Lernen mit Computersoftware: Möglichkeiten an der Schule für Lernbehinderte


Examination Thesis, 2004

196 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort

2. Einleitung

3. Historische Betrachtungen
3.1. Kleine Entwicklungsgeschichte der Rechentechnik
3.2. Die pädagogische Bedeutung der Entwicklungen

4. Lehren und Lernen mit Computer-Software
4.1. Unsere heutige Informations- und Wissensgesellschaft
4.1.1. Mediennutzung und Lernen mit Blick auf Kinder und Jugendliche
4.1.2. Ziele für Unterricht und Schule
4.2. Theoretische Konzepte und Strukturen
4.2.1. Lehr-lerntheoretische Grundlagen und Ansätze
4.2.2. Unterricht mit Computer-Software aus didaktischer Sicht
4.3. Medienpädagogische Aspekte
4.3.1. Konzepte und Leitideen der Medienerziehung
4.3.2. Konzeptionelle Überlegungen zur informationstechnischen Grundbildung
4.4. Merkmale von Computer-Software
4.5. Motivation und Lernen mit Computer-Software
4.6. Lernen mit dem Internet
4.7. Computer und Internet im Kontext der Schulentwicklung
4.7.1. Zur Infrastruktur der Computereinrichtung an den Schulen
4.7.2. Medienpädagogische Kompetenz als Aufgabe der Lehrerbildung
4.8. Aus der pädagogischen Diskussion
4.9. Zusammenfassende Betrachtungen

5. Lernen mit Computer-Software bei Förderbedarf im Förderschwerpunkt Lernen
5.1. Motivation
5.2. Förderung sprachlicher Kompetenzen
5.3. Individualisierung und Differenzierung
5.4. Diagnostik
5.5. Ausgleich sozialer Benachteiligung
5.6. Zukunftsperspektiven
5.7. Zusammenfassung
5.8. Fazit

6. Die derzeitige Situation in Sachsen-Anhalt
6.1. Einleitung
6.2. Vorüberlegungen
6.2.1. Das Vorhaben
6.2.2. Inhalte
6.2.3. Vorgehensweise
6.2.4. Statistische Grundlagen und Überlegungen
6.2.4.1. Allgemeine Grundlagen
6.2.4.2. Spezielle Überlegungen
6.3. Durchführung der Umfrage
6.4. Die Ergebnisse der Umfrage
6.4.1. Technische Ausstattung
6.4.1.1. Anzahl vorhandener Computer
6.4.1.2. Ausstattungsformen
6.4.1.3. Vernetzung
6.4.1.4. Finanzierung
6.4.2. Verwendete Software
6.4.2.1. Softwaretypen
6.4.2.2. Konkrete Software
6.4.3. Anwendungsbereiche
6.4.3.1. Internet
6.4.3.2. Unterrichtsfächer
6.4.3.3. Freizeit
6.4.4. Persönliche Ansichten
6.4.4.1. Zu den Unterrichtsphasen
6.4.4.2. Zu den Funktionen von Software
6.4.5. Probleme und Vorschläge
6.4.5.1. Vorhandene Probleme
6.4.5.2. Vorschläge für die Zukunft
6.5. Persönliche Eindrücke bei der Befragung
6.6. Fazit

7. Spezielle Computer-Software
7.1. „Budenberg Lernsoftware“
7.1.1. Zum Autor
7.1.2. Zum Programm
7.2. „Alfons Lernwelt“

8. Schlussbemerkungen

9. Versicherung

10. Verwendete Literatur

11. Anhang I
11.1. Übersicht der Schulen zur Befragung
11.1.1. Zur schriftlichen Befragung
11.1.2. Zur mündlichen Befragung
11.2. Der Umfragebogen
11.3. Die Umfrageergebnisse
11.3.1. Technische Ausstattung
11.3.2. Verwendete Software
11.3.3. Anwendungsbereiche
11.3.4. Persönliche Ansichten
11.3.5. Probleme und Vorschläge

12. Anhang II – Beantwortete Umfragebogen

1. Vorwort

Unsere heutige Informationsgesellschaft wird vor allem durch Informations- und Kommunikationstechnologien geprägt. Computer am Arbeitsplatz, aber auch im privaten Bereich sind die sichtbarsten Boten dieser Entwicklung.

Die moderne Welt der Hightech ist ohne die Entwicklung des Computers gar nicht mehr vorstellbar. Computer verschiedener Typen und Größen dienen in der Gesellschaft weitverbreitet der Speicherung und Verarbeitung von Daten, angefangen von geheimen Regierungsdaten, über Transaktionen von Banken bis hin zu privaten Haushaltskonten. Mit den Automationstechniken hat durch die Computer eine neue Ära der Fabrikation begonnen. Weiter wurden durch sie die modernen Kommunikationssysteme wesentlich verbessert. Sie sind somit grundlegende Hilfsmittel in fast jedem Gebiet der Forschung und angewandten Technik, wie z.B. für die Aufstellung von Modellen, die man für Wettervorhersagen benutzt. Datenbankanbieter und Computernetzwerke bieten außerdem eine Fülle von Informationsquellen an.

In Deutschland hat sich im Zeitraum von 1993 bis 1998 die Zahl der PC-Besitzer von 8,3Millionen auf nahezu 16,8Millionen etwas mehr als verdoppelt.[1]

Computergestützte Kommunikation z.B. über elektronische Post, basierend auf Netzwerken – also temporären oder permanenten Verbindungen zwischen Computern – können zu einer verbesserten sozialen Integration beitragen. So können Freundschaften über diese Netze aufgebaut und gepflegt werden, können Informationen zu aktuellen Themen abgefragt und Diskussionen zu medizinischen, gesellschaftlichen, politischen oder sonstigen Themen geführt werden.

Die Vernetzung erlaubt aber auch neue Arbeitsorganisationsformen zur Verbesserung der beruflichen Integration. Telearbeit, also die räumliche Trennung zwischen Arbeitsplatz und Auftrag- bzw. Arbeitgeber, kann Mobilitätsprobleme kompensieren und damit berufliche Nachteile beseitigen. Die Arbeit von zu Hause, von einem Wohnheim oder einem Telearbeitscenter aus überwindet damit Hürden, die durch unzugängliche Arbeitsstätten, Distanzen zwischen Wohnort und Arbeitsstelle oder durch eingeschränkte zeitliche Ressourcen entstehen können.

Dadurch und durch die mit dem Computer erheblich schnelleren Zugriffsmöglichkeiten auf Informationen und die mit ihm mögliche Kommunikationsvielfalt hat sich mit seinem Einzug in die Büros der Arbeitsalltag generell revolutioniert.

Und gerade auch für Menschen mit Behinderungen ergeben sich durch diese weite Verbreitung der Computer neue Chancen der beruflichen wie auch sozialen Integration. Verschiedene Behinderungen verlieren hier z.B. ihren leistungshemmenden Einfluss. Somit rückt durch die Computer auch die Chancengleichheit in immer greifbarere Nähe.

2. Einleitung

Die Arbeit am und mit dem Computer und entsprechender Software erhält schon lange Einzug in unser alltägliches Leben und immer mehr auch in den schulischen Bereich. Wir existieren heute in einer Informationsgesellschaft, wo die Menge, Geschwindigkeit und Effizienz bei der Informationsbeschaffung und -verarbeitung höchste Priorität genießen und ungeahnte sich Chancen, auch auf den Bereich „Lernen" eröffnet. Z.B. Lernprogramme und Übungssoftware bieten somit optimale Unterstützung beim Lernen und sorgen dafür, dass der Lernstoff sicher beherrscht, Lernfortschritte sofort erlebt werden und die Lernenden den eigenen Weg des Lernens finden können.

Ziel dieser Arbeit ist es, sich mit der Möglichkeit und vielleicht sogar Notwendigkeit des Einsatzes von Computersoftware im Lernprozess und im vor allem im Unterricht zu befassen. Nicht zu letzt ist auch die gesellschaftliche und wirtschaftliche Relevanz, wie ich sie im Vorwort (s.S. 5) geschildert habe, von wichtiger Bedeutung für meine Ausführungen. Dazu kommt die Frage, ob und warum dieser Einsatz von Computersoftware besonders zur Förderung im Förderschwerpunkt Lernen geeignet und somit zu fordern ist. Mit einer Art Bestandsaufnahme soll dann zeigen, inwieweit diese Technologien schon in den Schulen für Lernbehinderte eines Bundeslandes integriert sind. Zum Schluss soll dann ein denkbarer Ausweg zu einem möglichen Konsens zwischen dem theoretischen Optimum und den praktischen Gegebenheiten gesucht werden.

In der Literatur gibt es viele unterschiedliche Bezeichnungen für das Lernen mit dem Computer. So spricht man etwa vom „Computerunterstützten Lernen" (CUL) oder „Computer Aided Learning" (CAL) und meint damit die Förderung des Lernprozesses. Aber auch andere Bezeichnungen, wie „interaktives Lernen", „dialogisches Lernen" oder „Computerunterstütztes Rückmeldungssystem" beschreiben diese Förderung des Lernprozesses und die Arbeit mit dem Computer. Hingegen stellen Begriffe wie „Computerunterstützter Unterricht" (CUU) oder „Computerunterstütztes Lehren und Lernen" mehr das Unterrichten mit Hilfe von Lernprogrammen in den Vordergrund.

In dieser Arbeit möchte ich allerdings versuchen, mich nicht auf eine der beiden Richtungen zu beschränken und nenne es dann eben „das Lernen mit Computer-Software“. Dieser Ausdruck umschreibt sowohl das Lernen als auch das Unterrichten mit Unterstützung durch Computersoftware. Auch sei hier nicht auf Lernprogramme eingeschränkt, da auch andere Softwaretypen – aber am besten verschiedene davon in Kombinationen – den Lernprozess unterstützen, oder besser noch, fördern können.

Wichtig ist es auch zu erwähnen, dass das Lernen mit Computersoftware für mich drei untrennbare Teilbereiche in sich trägt. Dazu gehören der Computer, auf dem die Software arbeiten soll, die Software selbst und das Internet, über das eine riesige Menge von Softwarezugriffen möglich sind. Somit zähle ich alle drei Teilaspekte zum inhaltlichen Schwerpunkt dieser wissenschaftlichen Hausarbeit.

Beginnen möchte ich meine Ausführungen mit einem kleinen historischen Exkurs, wobei ich kurz die wichtigsten Entwicklungsschritte der Rechen- und Computertechnik nennen werde. Da diese für einen Pädagogen wohl weniger interessant erscheinen mögen, werde ich im Anschluss an diese kurze Entwicklungsgeschichte versuchen, deren pädagogische Bedeutungen aufzuzeigen.

Dann soll ein Kapitel folgen, in dem ich die Grundlagen, Voraussetzungen, Möglichkeiten, Probleme etc. des Lernens mit Computersoftware, die ich in der Literatur gefunden habe, erarbeiten möchte. Diese seien hier ganz allgemein gehalten, also nicht auf spezielle finanzielle, materielle o.ä. Bedingungen oder auf einen bestimmten Schultyp zugeschnitten. Das heißt aber auch, dass es sich wahrscheinlich eher um einen idealtypischen Wunschgedanken handeln könnte, der in der realen Situation der heutigen Gesellschaft nicht unbedingt überall, vielleicht sogar nur selten umgesetzt werden kann. Dabei soll natürlich die gesellschaftliche Relevanz der Arbeit am und mit dem Computer nicht vernachlässigt werden. Ebenso möchte ich kurz einige Schwerpunkte aus der pädagogischen Diskussion anführen, um einen vorerst kleineren Bezug zur Wirklichkeit herzustellen.

Nun ist diese Theorie für meine Erörterung zu allgemein. Daher werde ich im fünften Kapitel versuchen, klar zu machen, warum ich denke, dass dieses Lernen mit Computersoftware auch oder vor allem für Schüler mit Förderbedarf im Förderschwerpunkt Lernen sehr von Vorteil sein kann. Dazu werden mir einige elementare Aspekte der sonderpädagogischen Förderung als Grundgerüst dienen.

Anschließend möchte ich auf die Frage kommen, inwiefern sich diese ideale Theorie in der Praxis umsetzen lässt bzw. umgesetzt wird. Um diese Frage nicht völlig hypothetisch erörtern zu müssen, habe ich mir vorgenommen, mir ein kleines Bild über die momentane Lage in unserem Bundesland (Sachsen-Anhalt) zu verschaffen. Um dieses Bild zu formen, habe ich eine kurze Umfrage an einigen Schulen für Lernbehinderte im Land Sachsen-Anhalt durchgeführt. In dieser Umfrage wollte ich erfahren, auf welchen technischen Stand die Schulen für Lernbehinderte in unserem Land stehen, wie und wozu die Computer eingesetzt werden und welche Probleme oder Verbesserungsvorschläge gehäuft auftreten. Ich habe dazu an fünfunddreißig Schulen für Lernbehinderte einen Fragebogen geschickt und bin an vierzehn weitere solcher Schulen persönlich mit diesem Fragebogen gereist, um dort die Befragung persönlich durchzuführen. Die genaueren Absichten, Vorstellungen, Ergebnisse und Folgerungen sollen dann in Kapitel Sechs genannt, begründet, ermittelt und diskutiert werden.

Sollte es der Fall sein, dass bei der Befragung ein Programm oder einige wenige Programme, die konkret genannt wurden, relativ oft in den Schulen verwendet werden, so werde ich versuchen, Informationen zu diesen Programmen zu erhalten und diese im siebenten Kapitel aufzuführen und zu bewerten.

Diese gewonnenen Einsichten sollen mir nun helfen, in meinen Schlussbetrachtungen die derzeitige Situation einzuschätzen und mit Bezug auf die erarbeitete Theorie zu bewerten, damit ich einen Ausblick auf eine mögliche Zukunft geben kann, in der Computer, Software und Internet optimal im Lernprozess verankert sind.

Um nun die Formulierungen zu vereinfachen und die Qualität Lesbarkeit etwas zu erhöhen, werde ich fortan bei Bezeichnungen von Personengruppen wie z.B. Schülerinnen und Schüler oder Lehrerinnen und Lehrer stets die männliche Form also z.B. Schüler oder Lehrer wählen.

3. Historische Betrachtungen

Im Buch „Der Computer im Unterricht mit geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern“ von Claus Hagemann wird die Geschichte der Rechentechnik, die ja ein Vorläufer oder auch ein sehr elementarer Bestandteil der Computertechnik ist, recht ausführlich und auch unter pädagogischen Aspekten dargestellt. Hier sollen nur einige wichtige Kernpunkte herausgegriffen werden, um einen kleinen Einblick in die rechentechnische und später informations- und kommunikationstechnische Entwicklung zu geben.

3.1. Kleine Entwicklungsgeschichte der Rechentechnik

Viele Jahrtausende lang rechneten die Menschen mit ihren von der Natur gegebenen Rechenhilfsmitteln, mit den Fingern. Diese Methode findet in zahlreichen Naturvölkern heute noch Anwendung – genauso wie bei Kinder beim Erschließen eines ersten Zahlen- und Rechengefühls. Das Problem wurde aber das Rechnen mit großen Zahlen. Man nahm so Knochen oder Steine. Edelsteine oder Perlen standen dann für eine bestimmte Anzahl von Knochen oder Steinen. Diese schob man auf Schieferplatten hin und her. Später wurden diese Utensilien durch Symbole ersetzt. Nun wurden also diese Symbole nach bestimmten Regeln verschoben. Und auf dieser Grundlage entstand die antike Rechenmaschine – der Abakus. Erst durch die Einführung der arabischen Zahlen in Europa wurden die Rechenbretter im Mittelalter langsam abgelöst.

Mit der Verwendung eines Zahnrades konstruierte Wilhelm Schickard 1623 die erste mechanische Rechenmaschine (pro Dezimalstelle ein Zahnrad mit zehn Zähnen, die für die Ziffern 0 bis 9 standen). Beim Überlauf der ’9’ drehte ein angekoppeltes Zahnrad das links nebenstehende Zahnrad einen Zahn weiter, d.h. die nächsthöhere Dezimalstelle wurde um eine Ziffer erhöht, während die betrachtete Stelle auf ’0’ zurück- bzw. eigentlich ja vorsprang’. Mit dieser Maschine konnte man nun addieren und auch schon etwas multiplizieren. Blaise Pascal gelang 1642 eine Weiterentwicklung dieser Maschine mit einem Zahnradgetriebe – wie es z.B. im heutigen Kilometerzähler zu finden ist.

1672 stellte Freiherr Gottfried Wilhelm von Leibnitz dann eine Rechenmaschine vor, deren Kernstück eine Staffelwalze war. Diese konnte durch schnelle Addition multiplizieren. Die Anwendung war aber sehr kompliziert und Leibnitz wies daher schon 1679 auf die Vorteile des binären Zahlensystems für das maschinelle Rechnen hin. Doch dann kam es lange Zeit zu keinen nennenswerten Entwicklungen. Die immer ausgefeiltere mathematische Verarbeitung von Zahlen bei immer größer werdenden Datenmengen war nun nicht mehr mit Zahnrädern, Walzen oder Stiften zu schaffen.

Die von Babbage entwickelte Lochkarte konnte als verschlüsselte Informationsquelle mit elektronischen Kontakten statt mit mechanischen Stiften abgetastet werden. 1886 war Herrmann Hollerith in der Lage zur elften amerikanischen Volkszählung eine elektronische Zähl- und Registriermaschine zu konstruieren, die Informationen auf Lochkarten dekodieren, verarbeiten und zuordnen konnte. Hollerith gründete 1896 eine Firma, die sich nach mehreren Fusionen 1924 „International Business Machine Corporation“ (IBM) nannte. Die Hollerith-Maschinen wurden schnell verbreitet und fanden bis in die sechziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts Einsatz.

Nun mussten die Operationsanweisungen aber hintereinander oder parallel geschaltet werden können, um auch differenziertere Rechenoperationen zu berücksichtigen, was die Maschine möglichst selbstständig erkennen und durchführen sollte. So wurde also die Programmsteuerung sowie weitere elektrisch-orientierte Bauteile zum Rechnen und Speichern notwendig.

1941 baute Konrad Zuse die erste funktionsfähige Datenverarbeitungsanlage mit einer Programmsteuerung. Die Rechenmaschine Z3 gilt heute als der erste Computer. In den USA wurde dieser zum Mark 1 weiterentwickelt. Dieser war 15 m lang und 2,5 m hoch. Er bestand aus ca. 700.000 wartungsbedürftigen Einzelteilen (z.B. 3.000 Kugellager und 80 km Leitungsdraht). Im Folgemodell ENIAC von 1946 konnte die Rechengeschwindigkeit schon um das 2.000-fache erhöht werden.

Der Einsatz von Transistoren war 1955 der Grundstein für die sogenannte zweite Computergeneration. Einige Kennzeichen waren das geringere Gewicht, die kleineren Maße, dass kein Vorheizen mehr nötig war, die niedrige Betriebsspannung und die fast unbegrenzte Lebensdauer. So konnten Computer also kleiner und preiswerter hergestellt werden, womit sie auch Einzug in die Wirtschaft erhielten.

Die kleiner werdenden Transistoren wurden mit Widerständen auf Keramikplatten zu Modulen (Schaltgruppen) zusammengefasst und es entstand 1962 die sogenannte dritte Computergeneration. So wurden Computer immer kleiner und noch preiswerter und fanden ab Anfang der siebziger Jahre auch zunehmend Absatz in privaten Haushalten. Es entwickelte sich der einfach zu handhabende Computer, der für den nichtprofessionellen Nutzer den Umgang mit dem persönlichen Computer (PC) ermöglichte. Dieser PC ist das, was heute auf dem Markt zu finden ist und zunehmend weiterentwickelt und verbessert wird.

3.2. Die pädagogische Bedeutung der Entwicklungen

Die oben genannte Entwicklungsgeschichte lässt nun auch verschiedene pädagogische Ansatzpunkte zu, bei denen Maschinen und Computer in pädagogische Prozesse eingebunden werden bzw. werden können. Dies ist sowohl in Bezug auf den Unterrichtsgegenstand als auch auf das Unterrichtsmedium möglich.

Nach Hagemann entspricht das Lernen mit Hilfe von Medien der Urform des Lernens.[2] 1654 erstellte Comenius das erste Bilderbuch für pädagogische Zwecke (den Orthis sensualium Pictus). Die zu dieser Zeit entwickelten Rechenmaschinen eigneten sich allerdings nicht zur Vermittlung von Lerninhalten, da diese Lerninhalte auch nicht maschinenbezogen waren.

Die Idee des Nürnberger Trichters von Harsdörffer zieht sich durch die Pädagogik wie ein roter Faden. Damit ist gemeint, dass beim Lernen zwischen Bildungsgegenständen und dem Menschen ein zeitgemäßer physikalischer Gegenstand (z.B. Trichter) oder eine Apparatur steht. In den zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts entwickelte Pressey die erste Lehr- bzw. Testmaschine. Die Schüler konnten mit Knopfdruck vorgegebene Antwortmöglichkeiten auswählen. Bei der richtigen Antwort erschien die nächste Frage, sonst nicht. Dieses Prinzip ist auch heute noch bei einigen Kinderspielen zu erkennen.

Einen weiteren Aufschwung für den Computereinsatz beim Lernen brachte Skinners Theorie, dass Lernen nach bestimmten „mechanischen“ Gesetzmäßigkeiten verläuft (Input – Blackbox – Output). In den USA wurde bereits in den späten fünfziger Jahren der schulische Computereinsatz erprobt. Bei der ersten unterrichtlichen Computer-Anwendung (CUU – computer-unterstützter Unterricht) wurde der Computer als Medium in drill- und practice-Systemen (Übungs- und Trainingsprogramme) angewendet. Es entwickelten sich außerdem der programmierte Unterricht und der lerndatenverarbeitende programmierte Unterricht.

Die Verwendung von Maschinen und Computern im Schulunterricht hatte in der bisherigen Geschichte zwei Hauptmotive:

1. Die Schüler sollen die Maschinen ihrer Zeit kennen lernen. Dazu gehört es auch, sie handhaben und ihre Arbeitsweise verstehen zu können. Sie sollen mit ihnen umgehen können, weil dieses Wissen im späteren (beruflichen) Leben von Bedeutung sein könnte. (Teil des didaktisch-orientierten Bildungsauftrages der Schule)
2. Maschinen sollen bei der Vermittlung von Lerninhalten helfen. Sie sollen also die Lehr- und Lernprozesse unterstützen. Die Maschine wird dabei zum Mittler, zum methodisch-funktionalisierten Medium, wobei der Umgang – mit Blick auf einen optimierten Lernprozess – methodisch motiviert ist.

4. Lehren und Lernen mit Computer-Software

4.1. Unsere heutige Informations- und Wissensgesellschaft

In einer Gesellschaft, die zunehmend durch Informations- und Kommunikationstechnologien geprägt wird, sind die Erfahrungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen sehr stark von den Medien geprägt. Dabei sind der Computer und das Internet nur ein einzelnes Fach in der breiten Palette der möglichen Medien. Unter den verschiedenen Medienbereichen haben computerbasierte Medienangebote aber mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Und dies wird sich mit der weiteren technologischen Entwicklung noch zusehends steigen.

Für das Lehren und Lernen zum Beispiel kann man Softwareangebote (offline) und Netzwerkangebote (online) unterscheiden. Die Computersoftware entwickelte sich aus der programmierten Unterweisung mittels neuer Lehr-Lern-Theorien und besserer technischer Möglichkeiten. Dabei kann man beispielsweise folgende Typen neuer Medien unterscheiden:

- Lehrprogramme zur Erarbeitung neuer Inhalte wie z.B. Prozentrechnung, Ernährung, Pflanzenschutz mit vorgegebener Steuerung;
- Übungsprogramme für die individuelle Übung, Festigung und Automatisierung bereits erarbeiteter Lerninhalte, wie z.B. das Rechnen oder die Rechtschreibung;
- Offene Lehrsysteme, d.h. didaktisch und hypermedial aufbereitete Inhalte wie z.B. „Winnies Welt“ oder „Alfons Lernwelt“;
- Datenbestände zur Bereitstellung von Informationssammlungen, wie z.B. Enzyklopädien oder Bildersammlungen;
- Lernspiele, also pädagogisch entworfene Situationen mit Handlungsalternativen wie z.B. „Die Siedler“ und „Anno 1602“;
- Werkzeuge zur Erzeugung, Gestaltung und Bearbeitung von Produkten wie z.B. Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Datenbankenverarbeitung oder Musik-Arrangierprogramme;
- Experimentier- und Simulationsumgebungen zur Simulation von Prozessen mit Parametereinflüssen, wie z.B. „Dynasys“ oder „Powersim“;
- Kommunikations- und Kooperationsumgebungen für gemeinsame Erarbeitungen, Erfahrungs- und Meinungsaustausch wie z.B. E-Mail, Chat oder Foren.[3]

Bei den neuen Medien Computer und Internet bieten sich auch verschiedene Kombinationsmöglichkeiten von Gestaltungsmerkmalen, sodass eigens der Begriff Multimedia entstand. Weiter kann man zu einem Thema unterschiedliche Zugänge wählen. Ein möglicher Zugang kann informations-, erkundungs-, problem-, entscheidungs-, gestaltungs-, spiel- oder kommunikationsorientiert sein, wobei sich einzelne Möglichkeiten unter Umständen auch überschneiden können.[4] Damit gibt es vielfältige Möglichkeiten für eine variationsreiche Präsentation verschiedener Lerninhalte und für eine abwechslungsreiche Arbeit.

4.1.1. Mediennutzung und Lernen mit Blick auf Kinder und Jugendliche

In unserer heutigen Mediengesellschaft muss sich ein Lehrer auch fragen, welche Faktoren zur Nutzung computerbasierter Angebote zu beachten sind, welche Chancen und Problemstellungen sich für Lernen, Erziehung und Bildung ergeben. Es entstehen Chancen, aber auch mögliche Probleme. Chancen öffnen sich im vielfältigen Angebot für Informationen, Bildung, Kommunikation, Unterhaltung und Meinungsbildung. Ebenso ist das Kennen lernen verschiedener Perspektiven über den Blickwinkel des sozialen Nahraums hinaus positiv zu verstehen. Man kann interessante Ereignisse selbst dokumentieren, eigene Aussagen kreativ gestalten und Öffentlichkeit herstellen. Für den Bereich Bildung sind noch die Möglichkeiten für offenes, kooperatives sowie selbst gesteuertes und -verantwortliches Lernen nennenswert.

Die Verstärkung der optischen und akustischen Sinnesreizung kann allerdings auch zur Überreizung des Seh- und Hörsinns führen. Es entsteht das Problem, dass die Aufmerksamkeit mehr durch Sinneserregung als durch inhaltliche Orientierung gelenkt wird. Dazu kommt die Fülle von Detailinformationen und die Vermischung verschiedener Ebenen, was schnell zu Überforderungen führen kann, z.B. durch die Anregung verschiedener Emotionen in kurzer Zeit oder durch widersprüchliche Wert- und Handlungsnormen. Ein schwerwiegender Kritikpunkt ist, dass diese Medien sanktionsfreie Bedürfnisbefriedigung ohne soziale Aktionen und Auseinandersetzungen ermöglichen, d.h. die Nutzer könnten zunehmend vor „anstrengenden“ sozialen Situationen ausweichen. Sehr wichtig ist aber auch, dass verschiedene – z.B. auf unterschiedliche Einkommen zurückzuführende – Zugangs- und Arbeitsmöglichkeiten zu Benachteiligungen führen können.

Man kann diese eben genannten Aspekte als eine Last ansehen und die Verwendung dieser neuen Medien ablehnen. Vielmehr stellen sie doch aber eine Herausforderung an die Erziehung und Bildung dar, denn ein persönlichkeits- und gesellschaftsförderlicher Umgang mit den neuen Medien bedarf eben der Unterstützung durch Erziehung und Bildung.

4.1.2. Ziele für Unterricht und Schule

Wir werden heutzutage mit einer zunehmend eskalierenden und divergierenden Vielfalt an Informationen konfrontiert. Dadurch wird eine Orientierung erheblich erschwert. Daraus folgt also, dass Erziehung und Bildung Orientierungshilfen ermöglichen müssen. Eine gewisse Unsicherheit aufgrund der Informationsvielfalt führt nicht gleich zur Hilflosigkeit, wenn die Fähigkeit gegeben ist zwischen sachlich richtigen und sachlich falschen Aussagen, zwischen nützlichen und weniger nützlichen Maßnahmen und Vorgehensweisen zu unterscheiden. Und diese Fähigkeiten herauszubilden und zu entwickeln sollte als wichtiger Bestandteil des Bildungsauftrages der heutigen Schule gesehen werden.

4.2. Theoretische Konzepte und Strukturen

Wichtige Fragen, die in diesem Abschnitt erörtert werden sollen, sind, welche lehr- und lerntheoretische Grundlagen für die Verwendung verschiedener Software für Lehr-Lernprozesse bedeutsam sind, welche didaktischen Anforderungen für den Unterricht mit dem Computer gelten und welche Aufgaben sich dem Lehrer bei der Vorbereitung und Durchführung von Lehren und Lernen mit neuen Medien stellen.

4.2.1. Lehr-lerntheoretische Grundlagen und Ansätze

Die neuen Medien der heutigen Zeit heben sich von den traditionellen Medien hervor durch vielfältige Kombinationsmöglichkeiten der verschiedenen Medienmerkmalen wie interaktive Möglichkeiten, vielseitige Verbindungsmöglichkeiten von Codierungsarten, Sinnesmodalitäten und Darstellungsformen, kommunikative Möglichkeiten und Bearbeitungsoptionen bei vorhandenen Materialien. Sie geben also eine gute Chance, viele Inhalte und Vorgehensweisen mit Rücksicht auf Lernvoraussetzungen in variationsreicher und lernwirksamer Weise zu vermitteln.

KULIK führte eine der bedeutendsten Meta-Analysen zum computerunterstützten Lernen durch, wobei 202 von 248 Studien (81%) einen höheren Lernerfolg beim computerbasierten Lernen aufwiesen. Allerdings sind in den computerbasierten Angeboten der meisten Studien noch nicht die multimedialen Möglichkeiten von heute zum Tragen gekommen. Die empirischen Ergebnisse lassen sich nach Tulodziecki in zwei Schlussfolgerungen zusammenfassen:

1. Mit geeigneter Software kann durch computerbasierte Angebote eine Verbesserung des Lernens im Sinne besserer Lerngewinne und verkürzter Lernzeiten erreicht werden.
2. Eine solche Verbesserung stellt sich jedoch nicht „automatisch“ ein, sondern nur unter bestimmten Bedingungen, die es noch weiter zu untersuchen gilt.[5]

Auch zum Lehren und Lernen mit Computer und Software haben sich mittlerweile einige Theorieansätze herausgebildet. Zum Aspekt der Informationsspeicherung bzw. -repräsentation sind u.a. die Theorieansätze aus Tabelle 1 interessant

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

- Tabelle 1: Theorieansätze zur Informationsspeicherung und -repräsentation[6]

Zur Gestaltung von Lernumgebungen wurden die Gemeinsamkeiten entsprechender Ansätze von Mandl/ Gruber/ Renkl in grundlegenden Forderungen zusammengefasst, die in Tabelle 2 zusammengetragen sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

- Tabelle 2: Grundlegende Forderungen an einen optimalen Lernprozess[7]

Auf der Grundlage dieser Darstellungen können computerbasierte Medien (eben z.B. Software-Angebote) unter dem Aspekt lehr-lerntheoretischer Annahmen differenziert analysiert und eingeschätzt werden.

4.2.2. Unterricht mit Computer-Software aus didaktischer Sicht

Die Arbeit mit Computer und Internet sollte sich in geeignete Lern- und Arbeitsformen eingliedern. Aus didaktischer und pädagogisch-psychologischer Literatur heraus lässt sich folgende idealtypische Strukturierung des Unterrichts – und damit auch des Unterrichts mit Computer und Internet – formulieren:

(1) Aufgabenstellung, Sammeln und Problematisieren, Lösungsvermutungen;
(2) Zielvereinbarung;
(3) Verständigung über das Vorgehen;
(4) Erarbeitung von Grundlagen für die Aufgabenlösung;
(5) Durchführung der Aufgabenlösung;
(6) Vergleich von Lösungen und Zusammenfassung des Gelernten;
(7) Einführen von Anwendungsaufgaben und deren Bearbeitung;
(8) Weiterführung und Reflexion des Gelernten und der Lernwege.[8]

Nun kann man überlegen, in welchen Phasen computerbasierte Angebote eine anregende oder unterstützende Funktion wahrnehmen können. In der Phase der Aufgabenstellung können durch Filme, Bilder, Tonteile, Texte oder Programme verschiedene Probleme, Entscheidungsfälle, Gestaltungs- oder Bearbeitungsaufgaben eingeführt werden. Die Zielvorstellungen und Vorgehensweisen wiederum sollten in den Lerngruppen personell diskutiert werden. In der Erarbeitungsphase können über den Computer Informationen abgerufen oder erarbeitet werden. Und bei der Aufgabenlösung sind geeignete Computer-Programme (Software) als Werkzeuge (Tools) oder Repräsentationshilfen gut einsetzbar. In der nächsten Phase sollten alle Lösungen präsentiert und kommentiert werden und können dann zusammenfassend mit Hilfe z.B. von Textverarbeitungssoftware dokumentiert werden. Zur Anwendung ist der Computer ähnlich wie bei der Aufgabenstellung einsetzbar. In einer Weiterführung sollten personale Gespräche weiterführende Fragen aufwerfen – zu denen u.U. Informationen über den Computer abgerufen werden können. Bei der abschließenden Reflexion sollte abermals das personal geführte Gespräch gesucht werden, wobei der Computereinsatz selbst Bestandteil der Analyse bzw. Reflexion sein sollte.

In diesen verschiedenen Phasen des Unterrichts können der Computer, die Computersoftware oder das Internet also verschiedene Funktionen übernehmen:

- Lernanregung und Lernhilfe
- Informationsquelle
- Werkzeug für die Erschließung von Informationen
- Werkzeug für die Be- und Verarbeitung von Daten
- Gegenstand von Analysen
- Bereitstellung von Materialien für die eigenständige Bearbeitung
- Instrument der Kommunikation und Kooperation
- Instrument der Speicherung und der Präsentation von Arbeitsergebnissen[9]

4.3. Medienpädagogische Aspekte

4.3.1. Konzepte und Leitideen der Medienerziehung

Persönlichkeitsfördernder und sozial verträglicher Umgang mit Informations- und Kommunikationstechniken stellt sich nicht von selbst ein, sondern bedarf der pädagogischen Anregung und Unterstützung. Damit ergeben sich für Unterricht und Schule verschiedene Erziehungs- und Bildungsaufgaben. Dazu entstanden in der Medienerziehung fünf verschiedene Konzeptionen, die ich an dieser Stelle nur kurz aufführen möchte.[10]

Beim behütend pflegenden Konzept geht es um die Sorge, dass Medien, die auf den Publikumsgeschmack ausgerichtet sind, zu einer kulturellen Verarmung führen könnten. Es entstanden somit das Prinzip der Behütung der Kinder und Jugendlichen vor Gefährdungen durch Massenmedien und das Prinzip des Vertraut machen mit wertvollen medialen Produkten.

Das ästhetisch-kulturorientierte Konzept ist ebenfalls durch zwei Prinzipien gekennzeichnet. Das eine ist das Prinzip der Kultivierung einer kritischen Einstellung zum Film und das andere ist das Prinzip der Wertschätzung des Films als Kunstform. Wichtige Ziele sind hier die Fähigkeiten, die Sprache angemessen zu verstehen, die ästhetischen Werte zu erfassen und Inhalte hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen, ethischen und geistigen Qualitäten zu beurteilen.

Nach dem funktional-systemorientierten Konzept soll der Mensch zum mündigen Individuum und Mitmenschen erzogen werden. Das Konzept ist in drei Teilziele aufgesplittet. Das erste ist das Verstehen der Medienangebote und der Zusammenhänge im Bereich der Massenkommunikation. Das nächste ist das Beurteilen der Medienangebote im Kontext der Massenkommunikation und ihrer gesellschaftlichen Funktion. Und das letzte ist das Einordnen der eigenen Teilhabe am Massenkommunikationsprozess im individuellen Lebenszusammenhang.

Das kritisch-materialistische Konzept zielt auf eine Befähigung zur Ideologiekritik ab. Das heißt, Medienprodukte, Mediensituationen und die eigene Rezeptionssituation im gesellschaftlichen Ganzen soll kritisch betrachtet werden können.

Das handlungs- und interaktionsorientierte Konzept strebt den Erwerb von Einsichten in Prozesse medialer Kommunikation, die Entwicklung von Rezeptions- und Produktionskompetenz und die Befähigung zu selbstbestimmten und situationsangemessenem Handeln im Medienbereich unter Beachtung sozialer und gesellschaftlicher Zusammenhänge an.

4.3.2. Konzeptionelle Überlegungen zur informationstechnischen Grundbildung

Die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung nennt zur Einbeziehung von Computern in den Bildungsprozess zwei Prinzipien:

1. Das Durchschauen der Computertechnologie und ihrer Anwendungen.
2. Die verantwortungsbewusste Nutzung der Computertechnik und ihrer Anwendungen zur Förderung von Wirtschaft und Gesellschaft.[11]

Dazu werden dann noch folgende Ziele genannt:

- Die Aufarbeitung und Einordnung von individuellen Erfahrungen mit Informationstechniken.
- Die Vermittlung von Grundstrukturen und Grundbegriffen, die für die Informationstechniken von Bedeutung sind.
- Die Einführung in die Handhabung eines Computers und dessen Peripheriegeräten.
- Die Vermittlung von Kenntnissen über Einsatzmöglichkeiten und die Kontrolle der Informationstechniken.
- Die Einführung in die Darstellung von Problemlösungen in algorithmischer Form.
- Die Gewinnung eines Einblicks in die Entwicklung der elektronischen Datenverarbeitung.
- Die Schaffung eines Bewusstseins für die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen, dir mit der Verbreitung der Mikroelektronik verbunden sind.
- Die Darstellung der Chancen und Risiken der Informationstechniken sowie der Aufbau eines rationalen Verhältnisses zu diesen.
- Die Einführung in Probleme des Persönlichkeits- und Datenschutzes.[12]

In Nordrhein-Westfalen z.B. werden zur informations- und kommunikationstechnischen Grundbildung folgende drei Aufgaben genannt:

1. Anwendungen kennen lernen
2. Grundstrukturen und Funktionen untersuchen
3. Auswirkungen reflektieren und beurteilen[13]

In Bayern hingegen wird das Gesamtkonzept für die informationstechnische Bildung in der Schule nach den folgenden Gesichtspunkten gegliedert:

- Bedeutungen und Auswirkungen des Computers
- Nutzung des Computers
- Algorithmik
- Datenverarbeitung als Lerngegenstand
- Computer als Medium[14]

In jedem Fall gehört die Reflexion über die Auswirkung der modernen Technologien zur informationstechnischen Grundbildung. Weiter sollen grundsätzliche Funktionen der Computertechnik bekannt sein. Und die praktische Nutzung des Computers bzw. das Kennen lernen von Anwendungen gehört ebenso unbedingt dazu.

4.4. Merkmale von Computer-Software

Für einen Pädagogen, der seinen Unterricht durch die Arbeit mit Computersoftware bereichern will, ist es sehr wichtig, zu wissen, welche Merkmale es gibt, die man bei jedem Softwaretypus überwiegend finden sollte. Im Groben unterscheidet man hier vier Hauptmerkmale:

1. die „Interaktivität",
2. die „Individualisierung"
3. die „Adaptivität"
4. die „Kontrollinstanz".[15]

Eine Computersoftware ist in dem Maße als ´interaktiv` zu bezeichnen, in dem die Abfolge, die Auswahl und der Darbietungszeitpunkt der zu übermittelnden Informationen wesentlich durch Aktionen bzw. Reaktionen des Benutzers (Lerners) bestimmt wird. Der Begriff „Interaktivität" beschreibt also eine Reihe von Eingriffs- und Steuermöglichkeiten des Benutzers. Versteht man nun motiviertes Lernen als aktiven Einbezug des Lernenden in das Lerngeschehen, so kann diese gleichermaßen durch interaktive Techniken gefördert werden.

„Individualisiertes Lernen findet nun also dann statt, wenn die Interaktivität eines Programms die Auswahl und die Darbietung von Lerninformationen ermöglicht, die den jeweiligen Interessen und Lernbedürfnissen des Lernenden an einer bestimmten Stelle im Lernprozess entsprechen.“[16] Von großer Bedeutung dafür sind angemessene Formen der zyklischen Rückkopplungen (Feedbacks), durch die im individuellen Lerntempo vorangeschritten werden kann.

Ein interaktives Programm ist nun noch adaptiv, wenn das Verhalten des Programms an den Merkmalen des Individuums (des individuellen Lerners) orientiert ist. Vor allem das jeweilige Vorwissen, die individuell benötigte Lernzeit, die Lese- und Verarbeitungsgeschwindigkeit, systematische Fehler des Lernenden sowie die individuellen Lernstrategien sind dabei durch das Programm zu berücksichtigen.

Eine Kontrollfunktion muss bei einem Lernprogramm vorhanden sein, um die Funktionen des Programms erfüllen zu können. Es müssen also bestimmte Leitlinien vorhanden sein, damit der Lernende die Möglichkeit haben, die eigenen Lernprozesse einschätzen zu können. Durch die Kontrolle wird der persönliche Lernprozess beurteilt und für die Anwender wahrnehmbar.

4.5. Motivation und Lernen mit Computer-Software

Was bewegt einen Menschen, sich für etwas anzustrengen? Es ist die Motivation. Motivationsprozesse sind Verhaltensweisen, die von der Persönlichkeit eines Menschen und dessen Umwelt abhängig sind. Diese Variablen können wiederum geändert werden, um die Motivation von Schülern zu steigern. Motivation ist daher „die Absicht oder Bereitschaft einer Person sich in einer konkreten Lernsituation intensiv und ausdauernd mit einem Gegenstand auseinander zu setzen."[17] Dabei unterscheidet man die extrinsische von der intrinsischen Motivation, wobei beide Begriffe sehr eng mit dem Begriff des Interesses und der Leistungsmotivation verknüpft sind.

In diesem Abschnitt soll kurz aufgezeigt werden, wie Schüler bei der Arbeit bzw. beim Lernen mit Computersoftware allein schon durch die Software motiviert werden können.

Die Motivation kann auch ohne ständiges Loben, durch interessante inhaltliche Aufbereitung eines Sachverhaltes gefördert werden. Z.B. können bei Lernprogrammen überraschende Elemente wie animierte Grafiken o.ä. mit einbezogen werden. Außerdem wirken bekannte Beispiele in der Anfangsphase oder einmalige und ungewöhnliche Kontexte, wie z.B. das Gesetz von Angebot und Nachfrage am Beispiel von Marihuanapreisen, ebenso motivationsfördernd.

Dem entgegen könnten sich methodisch undurchdachte Animationsgrafiken demotivierend auf Schüler auswirken, denn viele Animationsgrafiken wollen keinen Sachverhalt verdeutlichen, sondern lediglich etwas Spaß beim Benutzer erzeugen.

Computerspezifische Reize, wie z.B. Farbe oder Schrift können für Schüler ebenfalls motivierend wirken, wenn sie angemessen aufgeboten werden. So kann die Verwendung von Darstellungen in Form von statischen oder dynamischen Grafiken Inhalte näher erklären und zusätzlich dazu die Verwendung von bekannten Beispielen zur Erlangung von Kenntnissen bei Schülern führen.

Äußerst wichtig ist dabei auch die Verwendung einer verständlichen Sprache, so dass man eben nur wenige Fremdwörter und kurze Sätze in einem Programm einarbeitet, damit die Lernenden nicht schon beim Lesen die Lust verlieren, weiterhin mit dem Programm zu arbeiten.

Eine gute Software sollte außerdem die Möglichkeit bieten, Hilfen zur Steuerung zu geben. Fest steht auch, dass durch eine überladene Kombination von Bild-, Ton- und Textinformationen häufig zu komplexe Aussagen entstehen, die deren Verständnis erschweren. Zuwenig stimulierte Details jedoch wirken ebenso aversiv und dysfunktional. Es muss daher ein gesundes Maß zwischen beidem gefunden werden, wenn es darum geht den Schüler zu stimulieren und motivieren.

Simulative Elemente verdeutlichen in Form eines Modells die funktionalen Zusammenhänge der Realität und können somit unterschiedliche Arten des Lernens fördern. Experimente, die im konventionellen Schulversuch schlecht oder gar nicht durchgeführt werden können, wie z.B. die Explosion einer Bombe, können so in Form einer Simulation dargestellt werden und den Erfahrungsbereich der Schüler erweitern. Motivationssteigernd wirkt dabei das Überprüfen von Hypothesen aus der Simulation sowie das Ausprobieren von verschiedenen Strategien.

[...]


[1] Vgl. Microsoft Encarta Enzyklopädie Plus 2000

[2] Vgl. Hagemann: Der Computer im Unterricht mit geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern, Aachen, 1997, Seite 72

[3] Vgl. Tulodziecki: Computer & Internet im Unterricht – Medienpädagogische Grundlagen und Beispiele, Berlin, 2002, Seite 17 f.

[4] Vgl. Ebd., Seite 19

[5] Vgl. Ebd., Seite 79

[6] Vgl. Ebd., Seite 81 f.

[7] Vgl. Ebd., Seite 84

[8] Vgl. Ebd., Seite 91

[9] Vgl. Ebd., Seite 94 f.

[10] Vgl. Ebd., Seite 124 ff.

[11] Vgl. Ebd., Seite 142 ff.

[12] Vgl. Ebd., Seite 144

[13] Vgl. Ebd., Seite 145

[14] Vgl. Ebd., Seite 145

[15] Vgl. Husemann: Computerunterstütztes Lernen - Der programmierte Unterricht, 2004

[16] Ebd.

[17] Ebd.

Excerpt out of 196 pages

Details

Title
Lernen mit Computersoftware: Möglichkeiten an der Schule für Lernbehinderte
College
Martin Luther University  (Rehabilitationspädagogik)
Course
Erstes Staatsexamen für Lehrämter in Sachsen Anhalt
Grade
1,0
Author
Year
2004
Pages
196
Catalog Number
V32499
ISBN (eBook)
9783638332064
File size
1952 KB
Language
German
Notes
Anfangs wird die gesellschaftliche Bedeutung des Computers aufgezeigt und ein historischer Abriss der Entwicklung gegeben. Nun wird allgemein erörtert, warum der Einsatz von Computer und Co im Unterricht so wünschenswert, fast notwendig ist. Anschließend wird geklärt, warum dies verstärkt bei Schülern mit Lernbehinderungen von hohem Wert ist. Dazu wird eine Bestandsaufnahme mittels einer Umfrage ausgewertet, danach Budenberg und "Alfons Lernwelt" kurz beschrieben u. ein möglicher Ausblick gegeben. ACHTUNG: 102-seitiger Anhang
Keywords
Lernen, Computersoftware, Möglichkeiten, Schule, Lernbehinderte, Erstes, Staatsexamen, Lehrämter, Sachsen, Anhalt
Quote paper
Thomas Schrowe (Author), 2004, Lernen mit Computersoftware: Möglichkeiten an der Schule für Lernbehinderte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32499

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Title: Lernen mit Computersoftware: Möglichkeiten an der Schule für Lernbehinderte



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