Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Betrachtung klassischer sowie neuerer Ansätze zur Überwindung von Ineffizienzen, die aus unvollständigen Arbeitsverträgen resultieren.
Die neoklassische Arbeitsmarkttheorie geht von einem kompetitiven Umfeld aus, bei dem Arbeitsangebot und -nachfrage und somit Lohn und Beschäftigung langfristig zu einem stabilen, markträumenden Gleichgewicht finden. Jeder Arbeitnehmer, der bereit ist zu den vorherrschenden Konditionen Arbeit anzubieten, wird eine Beschäftigung finden. Langfristig tendiert der Markt zur Vollbeschäftigung. Die unfreiwillige Arbeitslosigkeit wird nach dieser Theorie durch Staatseingriffe, hohem Gewerkschaftsgrad und Branchenumstrukturierungen bedingt.1
Kritiker dieser Theorie sehen dabei einen wichtigen Aspekt vernachlässigt. Verträge zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind meist in hohem Grade unvollständig. Sie regeln die Entlohnung, Sozialleistungen, Arbeitszeit u.ä.. Der eigentliche Anlass für das Zustandekommen eines Arbeitsvertrages, nämlich die Leistung des Arbeitnehmers, wird meist nur sehr ungenau spezifiziert. Der Arbeitnehmer hat innerhalb dieser Vertragsschranken häufig einen hohen diskretionären Entscheidungsspielraum. Hieraus ergibt sich unmittelbar die Prinzipal-Agenten-Problematik. Der Arbeiter hat die Möglichkeit, seinen Freiraum sowohl zur Steigerung des Leistungsniveaus wie auch zur Bummelei zu nutzen. Zudem sind die Leistungen des Arbeitnehmers zwar häufig für beide Parteien beobachtbar, aber weder vertraglich bestimmbar noch gegenüber einer dritten Partei verifizierbar. Der Arbeitgeber versucht diese Unsicherheit der Leistungsimplementierung mit den ihm zur Verfügung stehenden, geeigneten Instrumenten zu überwinden.
Klassische Arbeitsmarktmodelle gehen seit mehr als 100 Jahren ausschließlich von egoistischen Akteuren aus. Der sog. homo oeconomicus ist ein vollständig rationales Wesen, das ständig bemüht ist, seinen eigenen Nutzen durch optimale Wahl seiner Entscheidungsvariablen zu maximieren. Unter der Annahme dieses Menschentypen wurden diverse Modelle entwickelt, die anhand von Effizienzlöhnen den Arbeitnehmer zu einer effizienten Leistungserbringung disziplinieren sollen.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung in die Problematik
- Gründe für die Existenz von Unternehmen und Arbeitsverträgen
- Unterschiede zwischen einer Markt- und einer Unternehmensökonomie
- Sinn und Zweck von Arbeitsverträgen
- Arbeitsverträge aus ökonomischer Sicht
- Arbeitsverträge aus juristischer Sicht
- Unvollständige Arbeitsverträge: Definitionen und Erklärungsansätze
- Beschränkte Rationalität und Informationsasymmetrie
- Kosten der Vertragsgestaltung
- Weitere Erklärungsansätze für unvollständige Verträge
- Reziprozität als Grund für unvollständige Arbeitsverträge
- Komplexe Arbeitsaufgaben
- Intrinsische Motivation
- Konsequenzen und Lösungsansätze unvollständiger Arbeitsverträge
- Durchsetzung von Arbeitsverträgen
- Selbstdurchsetzbarkeit von Verträgen
- Reziprozität und langfristige bilaterale Beziehungen als Vertragsdurchsetzung
- Erhöhte Leistungswahl aufgrund von Reziprozität
- Reputationen und langfristige bilaterale Verhandlungen
- Gerichtliche Vertragsdurchsetzung
- Lohnpolitik als Mittel zur Steigerung des Leistungsniveaus
- Effizienzlohnmodell von Shapiro und Stiglitz
- Lohnkürzungen und Lohnfairnesshypothese
- Investitionsverhalten
- Hold-up Problem
- Investitionsverhalten unter verschiedenen Eigentumsstrukturen
- Vertragsgestaltung
- Arbeitsplätze mit geringem diskretionären Entscheidungsspielraum
- Arbeitsplätze mit hohem diskretionären Entscheidungsspielraum
- Durchsetzung von Arbeitsverträgen
- Abschließende Bemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Problematik unvollständiger Arbeitsverträge und untersucht klassische sowie neuere Ansätze zur Überwindung der daraus resultierenden Ineffizienzen. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse der Prinzipal-Agenten-Problematik und der Suche nach Mechanismen, die die Leistungserbringung von Arbeitnehmern trotz unvollständiger Verträge effizient gestalten.
- Die Bedeutung unvollständiger Arbeitsverträge für die Arbeitsmarktdynamik
- Die Rolle von Informationsasymmetrie und beschränkter Rationalität bei der Entstehung von Ineffizienzen
- Die Untersuchung verschiedener Modelle zur Vertragsdurchsetzung und Leistungsanreizen
- Die Bedeutung von Reziprozität und langfristigen Beziehungen für die Effizienz von Arbeitsverträgen
- Die Analyse des Investitionsverhaltens unter unvollständigen Verträgen
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einführung in die Problematik Dieses Kapitel führt in die Problematik unvollständiger Arbeitsverträge ein und stellt die traditionelle neoklassische Arbeitsmarkttheorie sowie deren Kritik dar. Es wird erläutert, wie unvollständige Verträge zu Ineffizienzen führen können, da sie die Leistung des Arbeitnehmers nur unzureichend spezifizieren.
- Kapitel 2: Gründe für die Existenz von Unternehmen und Arbeitsverträgen Dieses Kapitel beleuchtet die Unterschiede zwischen einer Markt- und einer Unternehmensökonomie und erklärt den Sinn und Zweck von Arbeitsverträgen aus ökonomischer und juristischer Sicht.
- Kapitel 3: Unvollständige Arbeitsverträge: Definitionen und Erklärungsansätze Dieses Kapitel definiert den Begriff des unvollständigen Arbeitsvertrages und analysiert verschiedene Erklärungsansätze für ihre Entstehung, einschließlich beschränkter Rationalität, Informationsasymmetrie, Kosten der Vertragsgestaltung und weiteren Faktoren wie Reziprozität, komplexen Arbeitsaufgaben und intrinsischer Motivation.
- Kapitel 4: Konsequenzen und Lösungsansätze unvollständiger Arbeitsverträge Dieses Kapitel untersucht die Konsequenzen unvollständiger Arbeitsverträge, einschließlich der Schwierigkeiten bei der Durchsetzung von Verträgen, des Hold-up Problems und des Investitionsverhaltens. Es werden verschiedene Lösungsansätze vorgestellt, darunter Selbstdurchsetzbarkeit, Reziprozität, gerichtliche Vertragsdurchsetzung, Lohnpolitik und die Gestaltung von Arbeitsplätzen mit unterschiedlichem diskretionären Entscheidungsspielraum.
Schlüsselwörter
Unvollständige Arbeitsverträge, Prinzipal-Agenten-Problematik, Informationsasymmetrie, beschränkte Rationalität, Reziprozität, Effizienzlohnmodell, Hold-up Problem, Investitionsverhalten, Vertragsgestaltung, Leistungserbringung, Arbeitsmarktdynamik.
- Citation du texte
- Jens Richterich (Auteur), 2004, Theorie und Empirie unvollständiger Arbeitsverträge, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32523