Der Umgang mit Inklusion im Rahmen organisatorischer Veränderungsprozesse


Masterarbeit, 2015

96 Seiten, Note: 1.0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Veränderungsprozesse von Organisationen
2.1.1 Gründe für Veränderungen
2.1.2 Veränderungsprozess und Erfolgsfaktoren
2.1.3 Barrieren für Veränderungen
2.2 Umgang mit Inklusion im frühpädagogischen Bereich
2.2.1 Subjektive Ebene
2.2.2 Interaktionale Ebene
2.2.3 Institutionelle Ebene
2.2.4 Gesellschaftliche Ebene
2.3 Organisationsentwicklung durch Inklusion

3 Aktueller Forschungsstand
3.1 Veränderung von Organisationen
3.2 Inklusion in der Frühpädagogik
3.3 Forschungsdefizit

4 Darstellung des Forschungsdesigns
4.1 Vorstellung der Forschungsmethode
4.2 Zielsetzung
4.3 Datenerhebung
4.4 Datenaufbereitung
4.5 Datenanalyse
4.6 Methodenkritik

5 Darstellung der Ergebnisse
5.1 Pädagogisches Leitbild
5.2 Kernprofessionalität der Arbeit
5.3 Externe Kooperationspartner
5.4 Organisationsentwicklungsprozess

6 Diskussion der Ergebnisse
6.1 Pädagogisches Leitbild
6.2 Kernprofessionalität
6.3 Externe Kooperationspartner
6.4 Organisationsentwicklungsprozess

7 Fazit

Literatur- und Quellenangabe

1 Einleitung

Die Profession, der SozialpädagogInnen, stellte sich in den letzten Jahren der rasanten Zunahme von Herausforderungen und Problemen in der Sozialen Arbeit. Zu explizieren wären hierbei der steigende Bedarf an sozialen Hilfeleistungen bei gleichzeitiger Abnahme der Unterstützung durch informelle Hilfesysteme. Überdies wurde dem dritten Sektor fehlende Flexibilität, Offenheit, Transparenz und Kooperation in und zwischen Institutionen vorgeworfen. Der Qualität und Effektivität sozialstaatlicher Leistungen wurde zunehmend mit Zweifeln begegnet und in Frage gestellt. Darauf waren die sozialen Organisationen gezwungen, entsprechende, nachfolgend beschriebene, Maßnahmen einzuleiten. Außerdem zeichneten sich Tendenzen der Verstaatlichung der freien Trägerschaft dieser Organisationen ab. Neben den Defiziten der Organisationsgestaltung und des Managements der freien Wohlfahrtspflege, unterliegt der soziale Sektor ebenfalls einer Finanzknappheit der öffentlichen Haushalte. Dies führt zu einer steigenden Konkurrenz und Wettbewerbsorientierung zwischen den Organisationen um finanzielle Unterstützung und Leistungsempfänger (vgl. Grunwald, 2001). Diesem Wandel unterlag ebenfalls die Kinder -und Jugendhilfe. Zur Kinder -und Jugendhilfe gehören unter anderem auch Angebote zur Förderung von Kindern in einer Tageseinrichtung, die im Fokus der vorliegenden Masterarbeit stehen.

Die Kinder -und Jugendhilfe ist im 8. Buch des Sozialgesetzes verankert und soll:

- junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen,
- Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen
- Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen
- dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder-und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen (SGB 8; 2015; §1 Abs. 3).

Bezogen auf die Tageseinrichtungen, um die es sich in der vorliegenden Masterarbeit handelt, besitzen diese im Allgemeinen den Auftrag der Erziehung, Bildung und Betreuung eines Kindes. Im Speziellen soll eine Förderung der sozialen, emotionalen, körperlichen und geistigen Entwicklung der Kinder erzielt werden, um die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu unterstützen. Dabei ist es von großer Bedeutung, dass sich die Förderung individuell am Alter und Entwicklungsstand, an den Fähigkeiten, an der Lebenssituation sowie an den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und die ethnische Herkunft Berücksichtigung findet (vgl. SGB 8, §22 Abs. 2, 3).

In den letzten vier Jahrzehnten, hat im Hinblick auf die Betreuung behinderter Kinder, in den Kindertageseinrichtungen ein Paradigmenwechsel stattgefunden. So wurden diese Kinder eine lange Zeit ausschließlich in einer geschützten Umgebung betreut sowie gefördert und somit aus der Gesellschaft ausgegrenzt (vgl. Robeck, 2012; Riedel, 2005). Solche Sondereinrichtungen zielten auf eine soziale Eingliederung ab. Es wurde nach dem Prinzip „zeitweise Ausgliederung zum Zweck der Umerziehung“ gehandelt, was bedeutet, diese Kinder in einem geschützten Rahmen so zu erziehen, dass sie eingliederungsfähig werden (vgl. Speck, 2011). Das Prinzip kann jedoch in der heutigen Zeit auch noch beobachtet werden. Zu erwähnen sei hier exemplarisch die Heimerziehung sowie in der beruflichen Bildung die Behindertenwerkstätten und die stationäre Unterbringung nach SGB 12.

Dieses Schutzprinzip sollte aufgebrochen werden und somit geriet in den 70er Jahren in Deutschland ein Umdenken ins Rollen. International gesehen erfolgte dies erst recht spät, was vielleicht auch auf die nationalsozialistische Zeit zurückzuführen ist. Dahingehend erfolgte eine Orientierung anhand internationaler Entwicklungen. Hauptsächlich wurde dies durch engagierte Eltern behinderter Kinder und andere Eltern sowie pädagogische Fachkräfte erreicht. Diese verfolgten das Ziel, die behinderten und nicht behinderten Kinder gemeinsam im Wohnumfeld aufwachsen zu lassen (vgl. Herm, 2012). Die Kinder mit einer (drohenden) Behinderung sollten in öffentliche Institutionen eingegliedert und gemeinsam betreut und gefördert werden. Diese Anfänge der Integrationsbewegung und die positiven Reaktionen der Politik veranlassten eine Entwicklung und Förderung der Integration, da eine frühe ,eben beschriebene Aussonderung, im Kindesalter die Gefahr einer Aussonderung erwachsener Behinderter zunehmend erhöht (vgl. Herm, 2008).

Mit der Entwicklung im rechtlichen Sektor und internationalen Vereinbarungen in den 90er Jahren galt es, eine Verhinderung dessen als oberstes Ziel zu erreichen. Deshalb nimmt die Integration von behinderten Kindern im frühkindlichen Bildungssystem einen so großen Stellenwert ein. Außerdem wurde durch Modellprojekte und wissenschaftliche Forschungen festgestellt, dass Kinder mit besonderen Bedürfnissen eine umfassendere Förderung erlangen, wenn sie so wenig wie möglich in ihrem Alltag eingeschränkt werden, d.h. gemeinsam mit anderen Kindern an Angeboten teilnehmen. Es konnte nachgewiesen werden, dass alle Kinder von einer gemeinsamen Erziehung profitieren (vgl. Sarimski, 2012; Regel/Wieland, 1993; DJI, 1990).

Seitdem fanden integrative Ansätze Einzug in die Gesetzgebung und Gesellschaft. Deutschland hat sich, neben 77 anderen Staaten, im Jahre 2009 mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention zur umfassenden Teilnahme der Menschen mit Behinderungen als allgemeines Menschenrecht verpflichtet. So heißt es in der Präambel des Übereinkommens der Vereinten Nationen:

In Anerkennung des wertvollen Beitrags, den Menschen mit Behinderungen zum allgemeinen Wohl und zur Vielfalt ihrer Gemeinschaft leisten und leisten können und in der Erkenntnis, dass die Förderung des vollen Genusses der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch Menschen mit Behinderungen sowie ihrer uneingeschränkten Teilhabe ihr Zugehörigkeitsgefühl verstärken und zu erheblichen Fortschritten in der menschlichen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft führen wird (BMAS, 2011, S.7).

Insbesondere betrifft dies auch den Lebensbereich der Bildung, Erziehung und Betreuung. Im Artikel 24 verpflichten sich die Staaten daher, dass die „Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen…“ „…und individuell angepasste Unterstützungsmaßnahmen in einem Umfeld, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet, angeboten werden(BMAS, 2011, S.36). Dies war der Beginn der Entstehung eines integrativen Bildungssystems, wodurch Inklusion als Regelangebot auch in den Kindertagesstätten verankert wurde und ein flächendeckendes Angebot bereitgestellt werden musste. In den folgenden Jahren sollte sich nun mit der Umsetzung von Inklusion in Kindertagesstätten befasst werden.

Als Pionier der Bildung und Erziehung von Kindern und somit auch der Inklusion; fungiert das nordische Wohlfahrtsmodell. Dort bestand bereits im Jahre 1975 ein Rechtsanspruch auf eine Betreuung behinderter Kinder in einer Regelkindertageseinrichtung. In den USA erfolgte dies etwa 10 Jahre später und daher kann sie als weiterer Pionier betrachtet werden (vgl. Korsvold, 2013).

Im vorschulischen Bildungssystem konnte Deutschland diesen Vorsprung aufholen und bereits rasante Entwicklungen erzielen. Der Ausbau an integrativen Plätzen erfolgte dabei in Ostdeutschland nach der Wende viel schneller als in den westlichen Bundesländern. Eine nahezu ausschließliche integrative Betreuung der Kinder erfolgte vor zwei Jahren in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen (vgl. Klemm, 2013). Ein Grund dafür ist eine frühzeitige Etablierung von Integration als festen Bestandteil der den neuen Kita-Gesetze in Ostdeutschland. In den westlichen Ländern Deutschlands ist die Verankerung zum jetzigen Zeitpunkt teilweise sogar noch nicht erfolgt.

Allgemein kann davon ausgegangen werden, dass schätzungsweise bundesweit ca. drei bis fünf Prozent aller Kinder und Jugendlichen behindert sind (vgl. BMBF, 2004, S.160). Lingenauber (1013) hat außerdem festgestellt, dass diese Kinder viel später eine Kindertagesbetreuung besuchen als nicht behinderte Kinder. So ist ein leichter Anstieg der Besuchsquote mit zunehmendem Alter zu beobachten. Beträgt diese bei den drei Jährigen, die Eingliederungshilfe erhalten, nur 1,6% sind es bei den vier Jährigen schon 3,1% und endet bei den fünf Jährigen bei 4,0% (vgl. Fuchs-Rechlin/Schilling, 2012). Der Bundesdurchschnitt der Inanspruchnahmequote von integrativen Plätzen der drei bis sechs Jährigen lag 2011 bei 2,4% (vgl. Schilling, 2013). In Krippen werden fast gar keine behinderten Kinder betreut, diese besuchen alle Sondereinrichtungen (vgl. Sarimski, 2012). Als Grund dafür, wäre z.B. das Unterbinden einer Feststellung der Diagnose denkbar.

Im Jahr 2011/12 befanden sich in Deutschland insgesamt 84.600 Kinder mit besonderem Förderbedarf in einer Kindertagesbetreuung. Davon wurden über die Hälfte (67,1%) in einer Kindertageseinrichtung (55.500 Kinder) bzw. Kindertagespflege (1.400 Kinder) inklusiv betreut und die restlichen Kinder besuchten separierende Einrichtungen. Im Vergleich zu 2008/09 ist dabei ein leichter Anstieg zu verzeichnen (61,5%). Eine detaillierte Betrachtung des bundesweiten Inklusionsanteils ermöglicht es, länderspezifische Unterschiede zu erkennen. Die Spannweite reicht von 40,7% in Bayern bis zu 99,2% in Berlin. Thüringen befindet sich mit 82,8% im guten Mittelfeld (vgl. Klemm, 2013).

Bei einer Klassifizierung des Inklusionsanteils bezüglich der Art der Einrichtungen wird deutlich, dass über 95% der behinderten oder von Behinderung bedrohten Kinder in den Stadtstaaten integrativ betreut werden (vgl. Bertelsmann Stiftung, 2013). Dabei nehmen etwa 4,8% der behinderten Kinder ein solches Angebot in Anspruch. Die höchste Quote von 6% erzielt dabei Berlin (vgl. Lingenauber, 2013). Bei den Flächenstaaten ist die Anzahl an Sondereinrichtungen und Förderschulkindergärten am höchsten. Ein Ost- West- Vergleich zeigt daher, dass in den westlichen Ländern ein erheblicher Nachholbedarf besteht. Dort besuchen lediglich 69% der behinderten Kinder integrative Einrichtungen (integrative und Regeleinrichtungen), im Gegensatz dazu sind es 96% in Ostdeutschland (3,3% der behinderten Kinder). Die Anzahl der behinderten Kinder je Einrichtung ist somit in Ostdeutschland größer als in Westdeutschland, d.h. dort werden mehr Plätze zur Verfügung gestellt.

In der schulischen Integration stellt Deutschland jedoch das Schlusslicht dar. Der Prozess erfährt dort eine Stagnierung und kann noch lange nicht mit dem Begriff der Inklusion beschrieben werden. Denn über 80% der behinderten Kinder werden in Deutschland noch in Sonderschulen unterrichtet (vgl. Sarimski, 2012; Klemm, 2013). Damit erreicht Deutschland sogar die höchste Quote an Sonderschülern im europäischen Vergleich.

In der vorliegenden Arbeit soll der Fokus auf diese vorschulischen Einrichtungen gerichtet werden, um eventuell Anregungen für den schulischen Bereich zu erhalten. Überdies kann diese Masterarbeit als Orientierung für Einrichtungen ohne bisherige Erfahrungen in der inklusiven Pädagogik fungieren und Anregungen bieten. Zuletzt kann diese womöglich Aspekte offenbaren, die zur Optimierung der inklusiven, vorschulischen, pädagogischen Praxis genutzt werden können.

Die Masterarbeit zielt darauf ab, eine Erfassung der subjektiven Sichtweisen der Leiterinnen, die in der Praxis der Kindertagesbetreuung tätig sind, im Kontext der Inklusion darzustellen. Das primäre Interesse besteht nicht darin, herauszufinden, ob sich eine Einrichtung dahingehend verändert hat, sondern warum eine Veränderung erfolgte, welche Veränderungen genau nötig waren und wie mit der gemeinsamen Erziehung und Bildung aktuell umgegangen wird. Insbesondere soll hinterfragt werden, ob die Inklusion innerhalb des vorschulischen Bereichs wirklich so gut ausgebaut ist. Außerdem sollen im Zuge dessen die Grenzen der Veränderung aufgezeigt werden und die Herausforderungen innerhalb des Veränderungsprozesses thematisiert werden. Dies erfolgt durchgehend auch im Hinblick zum Vergleich der Einrichtungsarten. Dabei soll der Fokus auf die organisatorischen Veränderungsprozesse gerichtet werden.

Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, wird zu Beginn das Arbeitsfeld der Kindertageseinrichtung im Bezug auf Inklusion näher beschrieben. Außerdem erfolgt im Rahmen dessen eine Definition relevanter Begrifflichkeiten, wie dem Behinderungsbegriff und die Unterscheidung zum sonderpädagogischen Förderbedarf. In dem zweiten Kapitel gilt es, die theoretischen Grundlagen zu der inklusiven Pädagogik und dem Change Mangement Prozess zu erhalten. Dazu werden anfangs die Ursachen für diesen Prozess geschildert, die durch äußere Einflüsse oder innerhalb der Organisation entstehen können. Ebenfalls werden die Voraussetzungen für eine Einleitung der Veränderung betrachtet (Kapitel 2.1.1).

Im Anschluss daran wird der eigentliche Veränderungsprozess mit seinen einzelnen Phasen beschrieben, die von einer Organisation durchlaufen werden. Am Anfang eines jeden Change Mangement Prozesses steht die Orientierungsphase, in der die inneren Strukturen betrachtet und eine grobe Zielrichtung erschaffen werden. Dabei sind die Bereitschaft zur Veränderung und die Qualifikation seitens der Beteiligten von größter Bedeutung. Diese stellt die wohl wichtigste Phase dar, bevor sich die Institution folglich in die Planung der Aufbau- und, Ablauforganisation begibt, wo auch schon parallel die ersten Schritte und die Veränderungen unternommen werden (Kapitel 2.1.2). Dabei werden am Rande die Faktoren erwähnt, die diesen Prozess unterstützen, bevor letztendlich auch solche kurz geschildert werden, die den Prozess unterbinden können. Wobei allerdings ausschließlich die Barrieren zu Beginn des Prozesses betrachtet werden und nicht diese, die innerhalb der Planung auftreten können. Dazu wird der Fokus beispielsweise auf Hemmnisse bezüglich der Fähigkeiten und der Bereitschaft zur Veränderung gelegt.

In dem Kapitel 2.2. werden die theoretischen Grundlagen zur Inklusion innerhalb des vorschulischen Bereichs dargelegt. Dazu erfolgt anfangs eine Unterscheidung der Begrifflichkeiten zwischen Inklusion und Integration. Folglich werden die einzelnen Bestandteile einer inklusiven Pädagogik demonstriert, da laut Heimlich (2013) auf all diesen Ebenen eine Veränderung stattfinden muss, um die Umsetzung einer inklusiven Pädagogik zu gewährleisten. Diese umfassen die subjektive Ebene, die die Einstellungen der Handelnden und der Dienstleistungsempfänger umfassen, eine interaktionale Ebene, bei der die Interaktionen zu diesem Empfänger und dessen Stellvertretung und innerhalb des Teams betrachtet werden. Die Ebene der Institution bezieht ausschließlich die organisatorischen Aspekte bezüglich dem Personal und den Räumlichkeiten, beispielsweise und letztendlich eine gesamtgesellschaftliche Betrachtungsweise, welche externe Kooperationspartner involviert. Die untersuchten Veränderungen sollten daher innerhalb dieser Bestandteile zu verorten sein, weshalb diese einen zentralen Bestandteil der Theorie bilden. Im letzten Gliederungspunkt des Kapitels lässt sich der organisatorische Entwicklungsprozess aus Kapitel 2.1.2. unter inklusiven Aspekten mit Hilfe des Indexes für Inklusion untersuchen.

Im Anschluss an die theoretischen Überlegungen dieser beiden Themengebiete erfolgt im dritten Kapitel die Darstellung bereits vorliegender empirischer Forschungen innerhalb dieser Thematiken. Zu dem Change Mangement liegt eine größere Anzahl an wirtschaftlich orientierten Erkenntnissen vor, die vorrangig die Erfolgsfaktoren eines gelungenen Veränderungsprozesses zum Gegenstand ihrer Forschungen machten. Dabei werden sowohl Faktoren innerhalb der Planung und Organisation des Prozesses, aber auch „weiche“ Faktoren, wie z.B. deren Unternehmenskultur und Mitarbeiterführung, deutlich. Überdies liegen auch Ergebnisse zu den Ursachen für einen Wandel und dem Scheitern innerhalb diesen vor. Eine Studie wird ausführlicher beschrieben, die sich ausschließlich auf Non-Profit-Organisationen bezieht. Diese sollte über die Erfassung der gegenwärtigen und zukünftigen Situation deutscher Organisationen und die Darstellung deren Sicht auf den Veränderungsbedarf Aufschluss geben. Bezüglich der Studien zur Inklusion werden anfangs die Kernaussagen im Hinblick auf die schulische Inklusion veranschaulicht, bevor sich dem eigentlichen Bereich der vorschulischen Erziehung gewidmet wird. Dazu werden viele Untersuchungen zum Sozialverhalten und den Interkationen innerhalb der Gruppe vorgestellt. Außerdem wurden die Zielgruppe und ihre stellvertretenden Eltern zur Zufriedenheit mit der Inklusion befragt. Es werden ebenfalls Studien vorgestellt, die die Leitungspersonen als Hauptakteure in den Mittelpunkt stellten. Der letzte Aspekt offenbart etwas über die Qualitätsstandards im Vergleich der integrativen Einrichtungen und Regelinstitutionen.

Im vierten Kapitel wird das Forschungsdesgin der vorliegenden Masterarbeit dargestellt. Dazu wird die qualitative Forschungsmethode des Interviews, speziell des leitfadengestützten Experteninterviews, genauer betrachtet und dessen Zielsetzung beschrieben. Diesen werden Informationen bezüglich der Interviewpartner und der ausgewählten Einrichtungen vorangestellt, bevor letztendlich in diesem Kapitel die Vorgehensweise der Datenerhebung veranschaulicht wird. Dazu wird der Leitfaden vorgestellt und der Ablauf der Interviews geschildert. Bezüglich der Aufbereitung der Daten wird die Erstellung der Transkripte beschrieben und die angewandten Regeln festgelegt. Bei der Analyse der auf dieser Weise gewonnen Daten wurde sich für die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2010) entschieden, welche es an dieser Stelle der Arbeit zu erklären gilt. Dies erfolgt während der Erklärung anhand einer frei gewählten Beispielsequenz zur besseren Verständlichkeit des Vorgehens. Dabei werden die induktive Vorgehensweise und die Technik der Zusammenfassung beschrieben. Im letzten Abschnitt dieses Kapitels wird eine Kritik der gewählten Forschungsmethode vollzogen und Verbesserungsmöglichkeiten angeführt.

Anschließend werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung dargestellt, wobei ausgehend von dem induktiv-deduktiven Methodenmix, eine Einteilung in das pädagogische Leitbild, die Kernprofessionalität der pädagogischen Arbeit, die externen Kooperationspartner und den Entwicklungsprozess der Organisation vorgenommen wird. Diese Ergebnisse gilt es, im letzten Abschnitt, unter Rückbezug auf die Theoretischen Grundlagen und Forschungsergebnisse, zu vergleichen und zu diskutieren. Dies vollzieht sich ebenfalls an den erstellten Kategorien aus dem vorhergehenden Kapitel. Dabei erfolgen die Beantwortung der Forschungsfrage und eine Anführung weiterer Forschungsfragen in Anbetracht der zukünftigen Durchführung weiterer Untersuchungen und somit wird ein Beitrag zur Theorie geliefert. Nun folgt die Hinführung zu den theoretischen Grundlagen.

2 Theoretischer Hintergrund

In der Kinderbetreuung vollzogen sich in den letzten 15 Jahren zahlreiche Veränderungen; wie z.B. die Einführung von Beobachtungs- und Dokumentationsmethoden, Qualitätsmanagement- und Beschwerdemanagementsystemen; um der fehlenden Transparenz sowie den Zweifeln an Effektivität und Qualität der Sozialen Arbeit Rechnung zu tragen. Die pädagogischen Fachkräfte sind daher gezwungen, sich neben den pädagogischen Inhalten auch wirtschaftlichen Inhalten, wie z.B. der Kundenorientierung und der Wettbewerbsfähigkeit, zu widmen. In Folge der demografischen Entwicklung und der besseren Vereinbarung von Familie und Beruf, was laut SGB 8 §22 Abs. 2 außerdem zur Aufgabe der Kindertageseinrichtung gehört, erfolgte zuerst eine Erweiterung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz unter drei Jahren und seit 2013 sogar auf unter einem Jahr und teilweise verlängerte Betreuungszeiten. Neue Erkenntnisse der Hirn- und Lernforschung führten zu einem neuen Verständnis kindlicher Lernprozesse, welche sich in den Bildungsplänen der Länder niederschlug und die Einrichtungen zur Einhaltung zwangen. Als letzte Entwicklungen sollen die Zunahme des Stellenwertes der Elternbildung, und -beratung bis hin zu der Entwicklung von Familienzentren und die Sozialraumorientierung genannt werden. Als Resultat letzteren ist die Öffnung des Sozialraumes und eine stärkere Vernetzung der Einrichtung innerhalb dessen zu verzeichnen. Eine sehr bedeutende Veränderung wurde zum Thema dieser Arbeit gewählt und zwar betrifft dies die gemeinsame Förderung von Kindern mit (drohender) Behinderung und Kindern ohne Behinderung, mit der Einschränkung, dass eine dem Bedarf entsprechende Förderung gewährleistet werden kann.

„Kinder mit und ohne Behinderung sollen, sofern der Hilfebedarf dies zulässt, in Gruppen gemeinsam gefördert werden. Zu diesem Zweck sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern der Sozialhilfe bei der Planung, konzeptionellen Ausgestaltung und Finanzierung des Angebots zusammenarbeiten“ (SGB 8 §22a Abs. 4).

Der gesetzliche Anspruch auf inklusiver Bildung im frühkindlichen Bereich hat vielfältige Entwicklungen ausgelöst. So gibt es zurzeit verschiedene Formen der gemeinsamen Erziehung und Bildung von Kindern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf oder Behinderung. Auf der einen Seite entstand eine Öffnung und Weiterentwicklung der Heil -und sonderpädagogischen Einrichtungen, die nun integrative Gruppen geschaffen oder sich in Richtung integrativer Einrichtung verändert haben. Daneben existieren seit längerer Zeit auch die integrativen Einrichtungen, die als solche zertifiziert wurden und eine Integration in Form der gesamten Kindertagesgruppe ermöglichen. Diese Art der Zertifizierung gibt es allerdings in Zukunft nicht mehr. Überdies sind Kooperationen von Kindertagesstätten und Trägern von Einrichtungen der Behindertenhilfe entstanden. Als letzte Form der gemeinsamen Bildung und Betreuung hat eine Öffnung und entsprechende Qualifizierung in allgemeinen Kindertagesstätten stattgefunden. Das Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetz (2010) verpflichtet somit alle Einrichtungen zur gemeinsamen Förderung (vgl. ThürKitaG, §7).

Als behindert gelten Menschen laut SGB 9

wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von einer Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist (SGB 9, § 2, Abs. 1).

Es gilt diesbezüglich, eine Unterscheidung zu Kindern mit sonderpädagogischen Förderbedarf vorzunehmen. Darunter werden Kinder erfasst, die als schwer erziehbar, verhaltensauffällig, entwicklungsverzögert oder lernschwach, -behindert gelten (vgl. Booth, 2012).

Um eine uneingeschränkte Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen, erhalten behinderte Menschen Sozialleistungen nach §4 SGB 9. Das können z.B. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sein. Dazu zählen, neben den medizinischen Leistungen, wie Arztbehandlungen, Heil -und Arzneimittel, auch nicht ärztliche, psychosoziale Leistungen, wie Psychotherapie oder die Frühförderung. Des Weiteren können es Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein. Darunter fallen dann auch die heilpädagogischen Leistungen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind (SGB 9, §55, Abs. 2, S. 2). Daraus entspringt ein Förderungsauftrag in der Tageseinrichtung für behinderte Kinder. Menschen mit einer (drohenden) Behinderung, deren Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt ist, können außerdem Leistungen zur Eingliederungshilfe erhalten. Dazu zählen Hilfen zur angemessenen Schulbildung, zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf, Hilfen zur Ausbildung für eine sonstige Tätigkeit, Hilfen in vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätten und nachgehende Hilfe zur Sicherung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen (vgl. SGB 12, §54). Diese sollen, „eine drohende Behinderung verhüten oder eine Behinderung und deren Folgen beseitigen oder mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft eingliedern“ (SGB 12, §54, Abs. 3). Diese Kinder sollen im Fokus der vorliegenden Arbeit stehen. Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarf wie z.B. verhaltens- und entwicklungsauffällige Heranwachsende erhalten zwar auch Frühförderung, allerdings nicht entsprechend diesen Gesetzmäßigkeiten sondern von dem Kinderfachdienst und werden nur am Rand betrachtet, da diese schon immer in den Einrichtungen vorhanden waren und nicht zu dieser Veränderung geführt haben, worum es in dieser Arbeit gehen soll.

2.1 Veränderungsprozesse von Organisationen

Die Ursprünge dieser Thematik, sich mit der Entwicklung von Organisationen zu beschäftigen, lassen sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts finden, in der sich überwiegend auf gruppendynamische Prozesse hin orientiert wurde. Als Vertreter für die Organisationsentwicklung gelten Kurt Lewin, Moreno und Bewey. Im weiteren Verlauf wurde der Fokus anfangs eher auf die Strukturen und die inhaltlichen Aspekte einer Organisation gerichtet. Die anzuwendenden Techniken bzw. Methoden, die zur Strategiefindung und zur eigentlichen Umsetzung des Veränderungsprozesses führen sollten, traten in den Mittelpunkt und der eigentliche Wandlungsprozess mit den beinhalteten Subjekten der Ausführung trat eher in den Hintergrund. Jedoch zeigte die Praxis, dass genau dort die Herausforderung lag, sodass dies in der heutigen Zeit eine viel größere Bedeutung einnimmt als alles andere (vgl. Grunwald, 2001; Lauer, 2014). Und genau dies soll in der vorliegenden Arbeit im Vordergrund stehen, da gerade in sozialen Organisationen der Mensch und die Dienstleistung im Vordergrund stehen und eine Partizipation unerlässlich erscheint. In diesem Kapitel sollen Antworten auf die Frage nach den Ursachen solcher Veränderungen gefunden werden. Anschließend wird sich dann dem Prozess der Veränderung mit seinen spezifischen Phasen gewidmet, um im nachfolgenden Barrieren bzw. Probleme deutlich zu machen, die zum Ausschluss solch einer Veränderung führen können.

2.1.1 Gründe für Veränderungen

In dem folgenden Abschnitt wird sich bis auf Weiteres auf die Ausführungen von Merchel (2005) bezogen. Veränderungsprozesse von sozialen Organisationen gestalten sich sehr unterschiedlich. Es gibt Institutionen, die ihre Arbeitsweisen und Ansichten über einen langen Zeitraum beibehalten. Auch im Hinblick auf die Struktur dieser Organisationen sind sie sehr starr, da sie somit ihren Mitgliedern eine gewisse Sicherheit und Orientierung liefern können.

„Jede Organisation ist somit ein sinnhaftes Konstrukt: Für die Organisationsmitglieder liefert dieses Konstrukt Orientierung für ihr Verhalten, und für das Erreichen des Organisationszweckes besteht durch gefestigte Strukturen ein gewisses Maß an Durchschaubarkeit und Verlässlichkeit“ (Merchel, 2005, S.12).

Bei internen oder externen Änderungen versucht die Organisation daher in erster Linie diese Struktur beizubehalten und nur das aus der Umwelt aufzunehmen, was mit dem eigenen System vereinbar ist und mit gewohnten Abläufen bzw. Instrumenten bearbeitet werden kann. Allerdings gibt es dennoch bestimmte Gründe, die eine Organisation zur Veränderung der ursprünglichen Arbeitsweise bewegen. Merchel (2005, S.23ff.) nimmt eine Unterteilung in drei Arten vor. Darunter fallen in erster Linie die Umweltanforderungen, die außerhalb einer Institution zu verorten sind. Außerdem zählt er die Diskrepanzerfahrungen innerhalb der Organisation und darauf aufbauend die pathogenen Muster zwischen Individuum und Organisation zu den Anlässen für Veränderungsprozesse. Die Unterscheidung zwischen externen und internen Auslösern treffen Lauer (2014) und Großklaus (2008) ebenfalls.

Unter den Umweltanforderungen werden vorrangig gesellschaftliche Rahmenbedingungen verstanden, die rechtlichen oder politischen Naturen entspringen, so z.B. die neue Gesetzesauflage zur gemeinsamen Betreuung behinderter und nicht behinderter Kinder. Einen weiteren Faktor stellt der aktuelle Forschungsstand oder auch Fachdebatten dar, durch die eine Aufmerksamkeit zur Anpassung deren entstehen kann. Als letzter Punkt sollen hier die Anforderungen seitens der Adressaten der Dienstleistung genannt werden, die zu einer Veränderung durch äußere Einflüsse führen kann. Um solch einen Veränderungsprozess einzuleiten, braucht es bestimmte Voraussetzungen, die gegeben sein müssen. Es sollte ein gewisser Veränderungsdruck außerhalb der Institution bestehen. Das bedeutet, die Veränderung muss einen großen Stellenwert sowohl für die Organisation einnehmen als auch für die Führungskräfte als solche bewertet werden. Außerdem ist die Möglichkeit unterbunden, diese ohne großen Aufwand in das bestehende System zu integrieren. Des Weiteren sollten strukturelle Vorkehrungen geschaffen werden und geeignete Beobachtungsinstrumente ausgewählt werden, um die Wahrnehmung zu schärfen und gleichzeitig zu bewerten (vgl. Merchel, 2005).

Die sozialen Organisationen sind gezwungen, diese Veränderungen umzusetzen, da ein Widerstand bzw. Ignoranz der Anforderungen ansonsten mit einer Gefährdung der Existenz einhergehen könnte. Dies ist damit zu erklären, da sie einerseits Leistungsempfänger besitzen, wie in dieser Arbeit die Eltern, die Eingliederungshilfe erhalten und ihr Kind in einer Wunscheinrichtung betreuen lassen wollen. Diese haben das Recht einer Nichtbeachtung seitens der Leistungserbringer einzuklagen. Andererseits nutzen sie die Ressourcen von anderen Institutionen, wie z.B. die finanziellen Zuschüsse von staatlicher Seite. Diese legen die Rahmenbedingungen fest und können dementsprechende Sanktionen, beispielsweise das Unterbinden der Ressourcenzuteilung oder andere rechtliche Schritte, einleiten. Diese Ressourcen werden aber zur Leistungserbringung benötigt und somit werden diese sowie die gesamte Existenz bei unterlassener Veränderung gefährdet. Beispiele, dass dieser Veränderungsdruck stattgefunden hat, zeigen sich in der Einführung von Managementsystemen im sozialen Sektor, wie z.B. die Einführung von Controlling und Qualitätsmanagement. Es ist festzustellen, dass die sozialen Organisationen einen Legitimationsdruck besitzen und sich den Veränderungen anpassen oder Widerstände überzeugend begründen müssen. Ferner sind sie auf externe Unterstützung angewiesen, was einen Veränderungsdruck impliziert. Jede Organisation ist aufgefordert, sich im Spannungsfeld zwischen einer Öffnung für Umweltanforderungen, die zu einem gewissen Punkt notwendig ist, und einer Beständigkeit für feste Strukturen zu verorten (vgl. Merchel, 2005).

Ein weiterer Grund für Veränderungen kann durch Diskrepanzerfahrungen innerhalb der Organisation entstehen. Dabei ist zu beachten, dass solche Spannungen zwischen dem aktuell existierenden Zustand und dem Soll- Zustand zur Normalität gehören. Spannungen, die zu Veränderungsprozessen führen, müssen allerdings diesen Punkt überschreiten und von einem gewissen Leidensdruck begleitet werden. „Je intensiver Diskrepanzen empfunden werden und je breiter die Diskrepanzerfahrungen in einer Organisation geteilt werden, desto größer ist die Motivation für einen (auch länger dauernden und komplexeren) Prozess der Organisationsveränderung“ (Merchel, 2005, S.23).

Diese Diskrepanzen können unterschiedlicher Herkunft sein. Beispielsweise bezogen auf die Strukturen und Regelungen in der Organisation, können feste Strukturen nicht mit dem individuellen Hilfebedarf am Klienten vereinbart werden. Genauso gut können persönliche Sachen der Mitglieder, wie z.B. das Verfehlen der eigenen beruflichen Ziele, Entstehung von Krankheiten bzgl. der Arbeit, eine Unzufriedenheit mit der Beziehung zur Führungsperson oder das ungenügende Voranschreiten in der Arbeit mit dem Klienten, Störungen hervorrufen. Als Letztes sollen hier die Situationen oder Interaktionen innerhalb der Organisation genannt werden. Darunter versteht die Autorin beispielsweise bestimmte Ansichten der einzelnen Personen über Arbeitsabläufe, Arbeitsatmosphäre oder Zusammenarbeit und implizite Erwartungen an andere Personen, die gar nicht oder auf eine andere Art und Weise erfüllt werden. Bei diesen Spannungen ist anzumerken, dass diese auf der individuellen Ebene entstehen und der Organisation sowie deren Mitgliedern mitgeteilt werden müssen, um eine Entwicklung in eine andere Richtung zu ermöglichen. Dabei sind diese Informationen, neben der sachlichen Ebene, meistens emotionaler und subjektiver Art, deren Offenbarung eine gewisse Diskussionsgrundlage bieten kann.

Bei der letzten Form des Veränderungsimpulses geht es laut Merchel (2005) ebenfalls um ein Spannungsverhältnis zwischen dem Organisationszweck und den eigenen Handlungsmotiven. Dieses ist allerdings so gravierend, dass es nur mit einem externen Berater gelöst werden kann. Dazu gehört z.B. eine Überforderung der Mitglieder durch gehäufte Anweisungen seitens der Führungskräfte, was als Überkomplizierung benannt wird. Außerdem zählt dazu die Vereinfachung von Prozessen, die mit den komplexen Handlungsvisionen des Individuums korrelieren, genannt als Übersteuerung. Und zuletzt kann die Starrheit der Organisation, die keine Innovation zulässt, auch als Überstabilisierung bezeichnet, als gravierende Missstände eingestuft werden (vgl. Merchel, 2005).

Das Ziel der Organisationsentwicklung ist demnach der Abbau bzw. die Beseitigung der Diskrepanzen zwischen dem Individuum, dem Umfeld und der Organisation. Des Weiteren werden durch diese Veränderung eine Erhöhung der Wettbewerbs- und Überlebensfähigkeit von Unternehmen und damit eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit, der Produktivität bzw. der Abläufe in der Organisation erzielt. Mindestens genauso wichtig ist eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch eine Stärkung der Identifikation der Mitglieder und deren Autonomie mit den Zielen der Organisation.

2.1.2 Veränderungsprozess und Erfolgsfaktoren

Es gibt zahlreiche Formen von Veränderungen. Diese sind von verschiedenen Faktoren abhängig, wie z.B. von dem Neuheitsgrad (Neu, Anpassung oder Imitation), von der jeweiligen Form (Produkt,- Organisationsstruktur,- Prozess,- Sozial, und -Marktinnovation) oder der Tragweite (revolutionäre oder kleinere). Allen gemein folgt dieser Wandel allerdings einer gewissen Abfolge, oder auch Phasen genannt. Diese darf aber nicht als starre Reihenfolge verstanden werden, sondern als Austarieren durch einen Wechsel von Versuch und Irrtum. Daher kommt es oftmals zu einer repetitiven Durchführung der einzelnen Schritte. Es wird versucht, sich auf soziale Organisationen zu beziehen, die sich ein mittleres Vorhaben als Ziel gesetzt haben. Das bedeutet die Beschränkung auf kleine Einrichtungen von 20 bis 100 Mitarbeitern mit einzelnen Abteilungen oder deren Kooperation untereinander. Die wirtschaftliche Sichtweise findet aus diesem Grund nur eine randständige Betrachtung.

In der Literatur existieren viele verschiedene Phasenmodelle dazu. Diese reichen von relativ einfachen Konzepten mit nur drei bis vier Einteilungen, so wie sie in den Ursprüngen von Kurt Lewin zu finden sind (vgl. Bornemann, 2014; Becker/Langosch 2002), über fünf Phasen (vgl. Comelli, 1999; Wimmer, 2004) bis hin zu sehr komplexen Einteilungen mit teilweise bis zu sieben Phasen, wie bei Baumgartner (1996). Im Folgenden wird sich auf die relativ einfachen Modelle (vgl. Engelhardt, 2000; Merchel, 2005) bezogen und in Verbindung mit dem Index für Inklusion gebracht, um den Bezug zur Inklusion herzustellen. Dieser unterteilt den Veränderungsprozess in fünf Phasen und kann als Hilfsmittel fungieren (vgl. Booth, 2012). Des Weiteren sollen innerhalb dieses Prozesses bestimmte Faktoren, die nach Lauer (2014) als erfolgversprechend gelten, herauskristallisiert werden.

Am Beginn jedes Prozesses stehen die Wahrnehmung und die Kommunikation über eine Diskrepanzerfahrung zum gewohnten Ablauf einer Organisation, wie sie im vorigen Kapitel bereits näher beschrieben wurden, daher kann dies als Orientierungsphase bezeichnet werden (vgl. Lauer, 2014). Die Erfahrungen unterliegen einer Bewertung im Hinblick auf den Stellenwert der eigenen Einrichtung. Das bedeutet es erfolgt eine Definition, Analyse und Kommunikation über das Problem bzw. der Umweltbedingungen, die als problemerzeugend angesehen werden, der vorherrschenden inneren Strukturen der Organisation und eine grobe Zielrichtung. Von größter Bedeutung ist an dieser Stelle die Bereitschaft zur Veränderung der einzelnen Subjekte im Hinblick auf das gesamte System (vgl. Merchel, 2005). Daher ist es sinnvoll, an dieser Stelle die internen Ressourcen und die äußeren Wandlungsfaktoren zu identifizieren, die die Veränderung begünstigen oder antreiben, um diesen Abschnitt zu fördern. Lewin nennt diese Faktoren „akzelerierende Kräfte“ und weist daraufhin, dass diese zu Beginn mobilisiert und gefördert werden müssen, um einen motivierenden Effekt bei den Beteiligten zu generieren (vgl. Engelhardt, 2000).

Auf jeden Fall ist die Errichtung einer Steuerungsgruppe zu Beginn empfehlenswert, deren Zuständigkeitsbereich in die Planung und Organisation des Gesamtablaufs und der einzelnen Teilschritte, in das Festhalten von Zwischenergebnissen und in die Weitergabe von Informationen fällt (vgl. Engelhardt, 2000). Eine zentrale Rolle spielt dabei die entsprechende Führungsperson bzw. Projektleiter, der eine Offenheit für die Veränderung besitzt und eine Motivation der Beteiligten intendiert. Gegebenenfalls wird noch ein externer bzw. interner Berater ausgewählt, der eine Begleitung und Unterstützung des gesamten Prozesses sicherstellt. Um es mit den Worten von Lewin zu sagen, begibt sich die Organisation nun in die Phase des „Unfreezing“ (vgl. Bornemann, 2014).

Hauptbestandteil dieser Entwicklungsphase ist die Planung und Organisation des Entwicklungsprozesses. Zuvor gilt es jedoch, eine Vision zu entwickeln und die Ziele weiter zu konkretisieren und verbindlich festzulegen, sodass diese von allen Beteiligten Zuspruch erhalten und als erstrebenswert erachtet werden. Auf diesem Weg sollte eine Unternehmenskultur entwickelt werden, die ebenfalls offen für Veränderungen ist und Subkulturen zulässt, insofern, dass gegebenenfalls auch die Mitglieder divergierende Meinungen kommunizieren können, wie dies unter dem Begriff „lernende Organisation“ bezeichnet wird. Die Mitarbeiterführung nimmt einen zentralen Stellenwert in der gesamten Entwicklung ein. Die Investition in die Motivationsförderung aus der vorigen Phase zahlt sich hierin nun aus, sodass die Mitglieder hinter der Veränderung stehen. Außerdem führt eine dementsprechende Qualifizierung und ein Vertrauen in die Führungskraft zu einem kompetenten Selbstbild der Mitglieder. Eine kontinuierliche Partizipation und Integration der Mitarbeiter intendiert zusätzlich eine Erhöhung der Autonomie und des Zusammenhalts (vgl. Lauer, 2014). „Die wesentlichen Hebel zum Erfolg von Innovationen und neuen Produkten sind das Unternehmensklima und die motivierende Führung sowie die spezifische Erfahrung und die systematische Förderung zukunftsorientierten, innovativen Mitarbeiterverhaltens durch Schulungen und Kreativitätstrainings“( Großklaus, 2008, S.35).

Bei der Planung geht es vorrangig darum, geeignete Maßnahmen und einzelne Schritte zu entwickeln, die zur Zielverwirklichung beitragen. Diese Vorhaben unterliegen der Einordnung in einen inhaltlichen und zeitlichen Ablaufplan bis zu welchen Zeitpunkt welche Schritte bearbeitet werden sollten. Dieser klärt außerdem die Zuständigkeiten sowie die Festlegung und Aufteilung von finanziellen, personellen und sachliche Ressourcen. Des Weiteren ereignet sich an dieser Stelle eine Definition von Kriterien für die Teilziele und die Gesamtbewertung, die als Indikatoren für die Erreichung der einzelnen Schritte fungieren. Dadurch können die Ziele überprüft und der Prozess optimiert werden (vgl. Engelhardt, 2000).

Im weiteren Verlauf, der so genannten „Moving“ oder „Veränderung“ (vgl. Bornemann, 2014), geht es um die eigentliche Umsetzung und Durchführung der einzelnen Schritte aus der vorherigen Planung. Dabei ist eine kontinuierliche Überwachung des Prozesses mit geeigneten Instrumenten unerlässlich. Eine Dokumentation des Verlaufs des Prozesses und der Zwischenergebnisse bietet die Grundlage für den Austausch im Team und die Bewertung bereits erreichter Teilaspekte, um den weiteren Verlauf zu steuern.

Falls der Prozess erfolgreich verlief, ist eine Verankerung oder Stabilisierung der Veränderung in der letzten Phase, auch „Refreezing“ genannt, zu verzeichnen. Eine weitere Evaluation und nochmalige Situationsanalyse zeigt, ob das Ziel endgültig erreicht wurde oder ob ein nochmaliger Durchlauf dieser Phasen notwendig ist, um weitere Veränderungen oder eine Optimierung zu erzielen (vgl. Engelhardt, 2000; Bornemann, 2014).

Diesen „akzelerierenden Kräften“, die den Wandel unterstützen, stehen auf der anderen Seite die sogenannten „retardierende Kräften“ gegenüber, die den Wandel erschweren (vgl. Lauer, 2014). Lewin hat in seiner Theorie nachgewiesen, dass diese gerade zu Beginn einen quantitativ größeren Anteil besitzen als im weiteren Prozessverlauf. Daher sollen im folgenden Kapitel einige solcher Kräfte näher betrachtet werden, um die Ursachen herauszufinden, warum sich einige Organisationen der Herausforderung zur Veränderung gar nicht, nur unzureichend stellen oder womöglich sogar scheitern.

2.1.3 Barrieren für Veränderungen

Die Gründe, weshalb Veränderungen gar nicht oder nur unzureichend angegangen werden, können vielerlei Ursprung haben. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen den Barrieren, die eine Planung der Organisationsveränderung von vornherein verhindern, in der im vorherigem Kapitel beschriebenen Orientierungsphase und den Barrieren, die an beliebigen Stellen im Verlauf des weiteren Veränderungsprozesses auftreten können. Dazu gehört beispielsweise eine unklare Zieldefinition, ungenügende Ressourcen, unrealistische Planung, fehlende kontinuierliche Kontrolle oder fehlende Kommunikation bzw. Partizipation, unklar definierte Innovationsstrategie, unklar verteilte Verantwortlichkeiten, innovationsfeindliche Unternehmenskultur uvm. Für weitere Informationen siehe Mes (2011) und Großklaus (2008). Im Folgenden soll weniger auf diesen Hemmnissen innerhalb des Prozesses geschaut werden, sondern vielmehr die Barrieren, die eine Bereitschaft zur Veränderung unterbinden, in den Fokus gestellt werden.

In erster Linie sind gerade in sozialen Organisationen, die nicht gewinnorientiert sind und eine Dienstleistung erbringen, die einzelnen Mitglieder der Organisation von zentraler Bedeutung. Mes (2011) unterteilt die Barrieren, die in den Personen liegen in Fähigkeits- und Willens bzw. Bereitschaftsbarrieren. Zum ersteren zählt er die unbewussten individuellen Lernbarrieren, sich mit neuen Themengebieten und der entsprechenden notwendigen Veränderung und Qualifizierung auseinanderzusetzen und sich neues Wissen anzueignen, wenn noch keine Erfahrungen oder Wissen darüber besteht. Des Weiteren fasst er darunter eine ablehnende Haltung gegenüber der Veränderung aufgrund von Ängsten vor Statusverlust oder Befürchtungen, den neuen Anforderungen nicht gerecht werden zu können. Außerdem kann die Ablehnung auch gegenüber den Informationen bestehen, die nicht der eigenen Rolle entsprechen und in dem Arbeitsbereich umsetzbar sind.

Die Willensbarrieren hingegen beschreiben die fehlende Bereitschaft zum Entscheidungs- und Veränderungsprozess mit optimistischer Einstellung beizutragen (vgl. Mes, 2011). Auch Lauer (2014) sieht in der Vermeidung, eine Entscheidung zu treffen, ein entscheidendes individuelles Hemmnis gegen den Wandel und versucht, dies durch unterschiedliche Ansätze zu erklären. Darunter fallen jegliche negative Reaktionen und Ablehnungen von den Meinungen und Ansichten anderer, die die Veränderung bestärken wollen. Eine Bereitstellung und die Bereitschaft zur Beschaffung von Ressourcen oder der Arbeitskraft werden verweigert. Diese Verhaltensweisen können entweder affektiven oder intentionalen Ursprungs sein und lassen sich nur sehr schwer verändern.

Zu den personalen Faktoren gehört laut Mes (2011) indirekt auch der Führungsstil der Leitungsperson, welcher einen Wandel durch beispielsweise starre Hierarchien, ungenügende Partizipation der Organisationsmitglieder uvm. verhindern kann. Neben den personalen Faktoren, die einen Wandel unterbinden können, gibt es auch kontextuelle Faktoren, die in der Organisation liegen. Lauer (2014) fasst darunter die formalen Kriterien der Organisation und die Unternehmenskultur, welche die nicht offiziell festgelegten Regeln des Umgangs in dem Unternehmen umfassen. Mit ersteren meint er die inneren starren Strukturen, wie z.B. eine starke Zentralisation, Standardisierung und Formalisierung der Prozesse, mit Top-Down Entscheidungen und einer hohen Bürokratie, die ein Veränderungsprozess erschweren bzw. unterbinden (vgl. Lauer, 2014; Mes, 2011).

Mit dem zweiten Punkt beschreibt er die Vorteile, die eine Unternehmenskultur mit sich bringt, aber auch die Risiken, die sie in sich birgt und somit zu einem Hemmnis für Veränderungsprozesse wird. Als Beispiel dafür ist die Betriebsblindheit aufzuführen, das bedeutet, dass alle Mitglieder dieselbe Meinung vertreten und mit den Strukturen und Prozessen in der Organisation übereinstimmen. Dies birgt die Gefahr, dass Konflikte vermieden werden, da kein Mitglied den Mut aufbringt, eine andere Meinung zu äußern aufgrund von Verurteilung aller anderen, die der Kultur angehören.

Überdies führt Lauer (2014) auch noch andere mögliche Barrieren auf, wie z.B. die wirtschaftliche Sichtweise, die eine Kostensteigerung und eine Abwertung der bisherigen Investitionen, die in Folge der Veränderung nicht mehr genutzt werden können, fokussiert. Als letzten Punkt soll an dieser Stelle die Komplexität der Veränderung angeführt werden, die ein gewisses Risikopotential in sich birgt, da die Einführung von neuen Ideen unabsehbare Folgen in sich birgt, die im Vorhinein nie komplett bedacht werden können.

2.2 Umgang mit Inklusion im frühpädagogischen Bereich

Das folgende Kapitel behandelt das Thema Inklusion im frühpädagogischen Kontext etwas genauer. Es wird anfangs versucht, eine Begriffsdefinition zu präsentieren, anschließend werden die einzelnen Bestandteile einer inklusiven Pädagogik in einer Tageseinrichtung für Heranwachsende dargelegt und schließlich deren Kooperation mit anderen Professionen thematisiert und damit inbegriffen der Verlauf einer Antragsstellung für Eingliederungshilfe. Bevor am Ende des Kapitels eine Übertragung des Veränderungsprozesses aus Kapitel 2.2. auf die Inklusion erfolgt.

In der Literatur werden sowohl Inklusion als auch Integration manchmal sogar synonym verwendet. Die Autorin u.a. verstehen unter Inklusion allerdings eine Weiterentwicklung aus dem Begriff der Integration, was so viel wie „Wiederherstellung des Ganzen“ oder „Zusammenschluss“ bedeutet (vgl. Speck, 2011, S.18; Heimlich, 2003, S.137). Dies impliziert allerdings einen vorherigen Zustand des Getrennten oder Ungebundenheit verschiedener Teile. In diesem pädagogischen Kontext ist damit die Betreuung der Kinder mit besonderen Bedürfnissen in extra dafür vorgesehenen Sondereinrichtungen gemeint, die von den Kindern ohne Förderbedarf eine getrennte Erziehung und verschiedene Lebensbereiche erfahren haben. Durch Integration wird versucht, diese Gruppe von Kindern wieder in das öffentliche Bildungssystem und Leben einzugliedern und sich auf das Individuum zu orientieren (vgl. Speck, 2011; Heimlich, 2012; Horsch, 2013). Dabei erfolgt immer eine Klassifizierung der zwei Gruppen (vgl. Albers, 2014; Horsch, 2013). Im Gegensatz dazu, geht die inklusive Sichtweise davon aus, dass sich das gesellschaftliche System so verändern muss, dass solch heterogene Gruppen einen festen und gleichrangigen Bestandteil dessen bilden. Es bedeutet „Einschluss, Enthalten sein oder das soziale eingeschlossen sein in einer Gemeinschaft“ (Heimlich, 2003, S.142) und setzt somit keine Trennung bzw. Aussonderung voraus, sondern geht von einer Zugehörigkeit aller innerhalb einer Gesellschaft aus (vgl., Speck, 2011; S.60).

Laut der UNESCO Kommission (2010) wird Inklusion als ein Prozess verstanden, bei dem auf die verschiedenen Bedürfnisse von allen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen eingegangen wird und nicht nur wie Booth/Ainscow (2012) anmerken, auf Heranwachsende, die einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben. Erreicht wird dies durch eine verstärkte und gleichrangige gesellschaftliche Partizipation von allen Kindern und Erwachsenen am alltäglichen Leben, an Lernprozessen, Kultur und Gemeinwesen sowie durch einen gleichzeitigen Abbau von Barrieren für Lernen und Teilhabe aller in der Bildung (vgl. UNESCO-Kommission, 2010, S.9).

Die Einführung einer inklusiven Pädagogik in einer Kindertageseinrichtung setzt ein Auftreten als System von allen Beteiligten in Form eines gemeinsamen Veränderungsprozesses voraus (vgl. Heimlich, 2013), wie es im vorherigen Kapitel bereits beschrieben wurde. Dieser Prozess vollzieht sich laut Heimlich (2013) auf verschiedenen Ebenen, was gleichzeitig die Kernelemente der inklusiven Pädagogik bildet. Dabei ist auffällig, dass sich dieser Prozess nach dem Buttom- Up- Prinzip[1] vollzieht. Dieser soll im Folgenden dargelegt werden.

2.2.1 Subjektive Ebene

„Bei diesem Prozess muss die Bereitschaft gegeben sein, die Position des jeweils anderen gelten zu lassen, ohne diese als Abweichung zu verstehen“ (vgl. Albers, 2012, S.10).

Das Zitat spricht die wohl wichtigste Prämisse von Inklusion an, womit nach Albers (2012) zugleich die erste „Subjektive, innerpsychische“ Ebene angedeutet wird. Dabei handelt es sich um die Selbstreflexion der eigenen Haltung gegenüber Heterogenität des pädagogischen Personals. Heimlich (2009, 2013) hingegen bezieht diese Ebene auf die Kinder mit ihren besonderen Bedürfnissen und individuellen Kompetenzen, die den Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit bilden und denen vollständige Teilhabe gewährleistet werden muss. Die Voraussetzung zur Erfassung dieser Bedürfnisse und Kompetenzen sind gute Beobachtungs- und Dokumentationsmethoden, mit dessen Hilfe die entsprechenden Förderpläne, -und Maßnahmen entwickelt werden können (vgl. Herm, 2012). Ferner ist der Kompetenzerwerb über eine pädagogische Diagnostik zwingend erforderlich um eine Feststellung des zusätzlichen Mehrbedarfes und damit einhergehend eine Verständnisentwicklung für Risikofaktoren und Entwicklungsprobleme zu besitzen. Die Feststellung der Entwicklungsauffälligkeiten bildet später die Grundlage für die Beantragung des Hilfebedarfs.

2.2.2 Interaktionale Ebene

Zur nächsten Ebene zählt Albers (2012) die Interaktion und Zusammenarbeit im interdisziplinären Team. Bestandteil dieser Ebene sind fallbezogene Teambesprechungen bei Kindern mit besonderen Bedürfnissen, die Vorbereitung der Angebote innerhalb einer Gruppe und die kooperative Gestaltung des Alltags in der Einrichtung mit anderen Gruppen.

Dabei geht es, genauso wie bei Heimlich (2013), um die Herstellung von gemeinsamen Spiel -und Lernsituationen und Handlungen mit Lerngegenständen in der jeweiligen Kindertagesgruppe. Solche Interaktionen stellen womöglich den Kern der integrativen Prozesse dar. Denn wie Ytterhus ( 2013) formulierte, „Dabeisein ist nicht alles“, was bedeutet, dass die Aufnahme von behinderten oder von Behinderung bedrohten Kinder in die Einrichtung und die bloße Zusammenführung behinderter und nicht behinderter Kinder noch keinesfalls integrative Prozesse auslöst. Viel bedeutsamer sind die Interaktionen untereinander. Dabei kommt der pädagogischen Fachkraft eine entscheidende Rolle entgegen, denn gerade die Kinder, die von sich aus kein Kontakt zu Gleichaltrigen aufnehmen können, brauchen die Unterstützung des Pädagogen, um gemeinsame Spiel -und Lernsituationen zu ermöglichen. Die Ansicht des anderen Heranwachsenden ist von großer Bedeutung, um die Verschiedenheiten zu erkennen, den Umgang mit diesen zu lernen und eventuell auch schon Gemeinsamkeiten zu entwickeln. Nur so ist es möglich, den Teufelskreis der Stigmatisierung zu unterbrechen und ein realistisches Selbstbild mit allen Stärken und Beeinträchtigungen zu entwickeln. Und dies bereits schon im frühen Lebensalter und nicht erst am Ende des Besuchs der Sondereinrichtung (vgl. Kron u.a., 2010).

Ebenfalls zählt Albers (2012) zu dieser Ebene die Zusammenarbeit mit den Eltern, was Heimlich (2013) hingegen als eigene Ebene definiert. Diese besitzen das Recht, eine Einrichtung für ihr Kind auszusuchen. Dies geschieht oftmals aufgrund der Wohnortnähe, der Bekanntheit oder der Konzeption bzw. dem Bildungsverständnis. Nach erfolgter Rückversicherung der Entwicklungsauffälligkeit im Team erfolgt eine Informationsweitergabe über die Beobachtungen an die Eltern. Dabei können Anfragen zur Durchführung von eigenen Beobachtungen im familiären Umfeld getätigt werden, um ein ganzheitliches Bild von der Entwicklung des Kindes zu erhalten. Überdies erfolgen weitere Elterngespräche zur Auswertung der Beobachtungen.

[...]


[1] Hierarchisches Planungsprinzip; von unten nach oben (vgl. Springer, 2015)

Ende der Leseprobe aus 96 Seiten

Details

Titel
Der Umgang mit Inklusion im Rahmen organisatorischer Veränderungsprozesse
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Note
1.0
Jahr
2015
Seiten
96
Katalognummer
V323079
ISBN (eBook)
9783668240322
ISBN (Buch)
9783668240339
Dateigröße
880 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
umgang, inklusion, rahmen, veränderungsprozesse
Arbeit zitieren
Anonym, 2015, Der Umgang mit Inklusion im Rahmen organisatorischer Veränderungsprozesse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323079

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