Aufstieg und Niedergang der Zuckerkolonien in der Karibik 1640-1775. Ein exemplarisches Beispiel für die Auswirkungen des aufstrebenden Welthandels.


Seminar Paper, 2004

25 Pages, Grade: 1,7


Excerpt


Gliederung

Einleitung

1. Kleine Geschichte des Zuckers bis ins 17. Jh

2. Die Entstehung der Zuckerplantagen in der Karibik

3. Grundlagen des Plantagensystems
3.1 Exporte nach Europa und Nordamerika
3.2 Versorgung durch Nordamerika und Europa
3.3 Sklaverei

4. Probleme gegen Ende des 18 Jh Welthandel und Zucker

Literatur

Einleitung

„The eighteenth century marked the heyday of Caribbean colonies when they not only generated great wealth but were the hub of a commercial system involving three continents. The sugar colonies bought slaves from Africa, manufactured goods and luxuries for the planter elite from Europe and basic foods – wheat, maize, beef, pork – and timber from North America. They exported in return sugar, rum and molasses.“[1]

Das 18. Jahrhundert markierte eine Zeit der stürmischen Entwicklung der Zuckerindustrie. Die europäischen Importe wuchsen rasant an und Zucker wurde erstmals in seiner Geschichte zu einem Massengut. Wie bei kaum einem anderen Nahrungsmittel ging ein sinkender Zuckerpreis auch immer mit einer stark steigenden Nachfrage nach Zucker einher. So konnte sich der süße Stoff schnell eine wichtige Stellung im Alltagsleben vieler Europäer und Nordamerikaner erobern. Noch heute liegt der Zuckerkonsum in den wohlhabenden Ländern deutlich über jenem der ärmeren Nationen. Für diese stellt Zucker noch immer dar, was er bis ins 17. Jahrhundert für die ganze Weltbevölkerung war: ein Luxusgut.

Diese Arbeit versucht den Weg des Zuckers vom Mittelmeer in die Karibik nachzuzeichnen. Dabei sollen die Zuckerkolonien der Karibik im 18. Jahrhundert als ein wichtiger Baustein des aufstrebenden Welthandels dargestellt werden. Die Zuckerkolonien handelten mit mehreren Kontinenten über große Entfernungen hinweg. Noch im 15. Jahrhundert wäre dieser ausgeprägte Handel kaum möglich gewesen. Im 19. Jahrhundert hingegen hatte sich der Handel schon soweit intensiviert und ausgeweitet, dass viele der ehemals reichen Zuckerkolonien unter dem großen Konkurrenzdruck von neuen, aufstrebenden Zuckeranbauregionen litten und zusammenbrachen. Die Zeit vom späten 17. Jahrhundert bis ins späte 18. Jahrhundert stellte für die Karibikinseln eine Zeit großer Prosperität und enormen Wachstums dar. Die Region kann somit als ein Musterbeispiel für den Wandel gelten, der durch den Welthandel möglich gemacht wurde.

Die Arbeit gliedert sich in vier Abschnitte. Im ersten Teil wird eine kurze Geschichte des Zuckers wiedergegeben. Es soll erklärt werden, wie und unter welchen Umständen der Zucker nach Amerika gelangte. Der Zweite Teil der Arbeit widmet sich der Transformation der Karibikinseln in enorm spezialisierte Zuckerkolonien. Im dritten Teil werden die Grundlagen der karibischen Plantagenwirtschaft beschrieben. Dabei wird vor allem auf Sklavenarbeit, die europäischen und nordamerikanischen Importmärkte und die Versorgung der Kolonien durch Güter aus Nordamerika und Europa eingegangen. Im letzten Teil schließlich werden die Faktoren beleuchtet, die zum Niedergang der Zuckerkolonien beitrugen.

1. Kleine Geschichte des Zuckers bis ins 17. Jh.

Das Zuckerrohr wurde wohl um 8.000 v.u.Z. erstmals in Neuguinea kultiviert. Über mehrere Jahrtausende hinweg breitete sich der Anbau des Zuckerrohr über die Philippinen nach Indien aus.[2] Die ersten überlieferten Quellen für den Gebrauch und die Verarbeitung von Zucker stammen aus Indien. Dort war Zucker schon in den Jahrhunderten v.u.Z. bekannt. Im 6. Jahrhundert u.Z. erreichte die Technologie der Zuckerverarbeitung Mesopotamien und das Wissen konnte sich im Zuge der islamischen Expansion rasch ausdehnen. Von etwa 700 u.Z bis ins 16. Jahrhundert hinein dehnte sich die Zuckerindustrie über den Mittelmeerraum aus und das Mittelmeer wurde zum Hauptlieferanten für europäischen Zucker.[3] Die Europäer konnten sich im 11. Jahrhundert im Zuge der Kreuzzüge erstmals die direkte Herrschaft über Zuckeranbaugebiete sichern. Der Zuckeranbau war jedoch sehr arbeitsintensiv. Das Zuckerrohr musste geschnitten werden und war schwer und sperrig. Da ein Transport viel zu teuer gekommen wäre, musste das Zuckerrohr noch vor Ort verarbeitet werden. Aus dem Rohr konnte ein zähflüssiger Saft ausgepresst werden, der sich durch mehrmaliges Kochen zu kristallinem Zucker verarbeiten lies. Erst dieser raffinierte Zucker hatte einen hohen Wert bei relativ geringem Gewicht und guter Transportierbarkeit. Dadurch wurde es möglich, den Zucker über weite Strecken per Schiff zu transportieren und trotzdem noch einen Gewinn herauszuschlagen. Schon im 13. Jahrhundert begannen die Europäer damit, die Zuckerproduktion von der Levante auf Inseln im Mittelmeer zu verlagern. Besonders Zypern erlangte hier eine wichtige Stellung. Bereits diese ersten Plantagen des Mittelmeers waren auf die Arbeit von Sklaven angewiesen. Der Bedarf wurde hauptsächlich durch muslimische Kriegsgefangene und von den Völkern am Schwarzen Meer gedeckt.[4] Der Niedergang der Zuckerproduktion im Mittelmeer ging einher mit der Produktionsverlagerung nach Osten. Die Portugiesen expandierten in den Atlantik und an der afrikanischen Küste entlang. Schon ab den 1450er Jahren wurde der erste Zucker aus Madeira nach Europa geliefert. Die Produktionsstätten des Mittelmeers hingegen wurden durch Kriege und Seuchen beeinträchtigt.[5] Einige der Atlantikinseln eigneten sich relativ gut für den Zuckeranbau, so vor allem Madeira und Sao Tomé vor dem Golf von Guinea. Madeira konnte wegen seiner günstigen Lage rasch zu einem großen Zuckerproduzenten aufsteigen. So wurde die Produktion im Jahre 1455 begonnen und es wurden 72 metrische Tonnen Zucker nach Portugal geliefert. Nach kurzer Zeit 1493 waren dies bereits 760 T, 1570 schon 2.400 T. So konnte Madeira ab 1500 zum dominanten Zuckerlieferanten Europas werden. Sao Tomé lag zwar deutlich weiter von den europäischen Absatzmärkten entfernt, dafür lag die Insel deutlich näher an Afrika – der bevorzugten Quelle für Sklaven. Um 1500 herum wurde mit dem Anbau von Zucker begonnen und schon 1544 erreichte Sao Tomé eine Produktion von 2.250 T was in etwa dem Niveau von Madeira entsprach. Jedoch sollten beide Inseln schon nach kurzer Zeit von einem mächtigen Konkurrenten abgelöst werden: Brasilien.

Spanier und Portugiesen hatten früh versucht, den Zuckeranbau in den neu entdeckten Gebieten Amerikas zu betreiben. Jedoch waren die Spanier im 16 Jahrhundert hauptsächlich mit der Suche nach El Dorado beschäftigt und jagten erdichteten Indianerschätzen hinterher. Weiterhin hatten sie kaum Zugang zu billigen Arbeitskräften, da die Portugiesen die Sklavenmärkte der afrikanische Küste dominierten und die indigene Bevölkerung Amerikas den vernichtenden Kriegen und eingeschleppten Seuchen schnell zum Opfer viel.[6]

Auch die Portugiesen hatten vorerst wenig Interesse an einer Urbarmachung des fruchtbaren Landes. Ihr Hauptziel lag in der Erschließung sicherer Routen zu den asiatischen Gewürzinseln und es wurden lediglich exotische Holzstämme aus den brasilianischen Regenwäldern nach Europa exportiert. Erst der Erfolg der atlantischen Zuckerinseln lies die Portugiesen umdenken und mit dem Aufbau eines Plantagensystems beginnen.[7] Um 1545 herum wurde mit dem Anbau von Zucker begonnen und schon 1560 erreichte die Produktion mit 2.500 T das Niveau der bisherigen Spitzenreiter Madeira und Sao Tomé. Bereits 1580 produzierte Brasilien 5.000 T Zucker, genau so viel wie die beiden Atlantikinseln zusammen. Um 1600 produzierte Brasilien die damals unglaubliche Menge von 16.000 T Zucker und die Produktion konnte bis 1630 noch einmal auf ca. 20.000 T gesteigert werden. Für den Rest des 17. Jahrhunderts stagnierte die Produktion auf diesem hohen Niveau.

„By the mid-seventeenth century, Brazil had reached about ten times the production of the richest sugar colonies elsewhere, whereas the Caribbean as a whole hardly produced one-tenth as much sugar as Brazil.“[8]

Die europäischen Zuckerplantagen hatten dieser rasant wachsenden Konkurrenz nichts entgegenzusetzen. Nach der muslimischen Eroberung Konstantinopels 1453 brachen die wichtigen Sklavenlieferungen aus dem Schwarzen Meer weg. Der Mittelmeerraum wurde von Seuchen und Kriegen heimgesucht, während sich der Zuckerplantagenkomplex auf Afrika und damit die Hauptquelle für Arbeitskräfte zu bewegte. Spätestens nachdem die europäischen Märkte ab 1580 von billigem brasilianischem Zucker überflutet wurden, hatte der Zuckeranbau in großem Stil in Europa vorerst ein Ende gefunden.[9]

2. Die Entstehung der Zuckerplantagen in der Karibik

Der lukrative Zuckerhandel wurde bis ins erste Drittel des 17. Jh. hinein von den Portugiesen dominiert. Brasilien und die Zuckerinseln des Atlantik stellten den größten Teil des in Europa verwendeten Zuckers her. Zweitwichtigster Produzent waren die Spanier. Die hohen Profite im Zuckeranbau und Handel weckten jedoch schnell Begehrlichkeiten bei den europäischen Großmächten England und Frankreich. Doch besonders den kleinen Niederlanden fiel eine Entscheidende Rolle bei der weiteren Ausbreitung des Zuckerhandels in die Karibik zu.[10]

Das gesamte 16. Jahrhundert über wurde die Karibik von den Spaniern dominiert. Auf der Suche nach Ruhm und Reichtum drangen die Konquistadoren schnell von Insel zu Insel vor um schließlich ihr Unwesen auf dem Festland zu treiben. Für England und Frankreich gab es in der Karibik vorerst nur zwei lohnende Beschäftigungen – den Handel mit spanischen Stützpunkten oder das Kapern von spanischen Schiffen, die mit Schätzen beladen auf dem Weg nach Europa waren. Während in Europa Frieden zwischen den Großmächten geschlossen wurde, kam es in der Karibik zu offenen und geduldeten Konflikten. Zwar gründeten Engländer und Franzosen hin und wieder Stützpunkte in der Karibik, jedoch galten diese nur als Ausgangspunkte für Kaperfahrten und sollten nicht dauerhaft erschlossen werden.[11]

Erst zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde mit der Besiedelung der Karibik begonnen. Die von den Spaniern verlassenen Inseln der kleinen Antillen wurden nach und nach von Engländern, Franzosen und Holländern in Besitz genommen. Die Engländer kolonisierten das weit im Westen liegende Barbados und einige kleinere Inseln im Antillenbogen. Die Franzosen konnten sich mit Guadeloupe und Martinique zwei der größten Inseln der kleinen Antillen sichern, während die Holländer hauptsächlich kleinere Inseln besiedelten, die sich als optimaler Ausgangspunkt für Handel erweisen sollten.[12] Weiterhin profitierten die Holländer von der Schwächung Portugals, das unter spanische Herrschaft gefallen war. Sie konnten ab 1624 ihren Einfluss auf Nordbrasilien rasch ausdehnen. Die Niederländer übernahmen den lukrativen Zuckeranbau der Portugiesen jedoch nur für kurze Zeit, da das wiedererstarkte Portugal in den 1640er Jahren vermehrt Druck auf Holland ausübte und Nordbrasilien schließlich 1654 zurückeroberte.[13]

Das erste Ziel der englischen Siedler in der Karibik war hingegen der Tabakanbau. Die nordamerikanische Kolonie Virginia hatte ab 1613 den ersten Tabak nach England verkauft und auch die Siedler auf dem 1627 gegründetem Barbados und den anderen Kolonien der kleinen Antillen erhofften sich hohe Profite durch den Tabakanbau. Jedoch traf die Ausweitung der Produktion in den späten 1620er Jahren mit einer wirtschaftlichen Schwächephase in England zusammen. Der Tabak fand kaum Abnehmer und die karibischen Pflanzer wichen auf andere Erzeugnisse aus, so u.a. Baumwolle. Hier trafen nun in den 1640er Jahren mehrere Faktoren zusammen, welche die Zuckerrevolution in der Karibik begünstigen sollten. Die Plantagenbesitzer waren auf der Suche nach einem neuen Produkt, dass sie gewinnbringend verkaufen konnten. Gleichzeitig wurden die Holländer Stück für Stück von ihren Plantagen in Nordbrasilien zurückgetrieben und suchten ihrerseits nach neuen Möglichkeiten um Zucker anzubauen. Die zentrale Rolle der Holländer bestand aber nicht im Transfer von Zucker und dem Wissen über dessen Verarbeitung in die Karibik, denn es gab auch mehrere Versuche englischer Kapitäne und Händler, Zuckeranbau in der Karibik zu etablieren. Die Holländer konnten hingegen das nötige Kapital für den kostenträchtigen Zuckeranbau liefern, hatten freie Handelskapazitäten um die Inseln zu versorgen, ihre Produkte abzukaufen und sie mit den ersten Sklaven zu beliefern.[14]

[...]


[1] Galloway, J.H.: The sugar cane industry. An historical geography from its origins to 1914, Cambridge 1989, S. 87.

[2] Vgl. Mintz, Sidney W.: Die süße Macht. Kulturgeschichte des Zuckers, Frankfurt, New York, 1987, S. 47.

[3] Vgl. Galloway, Sugar Cane Industry, S. 19-31.

[4] Vgl. Curtin, Philip D.: The rise and fall of the plantation complex. Essays in the Atlantic history, Cambridge 1990, S. 4-9.

[5] Vgl. Galloway, Sugar Cane Industry, S. 43ff.

[6] Vgl. Curtin, Plantation Complex, S. 24f.

[7] Vgl. Klein, Herbert S.: The atlantic slave trade, Cambridge 1999, S. 27.

[8] Curtin, Plantation Complex, S. 26, zum Abschnitt vgl. ebd., S. 25f.

[9] Vgl. Galloway, Sugar Cane Industry, S. 43ff.

[10] Vgl. Klein, Atlantic Slave Trade, S. 28f.

[11] Dunn, Richard S.: Sugar and Slaves. The rise of the planter class in the english West Indies, 1624-1713, London 1972, S. 10ff.

[12] Vgl. Dunn, Sugar and Slaves, S. 17-19.

[13] Vgl. Sheridan, Richard S.: Sugar and Slavery. An Economic History of the British West Indies, 1623-1775, Baltimore 1973, S. 77 und 99.

[14] Vgl. Sheridan, Sugar and Slavery, S. 129 und 394f.

Excerpt out of 25 pages

Details

Title
Aufstieg und Niedergang der Zuckerkolonien in der Karibik 1640-1775. Ein exemplarisches Beispiel für die Auswirkungen des aufstrebenden Welthandels.
College
University of Freiburg  (Historisches Seminar)
Course
Hauptseminar Geschichte der Weltwirtschaft vom 18.-20. Jahrhundert
Grade
1,7
Author
Year
2004
Pages
25
Catalog Number
V32445
ISBN (eBook)
9783638331630
File size
558 KB
Language
German
Notes
Die Arbeit widmet sich dem rasanten Aufstieg der englischen und französischen Zuckerplantagen in der Karibik. Es werden Gründe für den Aufstieg beleuchtet, so u.a. die Sklaverei und die Schaffung neuer Märkte in Europa. Die Arbeit Endet mit dem Niedergang der ehemals reichen Kolonien mit dem Ende der Sklaverei und dem aufblühen neuer Konkurrenten im Zuckeranbau wie z.B. der europäischen Zuckerrübe.
Keywords
Aufstieg, Niedergang, Zuckerkolonien, Karibik, Beispiel, Auswirkungen, Welthandels, Hauptseminar, Geschichte, Weltwirtschaft, Jahrhundert
Quote paper
Stefan Zahnweh (Author), 2004, Aufstieg und Niedergang der Zuckerkolonien in der Karibik 1640-1775. Ein exemplarisches Beispiel für die Auswirkungen des aufstrebenden Welthandels., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32445

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