Das Portfolio als Alternative zur klassischen Leistungsbeurteilung im Unterricht. Chancen und Grenzen


Term Paper, 2014

14 Pages, Grade: 1,3

Anonymous


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlegung
2.1 Die Klassische Leistungsbeurteilung und ihre Grenzen
2.2 Die Methode Portfolio

3. Das Portfolio als Alternative zur klassischen Leistungsbeurteilung
3.1 Chancen
3.2 Grenzen der Portfolioarbeit

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der Schule erfolgt die klassische Leistungsbeurteilung über die Notengebung mit Ziffern von eins bis sechs. Sie erlaubt es der Lehrkraft, die Leistung eines Schülers oder einer Schülerin in ein Leistungsspektrum einzusortieren, um zu bewerten, ob und wieweit er oder sie das zu erreichende Ziel erreicht hat. Außerdem gibt sie dem Schüler oder der Schülerin, aber natürlich auch den Eltern, eine Rückmeldung darüber, wie der aktuelle Leistungsstand ist, sodass gegebenfalls Maßnahmen ergriffen werden können. Doch wie funktioniert dieses System und gibt es Alternativen? Wie verhält es sich bei mündlichen Leistungen? Oft sind Schüler unzufrieden mit ihren Noten, da sie sie als ungerecht und willkürlich empfinden und sich kein Bezug zu ihrer tatsächlichen Leistung erkennen lässt.

Im Rahmen dieser Hausarbeit soll die klassische Leistungsbeurteilung in ihrer theoretischen und praktischen Konzeption geprüft werden. Es sollen vor allem Schwächen der klassischen Leistungsbeurteilung aufgezeigt werden, um dann danach zu fragen, ob es Alternativen gibt die das leisten was die klassische Unterrichtsbeurteilung nicht vermag.

Im zweiten Teil dieser Untersuchung wird dann als eine mögliche Alternative die Methode „Portfolio“ vorgestellt und analysiert werden. Nachdem die Methode allgemeinhin erklärt wird sollen Chancen aber auch Grenzen dieser Methode aufgezeigt werden, um Aussagen darüber treffen zu können, inwieweit das Portfolio in der Lage ist, eine Alternative oder Ergänzung zu der klassischen Leistungsbeurteilung dazustellen.

Im Letzten Teil der Hausarbeit werden die wichtigsten Erkenntnisse der vorangegangen Arbeitsschritte zusammengetragen und kritisch diskutiert, sodass sich bestenfalls Aussagen darüber treffen lassen ob die Methode „Portfolio“ geeignet ist, um die klassische Leistungsbruteilung wie sie hier kritisiert wird, abzulösen, zu ergänzen oder ob sie sich als ungeeignet erweist.

Auf Genderfreundliche Begriffe soll in dieser Hausarbeit einfachheitshalber verzichtet werden, um die Lesefreundlichkeit des Textes nicht allzu sehr zu belasten; Es wird daher im Zusammenhang mit Lehrkräften und Schülerschaft durchgehend das Maskulinum verwendet.

2. Theoretische Grundlegung

2.1 Die Klassische Leistungsbeurteilung und ihre Grenzen

Möchte man die Grenzen der Leistungsbeurteilung über Zensuren aufzeigen, so muss zunächst einige Vorarbeit geleistet werden in dem nach der Funktion und Konzeption der Notengebung gefragt werden soll.

Die grundlegende Idee die hinter den Zensuren in unserem Schulsystem steckt, ist die der einstufenden Beurteilung und Bewertung. Die Leistung eines Schülers soll auf einem Spektrum von 1-6 eingeordnet werden. Die Ziffern des Spektrums sind dabei klar definiert und sollen hier kurz ausgeführt werden: 1: sehr gut, wird erteilt wenn die Leistung den Anforderungen in einem besonderen Maße entspricht. 2: gut, wird erteilt wenn die Leistung den Anforderungen voll entspricht. 3: befriedigend, wird erteilt wenn die Leistung den allgemeinen Anforderungen entspricht. 4: ausreichend, wird erteilt wenn die Leistung zwar Mängel aufweist, jedoch den Anforderungen noch entspricht. 5: mangelhaft, wird erteilt wenn die Leistung den Anforderungen nicht entspricht jedoch erkennbar ist das die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in naher Zukunft behoben werden können. 6: ungenügend, soll erteilt werden, wenn die Leistungen den Anforderungen nicht entsprechen und auch nicht erkennbar ist, dass die Lücken in den Grundkenntnissen in absehbarer Zukunft behoben werden können.[1]

Auf diesem Leistungsspektrum kann der Lehrer die schriftliche und mündliche Leistung des Schülers verordnen. Die Notengebung gewichtet sich differenziert nach Haupt- oder Nebenfach noch einmal unterschiedlich schwer: Ein mangelhaft in Sport wird beispielsweise in der Summe aller Noten anders gewertet als ein mangelhaft in Mathematik.

Der Zweck oder die Funktion der Noten ist dabei unterschiedlicher Art, sodass man feststellen kann, dass die Notengebung mehrere Ziele verfolgt: Wie bereits erwähnt ist die Grundfunktion der Notengebung die Beurteilung und Bewertung der Leistung eines Schülers. Darüber hinaus hat die Notengebung eine Auslese- oder Selektionsfunktion für die Gesellschaft indem Noten über Chancen auf dem Arbeitsmarkt und auf dem weiteren Bildungsweg entscheiden und damit auch über Lebenschancen.

Die Kontrollfunktion der Zensur gibt im engeren Sinne der elterlichen Aufsicht zugunsten Aufschluss darüber, ob der Schüler seiner Leistung nach kommen kann, sodass sie ihre Erziehung gegeben falls anpassen können. Sekundär gibt es auch dem Schüler Aufschluss über sich selbst. Zudem soll die Leistungsbeurteilung in ihrer Konzeption für den Schüler aus psychologischer Sicht ein Leistungsanreiz sein, indem er sich mit sich selbst aber auch mit anderen vergleichen kann.[2]

Die Konzeption und Funktion der klassischen Notengebung stößt teilweise an ihre Grenzen wie nun aufgezeigt werden kann. Zunächst ist der Begriff „Leistung“ wie er in der Definition der Notenabstufungen verwendet wird (s.S.3 o.) zu prüfen. Die Verwendung des Begriffes Leistung weist darauf hin, dass in der Schule danach gefragt wird, es sich also um ein Ideal handelt das Vorrausetzung ist, um eine gute Note erreichen zu können. Die Literatur beschreibt Deutschland als eine „Leistungsgesellschaft“ und weist daraufhin, dass das Ideal der Leistung für alle Organe oder Systeme der Gesellschaft maßgeblich in ihrer Funktion ist.[3] Dieses Ideal findet sich demnach auch in der Schule wieder.

Jürgens stellt aber fest: Auf jeden Fall in höchstem Maße problematisch muss es erscheinen, wenn man das Leistungsprinzip in Erziehung und Schule damit erklärt bzw. rechtfertigt, junge Menschen auf eine Bewährung in der Leistungsgesellschaft vorbereiten zu wollen[…].[4]

Das Leistungsprinzip in der Schule muss also aus pädagogischer Sicht begründet werden welche stark an das demokratische Selbstverständnis unseres Staates geknüpft ist. Begriffe wie Mündigkeit, Selbst- und Mitbestimmung, Solidaritätsfähigkeit etc. sind daher Werte die die Erziehung maßgeblich beeinflussen sollten und die in diesem Sinne auch den Leistungsbegriff prägen müssten.[5]

Auch wenn der Begriff Leistung äußerst kritisch zu betrachten ist so kann er dennoch aus pädagogischer Sicht relativiert und humanisiert werden, sodass sich Leitideen ergeben von denen die in dieser Untersuchung als wichtigste erachtete (im Zusammenhang mit der Notengebung) erläutert werden soll :[6] „Leistung ist individuelles Lernen“: Geht man davon aus, dass Leistung auch individuelles Lernen bedeutet, also das jeder Schüler gemäß seinen Vorrausetzungen (Intelligenz, körperliche Fitness, soziokultureller Hintergrund etc.) die Möglichkeit hat zu lernen, dann kann man annehmen, das auch das Ergebnis der „Leistung“ unter den Schülern unterschiedlich ausfällt, sodass man sich die Frage stellt, inwieweit das Notensystem anwendbar ist, inwieweit eine einheitliche „Messlatte“ an die Schülerschaft angelegt werden kann wenn doch eigentlich individualisiert werden müsste.

Hier müsste das Notensystem also ebenfalls individualisiert werden, welches sich dann jedoch in einem Widerspruch zu der Selektionsfunktion von Schule finden würde, sodass man wieder bei einem Leistungsbegriff angelangt bei dem es sinnvoll erscheint, ihn vom gesamtgesellschaftlichen Leistungsbegriff zu entkoppeln.[7]

Die im ersten Teil dieses Kapitels erwähnte Kontrollfunktion von Schule über die Notengebung kann man ebenfalls als kritisch betrachten. Denn sie gibt vor allem in der Sekundarstufe I und II weder den Schülern noch den Eltern wirklich Auskunft darüber, was der Schüler „geleistet“ hat da sie keine Erläuterungen beinhalten, vor allem in Zeugnissen nicht. Weder die Eltern noch der Schüler selbst könnten also entsprechende Maßnahmen einleiten um den Defiziten entgegen zu wirken.[8]

Die Funktion des Leistungsanreizes ist ebenfalls zu prüfen, da sie aus einer Zeit stammt in dem der Wettbewerbs- und Vergleichsgedanke stärker vorhanden war als in der modernen Gesellschaft, (Er besteht immer noch aber es lässt sich aus psychologischer Sicht ein Trend erkennen der weggeht von einer reinen Wettbewerbsgesellschaft) sodass fraglich ist ob dieser Aspekt aus moderner pädagogischer Sicht noch so zu deklarieren ist. Aus psychologischer Sicht kann ein Leistungsanreiz zwar durchaus gegeben werden und förderlich sein, es wurde aber auch festgestellt, dass für den Schüler wenig transparent ist, welche Leistung er bereits gut erbracht hat, sodass er darauf aufbauen könnte. Zudem kann dieser Anreiz auch im Umkehrschluss betrachten werden: Eine schlechte Note kann motivationshemmend sein und ist dann der Beginn einer Abwärtsspirale.

Des Weiteren ist in einer Pädagogik die individualisieren will, wenig Platz für Vergleiche mit Mitschülern und Wettbewerb. Der Wettbewerb und Vergleich mit sich selbst und seiner Leistung zum Vortag sollte im Vordergrund stehen. Die „Anreizfunktion“ der Ziffern ist zwar nicht völlig von der Hand zu weisen jedoch ist sie im Zusammenhang mit modernen Ansprüchen an Pädagogik wenig ausgereift, da sie zum größten Teil völlig auf eine umfassende Berichterstattung verzichtet.

Zudem kommen eine Folge weiterer Kritikpunkte die im Folgenden grob skizziert werden sollen: Zum einen kommt es bei Anwendung des Instrumentariums der Noten oft zu unbewussten Fehlern oder Effekten die die Objektivität des Instruments nicht mehr gewährleisten. Beispielsweise zeigten Studien das je nach der scheinbaren „Wichtigkeit“ des Unterrichtsfaches strenger oder wohlwollender zensiert wird. Zudem beziehen Lehrer immer wieder einzelne Schüler auf die ganze Lerngruppe, sodass derselbe Schüler in einem anderen Zusammenhang eine andere Note bekommen würde. Ebenfalls ist die sozialschichtspezifische und geschlechterspezifische Zensierung nicht unerheblich: Hier bekommen Schüler aus gehobenen Schichten trotz gleicher Leistung bessere Noten oder wegen ihres Geschlechts. Zudem kommen weitere Erwartungshaltungseffekte wie der „Pygmalion-“ oder „Halo Effekt“ der die objektive Notengebung für die Lehrkraft erschwert.[9] [10]

2.2 Die Methode Portfolio

Bevor im weiteren Verlauf der Untersuchung die Chancen und Grenzen des Portfolios als eine möglich Alternative zur herkömmlichen Schülerbeurteilung diskutiert werden, soll die Methode zunächst erläutert werden mit Blick auf ihre Bedeutung, Herkunft, Konzeption und ihre Anwendungsmöglichkeiten.

Der Begriff Portfolio setzt sich aus den lateinischen Wörtern „ portare “- tragen, „ folium “- Blatt zusammen. Portfolio bedeutet demnach in seinem Ursprung so viel wie „Blättersammlung“. Im Ursprung ist es eine Art Mappe, in der beispielsweise Künstler ihre Arbeiten sammelten, um ihre Entwicklung zu dokumentieren. Sogar an der Börse findet der Begriff eine Verwendung für die Wertpapieranlagen eines Kunden, die es ihm ermöglichen seine Anlagen über längere Zeit zu beobachten und Trends festzustellen.[11] [12] Die Literatur stellt aufgrund der verschiedenen Anwendungsbereiche des Portfolios treffend fest: „ Was unter einem Portfolio genau zu verstehen ist, bestimmt in erster Linie sein Verwendungszweck[13]

Auch in der Pädagogik und bei Didaktikern gibt es keine einheitliche Definition darüber, was ein Portfolio genau ist. Dennoch gibt es eine verbreitete Definition die wie folgt lautet:

Ein Portfolio ist eine dynamische, zielgerichtete und systematische Sammlung von Arbeiten, die Bemühungen, Fortschritte und Leistungen des Lernenden in einem oder mehreren Lernbereichen darstellt und reflektiert.[14] [15]

Diese Bestimmung zeigt zwei Ansätze die man als zentrale Prinzipien der Portfolioarbeit benennen kann: Zum Einen ist es die Darstellung bzw. Dokumentation. Zum Anderen ist es die Reflexion der eigenen Lernfortschritte.

Die amerikanische Literatur bietet folgende Kategorisierung für Portfolios an: Zum einen benennt sie das „Best- Work-Portfolio“ das über eine kleine Anzahl, meist vom Schüler selbst ausgewählte Werke verfügt, die die besten Leistungen des Schülers widerspiegeln. Die andere Variante ist das „Growth- and Learning- Progress Portfolio”. Es zeigt die Leistungsentwicklung des Schülers und enthält Arbeiten unterschiedlicher Leistungsgüte.[16]

Aus historischer Perspektive entstammt die Methode der Reformpädagogik zwischen 1890 und 1933, in denen Pädagogen das gängige Beurteilungsverfahren stark kritisierten und nach Alternativen suchten. Hier sind bereits Vorläufer des Portfolios zu finden mit dem Titel „Arbeitsmappe“ oder „olivgrüne Hefte“. Die Portfoliomethode wie sie heutzutage bekannt ist und genutzt wird entstammt den 1970er und 80er Jahren in denen Schulleistung vieldiskutierte Themen waren. Auch wenn hier der Schwerpunkt noch eher auf den Produkten des Portfolios lag und nicht auf den prozesshaften Charakter, lässt sich hier der Ursprung der Methode benennen. Besonders in den USA wurde die Methode im Zuge der Diskussion populär und fand großen Anklang, sodass sie von Reformpädagogen auch in Deutschland eingeführt wurde. Eine ebenso begeisterte Anwendung oder eine Art „Boom“ fand die Methode hierzulande jedoch nicht. Erst nach Internationalen Vergleichsstudien wie Pisa wurde das Portfolio wieder neu entdeckt und in den Fokus von Pädagogen und Didaktikern gerückt, um das Alternative Repertoire zum klassischen Unterricht zu entwickeln.[17]

[...]


[1] Vgl. Ingenkamp 1974. S. 13f.

[2] Vgl. Ingenkamp 1974. S. 49 ff.

[3] Vgl. Jürgens. 1998. S. 11.

[4] Jürgens 1998. S. 15.

[5] Vgl. Grunder 2001. S. 12.

[6] Vgl. Jürgens 1998. S. 21ff.

[7] Vgl. Grunder 2001. S. 28.

[8] Vgl. Ingenkamp 1974. S,54 ff.

[9] Vgl. Jürgens 1992. S. 57 ff.

[10] Vgl. Ingenkamp 1974. S. 60 ff.

[11] Vgl. Wiedenhorn 2006. S. 10.

[12] Vgl. Arnold u. Jürgens 2001. S.102

[13] Wiedenhorn 2006. S.10

[14] Ebd., S.10

[15] Vgl. Grittner 2009. S.66

[16] Vgl. Arnold 2001. S. 103

[17] Vgl. Grittner 2009. S.70 ff.

Excerpt out of 14 pages

Details

Title
Das Portfolio als Alternative zur klassischen Leistungsbeurteilung im Unterricht. Chancen und Grenzen
College
Bielefeld University  (Fakultät für Erziehungswissenschaften)
Course
Modulbezogene Vertiefung: Umgang mit Heterogenität
Grade
1,3
Year
2014
Pages
14
Catalog Number
V322911
ISBN (eBook)
9783668222663
ISBN (Book)
9783668222670
File size
422 KB
Language
German
Keywords
Leistungsbeurteilung, Leistungsbewertung, Portfolio, Notengebung, Beurteilungsfehler
Quote paper
Anonymous, 2014, Das Portfolio als Alternative zur klassischen Leistungsbeurteilung im Unterricht. Chancen und Grenzen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/322911

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