Antisemitismus und Massen-Psychopathologie - Eine Analyse


Hausarbeit, 2004

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Definitionen
2.1. Psychose:
2.2. Masse
2.3. Antisemitismus

3. Der Antisemit – Ein Psychotiker?

4. Antisemitismus als Massenpsychose
4.1. Der psychische Apparat nach Siegmund Freud

5. Von der individuellen Psychose zur Massenpsychose

6. Der Führer als kollektives Über-Ich

7. Verfolgungswahn

8. Mein bester Freund ist Jude, aber...

9. Der Ursprung der am längsten währenden Beschuldigungen

10. Antisemitismus und Globalisierung

11. Fazit

12. Literaturverzeichnis

13. Internetquellen

1. Einleitung

Ich werde im folgenden das im Jahre 1950 erschienene Essay „Antisemitismus und Massen-Psychopathologie“ von Ernst Simmel bearbeiten. Ich habe mir diesen Text ausgesucht, weil mich zum einen die Problematik des Antisemitismus sehr interessiert und er zu meinen Studienfächern Pädagogik und Sozialpsychologie und –anthropologie meiner Meinung nach gut passte. Bisher habe ich mich intensiv mit dem Antisemitismus des Nationalsozialismus beschäftigt und habe ein verhältnismäßig gutes Allgemein Wissen über den historischen Verlauf und die Entstehung des Antisemitismus, bzw. des Antijudaismus. Ich erhoffe mir durch diese Arbeit einige Fragen beantworten zu können, da mir die Massenbewegung Antisemitismus und vor allem der Holocaust noch immer ein Rätsel ist. Was waren die psychologischen Beweggründe des einzelnen? Wie kommt ein funktionierender „zivilisierter“ Mensch dazu sich in einen blutrünstigen Mörder oder zumindest einen Unterstützer der Judenvernichtung zu verwandeln?

Zum Aufbau meiner Arbeit möchte ich sagen, dass ich mit den Definitionen der Begriffe „Psychose“ und „Masse“ beginnen möchte. Dem anschließen möchte ich eine Begriffsklärung des Wortes „Antisemitismus“ und den historischen Verlauf im Groben nachzeichnen. In den folgenden Kapiteln möchte ich Simmels Verständnis von Antisemitismus als Massenpsychose erläutern und aufzeigen. Ein kurzer Exkurs zu Siegmund Freuds Theorie des psychologischen Apparats und die Erklärung Simmels zu drei spezifischen Diffamierungen der Juden, die einen religiösen Ursprung haben, werden folgen. Abschließend werde ich mich teilweise Simmels Fazit widmen und dann meine persönlichen Ansichten zusammenfassen.

2. Definitionen

2.1. Psychose:

Allgemein wird mit dem Begriff Psychose eine seelische, also psychische Störung bezeichnet, inzwischen wird jedoch in verschiedene Untergruppen aufgeteilt.

Zum einen gibt es die organische Psychose, die einzige der 4 Gruppen, die sicher auf eine organische Störung, wie zum Beispiel einen Tumor oder durch von außen einwirkende Substanzen wie Drogen oder Medikamente, zurückzuführen ist. Sie äußert sich unter anderem in Wahnvorstellungen oder Halluzinationen und ist in manchen Fällen medikamentös behandelbar.

Die nächste Untergruppe ist die schizophrene Psychose. Hier gibt es Diskussionen, was die Psychose auslöst, ob das durch beispielsweise Stresssymptome oder Drogenmissbrauch geschieht oder aber durch genetische Vorbelastung eintritt. Auch hier sind die Symptome Wahnvorstellungen und Halluzinationen, jedoch begleitet von Ich-Störungen, also einem Nicht-Erkennen der Grenzen des eigenen Ichs (Verschwörungstheorien, Paranoia). Auch hier gibt es verschiedene Behandlungsmethoden, über Medikamente bis hin zur Therapie.

Bei der affektiven Psychose handelt es sich um Störungen der Stimmung. Es gibt einerseits die Manie, die z.B. durch Größenwahn, Selbstüberschätzung und Hyperaktivität gekennzeichnet ist. Andererseits steht die Depression, die sich durch Antriebslosigkeit und den Verlust der Möglichkeit Gefühle wahrzunehmen auszeichnet. Beides ist medikamentös zu behandeln und häufig werden Psychotherapien durchgeführt. Neuerdings wird auch mit Elektrokrampftherapie gearbeitet, allerdings wird das noch kontrovers diskutiert.

Abzugrenzen sind zum Beispiel Neurosen, die sich beispielsweise durch Zwänge und Angststörungen äußern.[1]

Nach Simmel definiert sich die Psychose wie folgt:

„Dieses klinische Syndrom uneingeschränkter, aggressiver Destruktivität im Bann eines Wahns bei vollständiger Verleugnung der Realität ist uns als Psychose wohlbekannt, und zwar als paranoide Form der Schizophrenie. Der Antisemitismus als Massenphänomen ist demnach [...] eine Massenpsychose.“[2]

2.2. Masse

Der Begriff Masse beschreibt im soziologischen Sinne eine große Anzahl von Menschen, die miteinander kommunizieren, agieren und reagieren. Des weiteren wird der Begriff auch dazu verwendet um von der Elite zu unterscheiden, aber das soll in diesem Fall unwichtig sein.

Die Masse definiert sich durch hierarchische Strukturen und ist im Gegensatz zur Menge vom Staatsapparat abhängig, der jedoch auch auf ihre Unterstützung angewiesen ist.

Die Masse tritt in verschiedenen Formen auf, als heterogene oder homogene Masse, kurzlebig oder dauerhaft, primitiv oder gut organisiert und es gibt natürliche und künstliche Massen.[3] In der psychologischen Betrachtung gilt Masse als

„..ein Phänomen der Suche nach einem kollektiven Über-Ich, im politischen und religiösen Bereich von Führertum und Gefolgschaft...“[4]

nach Siegmund Freud und Max Weber.

Ich möchte an diesem Punkt nicht weiter auf die Definition eingehen, sondern mich im Verlauf meiner Arbeit dem Phänomen Masse themenspezifischer widmen.

2.3. Antisemitismus

Die Völkerkunde des späten 18.Jahrhunderts übernahm den Begriff Semit von der Sprachwissenschaft als Bezeichnung für eine Volksgruppe und stellte ihm den Begriff Arier gegenüber, der ebenfalls aus der Sprachforschung stammt. Im 19.Jahrhundert wurden die Begriffe Jude und Judentum aus ihrer religiösen Bedeutung gerissen und von da an mit Semit und Semitismus gleichgesetzt.[5]

Wörtlich übersetzt bedeutet Antisemitismus Semitenfeindschaft, also den Hass auf alle Nachkommen Sems, dem Ältesten der drei Söhne Noahs.

Wilhelm Marr gebrauchte den Begriff 1879 zum ersten Mal. Seitdem hat er seinen Weg in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden. Seither wurde Antisemitismus als politische Bewegung verstanden und zog seine Begründung nicht mehr aus religiösen (Jesusmord) oder gesellschaftlichen Gründen (Brunnenvergiftungen), wie es beim christlichen Antijudaismus der Fall war, sondern gründete auf rassischen Darlegungen.[6]

Im Parteiprogramm der National-Sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) hieß es unter anderem:

„Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist. Kein Jude kann deshalb Volksgenosse sein.“[7]

Hetzschriften gegen die Juden verfassten unter anderem Adolf Hitler („Mein Kampf“,1925), Dietrich Eckert („Der Bolschewismus von Moses bis Lenin“,1924), Houston Stewart Chamberlain („Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts“,1899) und Alfred Rosenberg („Mythos des 20.Jahrhunderts“, 1930).[8]

Der Antisemitismus wird in der Gegenwart als ein eigenständiges Phänomen betrachtet. Im Gegensatz zum reinen Rassismus wird „den Juden“ sowohl Macht und Geld, als auch eine besondere Stellung in verschiedenen Verschwörungstheorien zugesprochen (siehe z.B. Jan van Helsings „Geheimgesellschaften und ihre Macht im 20.Jahrhundert oder Wie man die Welt nicht regiert. Ein Wegweiser durch die Verstrickungen von Logentum mit Hochfinanz und Politik. Trilaterale Kommission, Bilderberger, CFR, UNO“, in dem er immer wieder auf teilweise erfundene „jüdische Gruppierungen“ wie die „Weisen von Zion“, aber auch auf real existierende Juden wie z.B. die Familie Rothschild eingeht.).

So werden beispielsweise die - möglicherweise kritisierbaren - Handlungen einzelner Juden oder jüdischer Organisationen verallgemeinert und " den Juden" angelastet. Es kennzeichnet die hermetische Weltsicht radikaler Antisemiten, dass sie sich selbst durch ihre Gegner in ihren Vorurteilen bestätigt sehen - beweist ihnen ein Antisemitismuskritiker doch schon durch seine bloße Existenz, dass er dem "Einfluss der Juden" erlegen ist.[9]

[...]


[1] Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Psychose

[2] Simmel, Ernst: Antisemitismus. New York / Boston. 1946. (dt. Ausgabe: Frankfurt a.M. 1993), Seite 64

[3] Freud, Siegmund: Massenpsychologie und Ich-Analyse, (1921), S.101

[4] Schäfers, Bernhard (Hrsg.): Grundbegriffe der Soziologie. Opladen. 2000 (6.Auflage), S. 214

[5] http://de.wikipedia.org/wiki/Antisemitismus

[6] Conze, W., Prof. Dr.: Der Nationalsozialismus. Teil 1. Stuttgart. 1972 (6. Auflage), S.84

[7] Ortag, Peter: Jüdische Kultur und Geschichte. Ein Überblick. Brandenburgische Zentrale für politische Bildung. Potsdam. 1994 (4. aktl. Auflage. 2000), Seite 108

[8] Ebenda, S.108

[9] http://de.wikipedia.org/wiki/Antisemitismus

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Antisemitismus und Massen-Psychopathologie - Eine Analyse
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
20
Katalognummer
V32430
ISBN (eBook)
9783638331531
Dateigröße
527 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Antisemitismus, Massen-Psychopathologie, Eine, Analyse
Arbeit zitieren
Andrea Freund (Autor:in), 2004, Antisemitismus und Massen-Psychopathologie - Eine Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32430

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