Entwicklung und Entwicklungstheorie


Hausarbeit, 2001

21 Seiten, Note: 2,2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretische Dimensionen von Entwicklung
2.1 Entwicklungstheorien und deren Kritikansätze
2.1.1 Modernisierungstheorien
2.1.2 Dependenztheorien
2.1.3 Die achtziger und neunziger Jahre

3 Kulturelle Dimensionen von Entwicklung und Unterentwicklung
3.1 Sozio-kulturelle Üerlegungen
3.2 Entwicklungshilfe aus Eigeninteresse?

4 Schlussfolgerungen

5 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die Begriffe Unterentwicklung, Entwicklungsländer und dritte Welt sind heute ein fester Bestandteil der Berichterstattung in den Medien. Jedoch liegen ihnen häufig stereotype Vorstellungen von Kausalitäten zugrunde die durch einseitige Berichterstattung zusätzlich forciert und gefestigt werden. Somit werden diese Begriffe, mit denen ich mich in dieser Hausarbeit auseinandersetzen möchten, außerordentlich selbstverständlich angewendet, obwohl Bedeutung und Zusammenhänge oft unklar sind. Mein Ziel wird sein die Geschichte, Begrifflichkeiten und Hintergründe von Entwicklung und „Dritte Welt“ zu beleuchten um herauszufinden ob diese Begriffe auch heut noch angebracht sind.

Die Literatur über dieses Thema der Entwicklungstheorie ist zwar sehr reichhaltig, beschränkt sich jedoch aufgrund des Bestandes der Universität auf relativ ältere Publikationen. Auch zu den wichtigen Zeitschriften E+Z und Journal of development relations habe ich örtlich bedingt keinen Zugang. Ich hoffe dennoch einen guten historischen Überblick geben zu können und die Fragen auch mit der vorhandenen Literatur beantworten zu können.

2 Theoretische Dimensionen von Entwicklung

Die essenzielle Problematik des Begriffes Entwicklungshilfe will ich im ersten Abschnitt dieser Hausarbeit anhand der Entwicklungstheorie darstellen. Durch Debatten über Sinn, Inhalt und Ziele der Entwicklungshilfe sind die Termini nach und nach mit einem gewaltigen Ausmaß an theoretischem Gehalt überschüttet worden. Entwicklung. Dieses Wort mag ein terminologisches Relikt vergangener Kontroversen sein, das bis heute alle Paradigmenwechsel überlebte. So antiquiert dieser Begriff, wie auch der Ausdruck Entwicklungshilfe, sein mag ist er doch nach wie vor Leitwort eines ganzen Wissenschaftszweiges, der Entwicklungsforschung.

Eine universell anerkannte Definition des Begriffs und seines Gegenstandes ist aufgrund seiner dauernden Veränderungen nicht herzuleiten. Doch eine Begriffsbestimmung zur Erklärung der Zusammenhänge von Entwicklung, Rück- oder Fehlentwicklung ist sinnvoll und notwendig. Dies aber kann nicht durch eine eindimensionale Definition geschehen. Vielmehr ist ein von räumlichen und zeitlichen Bedingungen abhängiger Kernbestand von Eigenschaften einzugrenzen, die den Entwicklungsbegriff ausmachen. Entwicklung kann niemals statisch sein, sondern muss stets offen für wissenschaftliche Diskussionen bleiben.[1]

Positiv eingegrenzt bezeichnet der „Begriff ’ (...) den erwünschten sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt(...)’“[2]. Doch was erwünscht wird, unterliegt mannigfaltigen Bedingungen, wie z.B. ethnischer und kultureller Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe und ändert sich je nach Betrachtung ständig.

Negativ eingegrenzt muss Entwicklung in etwa mit dem Verhindern oder Beseitigung von Hunger und Krankheit beginnen, was sich im Endeffekt ausschließlich auf die Verbesserung der Lebensbedingung bezieht. Was in anderen Kulturen aber als Verbesserung der Lebensqualität gilt, kann sich ein aus einem westlichen Industrieland Kommender nur schwerlich vorstellen. Schließlich ist er geprägt durch seine nach Wohlstand strebende Kultur und kann Lebensqualität nur anhand dieser Maßstäbe festmachen.

Doch worauf fußt Entwicklung? Je nach historischem und geographischem Hintergrund muss ein sich in Entwicklung befindliches Land Potentiale oder Anlagen haben. Wie aber ist mit diesen eigenen Potentialen umzugehen? Muss Entwicklung als Ziel stets das Modell des westlichen Industriestaats haben? Was sind die Ziele? Wer setzt diese fest? Und warum tut er dies? Fest steht jedenfalls: außerhalb globaler Strukturen kann Entwicklung heutzutage kaum noch stattfinden.

Diese Fragen sind meiner Meinung nach für die Perspektiven der Entwicklungspolitik der Zukunft von Bedeutung und werden von mir später untersucht werden.

2.1 Entwicklungstheorien und deren Kritikansätze

Zunächst möchte ich den Sinn der Entwicklungstheorie umreißen und ihn von den Begriffen Entwicklungsstrategien und Entwicklungspolitik abgrenzen:

Die Theorie der Entwicklungsforschung will anhand allgemeiner und recht abstrakter Aussagen über Merkmal, Bestandteile und Verlauf von Entwicklung den Vorgang von Entwicklungsprozessen erklären. Es handelt sich um eine Suche nach wissenschaftlich gesicherten Antworten, die Ergebnis wissenschaftlicher Hypothesenbildung sein müssen. Entwicklungsstrategien hingegen stellen die aus der Theorie abgeleiteten Alternativen für die Entwicklungspolitik dar und sind primär handlungsorientiert. Die Entwicklungspolitik schließt letztendlich alles entwicklungsrelevante Handeln, das zur Erreichung der gewünschten Entwicklungsziele ergriffen werden kann, ein. Ihre Träger sind Entwicklungsländer, Industrieländer und sowohl staatliche, als auch nichtstaatliche Organisationen. Liegen Entwicklungstheorien paradigmatische oder gar normative Charaktere zugrunde, dann haben diese Theorien eine klare Orientierungsfunktion. In diesen Fällen spricht man von Entwicklungsmodellen.[3]

Paradigmen dienen, wie ich später anhand einiger Beispiele zeigen werde, dazu, bestimmten Faktoren eine strategische Bedeutung zuzuweisen. Geleitet wird diese Auswahl (in der Vergangenheit überwiegend durch Vertreter westlicher Industrieländer) anhand politischer Handlungsmotivation und Erklärungsbedürfnisse. So wirkt sich die Paradigmenwahl auf der Erklärung der Armut aus. Ohne diesen Prozess wäre die wissenschaftliche Umgang mit diesem Themenkomplex anhand Falsifikation und Fehleranalyse unmöglich, da erst die Paradigmenwahl eine Heterogenität in der Wissenschaft mit der üblichen ideologischen Lagerbildung erzeugt.[4]

Exemplarisch standen sich in der Vergangenheit die Stränge der bürgerlichen Modernisierungstheorien und der neomarxistischen Imperialismus- und Dependenztheorie gegenüber. Beide theoretische Schulen strebten eine nachholende Entwicklung an, die als Ziel die moderne Industriegesellschaft hatte. Waren aber auf der einen Seite die kapitalistischen Ökonomien Vorbild, so wurde auf der anderen Seite das Muster einer sozialistischen Politökonomie propagiert.[5]

2.1.1 Modernisierungstheorien

Die Modernisierungstheorien oder auch Theorien nachholender Entwicklung wurden in den 50er Jahren postuliert. In der Phase der Dekolonisation ist erkannt worden, dass Länder, die im Begriff waren sich von der Kolonialherrschaft zu befreien, im Verhältnis zu den westlichen Industrieländern defizitär waren.[6]

Diese Defizite wollte man mit Hilfe der Entwicklungspolitik beheben. In der damaligen Vorstellung war dieser Weg unilinear. Entwicklung wurde mit Wirtschaftswachstum und Industrialisierung gleichgesetzt. Eine Demokratisierung sollte erst später erfolgen (growth first, redistribution later). Ergebnis dieses Wachstums sollte eine mobile, wohlhabende, informierte und demokratische Gesellschaft nach dem Abbild der USA sein.[7] Dieser Denkansatz hat seine theoretischen Ursprünge im Keynesianismus. Nach dieser Lehrmeinung sollte eine Reihe von Instrumentarien staatliche Anreize schaffen, um die Konjunktur in Gang zu setzen. Da sich in den Kolonialökonomien ein nationales Unternehmertum nur rudimentär entwickeln konnte und eine bürgerliche Entwicklung in den betroffenen Staaten im Grunde nicht stattfand, kam hier dem Staat die Entscheidende Rolle bei der Finanzierung und Organisierung der Industrialisierung zu.[8]

[...]


[1] Vgl. Nohlen, Dieter/ Nuscheler, Franz (Hrsg.), Handbuch der Dritten Welt. Grundprobleme-Theorien-Strategien, Bd.1, Bonn 1993, S. 55f.

[2] ebd., S. 56.

[3] Vgl. Müller, Johannes, Entwicklungspolitik als globale Herausforderung: methodische und ethische Grundlegung, Stuttgart/ Berlin/ Köln 1997, S. 53.

[4] Vgl. Ebd., S. 54.

[5] Vgl. Ebd., S. 54.

[6] Vgl. Wolff, Jürgen H., Entwicklungspolitik – Entwicklungsländer: Fakten – Erfahrungen – Lehren, 2. aktualisierte und erweiterte Aufl., München 1998, S. 285 f.

[7] Vgl. ebd., S. 286.

[8] Vgl. Menzel, Ulrich, Das Ende der Dritten Welt und das Scheitern der großen Theorie, Frankfurt/ Main 1992, S. 140 f.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Entwicklung und Entwicklungstheorie
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Politikwissenschaften)
Veranstaltung
Deutsche Entwicklungspolitik - Theorien, Strategien und Berufsfelder
Note
2,2
Autor
Jahr
2001
Seiten
21
Katalognummer
V3298
ISBN (eBook)
9783638120098
Dateigröße
560 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entwicklung, Entwicklungshilfe, Theorie, Entwicklungstheorie
Arbeit zitieren
Kristian Grau (Autor:in), 2001, Entwicklung und Entwicklungstheorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3298

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