[...] Als Kaiser Franz II am 27.04.1803 das vom
Reichstag am 24.03.1803 übernommene Gesetz ratifizierte war es amtlich: Die überwiegende
Mehrheit der deutschen Reichsstädte würde es in Zukunft in dieser Rechtsform
nicht mehr geben. Damit ging eine reichsstädtische Tradition und ein Selbstverständnis
zu Ende, das seine Wurzeln weit zurück im Mittelalter hatte.
In dieser Arbeit soll beschrieben werden, wo diese Wurzeln zu finden sind und welches
Schicksal die deutschen Reichsstädte in den Jahrhunderten ihrer Existenz miteinander
verband. In einem zweiten Teil soll detaillierter gezeigt werden, welche
Ereignisse dem für die Reichsstädte so schicksalhaften Reichsdeputationshauptschluss
vorausgingen. Die Mediatisierung so vieler Reichsstädte kam, wie dargestellt
werden soll, nicht aus heiterem Himmel. Der Frage ob und mit welchem Erfolg Aktivitäten
von den Magistraten ausgingen, um eine drohende mediate Zukunft abzuwenden
soll dabei insbesondere im Mittelpunkt stehen. Die verschiedenen Positionen
von beteiligten Mächten und Personengruppen in und um den RDH herum soll dargestellt
werden und ferner auf die Situation und die Meinungstendenzen in den
Städten eingegangen werden, wo oft der Wunsch nach Mediatisierung zu vernehmen
war. Viele reichsstädtische Bürger erlebten die letzten Jahre des immediaten Status
ihrer Stadt als eine Art Endzeit, in der die wirtschaftliche Situation von einer Krise
zur nächsten strauchelte, die oligarchische Regierung korrupt, unfähig und festgefahren
war und sie sehnten sich nach Reformen fast so sehr wie nach einem endgültigen
Frieden. Letztlich soll auch der zuweilen zu lesenden Meinung nachgegangen
werden, dass der RDH verfassungswidrig gewesen sei und gezeigt werden, dass er
obschon nicht verfassungskonform so doch rechtswirksam war. Als Ergebnis des
RDH verloren fast alle Reichsstädte ihre Unmittelbarkeit. Warum das nicht bei allen
der Fall war soll thematisiert werden, ebenso die Frage beantwortet werden, warum
es den drei Hansestädten Hamburg, Bremen und Lübeck, sowie bei Frankfurt, Nürnberg
und Augsburg gelang immediat zu bleiben. Die wirtschaftliche Kraft der Handelsmetropolen
spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle, wie die kluge und rechtzeitige
politische Einflussnahme. In einem letzten Teil wollen wir verfolgen, wie die
Umsetzung der Ergebnisse des RDH in Bayern erfolgte, lange bevor dieses letzte
Reichsgrundgesetz überhaupt in Kraft trat und welches Schicksal den verbleibenden
sechs Reichsstädten noch bevorstand.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Reichsstädtische Freiheit
- Ursprung und Verfassung der deutschen Reichsstädte
- Die Reichsstädte in der frühen Neuzeit
- Der Reichsdeputationshauptschluss
- Vorgeschichte des Reichsdeputationshauptschlusses
- Verhandlungspositionen auf dem Reichsdeputationshauptschluss
- Positionen außerhalb der Städte
- Meinungstendenzen in den Städten
- Ergebnisse des Reichsdeputationshauptschlusses
- Die Frage der Verfassungsmäßigkeit
- Das Ende reichsstädtischer Freiheit
- Die Zusammensetzung des neuen Städtekollegiums
- Die Zeit nach dem Reichsdeputationshauptschluss
- Praktische Umsetzung
- Ausblick: Das Schicksal der verbliebenen Reichsstädte
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Geschichte der deutschen Reichsstädte, insbesondere ihr Schicksal im Reichsdeputationshauptschluss von 1803. Sie beleuchtet die Wurzeln reichsstädtischer Freiheit, die Ereignisse, die zum RDH führten, und die Auswirkungen auf die Reichsstädte. Dabei stehen die Verhandlungspositionen der beteiligten Mächte und die Meinungstendenzen in den Städten im Fokus. Die Arbeit betrachtet außerdem die Frage der Verfassungsmäßigkeit des RDH und die praktische Umsetzung seiner Ergebnisse.
- Entstehung und Entwicklung der reichsstädtischen Freiheit
- Die Verhandlungspositionen der Reichsstände und der Städte im RDH
- Die Folgen des RDH für die Reichsstädte, insbesondere die Mediatisierung
- Die rechtliche und politische Bewertung des RDH
- Die praktische Umsetzung des RDH in den deutschen Territorien
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet den Ursprung und die Verfassung der deutschen Reichsstädte. Es beschreibt die Entwicklung der Reichsstädte vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit und stellt ihre besonderen Rechte und Pflichten gegenüber dem Reich dar. Das zweite Kapitel befasst sich mit den Reichsstädten in der frühen Neuzeit. Es analysiert die faktische Unabhängigkeit der Reichsstädte, die Rolle des Kaisers als Schutzherrn und die Problematik der Verpfändungen, die zu einem Verlust der Reichsunmittelbarkeit führten. Kapitel 3 thematisiert den Reichsdeputationshauptschluss und seine Vorgeschichte. Es beschreibt die Gründe für den Krieg gegen Frankreich, die Belastung der Reichsstädte und die unterschiedlichen Positionen der Reichsstände und der Städte im RDH. Das vierte Kapitel befasst sich mit den Folgen des RDH für die Reichsstädte und der praktischen Umsetzung seiner Ergebnisse. Es analysiert die rechtliche Bewertung des RDH und die Situation der verbliebenen Reichsstädte.
Schlüsselwörter
Reichsstadt, Reichsdeputationshauptschluss, Mediatisierung, Reichsunmittelbarkeit, Reichsstand, Stadtrepubliken, Verpfändung, Reichstag, Kaiser, Frankreich, Krieg, Verhandlungsposition, Meinungstendenzen, Verfassungsmäßigkeit, Praktische Umsetzung, Bayern.
- Citation du texte
- Sikko Neupert (Auteur), 2004, Das Schicksal der deutschen Reichsstädte im Reichsdeputationshauptschluss vom 25.02.1803, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32725