Der Begriff der Arbeit bei Karl Marx und Hannah Arendt. Vergleich und kritische Würdigung


Hausarbeit, 2014

13 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort

2. Arbeiten und Herstellen in Vita activa
2.1. Arbeiten als Lebenserhaltung
2.2. Das Produkt der Arbeit
2.3. Der Kreislauf des Arbeitens

3. Arbeiten bei Karl Marx
3.1. Die Arbeit als Vergegenständlichung
3.2. Die Arbeit entwickelt die Menschheit
3.3. Besonderheiten menschlicher Arbeit
3.4. Von der Notwendigkeit zur freien Tätigkeit

4. Vergleichende Schlussbetrachtungen

Literaturverzeichnis

1.Vorwort

Vermehrt in letzter Zeit sieht, hört und liest man politische Debatten, in denen oft die Arbeit thematisiert wird. Meist geht es darin um die Arbeitsplatzsicherheit, den Arbeitslohn oder um die Frage, weshalb man in einem Sozialstaat wie Deutschland überhaupt arbeiten gehen sollte. Doch viel zu oft wird dabei ignoriert, was Arbeit für den Menschen eigentlich im basalen Sinne bedeutet. Kann der Mensch, ohne Arbeit zu verrichten, überhaupt auskommen? Hat sich die Arbeit des Menschen mit der Zeit verwandelt, so wie sich auch der Mensch verändert hat oder hat sich nur unsere Sichtweise geändert?

Trotz all seiner Kritiker gilt Karl Marx immer noch als „der größte der modernen Arbeitstheoretiker“1. Und auch Hannah Arendt bezieht sich in ihrem von vielen als Hauptwerk betrachteten Buch Vita activa oder vom t ä tigen Leben auf Marxs Betrachtungen. Sie reicht keine erlösende Utopie ein, sondern bietet eine „Besinnung auf die Bedingungen an, unter denen […] Menschen bisher gelebt haben“, die „von den Erfahrungen und Sorgen der gegenwärtigen Situation“ geleiten sein sollen.2

Worin liegen die Unterscheide von Arendts Ausführungen und Karl Marxs Theorien? Wo lassen sich Gemeinsamkeiten erkennen? Diese Fragen sollen Inhalt der vorliegenden Hausarbeit sein. Dabei werde ich zuerst Arendts Ausführungen darlegen, bevor ich mich Karl Marxs theoretischen Überlegungen zuwende. Anschließend werde ich das Denken der beiden Theoretiker einer kritischen Würdigung und einem Vergleich unterziehen.

2.Arbeiten und Herstellen in Vita activa

Für Hannah Arendt sind die drei bedeutendsten menschlichen Grundtätigkeiten Arbeiten, Herstellen und Handeln, wobei sie zugleich einräumt, dass eine strikte Unterscheidung zwischen Arbeiten und Herstellen nicht offensichtlich erscheint. Doch diese Differenzierung ist nicht neu, sie geht zurück bis in die griechische Antike, als „zwischen dem Handwerker, […], und denjenigen, die >>mit ihrem Körper der Notdurft des Lebens dienen<<“, unterschieden wurde.3 Um die Gültigkeit dieser Trennung weiter zu beweisen, verweist sie auf die in fast allen europäischen Sprachen vorkommende Tatsache, dass es „zwei etymologisch völlig eigenständige Worte“ für beide Sachverhalte gibt.4 Das wir im Deutschen „ arbeiten und werken “ als Synonym verwenden, nimmt Arendt durchaus zur Kenntnis, doch misst diesem Umstand keine Bedeutung zu.5

Dem Handeln kommt sein Gewicht wegen seiner wechselseitigen Interaktion zwischen den Menschen zu, welche letztlich die Voraussetzung jeglicher Politik bildet.

2.1. Arbeiten als Lebenserhaltung

H. Arendts Charakterisierung von Arbeit entspricht nicht der heute gebräuchlichen Auffassung. Dies liegt an der stark geschichtlichen Analyse dieser Tätigkeit.

Als naturstämmiges Wesen sind wir von vornherein einem körperlich-biologischen Prozess unterworfen, der „sich in uns abspielt[…], der sich körperlich bekundet und seine Bedürfnisse ständig meldet“.6 Arbeit ist in diesem Kontext all jene Tätigkeit, die zur Aufrechterhaltung des menschlichen Lebens dient. Mithilfe dieser müssen wir also alle Mittel zur physischen Selbsterhaltung bereitstellen. Dabei ist die Arbeit nicht lediglich der Prozess der Beschaffung, sondern die Arbeit ist allen lebenserhaltenden Dingen und Prozessen gewissermaßen artverwandt. So schreibt Arendt: „[W]enn die Arbeit das, was die Natur darbietet, pflückt und >>sammelt<<, sich körperlich >>mit ihm vermischt<< oder auch es präpariert und dann sich >>mit dem Gegenstand verbindet<<, so tut sie durch >>eigene Tat<< dasselbe, was der Körper noch intensiver tut, wenn er die Nahrung sich einverleibt“.7

Bei dieser Ansicht bleibt Hannah Arendt jedoch nicht stehen, sondern zieht die Welt selbst in den Prozess der Aufrechterhaltung mit ein. Dementsprechend schreibt Arendt: „Nicht nur die Erhaltung des Körpers, sondern auch die Erhaltung der Welt erfordert daher die mühevolle Eintönigkeit täglich sich wiederholender Arbeiten“.8

2.2. Das Produkt der Arbeit

Arbeiten und Konsumieren stellen keinen Unterschied dar, sondern sind eher zwei Seiten derselben Medaille. Sie beschreiben nur zwei verschiedene Stadien des Lebensprozesses meint Arendt. Dieser Prozess erhält sich, „indem er verzehrt, und was die Mittel dieser Konsumtion bereitstellt, heißt Arbeit“.9 Als Produkt der Arbeit bezeichnet sie deshalb auch nur Lebensmittel mit geringer bis garkeiner Dauerhaftigkeit auf der Welt. Über die kurzweiligen Produkte der Arbeit schreibt sie daher: „Unter allen Gegenständen, die wir in der Welt vorfinden und die uns umgeben, besitzen die Konsumgüter den geringsten Grad an Beständigkeit. […] Weltlich gesehen sind sie die unweltlichsten der Weltdinge und gerade darum die natürlichsten aller Dinge, die der Mensch hervorbringt“.10 In diesem Sinne ist Arbeiten auch nicht produktiv, sondern es ist „gerade das Kennzeichen der Arbeit, dass sie nichts objektiv greifbares hinterlässt, dass das Resultat ihrer Mühe gleich wieder verzehrt wird und sie nur um ein sehr Geringes überdauert“.11 In dieser Funktion ähnelt die Arbeit daher eher der natürlichen Fruchtbarkeit, welche schon die Überlieferungen des Altertums zu bestätigen scheinen. „Dass die Mühsal der Arbeit und die Mühsal des Gebärens nur zwei verschiedene Formen eines Selbigen sind, darüber sind sich die sonst disparaten Traditionen des hebräischen und des klassischen Altertums einig“, schreibt Arendt.12

Das der Arbeit spezifische produktive Element scheint somit nicht das Herstellen des zur Lebenshaltung dienlichen Lebensmittel zu sein, sondern darin einen „Überschuss“ zu produzieren, das heißt mehr als zur „Reproduktion“ der eigenen Kraft und Arbeitskraft notwendig ist zu produzieren.13

2.3. Der Kreislauf des Arbeitens

Wie die Stoffwechselprozesse im menschlichen Körpers im Speziellen und die natürlichen Gegebenheiten im allgemeinen, sind das Arbeiten und deren Produkte von zyklischer Prägung. Entsprechend schreibt Arendt: „Menschliche Tätigkeiten, die der Notwendigkeit entspringen, diesen natürlichen Prozessen zu widerstehen, sind daher selbst in den Kreislauf der Natur gebunden, sie können weder Anfang noch Ende haben, Im Gegensatz zum Herstellen, […], ist das Arbeiten niemals >>fertig<<, sondern dreht sich in unendlicher Wiederholung in dem immer wiederkehrenden Kreise, den der biologische Lebensprozess ihm vorschreibt“.14 So gesehen hat das Arbeiten auch kein eigentliches Ziel, ist also beinahe Sinnlos, doch gerade aufgrund der natürlichen Rhythmik verfügt sie über geradezu lustvolle Attribute. Entsprechend finden wir: „Der Segen der Arbeit ist, daß Mühsal und Lohn einander in dem gleichem Rhythmus folgen wie Arbeiten und Essen, die Zubereitung der Lebensmittel und ihr Verzehr, so daß ein Lustgefühl den gesamten Vorgang begleitet“.15 Doch trotz dieses Lustgefühls versetzt uns die Arbeit in eine Spannung. Wir verbleiben durch sie zwar im „Kreislauf der Natur“ und schwingen damit „zwischen Lust und Unlust“, aber in dieser Naturzugehörigkeit ist der Mensch gleichsam gefangen.16 Er wird hierdurch auf seine tierische Daseinsstufe verhaftet. Entsprechend schreibt Arendt: „Bestimmt man den Menschen als ein Animal laborans, so kann er in der Tat nichts wesentlich anderes sein als ein Tier, bestenfalls die höchste der Tiergattungen, die die Erde bevölkert“.17 Durch die Arbeit ist es dem Menschen somit nicht möglich höhere Ziele zu verwirklichen.

[...]


1 Arendt, Hannah (2002), Vita activa oder Vom t ä tigen Leben, S.111.

2 Ebd., S. 13.

3 Ebd., S. 99.

4 Ebd., S. 99.

5 Ebd., Fußnote Nr.5, S. 435.

6 Ebd., S. 137.

7 Ebd., S. 118.

8 Ebd., S. 118f.

9 Ebd., S. 117.

10 Ebd., S. 114f.

11 Ebd., S. 104.

12 Ebd., S. 125.

13 Ebd., S. 105.

14 Ebd., S. 117.

15 Ebd., S. 126f.

16 Ebd., S. 126.

17 Ebd., S. 102.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Der Begriff der Arbeit bei Karl Marx und Hannah Arendt. Vergleich und kritische Würdigung
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Autor
Jahr
2014
Seiten
13
Katalognummer
V324093
ISBN (eBook)
9783668233027
ISBN (Buch)
9783668233034
Dateigröße
497 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Theorie der Arbeit, Karl Marx, Hannah Arendt, Vergleich, Arbeit
Arbeit zitieren
Christoph Höveler (Autor:in), 2014, Der Begriff der Arbeit bei Karl Marx und Hannah Arendt. Vergleich und kritische Würdigung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/324093

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