Die orthoëpische Norm (auch Aussprachenorm, Hochlautung, Orthophonie, Lautungsnorm) der deutschen Sprache regelt, wie die deutsche Sprache ausgesprochen werden soll. Doch anders als bei der Rechtschreibung gibt es bei der Aussprache viele strittige Fälle, vor allem bei den Unterschieden zwischen deutschländischem, österreichischem und schweizerischem Deutsch. Der Prozess der Normierung dauert schon viele Jahre an und ist bis heute nicht abgeschlossen. Erst 1986 konnte man sich auf den flexiblen Begriff Deutsch als plurizentrische Sprache einigen und rückte damit von der Vorstellung des einen richtigen Deutsch ab. Das Deutsche begegnet uns von Norden nach Süden und Westen nach Osten in sehr unterschiedlichen Färbungen. Dennoch ist im deutschsprachigen Raum eine Verständigung aller Sprecher meist problemlos möglich, sicherlich auch, weil deutsche Sprecher und Sprecherinnen (im Unterschied etwa zu französischen oder englischen) gegenüber landschaftlichen Aussprachebesonderheiten ihrer Gesprächspartner eine große Toleranz zeigen. Damit ist wohl auch zu erklären, warum „das öffentliche Interesse an einer Regelung der Aussprache doch insgesamt gering ist“ und warum so gut wie jeder ein Nachschlagewerk der deutschen Rechtschreibung, zumeist wohl den Duden, zuhause stehen hat, aber so gut wie niemand, ein Aussprachewörterbuch, was eigentlich ein Paradox ist, da nicht jeder in seinem täglichen Leben schreiben muss, wohl aber niemand von sich behaupten kann, er würde nicht täglich sprechen. Dialekt und Umgangssprache sind heute im deutschsprachigen Raum keine Besonderheit mehr und selbst bei Sprechern des öffentlichen Lebens, wie Politikern oder Nachrichtensprechern kann nicht mehr von einer reinen Hochlautung die Rede sein. Andererseits scheint jeder deutsche Sprecher zu wissen, wie er die Sprache, der er sich bedient, aussprechen muss, da sonst die oben angesprochene Verständigung nicht möglich wäre. Es muss also doch Normen geben, die jedem Sprecher bekannt sind und an die er sich hält, zumindest wenn er mit seinem Gegenüber nicht in seinem gewohnten Dialekt sprechen kann. Die Entstehung der vorhandenen und doch zumindest unterbewusst bekannten Normen der deutschen Aussprache ist Thema dieser Arbeit, ebenso wie ein Blick auf die Unterschiede zwischen festgelegten Normen und der Sprechwirklichkeit in den deutschsprachigen Gebieten. Die Arbeit nähert sich dem Thema dabei mehr von der sprachgeschichtlichen als von der linguistischen Seite.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Früheste Entwicklungen einer Normierung der Aussprache
- Bühnenaussprache
- Hochsprache, Hochlautung und Standardaussprache.
- Deutsch als plurizentrische Sprache
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Entstehung und Entwicklung der orthoepischen Norm der deutschen Sprache, also den Regeln für die Aussprache. Sie untersucht die historischen Faktoren, die zur Normierung der Aussprache führten, und beleuchtet die Unterschiede zwischen der festgelegten Norm und der Sprechwirklichkeit in den deutschsprachigen Gebieten.
- Die Herausforderungen der Normierung der Aussprache im 19. Jahrhundert aufgrund der politischen Fragmentierung Deutschlands
- Die Rolle der Bühnenaussprache als Vorbild für eine einheitliche Aussprache
- Die Entwicklung der Hochlautung als Ideal für eine standardisierte Aussprache
- Die Herausforderungen der Normierung im Kontext der plurizentrischen Natur des Deutschen
- Der Einfluss von Dialekten und Umgangssprache auf die Sprechwirklichkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Diese Einleitung führt in das Thema der orthoepischen Norm ein und stellt die Forschungsfrage nach der Entstehung und Entwicklung der Aussprachenormierung in Deutschland. Sie beleuchtet die Herausforderungen, die sich aus der politischen Fragmentierung und der Vielfalt der Dialekte ergeben.
Früheste Entwicklungen einer Normierung der Aussprache
Dieses Kapitel behandelt die frühen Versuche einer Normierung der Aussprache im 19. Jahrhundert. Es wird die Rolle der politischen Fragmentierung und des Einflusses verschiedener Dialekte auf die Ausspracheentwicklung untersucht.
Bühnenaussprache
Dieses Kapitel analysiert die Rolle der Bühnenaussprache als Vorbild für eine einheitliche Aussprache. Es beleuchtet die Bemühungen von Schauspielern und Theaterleitern, eine „Mustersprache“ zu etablieren.
Hochsprache, Hochlautung und Standardaussprache
Dieses Kapitel befasst sich mit der Entwicklung der Hochsprache und der Hochlautung als Ideale für eine standardisierte Aussprache. Es untersucht die Bedeutung der niederdeutschen Aussprache und die Bemühungen um einen Ausgleich zwischen Niederdeutsch und Oberdeutsch.
Schlüsselwörter
Orthoepische Norm, Aussprachenorm, Hochlautung, Orthophonie, Lautungsnorm, deutsche Sprache, Normierung, Sprachgeschichte, Dialekte, Bühnenaussprache, Hochsprache, Standardaussprache, Plurizentrizität
- Quote paper
- Jan Hendrik Schmidt (Author), 2004, Die orthoepische Norm, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32869