Leseprobe
Inhaltverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
1. Einleitung
2. Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP)
2.1 Hintergrund
2.2 Zeitablauf der TTIP-Verhandlungen
2.2.1 Vergangene Verhandlungen
2.2.2 Zusammenfassung der vergangenen Verhandlungen
2.2.3 Aktuelle und zukünftige Verhandlungen
2.3 Konfliktpotenziale
2.3.1 Umwelt
2.3.2 Gesundheit
2.3.3 Tarifäre- und nichttarifäre Handelshemmnisse
2.3.4 Investorenschutz und Schiedsgerichte (ISDS)
2.4 Zusammenfassung der Konfliktpotentiale
3. Auswirkungen von TTIP
3.1 Wirtschaftliche Effekte
3.2 Politische Folgen
4. Zustimmung und Ablehnung in Deutschland
4.1 Befürwortung
4.2 Kritik
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
Abbildung 1: Ausgang der ISDS-Verfahren im Vergleich
Tabelle: Deutschlands Importe und Exporte mit Amerika
Abbildung 2: Entwicklung der prozentualen Befürworter und Kritiker in Deutschland
1. Einleitung
Es existieren über 170 Länder auf der Welt. Sie unterscheiden sich in ihrer geografi- schen Größe und in ihrer Bevölkerungszahl. Beispielsweise gibt es große Länder mit einer hohen Population (China und Indien), große Länder mit einer geringen Popula- tion (Australien und Kanada), kleine Länder mit einer hohen Bevölkerung (Japan) oder kleine Länder mit geringer Bevölkerungsdichte (Luxemburg). Zwischen all diesen Län- dern liegen ökonomische Aktivitäten vor, denn Güter und Dienstleistungen werden her- gestellt, gehandelt und konsumiert. Nach Angaben der World Trade Organization sind derzeit 280 Handelsabkommen auf der Welt wirksam.1 Die drei größten Wirtschafts- räume weltweit sind die Europäische Union, der industrialisierte Ostasien mit Japan, Taiwan, Südkorea, Singapur und Hongkong sowie das nordatlantische Freihandelsab- kommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko. Zusammen werden sie als Triade bezeichnet.
In dieser Bachelorarbeit wird auf die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Europäi- schen Union (EU), speziell Deutschland, und den Vereinigten Staaten von Amerika eingegangen. Nordamerika und die EU sind die weltweit am stärksten vernetzten Wirt- schaftsregionen. Sie erzielen über 50 Prozent des Weltsozialproduktes, obwohl die beiden Gebiete lediglich 10 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen. So lagen 2011 der Gütertausch bei ca. 4 Prozent und der Handel mit Dienstleistungen bei 11 Prozent des globalen Handels.2 Die Motivation für das Thema liegt zum einen in der steigenden Anzahl der massiven Proteste gegen das Transatlantische Freihandelsabkommen (Transatlantic Trade and Investment Partnership, nachfolgend TTIP), zum anderen in den Folgen, die das Abkommen auf das globale Handeln und die Weltbevölkerung haben kann. TTIP ist ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen den USA und der EU, um den Unternehmen einen verbesserten Marktzugang im jeweils anderen Land zu er- möglichen und den Güterverkehr zu erleichtern. Hierzu sollen u. a. Markteintrittsbarri- eren wie unterschiedliche Regelungen abgebaut werden. Sowohl die USA als auch die EU erhoffen sich eine Zunahme des Wirtschaftswachstums und der Durchschnittsein-kommen, sowie eine Reduzierung der Arbeitslosigkeit in den Teilnehmerstaaten. Positive abkommen? US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel betonen die positive Bedeutung von solch einem Abkommen. „Nichts wünschen wir uns mehr als ein Freihandelsabkommen zwischen Europa und den Vereinigten Staaten“.3 Durch das TTIP-Abkommen kann der weltweit größte Wirtschaftsraum mit rund 800 Millionen Menschen entstehen und als Blaupause für ähnliche Abkommen dienen. Die Bundesrepublik als größte Exportnation Europas wäre ein essenzieller Gewinner des Abkommens, denn die Mittelständler könnten auf Grund der abgebauten Hemmnisse deutlich mehr in die USA exportieren.4
Ein ähnlicher Vertrag ist der im Jahr 1957 unterzeichnete Römische Vertrag zur Gründung der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Die Gründungsmitglieder sind Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande. Dieser Vertrag soll die wirtschaftliche Einheit zwischen den einzelnen Ländern stärken, sowie wirtschaftliche Unterschiede abbauen.
Das erste Kapitel liefert die Erklärung, was sich genau hinter dem Begriff des Transatlantischen Freihandelsabkommens verbirgt und wie dieses aufgebaut ist. Im Anschluss hieran sind die Verhandlungen kurz und chronologisch, sowie deren Ergebnisstand, aufgelistet. Die Konfliktpotentiale, hierzu zählen die verschiedenen Umweltund Verbraucherstandards ebenso wie die Schiedsgerichte, die den Hauptkritikpunkt darstellen, werden am Schluss des ersten Kapitels erläutert.
Gegenstand des zweiten Kapitels sind die politischen als auch wirtschaftlichen Aus- wirkungen des Abkommens. Bezugnehmend auf einen Bericht des ifo Institut Mün- chens, wird dargelegt, dass der positive wirtschaftliche Effekt nicht direkt ersichtlich ist. Ebenfalls wird kurz auf den NSA-Abhörskandal und dessen Konsequenzen einge- gangen.
Der Hauptteil dieser Arbeit endet mit Argumentationen aus Deutschland, die für TTIP, zum anderem gegen TTIP sprechen, und warum aktuell die Mehrzahl der Bürger ge- gen das Abkommen sind. Bezugnehmend auf eine Emnid Umfrage wird der Verlauf der Befürworter und Kritiker seit Beginn der Verhandlungen dargestellt. Erstere gehen überwiegend aus der Politik sowie der Wirtschaft hervor, während die Kritiker vor allem in den Reihen der Endverbraucher, den Nichtregierungsorganisationen (NGO’s) und in den Mittelständen zu finden sind.
Abschließend stellt sich die Frage, ob das Abkommen positiv zu beurteilen ist, oder ob die Verhandlungen beendet werden sollen bzw. keine Ratifizierung erfolgen sollte. Um dies beantworten zu können, werden Aufzeichnungen der Europäischen Kommission, deutscher und amerikanischer Behörden, Zitate von Politikern, und überwiegend Zeitungsartikel zu TTIP herangezogen.
Schließlich wird im Fazit die oben genannte Frage erläutert und die zuvor aufgeführten Aspekte des Transatlantischen Freihandelsabkommens zusammengefasst.
2. Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP)
Die Ökonomen Adam Smith und David Ricardo leisteten den maßgeblichen Beitrag zur heutigen Handelstheorie. Aus der Sicht von Smith ist eine Arbeitsteilung, die sich nicht nur auf die nationale Ebene beschränkt, für den internationalen Handel nötig. Exporte und Importe erhöhen die arbeitsteilige Spezialisierung, folglich die durch- schnittliche Produktivität, welche zu wachsenden Skalenerträgen führt und im Ergeb- nis Wachstum und Wohlstand bedeutet.5 Ricardo führte jene Annahme weiter und er- stellte die Theorie des komparativen Kostenvorteils. Hiernach können zwei Länder mit unterschiedlicher Produktivität miteinander handeln und zeitgleich profitieren, wenn je- weils die Güter im Inland mit vergleichsweise höherer Produktivität als andere Güter hergestellt werden.6 Nach dem deutschen Ökonom Friedrich List ist Freihandel nur dann wohlstandsfördernd, wenn ein einheitlicher Binnenmarkt geschaffen und Zoll- grenzen abgeschafft werden7. Im Hinblick auf den in der Zukunft größeren Wettbewerb der Länder untereinander, ist die Schaffung eines solchen Wirtschaftsraumes, zum Beispiel zwischen den USA und der Europäischen Union sinnvoll, um über einen wirt- schaftlichen Vorteil gegenüber anderen Nationen zu verfügen.
2.1 Hintergrund
Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft ist ein aktuell verhandel- tes Abkommen in Form eines völkerrechtlichen Vertrags zwischen den USA und der EU. Es soll europäischen Unternehmen besseren Zugang zu Märkten in den USA er- möglichen und amerikanischen Firmen den Marktzugang in Europa erleichtern. Des Weiteren können diese Unternehmen mit Hilfe von TTIP öffentliche Aufträge erhalten, ihre Exporte in das Partnerland steigern und dort leichter investieren. Sie sind im- stande Waren und Dienstleistungen, zur Herstellung ihrer Erzeugnisse, im größeren Umfang zu importieren. Entsprechend den Vorstellungen der Europäischen Kommis- sion soll TTIP folgende Punkte erfüllen:
- Im Mittelpunkt sollen Maßnahmen zur nachhaltigen Entwicklung stehen,
- Einen Handel gewährleisten, der den Schutz der Arbeitnehmerrechte sowie den Umweltschutz achtet,
- Förderung des Wettbewerbs und
- Gewährleistung von einem akzeptierten Mechanismus, der Streitigkeiten zwi- schen Regierungsbehörden beilegt. Dieses formale System soll Unterneh- menskammern, Gewerkschaften, Umwelt- und Verbraucherschutzgruppen wie auch Nichtregierungsorganisationen einbeziehen.
Ziel von TTIP ist es, die Investitionen und den Handel zwischen der EU und den USA zu fördern, um ein globales Wirtschaftswachstum zu leisten. Hierfür sollen tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse abgebaut werden, überwiegend jedoch die nichtta- rifären Barrieren. Darüber hinaus hat TTIP die Pflicht Handels- und Investitionsregeln zu entwickeln und langfristig so zu gestalten, dass sie besser zwischen den beiden Parteien zusammenpassen. Das Abkommen soll 24 Kapitel umfassen, welche in drei Abschnitte gegliedert sind:
1. Marktzugang
2. Zusammenarbeit in Regulierungsfragen und
3. Allgemeine Regelungen.
Zudem wird TTIP als Blaupause für ähnliche Entschlüsse für andere Staaten dienen.8 Die Bundesrepublik Deutschland hat in den letzten Jahrzenten insgesamt 139 bilate- rale Abkommen zum Investor-Staat-Streitbeilegung (Investor-State-Dispute-Settle- ment, nachfolgend ISDS) geschlossen, ohne dass von diesen Verträgen nur eines in der Öffentlichkeit wirklich wahrgenommen wurde. Pakistan war das erste Land mit dem die Bundesrepublik solch ein Abkommen geschlossen hat und diente somit als Vorlage für weitere Abkommen. Das Verhandlungsmandat für internationale Handelsabkom- men ging, nach Abschluss der Verträge von Lissabon im Jahre 2009, von der nationalen Regierung auf die Europäische Union über. Der Hintergrund liegt darin, in- ternational agierende Unternehmen von der willkürlichen Behandlung durch die Re- gierungen ihrer Gastländer zu schützen.9 Von besonderer Bedeutung sind diese Ver- einbarungen, wenn das Gastland über keine unabhängige Gerichtsbarkeit verfügt. In- stitutionen derartiger Länder weisen mehr oder weniger ausgeprägte diktatorische Züge auf. Die Motivation der EU-Kommission ist vermutlich weniger darauf gerichtet europäische Investoren vor Willkürakten der US-Regierung zu schützen, sondern viel- mehr die Präzedenzwirkung für entsprechende Verhandlungen mit anderen Ländern zu stärken, da sich die EU erst eine Reputation aufbauen muss. Die Förderung von Investitionsschutzabkommen steht aus ökonomischer Sicht auf einem zerbrechlichen Fundament. Wie bei jedem Abkommen liegt die First-Best-Lösung zunächst generell darin individuell zu entscheiden, wie groß die willkürliche Behandlung durch den jewei- ligen Vertragspartner ist. Hieraus ist zu ermessen in welchem Maßstab das Schutzbe- dürfnis europäischer Investoren ausfällt.10
2.2 Zeitablauf der TTIP-Verhandlungen
Über ein transatlantisches Freihandelsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union wird seit Beginn der 90er Jahre verhandelt. Zu dieser Freihandelszone können sich aber auch zusätzlich Kanada und Mexiko an- schließen. Es bestehen unterschiedliche Namen für solch ein Abkommen, beispiel- weise nennt die Süddeutsche Zeitung es Wirtschafts-NATO. Die offizielle Bezeichnung lautet Transatlantic Free Trade Agreement, kurz TAFTA, jedoch ist die am häufigsten verwendetet Benennung, die des Transatlantic Trade and Investment Partnership. Das Multilaterale Abkommen über Investitionen (MAI) dient als Vorbild für das TTIP-Ab- kommen. Zu beachten ist jedoch, dass das MAI durch den starken Widerstand und der Kritik von globalisierungskritischen Gruppen nie beschlossen wurde.11
2.2.1 Vergangene Verhandlungen
Wie bereits im Punkt 2.1 erläutert obliegt das Mandat zur Aushandlung von internatio- nalen Abkommen gem. Art. 5 Absatz 2 und Art. 21 des EU-Vertrages (EUV) der Europäischen Union, sodass die Europäische Kommission am 14. Juni 2013 zum Ver- handlungsführer ernannt wurde. Diese Ernennung markiert den Start für die TTIP-Ver- handlungen. Im Vorfeld haben US Präsident Barack Obama, EU-Ratspräsident Her- man van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso verkündet, dass auf Grundlage der High-Level Working Group, welches die Chancen und Auswir- kungen eines Freihandelsabkommens evaluiert, Verhandlungen über ein solches be- ginnen werden.12
In der ersten Verhandlungsphase, diese fand in Washington D.C. vom 8. bis 12. Juli 2013 statt, diskutierten die Interessensgruppen über ein breites Spektrum von Themen. Hierunter zählten beispielsweise Fragen über den Marktzugang für Industrie- und Agrargüter, aber auch der Zugang von geistigen Eigentumsrechten und der Investitionsschutz wurde besprochen. 350 Vertreter von Verbänden und der Zivilgesellschaft, die sog. Stakeholder, haben an den Verhandlungen teilgenommen.a Vom 11. bis 15. November 2013 fand die 2. Verhandlungsrunde in Brüssel statt. Hauptdiskussionspunkte dieser Debatte waren die Investitionsregeln und die Aufhebung regulatorischer Barrieren. Die Generaldirektion Handel der Europäischen Kommission berief des Weiteren eine Expertengruppe ein, welche im kontinuierlichen Kontakt zu den europäischen Verhandlungsgruppen steht.
Die Verhandlungsführer konnten in der 3. Runde erhebliche Fortschritte in den drei Kernbereichen des TTIP - Marktzugang, Aspekte der Regulierung und Vorschriften - erzielen. Im Bereich Marktzugang sollen die Zölle in der EU auf importierte Ware er- heblich gesenkt und den amerikanischen sowie europäischen Unternehmen die Teil- nahme an Ausschreibungen ermöglicht werden. Neue Vorschriften hingegen dienen der Bevölkerung zum Schutz vor Gesundheits-, Sicherheits- und Umweltrisiken. Des Weiteren gewährleisten diese Vorschriften finanzielle Sicherheit. Der Handel zwischen der EU und den USA soll durch Regulierungen belebt werden, ebenso kann eine Erleichterung der Handelswege, durch Anpassung des Zollverfahrens, stattfinden. Diese Regulierungen umfassen unter anderem Maßnahmen, die einen freien und fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen gewährleisten, um den Zugang zu Rohstoffen und anderen Energien zu vereinfachen.13
Anfang des Jahres 2014, bevor es zur 4. Verhandlungsrunde kam, wurden zwei wei- tere Instanzen von der Europäischen Kommission in die TTIP-Verhandlungen mit ein- gebunden. Hierunter gehören der Finanzdienstsektor und die TTIP Advisory Group. Ersteres soll sicherstellen, dass ein Rahmen für die regulatorische Kooperation im Fi- nanzsektor vorliegt. Des Weiteren soll dieser Sektor zur Verhinderung zukünftiger Kri- sen beitragen.14 Die TTIP Advisory Group ist eine Expertengruppe und umfasst die Bereiche der Dienstleistungsbranche, Gewerkschaften, Konsumenten, Umwelt, Ge- sundheit und der Industrie. Im Kern der 4. Verhandlungsrunde standen die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die circa 99 Prozent der europäischen Unternehmen ausmachen. Aufgrund der hohen Transaktionskosten, die hauptsächlich durch unter- schiedliche rechtliche Anforderungen an Produkte einhergehen, können sich diese Un- ternehmen am transatlantischen Handel nur mit geringem Maß beteiligen. Im Verlauf dieser Verhandlung sind sich beide Seiten darüber einig geworden, dass diese KMU im TTIP ein zusätzliches Kapitel erhalten sollen.15
Mitte Mai 2014 fand der 5. Verhandlungszeitraum statt. Umwelt-, Gesundheitsschutz, Produktstandards und der Zugang zu Energie sowie Rohstoffen standen im Mittelpunkt dieser Sitzung. Auf Forderung Deutschlands hat die EU einen speziellen Annex für den Maschinenbau angestoßen. Ein weiterer Schwerpunkt lag im Marktzugang bei öf- fentlichen Beschaffungen auf föderaler Ebene. Grund für diesen Punkt war, dass die EU einen diskriminierungsfreien Marktzugang für europäische Unternehmen auf regi- onaler und lokaler Ebene anstrebt. Investitionsschutz und ISDS wurden in diesen Ver- handlungen ausgeklammert, weil eine öffentliche Konsultation, an der jeder teilneh- men konnte, zum Zeitpunkt der Verhandlungen noch lief. In dieser Sitzung betonten die Verhandlungsführer, dass durch TTIP keine Standards gesenkt und die regulatorische Autonomie der USA und der EU mitsamt ihren Mitgliedsstaaten gedämpft werden. Ebenfalls wurde erwähnt, dass in der EU weder eine Zulassung von Hormonfleisch noch eine Modifikation bei den Zulassungsbedingungen und Kennzeichnungsverpflichtungen durchgeführt wird.16
In den Gesprächen der 6. Verhandlungsrunde wurde überwiegend über die Annäherung von Vorschriften, Standards bei Dienstleistungen, Urheberrechten und der Telekommunikation diskutiert. Ein Angebot zur Öffnung der Dienstleistungsmärkte, welches eng mit den Mitgliedsstaaten abgestimmt wurde, ist von der EU in dieser Sitzung vorgelegt und mit den amerikanischen Verhandlungsführern besprochen worden. Sensible Bereiche, z. B. die Daseinsvorsorge oder die audiovisuellen Dienstleistungen, sind in dem Angebot ausgenommen.
Vorrangig lag das Hauptmerkmal der 7. Verhandlung auf der regulatorischen Zusam- menarbeit in den Sektoren Maschinenbau, Automobile, Arzneimittel und Medizinpro- dukte. Auch über die Maßnahmen zum Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen, d. h. über sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen, grundlegend aber über Gefahren in Nahrungsmitteln oder Futtermitteln, wurde speziell diskutiert.
Regulierungen und Standards in den Bereichen Energie, Rohstoffe, öffentliche Be- schaffungswesen, Pflanzenschutz, geografisch geschützte Angaben und Lebensmittel standen auf der Tagesordnung der 8. TTIP-Verhandlung. Regeln für KMU, zum Abbau von Zöllen und zur Nachhaltigkeit wurden in dieser Sitzung in Brüssel ebenfalls be- schlossen.17
Erstmals alle Themenbereiche, mit Ausnahme der ISDS, wurden im 9. Verhandlungs- zeitraum besprochen. Die Hauptmerkmale lagen in der Herabsetzung von Zöllen und der Anpassung von Standards im Maschinen- und Anlagenbau, Dienstleistungs-, Ag- rarsektor sowie im öffentlichen Beschaffungswesen. Wesentliche Fortschritte wurden in den Themen Automobil, Pharma- und Medizinprodukte erzielt. Unnötige oder diver- gierende Vorschriften sollen durch eine engere Kooperation der Regulierungsstellen vermieden werden, um Handelshemmnisse zu reduzieren. Von der EU-Kommission wird aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dies nicht zum Abbau von Schutzstandards führt und keine Beeinflussung der eigenen Möglichkeit einhergeht, Regelungen zum Schutz der Bevölkerung zu erlassen.18
Auch in der 10. Verhandlungsphase wurden fast alle Themenbereiche besprochen. Da die EU-Kommission an einem Textvorschlag über einen transparenten Investitions- schutz gearbeitet hat und diesen mit den Mitgliedstaaten abstimmen muss, erfolgte eine Ausklammerung des Investitionsschutzthemas. Ein Meilenstein ist im Bereich des Marktzugangs für Dienstleistungen und dem elektronischen Handeln erzielt worden. Laut den Chefunterhändlern und zugleich Verhandlungsführern Ignacio Garcia Ber- cero für Europa und Dan Mullaney für Amerika, werde das TTIP-Abkommen nichts an der Wasserversorgung, Gesundheit, Qualität der Öffentlichen Dienstleistungen und bei der Bildung ändern. Beide Verhandlungsführer untermauerten, dass KMU von der regulatorischen Zusammenarbeit beider Seiten stark profitieren können.19
2.2.2 Zusammenfassung der vergangenen Verhandlungen
Seit Beginn der TTIP-Verhandlungen im Jahr 2013 wurden in den Kernbereichen Marktzugang, Regulierung und Vorschriften erhebliche Fortschritte erzielt. Aber auch in den kleinen Themen, u. a. Urheberrechte, Telekommunikation und Arznei, sind deut- liche Fortschritte erkennbar. Expertengruppen, wie z. B. die TTIP Advisory Group, wur- den in die Verhandlungen integriert. Diese stehen im permanenten Kontakt mit den Verhandlungsgruppen, Konsumenten, Industrie und den Gewerkschaften, um ein Rahmenmodell für die regulatorische Kooperation zu sichern. Beide Verhandlungssei- ten sind sich einig, dass in den Verhandlungen besondere Rücksicht auf KMU genom- men wird, damit sie nach Abschluss des Vertrages am transatlantischen Handel teil- nehmen können. Hinsichtlich der Fragen über ISDS und Investitionsschutz haben die Vertragsparteien keinen Lösungsansatz erreicht. Nach massiven Protesten von Ge- werkschaften, Zivilgesellschaft und Arbeitnehmern gegen das Klagerecht von Unter- nehmen hat die EU-Kommission im März 2014, vor der 5. Verhandlungssitzung, eine öffentliche Konsultation durchgeführt. Rund 150.000 Personen beteiligten sich an die- ser und lehnten es mit erstaunlicher Mehrheit (97 Prozent) ab. Die Verhandlungen über dieses Thema wurden von der Kommission eingestellt und nicht wieder aufgenom- men.20
Dies ist auch der Grund, dass das Freihandelsabkommen noch nicht ratifiziert ist und weitere Verhandlungsphasen durchgeführt werden.
2.2.3 Aktuelle und zukünftige Verhandlungen
Im Oktober 2015 fand in Florida die 11. Verhandlungsrunde statt. Diese Verhandlung wird, wie bei allen vorherigen Sitzungen, unter Ausschluss der Presse besprochen. Selbst die Abgeordneten der EU-Mitgliedsstaaten erhalten keinen Einblick in die Ver- handlungstexte und auch die Bevölkerung wird nur vage informiert. “Bestimme Details kennen noch nicht einmal deutsche Parlamentarier, die aber über den Vertrag abstim- men sollen.“21 Laut Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) sollen in der aktuellen Verhandlung über die Kernbereiche Marktzugang, Regulierung und Vor- schriften getagt werden. Im Mittelpunkt stehen die soziale und ökologische Nachhal- tigkeit in Handel und Entwicklung sowie die Einhaltung der Standards beim Arbeits-, Sozial- und Umweltschutz. Die Beibehaltung des right to regulate wird vom Vorschlag der Kommission bestärkt. Dies sind die politischen und gesetzgeberischen Handlungs- spielräume beider Parteien. Unterpunkte dieser Verhandlung sind die öffentliche Da- seinsvorsorge und der Abbau unnötiger Handelshemmnisse. Die Gestaltungsfrei- räume der Städte und Kommunen sollen durch den Schutz der Daseinsvorsorge un- angetastet bleiben.22
Das Freihandelsabkommen wird auch in naher Zukunft noch nicht ratifiziert werden können, denn die Vertragspartner haben auch in der 11. Sitzung die Diskussionen über Investorenschutz und den verbundenen Schiedsgerichten ausgelassen. Solange hierzu keine eindeutige Lösung von beiden Seiten akzeptiert wird steht der Abschluss der Verhandlungen noch offen. Sollte vor Ende der Amtszeit des US-Präsidenten Ba- rack Obama, welche im Januar 2017 endet, die Verhandlungen nicht abgeschlossen sein, könne eine lange Unterbrechung eintreten. Bundeskanzlerin Merkel drängt daher auf einen raschen Fortschritt und darüber hinaus einen Abschluss des Abkommens. Eine neue Regierung in Washington D. C. kann differenzierte politische Ansichten im Bezug auf den Freihandel besitzen, wodurch die Verhandlungen ausgebremst oder sogar neu aufgerollt werden müssen. „Natürlich hat ein Freihandelsabkommen zweier so großer Wirtschaftsräume eine hohe Symbolkraft.“23 bekräftigt Bundeskanzlerin Mer- kel im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Durch den Abschluss der Verhandlun- gen und die Ratifizierung des Vertrages kann der größte Wirtschaftsraum der Welt, mit mehr als 800 Millionen Menschen, geschaffen werden. Hierdurch wird TTIP zu einem substanziellen Vorbild für andere internationale Abkommen.24
Zu beachten ist jedoch, dass die USA zeitgleich zu den TTIP-Verhandlungen über ein vergleichbares tranzpazifisches Freihandelsabkommen - Trans-Pacific Partnership, TPP - mit dem asiatischen und pazifischen Raum verhandelt. Die zwölf Mitgliedsstaa- ten des multilateralen Bündnisses sind Kanada, Peru, Mexico, USA, Chile, Australien, Japan, Neuseeland, Singapur, Vietnam, Malaysia und Brunei. Sollte dieses Abkom- men vor TTIP in Kraft treten, würde hierdurch erstens die weltweit größte Freihandels- zone errichtet werden, denn zusammen erzielen diese Länder über 40 Prozent des internationalen Bruttoinlandproduktes. Zweitens sind dann globale Standards definiert, die den Nutzen des weltweiten Verbraucher- und Umweltschutzes vernachlässigen.25 Folglich kann die USA durch das TPP Abkommen eine Prävalenz in der Weltwirtschaft erreichen und Druck auf andere Wirtschaftsnationen ausüben. Um dies zu unterbinden ist es für Merkel wichtig, „dass der transatlantische Freihandel mit dem pazifischen Schritt hält. Wir haben im Europäischen Rat beschlossen, dass die EU und die USA alles daransetzen sollen, die Verhandlungen bis Jahresende zum Abschluss zu brin- gen“26 betont sie im Interview mit der Süddeutschen Zeitung.
[...]
1 World Trade Organization (2016), List of all regional trade agreements
2 Auswärtige Amt (2014), EU und USA
3 Merkel, A. (2013), Sozialpartnerschaft - ein erfolgreiches Modell
4 Greive, M. (2015), Deutschland braucht TTIP - jetzt mehr denn je!
5 Vgl. Smith, A. (1978), Der Wohlstand der Nationen
6 Vgl. Ricardo. D. (1821), On The Principles of Political Economy and Taxation
7 Vgl. List, F. (1841), Das nationale System der politischen Ökonomie
8 Vgl. European Commission (2015), TTIP auf einen Blick - Eine Übersicht und eine Einführung
9 Vgl. Rat der Europäischen Union (2009), 15265/1/09 REV 1
10 Vgl. Klodt, H. (2015), TTIP: Chance Handel - Risiko Investorenschutz
11 Vgl. Pinzler, P. (2015), Freihandelsabkommen: Investorenschutz? Nein danke!
12 Vgl. European Commission (2013), Memo/13/94 a Eine Teilnehmerliste über alle 350 Unternehmenslobbyisten, welche an der ersten Verhandlung teil- nahmen ist abrufbar unter: https://ustr.gov/sites/default/files/07112013%20List%20of%20Regis- tered%20Organizations.pdf
13 Vgl. Europäische Kommission (2013), IP/13/1306
14 Vgl. European Commission (2014), EU-US Transatlantic Trade and Investment Partnership - Cooperation on financial services regulation
15 Vgl. BMWi (o. J.), TTIP - Ergebnisse 4. Verhandlungsrunde
16 Vgl. BMWi (o. J.), TTIP - Ergebnisse 5. Verhandlungsrunde
17 Vgl. BWMi (o. J), Verhandlungen und Akteure
18 Vgl. Europäische Kommission - Vertretung in Deutschland (2015), 9. TTIP-Verhandlungsrunde be- endet
19 Vgl. Gröh, W. (2015), 312 Lobbygruppen, nur ein Dutzend Nicht-Wirtschafts-Verbände
20 Vgl. Europäische Kommission (2015), IP/15/3201
21 Bauchmüller, M., Mühlauer, A. (2015), Freihandel: TTIP, jetzt noch geheimer
22 Vgl. BMWi (o. J.), Verhandlungen und Akteure
23 Merkel, A. (2015), „An Ertrag wird es nicht mangeln“
24 Vgl. Merkel, A. (2016), TTIP kann ein Vorbild sein
25 Vgl. Barthle, N. (2015), Keine Angst vor TTIP - die Freihandelsabkommen werden Europa keine Nachteile bereiten
26 Merkel, A. (2015), „An Ertrag wird es nicht mangeln“