinger et al. 2014: 16). Fitzel betrachtet die Thematik aus einer anderen Perspektive und setzt sich mit der Weiterqualifizierung von jüngeren Mitarbeitern der Generation Y auseinander, da sich die Forschung bisher trotz demografischen Wandels und Fachkräftemangels zu wenig damit beschäftigt hat, obwohl dies die Generation ist, die für den Arbeitsmarkt der Zukunft benötigt wird (vgl. Fitzel 2013: 3).

Bezug nehmend auf die Werthaltungen der Mitarbeiter fanden Nerdinger et al. im Rahmen ihrer Untersuchungen des Einflusses von Erwerbstätigkeit auf die persönliche Entwicklung heraus, "(...) dass Personen, die in ihrer Arbeit nur wenig Autonomiechancen und Qualifizierungsmöglichkeiten haben, eine negativere Einstellung zur Arbeit zeigten und Arbeit generell als fremdbestimmte Tätigkeit auffassten" (Nerdinger et al. 2014: 536). Diese Sichtweise bekräftigt die Theorien X und Y von McGregor. Während die Theorie X besagt, dass der Mensch eine grundsätzliche Abneigung zur Arbeit hat (vgl. McGregor 1966), stellt Arbeit für das Menschenbild der Theorie Y "(...) eine wichtige Quelle der Zufriedenheit für Menschen" (Spieß 2011: 9) dar. Nerdinger et al. sehen zudem die Notwendigkeit von gezielten PE-Maßnahmen im Kontext der Internationalisierung und Erschließung neuer Märkte. Fach- und Führungskräfte müssen auf die Besonderheiten anderer Länder und Kulturen, aber auch auf die jeweiligen Sprachen im Ausland - z.B. durch Sprachkurse - vorbereitet werden. Auf diese Art und Weise kann eine erfolgreiche Entsendung bereits im Vorfeld sichergestellt werden (vgl. Nerdinger et al. 2014: 292). PE stellt in diesem Fall eine Methode dar, die Mitarbeiter auf neue interkulturelle Situationen vorzubereiten bzw. einzustimmen. Die Weiterbildungsbereitschaft der Mitarbeiter kann deswegen als hoch eingestuft werden, da die erlernten Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnisse dem eigenen Vorankommen und der persönlichen Entwicklung - speziell im internationalen Umfeld - dienen.

Während Nerdinger et al. die Notwendigkeit im Kontext der Internationalisierung, sowie die Selbstbestimmung der Mitarbeiter in den Vordergrund stellen, geht Becker auf die für das Unternehmen praktische Relevanz der PE ein. Da PE-Maßnahmen größtenteils von den Arbeitgebern finanziert werden und entsprechend hohe Kosten verursachen können, stellt dies zunächst ein finanzielles Risiko für die jeweiligen Organisationen dar (vgl. Becker 2013: 41). Das meist implizite Wissen, das zur Verfügung gestellt wird, gibt den Mitarbeitern zudem ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. Wird dieses Wissen nicht weitergegeben bzw. verlässt der Mitarbeiter das Unternehmen auf Grund einer Arbeitnehmerkündigung oder einer Ruhestandsregelung, besteht neben hohen Kosten für die Wiederbesetzung zudem die Gefahr, dass wichtiges internes Firmenwissen verloren geht und kompensiert werden muss (vgl. Becker 2013: 41).

Auf Basis der bereits vorhandenen Literatur und eigener Recherchen, wird nachfolgend eine entsprechende Fragestellung formuliert. Diese, sowie daraus resultierende Folgefragen, werden im Laufe der weiteren Bearbeitung der Masterarbeit beantwortet.

1.3 Fragestellung und Zielsetzung

Im weiteren Verlauf der vorliegenden Masterarbeit wird untersucht, ob und in welchem Grade PE-Maßnahmen dazu beitragen, Mitarbeiter an die jeweiligen Organisationen zu binden und ob Personalfluktuation durch derartige Maßnahmen weitestgehend reduziert bzw. vermieden werden kann. Darüber hinaus wird kritisch hinterfragt, ob durch PE-Maßnahmen ggf. die Gefahr besteht, dass sich Mitarbeiter auf Kosten des Arbeitgebers weiterqualifizieren und die neu erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten nutzen, um den eigenen Marktwert zu steigern, was aus Sicht des Arbeitgebers im schlechtesten Fall dazu führen könnte, dass der Arbeitnehmer zu einem anderen Wettbewerber abwandert.

Aus oben genannter (o.g.) Fragestellung ergeben sich weitere Folgefragen, welche im Fortgang der weiteren Bearbeitung der Masterarbeit beantwortet werden sollen:

- Gibt es Unterschiede zwischen PE-Maßnahmen im Gesundheitswesen und Industrieunternehmen?
- Welche PE-Maßnahmen tragen in welchem Grade zur Mitarbeiterbindung bei?
- Gibt es unterschiedliche Sichtweisen der Beschäftigten der Generation X und Y?
- Stellen regelmäßige Weiterbildungsmaßnahmen einen Grund dar, um die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu erhöhen?
- Gibt es Alibimaßnahmen, die sich weder positiv noch negativ auswirken?
- Welche Ursachen im Kontext der PE gibt es für Personalfluktuation?

Das Ziel der vorliegenden Masterarbeit besteht darin, Erkenntnisse und Schlüsse aus den verschiedenen Fragen zu gewinnen, welche zukünftig in der Praxis umgesetzt werden können. Dies erfolgt sowohl durch die theoretische Aufarbeitung, als auch durch eine Online-Befragung, welche schwerpunktmäßig sowohl bei Unternehmen aus dem industriellen Umfeld, als auch bei Organisationen aus dem Gesundheitswesen durchgeführt wird. Ziel der Online-Befragung ist, die beiden Wirtschaftszweige miteinander zu vergleichen und daraus Maßnahmen und Handlungsempfehlungen für die Praxis abzuleiten. Alle anderen Branchen werden je nach Anzahl der Teilnehmer zusätzlich ausgewertet und ggf. in die Gesamtbetrachtung mit einbezogen.

1.4 Untersuchungsmethodik und Vorgehensweise

Um die Unterschiede zwischen den beiden Wirtschaftszweigen Industrie und Gesundheitswesen zu untersuchen und detailliert zu betrachten, wird die Arbeit zunächst in zwei Teile untergliedert. Der erste Teil - die Kapitel zwei bis vier - befasst sich zunächst schwerpunktmäßig mit der theoretischen Aufbereitung der Thematik. Hier werden die wichtigsten Begrifflichkeiten erklärt und diverse Möglichkeiten vorgestellt, wie PE-Maß-nahmen - sowohl im Gesundheitswesen, als auch in der Industrie - in der Praxis umgesetzt werden können. Im zweiten Teil der Arbeit - Kapitel fünf und sechs - sollen dann neben einer Online-Befragung, die durchgeführt wird, entsprechende Auswertungen erstellt werden, so dass die theoretischen Erkenntnisse mit der Praxis verglichen werden und wissenschaftliche Schlüsse daraus gezogen werden können. Bevor die Befragung jedoch durchgeführt und entsprechend ausgewertet werden kann, müssen zunächst noch einige wichtige Definitionen, sowie Unterschiede und Besonderheiten der beiden Branchen geklärt werden.

Im zweiten Kapitel der vorliegenden Masterarbeit wird der PE-Begriff deshalb an Hand verschiedener Definitionen im Gesamtkonstrukt HR eingeordnet und vom HR-Bereich im Allgemeinen abgegrenzt. Dies erfolgt, indem die Unterschiede zwischen PE-Maß-nahmen in Industriebetrieben und Maßnahmen in Kliniken und Krankenhäusern vergleichend dargestellt werden. Zudem wird aufgezeigt, dass es unterschiedliche Definitionen für die Begrifflichkeit der PE gibt. Außerdem werden die Sichtweisen, Ansprüche und Forderungen der unterschiedlichen Berufsgruppen in Industrie, Gesundheitswesen, sowie der Generationen X und Y untersucht und entsprechend dargestellt. Hier gilt zunächst zu klären, welche Unterschiede es zwischen den jeweiligen Branchen und Generationen gibt, um weitere Maßnahmen ableiten zu können. Diese werden ebenfalls in diesem Kapitel vorgestellt.

Das dritte Kapitel befasst sich mit der Thematik der Mitarbeiterbindung, indem zunächst detailliert auf die unterschiedlichen Ebenen der Mitarbeiterbindung eingegangen wird. Zudem wird dargestellt, welche Möglichkeiten es gibt, Mitarbeiter langfristig an die jeweiligen Organisationen zu binden und welche Faktoren im Kontext des Commit-ments dafür relevant sind. Berücksichtigt wird hier sowohl die Perspektive der Mitarbeiter, als auch die der Organisationen, mit dem Ziel, eine ungewollte Personalfluktuation zu vermeiden.

Schwerpunkt des vierten Kapitels ist die Thematik der Personalfluktuation. Neben verschiedenen Definitionen, steht die Messbarkeit von Fluktuation, sowie mögliche Auswirkungen für das Unternehmen im Vordergrund. Dies wird anhand zweier verschiedener Berechnungsmöglichkeiten und entsprechenden Beispielen praxisnah dargestellt.

In Kapitel fünf wird die eingangs erwähnte Online-Befragung durchgeführt und detailliert ausgewertet, mit dem Ziel, zur Beantwortung der einzelnen Fragestellungen der Masterarbeit beizutragen und mit den theoretischen Ansätzen zu vergleichen. Um dies empirisch darzulegen, wird als Datenerhebungstechnik die internetgestützte Befragung in Form einer Online-Befragung gewählt. Durch diese Form der Befragung kann eine möglichst große Anzahl von Teilnehmern - insbesondere der Generation Y - aus unterschiedlichen Branchen relativ leicht erreicht werden. Zudem können durch diese Vorgehensweise Unterschiede zwischen produzierenden Industrieunternehmen und Organisationen aus dem Gesundheitswesen ermittelt und vergleichend dargestellt werden. Die wichtigsten Ergebnisse der Befragung werden entsprechend ausgewertet und teil-weise grafisch dargestellt.

Abgeschlossen wird die Masterarbeit im sechsten und letzten Kapitel mit einem Fazit, sowie einer persönlichen Reflexion der Arbeit. Die im ersten theoretischen Teil gewonnen Erkenntnisse werden kritisch reflektiert und den Erkenntnissen aus der Online-Be-fragung gegenübergestellt, so dass ggf. neue Erkenntnisse gewonnen werden können. Neben praktischen Handlungsempfehlungen, wird zudem ein Blick in die Zukunft gerichtet, wie sich die PE weiterentwickeln wird und welche Maßnahmen aus Sicht der Arbeitgeber notwendig sein werden, dem stetigen Wandel gerecht zu werden und entgegenzuwirken.

2. Diverse Personalentwicklungsansätze

Zunächst muss geklärt werden, ob PE-Maßnahmen in jedem Unternehmen gleich umgesetzt werden oder ob es unterschiedliche Sichtweisen und Ansatzpunkte resultierend aus den verschiedenen Anforderungen der jeweiligen Branchen, sowie deren Berufsgruppen gibt. Es ist davon auszugehen, dass jede Branche seine fachspezifischen Besonderheiten hat, welche bei der Gestaltung von PE-Maßnahmen berücksichtigt werden müssen. Durch verschiedene Recherchen und Nachforschungen sollen deshalb im Rahmen der Masterarbeit die Unterschiede von PE-Maßnahmen in den jeweiligen Branchen betrachtet werden. Im konkreten Fall werden Unternehmen aus dem industriellen, produzierenden Umfeld, mit Organisationen aus dem öffentlichen Sektor des Gesundheitswesens - schwerpunktmäßig Kliniken und Krankenhäuser - verglichen. Um derartige Vergleiche herzustellen, muss deshalb zunächst geklärt werden, wie der PE-Begriff definiert und im Gesamtkonstrukt HR eingeordnet werden kann.

2.1 Einordnung und Definition des PE-Begriffs

Die PE ist ein Teil des HR-Managements, welches für alle Aktivitäten Bezug nehmend auf die Ressource Mensch im Unternehmen verantwortlich ist (vgl. Kanning 2014: 502). Zum HR-Management gehören neben der PE u.a. Tätigkeiten, wie z.B. Personalplanung, Personalmarketing, Personalauswahl und -gewinnung, aber auch administrative und verwaltende Tätigkeiten, beispielsweise das Erstellen von Entgeltabrechnungen oder das Führen und Pflegen von Personalakten (vgl. ebd.: 503). Da sich vorliegende Masterarbeit schwerpunktmäßig mit der Thematik der Mitarbeiterbindung und den dafür notwendigen PE-Maßnahmen beschäftigt, wird zunächst dargestellt, wie die PE im gesamten HR-Konstrukt eingeordnet werden kann.

Abbildung 1 (Abb. 1) stellt den Unterschied zwischen verwaltenden und gestaltenden HR-Tätigkeiten dar und setzt sie in Relation zur Wirksamkeit der jeweiligen Tätigkeit. Dadurch, dass PE-Maßnahmen in der Regel (i.d.R.) perspektivisch in Richtung Zukunft ausgerichtet sind und Kreativität der jeweiligen Personaler voraussetzen, kann die PE somit als gestaltende, langfristige Maßnahme bzw. Tätigkeit interpretiert werden. Im Vergleich hierzu wird der Bereich Entgeltabrechnung als administrative, verwaltende Tätigkeit mit kurzfristigem Charakter dargestellt. Die Personalauswahl liegt dazwischen und beinhaltet sowohl verwaltende, als auch gestaltende Elemente der Personalarbeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Fokus der Personalentwicklung im Personalmanagement. In Anlehnung an Kanning, U. 2014, S. 503, Abb. 13.1

Nachdem die Einordnung der PE im HR-Bereich geklärt wurde, werden nachfolgend verschiedene Definitionen des PE-Begriffs, die in der wissenschaftlichen Literatur unterschiedlich dargestellt werden, näher betrachtet.

Nerdinger et al. verstehen unter PE zunächst "(...) alle gezielten Maßnahmen einer Organisation (...), die darauf ausgerichtet sind, die Qualifikationen des Personals, d.h. der Mitarbeiter und Führungskräfte auf allen Hierarchieebenen, für seine gegenwärtigen und zukünftigen Aufgaben systematisch sicherzustellen" (Nerdinger et al. 2014: 292). Das bedeutet konkret, dass die Qualifikationen, sowie die methodischen und sozialen Kompetenzen der Mitarbeiter stets auf dem neuesten Stand gehalten werden müssen (vgl. ebd.).

Ähnlich ist auch die Definition von Becker, für den PE zwischenzeitlich "(...) die Unschärfe und die Vielfalt, die den Inhalt der Personalentwicklung bisher bestimmt haben" (Becker 2013: 3) verliert. Für ihn umfasst die PE "(...) alle Maßnahmen der Bildung, der Förderung und der Organisationsentwicklung, die von einer Person oder Organisation zur Erreichung spezieller Zwecke zielgerichtet, systematisch und methodisch geplant, realisiert und evaluiert werden" (ebd.: 5).

Für Scholz ist neben den gängigen Definitionen ein weiterer Zusatz von großer Relevanz. Dass es sich bei der PE um diverse Maßnahmen der Bereiche Aus-, Fort- und Weiterbildung handelt, ist ihm zu allgemein. Interessant ist seine Ergänzung, dass PE immer dann notwendig wird, "(...) wenn Diskrepanzen zwischen Fähigkeiten und Anforderungen nicht über Personalbeschaffung (...) ausgeglichen werden können" (Scholz 2000: 506). Dieser Satz sollte kritisch hinterfragt werden, da bei den gängigen Definitionen oft Faktoren wie z.B. Motivation oder die Schaffung von firmeninternen Konkurrenzsituationen bei der Stellenbesetzung unberücksichtigt bleiben, obwohl diese wichtige Faktoren für den Personalbeschaffungsprozess darstellen (vgl. Fitzel 2013: 22).

PE sollte deshalb nicht als ein zu starres Konstrukt angesehen werden, dass sich nur auf die Bereiche Aus- und Weiterbildung konzentriert. "Der eigentliche Fokus der Personalentwicklung ist der Schnittbereich bzw. die Integration der Bereiche Kompetenzentwicklung und Organisationsentwicklung" (Arnold 2011: 12). Um der Idealvorstellung einer lernenden Organisation ein Stück weit näher zu kommen, bedeutet das konkret, dass PE-Maßnahmen sowohl Elemente aus dem Bereich der Organisationsentwicklung, als auch aus dem Bereich der Kompetenzentwicklung beinhalten sollten (vgl. ebd.). Neben der Erweiterung von fachlichen Kompetenzen, wird hier speziell auf die Förderung von Methoden- und Sozialkompetenzen geachtet, so dass die Mitarbeiter dazu befähigt werden, das erworbene Wissen zielführend und problemlösend in der täglichen Praxis einzusetzen (vgl. ebd.: 56).

"Das Ziel der PE besteht darin, die Qualifikationen des Personals für die gegenwärtigen und zukünftigen Aufgaben der Organisation systematisch sicherzustellen" (Ner-dinger et al. 2014: 294). Damit dieses Ziel erreicht werden kann, muss die PE-Planung von der Unternehmensplanung und folglich von der Unternehmensstrategie abgeleitet werden (vgl. ebd.). "Diese Operationalisierung kann bis hin zu jedem einzelnen Mitarbeiter erfolgen" (Fitzel 2013: 23). Es ist also ratsam, die Geschäftsführung von Anfang an in die PE-Prozesse einzubinden, da sie als Promotor fungieren muss. Nur wenn die Geschäftsführung hinter den geplanten Maßnahmen steht, können PE-Maßnahmen implementiert und langfristig erfolgreich umgesetzt werden (vgl. Stiefel 2006: 8). Damit PE-Maßnahmen im operativen Bereich erfolgreich umgesetzt werden können, muss im Vorfeld gewährleistet sein, dass sich die konzeptionelle Ausrichtung an den Unternehmenszielen orientiert (vgl. ebd.: 12). Unternehmen sollten sich u.a. die Fragen stellen, welche PE-Ziele im Vordergrund stehen, mit welchen PE-Maßnahmen Veränderungsprozesse gestaltet werden können und wer in die Prozesse involviert werden muss (vgl. ebd.: 13).

Die Zusammenhänge zwischen Unternehmensplanung und Personalentwicklungsplanung werden zur besseren Verdeutlichung in nachfolgender Abb. 2 dargestellt. In diesem Schaubild wird ersichtlich, welche Faktoren auf den Unternehmensplan einwirken. Dieser Unternehmensplan ist wiederum Basis für die Personalbedarfsplanung und folglich für die PE-Planung (vgl. Nerdinger et al. 2014: 294).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Unternehmensplanung und Personalentwicklung. In Anlehnung an Nerdinger et al. 2014, S. 294, Abb. 19.2

2.2 Personalentwicklung in KMU

Nachdem die PE definiert, eingeordnet und von den anderen HR-Bereichen abgegrenzt wurde, wird der Fokus nun auf die Besonderheiten der PE in den beiden zu betrachtenden Branchen gerichtet. Der Schwerpunkt wird zunächst auf KMU gelegt. "Unternehmen sind in ihrer täglichen Arbeit mit unterschiedlichen Herausforderungen und Ansprüchen konfrontiert, die sich je nach Unternehmensgröße unterscheiden können" (Haag/Roßmann 2015: 1). Um diesen Anforderungen gerecht zu werden und auf Grund der Tatsache, dass es in KMU unterschiedliche Unternehmenskulturen gibt (vgl. Stiefel 2006: 8), muss zunächst geklärt werden, was unter KMU verstanden wird.

2.2.1 KMU - Begriffsverständnis und Abgrenzung

Bei 99,3 % der Unternehmen in Deutschland handelt es sich um sog. KMU - kleine und mittlere Unternehmen. Dies entspricht in etwa 2,2 Millionen Betrieben. Im Vergleich hierzu gibt es ca. 16.000 Unternehmen, die als Großunternehmen bezeichnet werden (vgl. Statistisches Bundesamt online 2015). "Die begriffliche Abgrenzung von KMU von Großbetrieben erfolgt in der Regel über qualitative und quantitative Kriterien" (Schmid 2015: 133). "Als KMU (...) werden Unternehmen bezeichnet, welche eine bestimmte Größenordnung nicht überschreiten" (Haag 2015: 57). Synonym zu KMU wird häufig auch vom "Mittelstand" (Haag/Roßmann 2015: 270) gesprochen, wobei es sich dabei um eine typisch deutsche Begrifflichkeit handelt. Bewährte Klassifizierungen, die KMU definieren, stammen von der Europäischen Union (EU) und vom Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn (vgl. ebd.). Nimmt man die Richtlinien der EU als Beispiel, bedeutet dies, dass neben der Anzahl der Beschäftigten, der Jahresumsatz, sowie die Bilanzsumme des Unternehmens mit einbezogen werden (vgl. Haag 2015: 57). Während die EU bei den mittelständischen Unternehmen 249 Mitarbeiter als Höchstgrenze ansetzt, beträgt die Grenze nach der Definition des IfM Bonn weniger als 500 Mitarbeiter (vgl. Haag/Roßmann 2015: 270f). Bei Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern wird von kleinen Unternehmen gesprochen. Unternehmen mit einer Personalstärke von 10 bis 499 Mitarbeitern gehören zu den mittleren Unternehmen. Ab 500 Mitarbeitern wird dann folglich von großen Unternehmen gesprochen (vgl. Schmid 2015: 133). Zu den qualitativen Kriterien, die aber nur beschränkt für die Einordnung geeignet sind, zählen u.a. die Einheit von Eigentum, Leitung und Kontrolle, die Eigentümerunternehmerschaft, eine starke Ausrichtung auf die Person des Eigentümerunternehmers, sowie eine hohe Kontinuität in der Unternehmensleitung (vgl. ebd.). Kennzeichen von Industrieunternehmen sind in erster Linie die "Produktion und Weiterverarbeitung von materiellen Gütern und Waren in Fabriken und Anlagen" (Bröckermann/ Pepels 2013: 395). Auf Grund der Tatsache, dass viele Prozesse in Industrieunternehmen durch Automatisierung verbessert und vereinfacht wurden, sind einfache Tätigkeiten in den letzten Jahren weniger geworden bzw. in manchen Fällen komplett weggefallen. Andererseits sind neue höhere Anforderungen für die Mitarbeiter dazugekommen, was ein höheres Qualifikationsniveau voraussetzt (vgl. ebd.).

Die Struktur der in industriellen KMU tätigen Personen- und Berufsgruppen, sowie deren Tätigkeiten werden nachfolgend ausführlich dargestellt und voneinander abgegrenzt.

2.2.2 Berufsgruppen und Tätigkeiten in industriellen KMU

Die Berufsgruppen in KMU werden oft in Angestellte und Arbeiter untergliedert. Unter Angestellten werden gegenüber Arbeitern Arbeitnehmer verstanden, die "überwiegend geistige Arbeiten" (Gabler Wirtschaftslexikon online 2015) leisten. Hierzu zählen kaufmännische Tätigkeiten, höhere technische Tätigkeiten, sowie überwiegend leitende Tätigkeiten, wie z.B. kaufmännische Sachbearbeiter, Techniker und Teamleiter in den Bereichen HR, Einkauf oder Controlling (vgl. Arbeitsagentur online 2015). Abteilungsleiter und Mitarbeiter aus dem Top-Management sind häufig leitende Angestellte und haben einen besonderen Status. Ein "Arbeitnehmer, der nicht die Merkmale des Begriffs des Angestellten erfüllt" (Gabler Wirtschaftslexikon online 2015) kann als Arbeiter bezeichnet werden, wobei eine Unterscheidung der Begrifflichkeiten in vielen Fällen nicht möglich ist, da auch die sog. Facharbeiter oft mit hochwertigen geistigen Arbeitsaufgaben vertraut sind. Grundsätzlich werden Arbeiter in Facharbeiter, angelernte und ungelernte Arbeiter eingeteilt (vgl. ebd.). Facharbeiter im industriellen Umfeld, wie z.B. Industriemechaniker oder Elektroniker können i.d.R. eine erfolgreich abgeschlossene mindestens dreijährige Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf bzw. jahrelange Berufserfahrung mit gleichwertigen Kenntnisse und Fähigkeiten vorweisen (vgl. IHK Regensburg online 2015). Die genaue Ausbildungsdauer und deren Inhalte werden auf Bundesebene durch das BMBF festgelegt, wobei die Überwachung und Durchführung den jeweiligen zuständigen Organisationen auf regionaler Ebene obliegt. Dies sind i.d.R. die Industrie- und Handelskammer (IHK), sowie die Handwerkskammer (HWK). Die wichtigste Rechtsgrundlage stellt dabei das Berufsbildungsgesetz (BBiG) dar (vgl. Becker 2013: 271f). Neben den Facharbeitern gibt es noch angelernte und ungelernte Arbeiter. Angelernt bedeutet, dass der Beschäftigte eine kurze Anlernphase zwischen drei Monaten und zwei Jahren absolviert, um sein Aufgabengebiet erfüllen zu können. Ungelernte oder auch Hilfsarbeiter benötigen weder eine Ausbildung, noch eine Anlernphase und werden für einfache Tätigkeiten ohne besondere Voraussetzungen eingesetzt. In den letzten Jahren wurde jedoch von dieser Differenzierung Abstand genommen. Es wird nun allgemein von Arbeitnehmern gesprochen (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon online 2015). Die Berufsausbildung erfolgt im Dualen System, was bedeutet, dass diese neben der Tätigkeit im Ausbildungsbetrieb durch dualen Berufsschulunterricht ergänzt wird. Dieses System, in dem über 350 Ausbildungsberufe angeboten werden, ist weltweit anerkannt und einzigartig (vgl. IHK Regensburg online 2015). Neben der betrieblichen Ausbildung, gibt es eine Vielzahl von PE-Aktivitäten in KMU, deren praktische Umsetzung nachfolgend dargestellt wird.

2.2.3 Umsetzung von PE-Maßnahmen in KMU

Wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche PE in KMU sind zunächst die Einordnung des Stellenwerts bei der Geschäftsführung, sowie die Ziele, die durch PE-Maß-nahmen erreicht werden sollen. PE-Maßnahmen können demnach unterschiedliche Zwecke erfüllen. Sie können als Kompensationsmittel, Instrument zur Umsetzung der Unternehmensstrategie oder zur Erfüllung eines gesellschaftspolitischen Auftrags dienen (vgl. Stiefel 2006: 14f). Es sollte jedoch berücksichtigt werden, dass nicht jedes betriebliche Problem durch PE-Maßnahmen behoben werden kann (vgl. ebd.: 33) Bevor PE-Maßnahmen geplant bzw. entwickelt werden, muss der Bedarf ermittelt werden (vgl. ebd.: 31). "Ausgangspunkt jeder Bedarfserfassung in der Weiterbildung und Personalentwicklung muss deshalb die Erfassung des strategischen Bedarfs sein" (ebd.: 33). Ein Großteil der Bildungsmaßnahmen in KMU erfolgt bei externen Weiterbildungseinrichtungen in Form von Seminaren oder Schulungsmaßnahmen (vgl. ebd.: 46). Bei speziellen Trainings für Fach- und Führungskräfte erscheint es durchaus sinnvoll, externe Trainer in das Unternehmen zu holen und Veranstaltungen inhouse, d.h. im Unternehmen durchzuführen (vgl. ebd.: 58). Für Fach- und Führungskräfte gibt es spezielle PE-Maßnahmen, wie z.B. Coaching- oder Mentoringprogramme (vgl. Steinweg 2009: 179). Wichtig dabei ist, dass die spezifischen Besonderheiten des Unternehmens berücksichtigt werden und dass sich die Maßnahmen an den Unternehmenszielen orientieren (vgl. Stiefel 2006: 59).

Grundsätzlich können PE-Maßnahmen sowohl on-the-job, als auch off-the-job erfolgen. On-the-job-Maßnahmen erfolgen direkt am Arbeitsplatz und dienen dazu, neu erworbenes Wissen langfristig zu sichern und in der Praxis entsprechend umzusetzen (vgl. Steinweg 2009: 176). Auf Grund der Problematik, dass die Mitarbeiter in KMU oft direkt am Arbeitsplatz benötigt werden, empfiehlt es sich, Projektlernen als PE-Instrument zu implementieren. Der Vorteil besteht darin, dass Lernen in den Arbeitsalltag integriert werden kann (vgl. Stiefel 2006: 139). Projektlernen kann beispielsweise in Form von Action-Learning erfolgen und eignet sich besonders für die Qualifizierung von Führungskräften (vgl. ebd.: 140). Derartige Maßnahmen können in Form von Job Rotation, Job Enlargement und Job Enrichment umgesetzt werden. Job Rotation bedeutet, dass ein Teil der Mitarbeiter den Arbeitsplatz systematisch wechselt, so dass jeder Mitarbeiter die Möglichkeit erhält, die Aufgaben der anderen zu erlernen. Das Ziel der Maßnahme besteht darin, das Aufgabengebiet der Mitarbeiter zu erweitern, um sowohl fachliche, als auch soziale Kompetenzen zu stärken (vgl. Nerdinger et al. 2014: 379). "Des Weiteren kann der systematische Arbeitsplatzwechsel dazu beitragen, abteilungs- und fachübergreifende Zusammenhänge zu verstehen und andere Arbeitsverfahren und Lösungsansätze kennenzulernen" (Nerdinger et al. 2014: 379f). Zwei weitere motivationstheoretische Ansätze für die PE stellen die beiden Maßnahmen Job Enlarge-ment und Job Enrichment dar (vgl. ebd.). Während beim Job Enlargement zu den eigentlichen Aufgaben zusätzliche "vor- und nachgelagerte Aufgaben, die allerdings keine zusätzlichen Qualifikationen erfordern" (ebd.) hinzukommen und das primäre Ziel darin besteht, monotone Tätigkeiten und damit verbundene psychische Belastungen zu vermeiden, bedeutet Job Enrichment, dass der Verantwortungsbereich der betroffenen Personen erhöht und somit auch die persönliche Kompetenz erweitert wird (vgl. ebd.).

Weitere Ansätze, die in der Praxis in KMU zum Einsatz kommen und für Organisationen immer wichtiger werden, sind verschiedene Formen der Gruppenarbeit, wie z.B. Qualitätszirkel, Gesundheitszirkel und teilautonome Arbeitsgruppen (vgl. Nerdinger et al. 2014: 399ff). Bei einer Gruppe handelt es sich zunächst um mehrere Personen, die über einen längeren Zeitraum, z.B. im Rahmen eines Projektes in direktem Kontakt stehen. Die einzelnen Rollen innerhalb der Gruppe variieren. Das Ziel der Gruppe besteht darin, gemeinsam Normen und Regeln zu definieren, um die Zusammenarbeit und den Zusammenhalt zu stärken (vgl. ebd.: 104). Die Zielsetzung bei der Einführung von Gruppenarbeit ist sowohl wirtschaftlich, als auch mitarbeiterorientiert (vgl. ebd.: 396). Wirtschaftliche Ziele, die durch Gruppenarbeit erreicht werden können, sind z.B. die Reduzierung von Fehlzeiten, Fluktuation und Personalkosten, die Steigerung der Produktqualität, Förderung der eigenverantwortlichen Arbeit, sowie die Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit für das Unternehmen (vgl. ebd.: 396). Mitarbeiterziele stellen u.a. die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und den Abbau der mit dem bisherigen Arbeitsumfeld verbundenen Arbeitsbelastungen dar. Außerdem werden durch Gruppenarbeit Qualifikation, Kommunikation, Motivation, sowie die persönlichen Kompetenzen der Mitarbeiter gefördert und verbessert (vgl. ebd.). Weitere wichtige Funktionen, die Gruppen erfüllen, sind Koordination, Repräsentation und Verantwortung. Koordination stellt einen Vorteil für die Organisation dar, weil sich die Gruppen oft selbst organisieren und damit eine reibungslose Zusammenarbeit gewährleisten. Repräsentation bedeutet, dass Personengruppen aus den verschiedenen Bereichen der Organisation zusammenkommen und auch zusammenarbeiten. Im Rahmen der Verantwortungsfunktion können beispielsweise Gruppen gebildet werden, wenn es darum geht, Personal abzubauen. Im Vordergrund steht dann, entsprechende Maßnahmen zu erarbeiten und diese zu kommunizieren (vgl. ebd.: 104).

Eine Form der Gruppenarbeit ist das Konzept des Qualitätszirkels, welches ursprünglich aus Japan stammt und heute in fast allen Branchen zum Einsatz kommt (vgl. Nerdinger et al. 2014: 399). "Die Grundidee des Konzepts von Qualitätszirkeln ist die stärkere Einbeziehung der Mitarbeiter der ausführenden Ebenen in betriebliche Problemlösungsprozesse" (ebd.). Kleine Gruppen mit fünf bis zehn Teilnehmern treffen sich in regelmäßigen Abständen und erarbeiten gemeinsam Lösungen und Strategien für vorhandene Probleme. Für die Umsetzung ist meist auch die jeweilige Gruppe zuständig, wobei der Gruppe häufig keine Entscheidungskompetenz obliegt. Unterstützt wird die Gruppe dabei durch einen erfahrenen Kollegen oder Vorgesetzten, z.B. einem Industriemeister, welcher der Gruppe für die Problemstellung als geschulter Moderator zur Seite gestellt wird. Die Entscheidung, ob die Maßnahmen umgesetzt werden, wird i.d.R. vom Management der jeweiligen Organisation getroffen. Neben Problemlösungen und der Optimierung von innerbetrieblichen Abläufen, stellen Qualitätszirkel zudem ein sehr gut geeignetes Werkzeug zur Verbesserung der Zusammenarbeit dar (vgl. ebd.).

Neben Qualitätszirkeln, gibt es noch projektbezogene Gesundheitszirkel, bei denen Mitarbeiter im Rahmen des BGM die Möglichkeit erhalten, bei der Gestaltung und Optimierung von gesundheitsfördernden Maßnahmen und Prozessen mitzuwirken bzw. entsprechende Maßnahmen erarbeiten. Genau wie bei den Qualitätszirkeln treffen sich die Beteiligten in regelmäßigen Abständen, um gemeinsam konkrete Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung zu erarbeiten. Zum Personenkreis des Gesundheitszirkels gehören neben den Mitarbeitern oft Betriebsärzte, Betriebsräte, Sicherheitsfachkräfte und Verantwortliche des Unternehmens, wie z.B. Abteilungs- oder Betriebsleiter (vgl. ebd.: 401).

Ebenfalls zu den gruppenbezogenen Arbeitsformen gehört das Konzept der teilautonomen Arbeitsgruppen, welches bereits seit Beginn der 90er-Jahre schwerpunktmäßig in der Automobilindustrie Anwendung findet (vgl. ebd.: 402). Bei teilautonomen Arbeits-gruppen handelt es sich um eine Beschäftigungsform, bei der die Mitarbeiter in einer meist kleineren Gruppe selbständig und eigenverantwortlich an der Erstellung eines Produktes oder Prozesses arbeiten. Bei diesem Konzept werden Job Enlargement, Job Enrichment und Job Rotation miteinander verbunden, in dem zusätzliche Aufgaben hinzukommen, die Tätigkeiten qualitativ erweitert werden und jeder Mitarbeiter alle an-fallenden Tätigkeiten beherrschen muss (vgl. Wöhe/Döring 2008: 146).

Ein weiteres PE-Instrument, das in KMU zum Einsatz kommen kann, ist das bereits er-wähnte Coaching, wobei es sich dabei um kein Allheilmittel handelt. Vielmehr dient Coaching als Führungsinstrument und wird in der Praxis beispielsweise bei Feedbackgesprächen mit den Mitarbeitern angewendet (vgl. Stiefel 2006: 82). Dies kann zusätzlich durch den "Einsatz von Schlüsselpersonen" (ebd.: 98) verstärkt werden. Das bedeutet nicht, dass externe Fachkräfte ins Unternehmen geholt werden müssen. Vielmehr geht es darum, dass sich die Führungskräfte mit den Zielen und Werten des Unternehmens identifizieren, da dies die kostengünstigere Alternative darstellt (vgl. ebd.: 99).

Ein interessantes Coaching-Programm für Trainees hat die Firma BASF, bei der es sich allerdings auf Grund der Firmengröße um kein KMU handelt, entwickelt. Das Ziel des Coaching Professionals Program besteht darin, junge Fachkräfte aus China durch Anwendung von Assessment-Center (AC) zu rekrutieren, durch Rollenkonzepte weiterzuentwickeln und letztendlich an das Unternehmen zu binden (vgl. Bröckermann/ Pepels 2013: 406). In einem Zeitraum von etwa 18 Monaten durchlaufen die Trainees drei bis vier nationale und internationale Firmenstandorte und werden durch Sprachkurse, Teambuildingmaßnahmen, Kundenbesuche, sowie allgemeinen Orientierungshilfen auf die zukünftigen Aufgaben im chinesischen Werk vorbereitet (vgl. ebd.).

Immer wichtiger wird in Zukunft in Anbetracht des Fachkräftemangels auch das PE-Instrument der Karriere- und Laufbahnplanung, bei dem "qualifizierte Mitarbeiter auf künftige Führungsaufgaben vorbereitet werden" (Wöhe/Döring 2008: 149). "Während sich die Weiterbildung im Wesentlichen an der Kategorie des Arbeitsplatzes und der Arbeitsaufgaben eines Mitarbeiters orientiert (...)" (Stiefel 2006: 171), setzt eine aktive Karriere- und Nachfolgeplanung an einer anderen Stelle an (vgl. ebd.: 172). Das PE-Instrument der Karriere- und Laufbahnplanung richtet sich in erster Linie an den Führungskräftenachwuchs (vgl. Wöhe/Döring 2008: 149). Die Laufbahnwege können dann vertikal, horizontal und radial verlaufen. Während sich bei der vertikalen Laufbahn der Rang der Position verändert, ändert sich bei der horizontalen Laufbahn die Position an sich. Radial bedeutet, dass ein Mitarbeiter, z.B. von einer Außenstelle in das Hauptwerk wechselt (vgl. Stiefel 2006: 172).

Nachdem einige PE-Konzepte aus der Industrie näher betrachtet wurden, soll nun untersucht werden, ob es im Bereich des Gesundheitswesens Unterschiede bzw. andere Ansatzpunkte im Rahmen der PE gibt.

2.3 Personalentwicklung im Gesundheitswesen

"Zentraler Leistungsträger im Krankenhaus ist das Personal (Schmola/Rapp 2014: 102)", mit der Konsequenz, dass die Personalkosten im Krankenhausbereich ca. 60 % der Gesamtkosten betragen (vgl. ebd.: 91). Auf Grund des Kostendrucks ist deshalb gerade im Gesundheitswesen eine strategische Ausrichtung abgeleitet von den Unternehmenszielen unverzichtbar (vgl. Gießler et al. 2013: 13). Ein strategisches Ziel im Krankenhausbereich könnte z.B. die Ausrichtung auf die steigende Zahl der an Demenz erkrankten Patienten sein, was konkret bedeutet, dass das Personal auf die Besonderheiten vorbereitet und geschult werden muss (vgl. ebd.: 27). Hinzu kommt, dass es durch den medizinisch-technischen Fortschritt ständig Veränderungen im Sozial- und Gesundheitswesen gibt (vgl. Schmola/Rapp 2014: 12). Kliniken und Pflegeeinrichtungen haben deshalb erkannt, dass ein modernes HR-Management und eine zielgerichtete PE die Voraussetzung für zukünftige Erfolge, wie z.B. die Bekämpfung des Fachkräftemangels darstellt (vgl. Tewes/Stockinger 2014: 4). Neben der quantitativen Personalplanung, bei der es darum geht, wie viele Mitarbeiter benötigt werden, spielt die qualitative Planung eine große Rolle. Im Rahmen der qualitativen Personalplanung wird ermittelt, welche Kenntnisse und Fähigkeiten das zukünftige Personal verfügen sollte (vgl. Schmola/Rapp 2014: 91).

Genau wie in Industrieunternehmen hat das Thema Aus- und Weiterbildung auch im Gesundheitswesen in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Allerdings handelt es sich dabei um kein Novum. "Personalentwicklung hat für Angehörige der Gesundheitsberufe auf Grund einer sehr ausgeprägten Fachlichkeit bereits eine gut entwickelte Tradition" (Gießler et al. 2013: 12). Sowohl für Ärzte, die neben einem langen Studium verschiedene Fachweiterbildungen durchlaufen, als auch für Mitarbeiter aus den Pflegeberufen, für die es ebenfalls zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten gibt, ist es selbstverständlich, sich weiter zu qualifizieren (vgl. ebd.: 12). Bevor jedoch detailliert auf die Besonderheiten des Gesundheitswesens eingegangen wird, muss zunächst ge-klärt werden, welche Bereiche zu diesem Wirtschaftszweig zählen und was dahinter steckt.

2.3.1 Gesundheitswesen - Begriffsverständnis und Abgrenzung

"Das Gesundheitswesen ist ein volkswirtschaftlicher Sektor, der in Deutschland mit 12% einen bedeutenden Anteil am Bruttoinlandsprodukt hat und in dem über 4 Millionen Menschen beschäftigt sind" (Gießler et al. 2013: 17). Neben öffentlichen Institutionen, wie z.B. Gesundheitsämter und Pflegeeinrichtungen, besteht der Großteil des Gesundheitswesens aus Kliniken und Krankenhäusern, deren Leistungen "sich inhaltlich teils erheblich von klassischen Produktionsgütern" (Schmola/Rapp 2014: 9) unterscheiden, weshalb sich für das Management folglich entsprechende Herausforderungen ergeben (vgl. ebd.: 9). Im Unterschied zu produzierenden Unternehmen, bei denen das Ziel darin besteht, einen Gewinn zu erzielen bzw. den Gewinn zu maximieren, wird im Gesundheitswesen nicht von Output, sondern von Outcome gesprochen. Unter Out-come wird das "Resultat einer Pflegehandlung oder das Pflegeergebnis" (Schrems 2011: 39) verstanden. Beim Pflegeoutcome handelt es sich folglich um ein "geistiges Produkt" (ebd.: 40) welches durch Wahrnehmung gesteuert wird (vgl. ebd.: 40).

2.3.2 Berufsgruppen und Tätigkeiten im Gesundheitswesen

Im Vergleich zu Unternehmen aus dem industriellen Umfeld ist festzustellen, dass der Bereich Gesundheitswesen personalintensiver ist, da "(...) medizinisches, pflegerisches und therapeutisches Personal (...) nur in wenigen Ausnahmefällen durch Maschinen ersetzt werden (...)" (Schmola/Rapp 2014: 10) kann. "Gerade in einer Expertenorganisation, wie dem Krankenhaus ist Wissen der zentrale Wettbewerbsfaktor" (Gießler et al. 2013: 27). Die Bandbreite der im Gesundheitswesen notwendigen Qualifikationen und Kompetenzen ist sehr vielseitig, da neben dem Pflegepersonal und dem ärztlichen Dienst, u.a. Fachkräfte für Administration und Service benötigt werden (vgl. ebd.: 17). Die Berufsfelder aus dem Bereich der Gesundheitsberufe, wurden in einer Übersicht von der Hochschule für Gesundheit in Bochum dargestellt, welche der Masterarbeit als Anlage beigefügt wurde (vgl. HSG Bochum online 2015). Die wohl größte Berufsgruppe stellt die der Pflege- und Geburtshilfe dar (vgl. Statista online 2015). Hierzu zählen u.a. die Berufe Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, sowie Altenpfleger und Hebammen, für die eine i.d.R. mindestens 3-jährige Berufsausbildung notwendig ist, die jeweils mit einem staatlichen Examen abschließt. Nach einer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung gibt es eine Vielzahl von Weiterbildungsmöglichkeiten. Neben berufsspezifischen Fachweiterbildungen, wie z.B. Fachkrankenpfleger für Anästhesie, OP, etc. besteht die Möglichkeit der akademischen Qualifizierung, die von unterschiedlichen (Fach-)Hochschulen angeboten wird. Zum Berufsfeld Gesundheitsmanagement zählen nach der Übersicht der HSG Bochum u.a. die Berufsgruppen Ärzte, Kaufleute im Gesundheitswesen, Gesundheitswissenschaftler, Gesundheits- und Sozialmanager, sowie Gesundheits- und Sozialökonomen, für die jeweils ein Studium vorausgesetzt wird. Bei Ärzten handelt es sich dabei um ein 6-jähriges Studium der Humanmedizin, welches mit einem Staatsexamen abgeschlossen wird. Kaufleute im Gesundheitswesen absolvieren eine 3-jährige Berufsausbildung und können sich anschließend durch Weiterbildungen oder durch ein entsprechendes Studium weiterqualifizieren. Die Studiengänge im Sozial- und Gesundheitswesen dauern i.d.R. sechs Semester und schließen mit einem Bachelor- bzw. Masterabschluss ab. Ein weiteres Berufsfeld stellt medizinisch technisches Personal, zu denen z.B. medizinisch-technische Laboratoriumsassistenten (MTLA), medizinisch-technische Radio-logieassistenten (MTRA) oder aber auch Arzthelfer und Zahnmedizinische Fachangestellte zählen, dar. Auch für diese Berufe gilt eine 3-jährige Regelausbildungszeit mit der Option, sich entsprechend weiterzubilden (vgl. HSG Bochum online 2015).

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Ende der Leseprobe aus 70 Seiten

Details

Titel
Personalentwicklung. Instrument zur Mitarbeiterbindung oder Förderung der Personalfluktuation?
Hochschule
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Veranstaltung
Personalentwicklung
Note
1,3
Autor
Jahr
2016
Seiten
70
Katalognummer
V322528
ISBN (eBook)
9783668213975
ISBN (Buch)
9783668213982
Dateigröße
907 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Personalentwicklung, Organisationsentwicklung, Fluktuation, Industrie, Gesundheitswesen, Mitarbeiterbindung, Commitment, Fortbildung, Weiterbildung, Human Resources, Personalwesen, Sozialwissenschaften
Arbeit zitieren
Benjamin Schindler (Autor:in), 2016, Personalentwicklung. Instrument zur Mitarbeiterbindung oder Förderung der Personalfluktuation?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/322528

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