Die Erziehung der Kinder bei den Indianern Nordamerikas

Welche Ideen können daraus für die Erziehung in unserer heutigen Gesellschaft abgeleitet werden?


Hausarbeit, 2013

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Wissenswertes über die Ureinwohner Nordamerikas

3 Die indianische Familie
3.1 Die indianische Definition von Familie
3.2 Das indianische Verständnis von Ehe
3.3 Beziehungen und Bindungen

4 Das Bild vom Kind
4.1 Die Stellung innerhalb der indianischen Gemeinschaft
4.2 Die Bedeutung des Namens
4.3 “Besondere Kinder”

5 Die indianische Erziehung
5.1 Traditionelle Erziehungsmethoden und -maßnahmen
5.1.1 Den Großeltern zuhören
5.1.2 Beobachtung und Nachahmung
5.1.3 Das Lob
5.1.4 Der Spott
5.2 Erziehung des Jungen
5.3 Erziehung des Mädchens
5.4 Moralische Erziehung
5.4.1 Funktionale Erziehung
5.4.2 Intentionale Erziehung

6 Mögliche Impulse für heutige Erziehungsmaßnahmen
6.1 Unterstützende Erziehungsmaßnahmen
6.1.1 Verständnis von Lob
6.1.2 Verständnis des Spiels
6.2 Gegenwirkende Erziehungsmaßnahmen
6.2.1 Körperliche Gewalt
6.2.2 Verspotten und Beschämen

7 Fazit

8 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Als Christopher Kolumbus amerikanischen Boden betrat, wägte er sich in Indien und nannte die ihm begegnenden Ureinwohner daher Indianer. Er hatte aber einen Kontinent be- treten, der jahrhundertelang frei von europäischer Prägung und Entwicklung war. Und so hatte sich auch dort die Erziehung und das Bild vom Kind anders entwickelt. Im folgenden soll ein Blick auf die indianische Erziehung geworfen und die Frage beantwortet werden, ob sie mögliche Impulse für unsere heutige Pädagogik geben kann. Dafür wird zu- erst der Aufbau und das Miteinander der indianischen Familie beleuchtet um darüber auf das Bild vom Kind bei den Indianern einzugehen. Weiterhin wird ein Einblick in die traditio- nellen indianischen Erziehungsmaßnahmen gegeben, indem die wichtigsten kurz umrissen und erläutert werden. Anschließend werden sie exemplarisch mit heutigen pädagogischen Erziehungsmaßnahmen verglichen um festzustellen, inwiefern sich die unabhängig vonein- ander ausgebildeten Erziehungsansichten gleichen oder auch unterscheiden. Abgerundet wird die Arbeit von einem Fazit.

2 Wissenswertes über die Ureinwohner Nordamerikas

Das durch Literatur, zum Beispiel (z. B.) die Romane von Karl May und Medien verbrei- tete Bild des Indianers ist eine Stilisierung des Prärieindianers, der sich mit Einführung des Pferdes durch die Europäer expansionsartig über die Prärien und Plains ausbreitete. Gege- benenfalls sind noch die Puebloindianer bewusst, welche mit Ponchos bekleidet waren und in rechteckige Behausungen in den Felsen des Gran Canyons lebten. Doch jeder Stamm (auch: Clan, ethnische Gruppe) hatte seine Eigenheiten, welche durch die Vermischung mit benachbarten Stämmen und durch die Anpassung an die sie umgebene Umwelt entstanden sind. Daher ist es nach wissenschaftlicher Auffassung kaum möglich eine einwandfreie und korrekte Gliederung der ethnischen Gruppen innerhalb des Begriffes “Indianer” zu finden.1 Nach FRITZ SEIDENFADEN werden sie in fünf grobe Bereiche aufgeteilt, die nur zum besse- ren Verständnis dienen und keinen Anspruch auf Richtigkeit gelten machen:

“1. Die Plains und Prärien
2. Der Südwesten und Nordmexiko [ ... ]
3. Kalifornien, Great Basin und Plateau
4. Die Nordwestküste
5. Der Osten und das subarktische Gebiet”2

Aufgrund dieser immensen Verbreitung der ethnischen Gruppen auf dem nordamerikani- schen Kontinent treten unter anderem die unterschiedlichen Lebensweisen auf. Deshalb kann es schwierig sein über die Erziehung der Kinder zu sprechen. Um so erstaunlicher ist es, dass es eine gewisse, einheitliche Grundnorm zu geben scheint, die sich bei den verschiedenen Stämmen und Stammgruppen finden lässt.3 Nach populärwissenschaftlicher Auffassung kamen die ersten Menschen von Norden über eine Landbrücke zwischen Ameri- ka und Asien während der letzten Eiszeit auf den Kontinent. Doch in letzter Zeit ergaben die Altersbestimmung einiger archäologischen Funde einen Zeitwert, der deutlich vor der letzten Eiszeit liegt. Die These wurde daher in den Hintergrund gerückt und es wird nach einem neu- en Ansatz zur Klärung der Besiedelung Nordamerikas gesucht.4 Alles in allem ist es wichtig das Thema ganzheitlich zu betrachten, da die Erziehung im Einzelnen immer unmittelbar mit den weiteren Lebensbereichen und der direkten Umwelt im Zusammenhang steht.5

3 Die indianische Familie

3.1 Die indianische Definition von Familie

Zur Kernfamilie zählen die Kinder und ihre Eltern. Daraufhin folgen die Großeltern und eventuelle weitere Ehefrauen des Vaters, sowie alle Brüder und Schwestern. Jede Kernfami- lie hatte ihre eigene Behausung, doch es ging auch extremer. Zum Beispiel bei den Irokesen lebten all diese Generationen ihr Leben lang in einem gemeinsamen Langhaus.6 Im allgemeinen ist das was als engster Verwandtenkreis bezeichnet wird für europäische Verhältnisse schon sehr weitläufig. Tanten und Onkel werden nämlich auch als Mütter und Väter verstanden. Daraus erschließt sich, dass deren Kinder als Brüder und Schwestern gelten, genauso wie Halb- und Stiefgeschwister. Jedem Verwandtschaftsgrad ist ein genau geregeltes Verhalten gegenüber dem Kind zugeteilt, welches auch die Beziehung zwischen dem Kind und dem Verwandten stark beeinflusst. So ist es zumeist die Aufgabe des Bruders der Mutter (Onkel mütterlicherseits) die Kinder zu disziplinieren.7 (siehe ...) Eine weit verbreitete und beliebte Methode des Familienzuwachses war die Adoption von Waisen, Halbwaisen und unehelichen Kindern. Des weiteren wurden auch Kriegsgefange- ne jeden Alters in den Clan durch Adoption aufgenommen. Dies galt für Indianer anderer Stämme genauso wie für europäische Einwanderer.

3.2 Das indianische Verständnis von Ehe

Bei den Indianern Nordamerikas galt eine strenge Clan-Exogamie. Ein Clanmitglied durf- te nur ein Mitglied eines anderen Clans heiraten. Doch im Gegensatz zu der heutigen eu- ropäischen Auffassung vom Heiraten, hatte diese bei den Indianern kaum etwas mit Liebe, sondern mit dem Erhalt des Stammes zu tun. Deshalb kam es auch häufig zu Scheidungen, die aber keine größere Aufmerksamkeit auf sich zogen. Auch wurden keine Zeremonien abgehalten. Ein Ehepartner ist lediglich zum Clan des anderen gezogen und das Zusam- menwohnen war der Beginn der Ehe.8

Einhergehend mit diesen Regeln zur Beschließung einer Ehe galt ein absolutes Inzesttabu zwischen Bruder und Schwester als auch zwischen Cousin und Cousine, welche nach dem indianischen Familienverständnis ebenfalls Geschwister waren. Selbst ein falsch interpretierter Blick oder ein alleiniges Treffen von Bruder und Schwester konnte schon zu schwerwiegenden Inzestanschuldigungen führen.9

3.3 Beziehungen und Bindungen

Das Kind tritt den Eltern mit einer respektvollen Distanz gegenüber, welche sich in ei- nem scheuen und zurückhaltenden Verhalten zeigt. Scherzhafte Unterhaltungen, eventuell sogar mit einem anzüglichen Witz, sind aufs Äußerste verpönt. Im Gegensatz dazu ist die Beziehung zu den Großeltern um so herzlicher. Sie können offen miteinander reden. Die Großeltern haben nicht die Verantwortung der direkten Disziplinierung gegenüber ihren En- kelkindern. Aufgrund des ungezwungenen Miteinander obliegt die sexuelle Aufklärung dem Verantwortungsbereich der Großeltern.10 Die stärkste Bindung allerdings besteht zwischen gleichgeschlechtlichen Geschwistern. Diese äußert sich durch eine ausgesprochene Hilfs- bereitschaft gegenüber dem anderen, sowie der Beistand in negativen als auch positiven Momenten.11

Wie in Kapitel 3.1 beschrieben, besteht die engste Familie aus einer sehr großen Anzahl an Menschen. Diese weiteren Beziehungen zu beleuchten und eventuell zu erläutern, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.12

4 Das Bild vom Kind

4.1 Die Stellung innerhalb der indianischen Gemeinschaft

Die Inuit glaubten “die Seele des Kindes sei die eines verstorbenen Verwandten, der dem Kind seine Kenntnisse und Kräfte mitgegeben habe.”13 Neben den meisten anderen Stäm- men lehnten auch die Inuit die Strafe der körperlichen Züchtigung ab.14 Im Allgemeinen waren die Kinder bei den Indianern Nordamerikas bis zu ihrem vierten, manchmal auch erst sechsten Lebensjahr frei von bewussten erzieherischen Maßnahmen. Es wurde in das Kind selbst von Anfang an ein großes Vertrauen hinsichtlich seiner Fähig- keiten und Fertigkeiten gesetzt. Kinder konnten tun und lassen was sie wollten, auch Ort und Zeit spielten keine Rolle. Die Erwachsenen begegneten ihnen mit einer ausgesprochen positiven Grundhaltung, natürlich nicht ohne Absichten. Kinder sicherten das Fortbestehen des Clans, dessen Traditionen und Wissen an sie weitergegeben und somit auch bewahrt werden konnten.15 Die Kinder wurden mit sehr großer Sorgfalt, einem hohen Maß an Ver- antwortungsgefühl, aber auch mit Zärtlichkeit und Liebe von ihren Eltern aufgezogen. Nicht die Anzahl der Kinder war bestimmend für das Ansehen der Familie innerhalb des Stam- mes, sondern wie wohlerzogen das einzelne Kind war. Zu viele Kinder galten schon als Zeichen mangelnder Selbstdisziplin seitens der Eltern und das Ansehen schwand wieder. Bei den Stämmen variierte die richtige Anzahl der Kinder von zwei bis fünf.16 Aufgrund die- ser Einstellung konnte die Mutter ihr Neugeborenes intensiv betreuen, bis hin zu mehreren Jahren.17

4.2 Die Bedeutung des Namens

Der Name eines Kindes wurde nicht willkürlich gewählt. Der Name sollte Träger von Lebenskraft sein und das Kind auf seinem Weg bestärken. Die Namensgebung war stark von Visionen der Clanmitglieder beeinflusst, welche vergangene Taten aus der Stammes- geschichte oder auch zukünftige Ereignisse im Leben des Neugeborenen beinhalteten.18 Namen konnten sich im Laufe eines Lebens ändern und verschiedene Funktionen inneha- ben. Wurde einem Kind ein Spitzname gegeben, so hatte dieser zumeist einen erzieheri- schen Hintergrund auf den Betroffenen. Weiterhin war es möglich sich durch hervorragende persönliche Leistung einen Ehrennamen zu erwerben, den man dann bis zu seinem Lebens- ende inne behielt.19

So kann z. B. ein Junge zu seiner Geburt durch eine Vision seines Großvaters “Zwei verletzte Bären” heißen. Eventuell bringt ihm später die Form seiner Nase den Spottnamen “Langnase” ein. Als junger Mann könnte er eine kriegerische Heldentat vollbracht haben, deren er durch den Ehrennamen “Der schneller rennt als sein Pferd” gewürdigt wurde.20

4.3 “Besondere Kinder”

Im Weltbild der Indianer waren einige Kinder besonders, im positiven als auch im ne- gativen Sinne. Missgebildete Kinder wurden meistens gleich nach der Geburt ausgesetzt. Das hatte aber wenig mit Ekel oder anderen Gefühlsregungen zu tun, sondern eher mit der Tatsache, dass diese Kinder im harten Indianerleben keine Chance zum Überleben hät- ten. Bei einigen Stämmen jedoch galten sie als Unglücksbotschaft, genauso wie die Geburt von Zwillingen. Auch diese wurden manchmal ausgesetzt, da man ihnen eine Verbindung mit übernatürlichen Mächten nachsagte. Diese Kinder auszusetzen war aber die alleinige Entscheidung der Eltern.

[...]


1 vgl.. S.15 [Sei93]

2 siehe S. 15f [Sei93]

3 vgl.. S. 101ff [Fah04]

4 vgl.. S. 8ff [Wer08]

5 vgl.. S. 101 ff. [Fah04]

6 vgl.. S. 41 [Wer08]

7 vgl.. S.5f [Lud07]

8 vgl.. S. 40ff [Wer08]/ S. 113 [Egg00]

9 vgl.. S. 6f [Lud07]

10 vgl. S. 24ff [Sei93]

11 vgl. S. 6 [Lud07]

12 Sie können aber in [Sei93] S. 24 ff. nachgelesen werden.

13 siehe S. 44 [Wer08]

14 vgl. S. 14 [Lud07]

15 vgl. S. 42f [Wer08]/S. 55 [Hir01]/S. 4;14 [Lud07]

16 vgl. S. 23 [Sei93]

17 vgl. S. 5 [Lud07]

18 vgl. S. 11 [Lud07]

19 vgl. S. 33f [Sei93]

20 vgl. S.17 [Piq06]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Erziehung der Kinder bei den Indianern Nordamerikas
Untertitel
Welche Ideen können daraus für die Erziehung in unserer heutigen Gesellschaft abgeleitet werden?
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
14
Katalognummer
V323993
ISBN (eBook)
9783668228894
ISBN (Buch)
9783668228900
Dateigröße
415 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erziehung, Indianer, Erziehungsmaßnahmen, Pädagogik
Arbeit zitieren
Kathleen Sprenkelmann (Autor:in), 2013, Die Erziehung der Kinder bei den Indianern Nordamerikas, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323993

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