Das Bild Mexikos in El Ogro Filantrópico von Octavio Paz


Trabajo de Seminario, 2004

23 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG
1.1 EINFÜHRUNG IN DEN POSTKOLONIALEN DISKURS IN LATEINAMERIKA
1.2 ZIEL DER SEMINARARBEIT UND GANG DER UNTERSUCHUNG

2 ERLÄUTERUNGEN ZUM POSTKOLONIALEN DISKURS UND ZUR PERSON OCTAVIO PAZ
2.1 POSTMODERNE UND POSTKOLONIALITÄT
2.2 OCTAVIO PAZ

3 DAS BILD MEXIKOS IN EL OGRO FILANTR Ó PICO
3.1 DIE IDENTITÄTSSUCHE MEXIKOS
3.1.1 Der Begriff „ Identität “
3.1.2 Die Identität Mexikos in El ogro filantr ó pico
3.2 MEXIKO IM SPANNUNGSFELD ZWISCHEN ARCHAISMUS UND MODERNE

4 ZUSAMMENFASSENDE ÜBERLEGUNGEN

BIBLIOGRAPHIE

ANHANG

PROTOKOLL DER VORLESUNG VOM 28.07.2004

1 Einleitung

1.1 Einführung in den postkolonialen Diskurs in Lateinamerika

Lateinamerika fristete - ähnlich der meisten anderen ehemaligen kolonialen Gebiete - im Bewusstsein Intellektueller lange Zeit ein vergleichsweise trübes Dasein. Menschen, Kunst, Geschichte, sowieökonomische, politische und soziale Verhältnisse Lateinamerikas wurden nahezu ausschließlich von Außen her erforscht. Europa und Nordamerika waren die Zentren der intellektuellen Lateinamerika- (bzw. Kolonial-) Forschung. Dies ist sicherlich historisch bedingt. Die europäischen Kolonisatoren sahen sich zu Beginn der Kolonisation als zivilisiert, dynamisch, fortschrittlich, ethisch, rational an1, während der Charakter der Kolonisierten als sanftmütig, trieblos, demütig und unterwürfig gegenüber den Europäern beschrieben wurde.2 Hieraus hat sich eine Dichotomie aus Peripherie und Zentrum3 entwickelt, welche bis heute aktuell ist. So ist es auch zu erklären, dass es beispielsweise kaum eigenständige Lateinamerika-Institute an Universitäten gibt und Lateinamerika lange als transatlantische Fortsetzungsgeschichte Spaniens behandelt wurde.4 Mit Beginn der Entkolonisierungsprozesse der sechziger Jahre fand jedoch eine Umstrukturierung statt, die eine Auflockerung der gerade genannten Dichotomie mit sich brachte. Die ehemaligen Kolonien werden nun weniger als Teil der europäischen Geschichte aufgefasst, sondern als eigenständige Kulturen mit eigenem spezifischen Charakter.5 Auch wenn Lateinamerika schon vor längerer Zeit entkolonialisiert wurde, so wird sein gesamtkultureller Status im Zuge dieser neuen postkolonialen Denkweise neu untersucht. Der Kulturbegriff wird weiter aufgefasst als zuvor, so dass beispielsweise auch die Massenmedien und der Indigenismo thematisiert werden. Allgemein werden angenommene Selbstverständlichkeiten neu hinterfragt. Es findet ein Aufbrechen von Grenzen statt, welche mit einer Dezentralisierung des Wissens einhergeht. Die Andersartigkeit Lateinamerikas rückt im Zuge von Alteritätsdenken in das Zentrum des Interesses. In diesem Zusammenhang werden auch die Werke lateinamerikanischer Intellektueller mit größerem Interesse wahrgenommen. Ihre Werke erweitern das Lateinamerikawissen um eine neue wichtige Perspektive.

1.2 Ziel der Seminararbeit und Gang der Untersuchung

Ziel dieser Arbeit ist es nun ein Beispiel für die eben genannte Perspektiverweiterung zu liefern. An Hand eines lateinamerikanischen Werkes soll Mexiko (der Archetypus eines lateinamerikanischen Landes) näher betrachtet werden. Hierzu eignet sich El ogro filantr ó pico von Octavio Paz in besonderem Maße, da Octavio Paz als Gründervater der mexikanischen Nationalliteratur6 gilt und in seiner Essaysammlung El ogro filantr ó pico eine vielschichtige Innenansicht von Mexiko liefert. Diese Arbeit versucht das von Octavio Paz gestaltete Bild darzustellen, zu charakterisieren und im Rahmen des postkolonialen Diskurses zu kritisieren. Dazu sollen im folgenden Kapitel Grundlagen des postkolonialen Diskurses vorgestellt werden, indem die Begriffe Postmoderne und Postkolonialität näher erläutert werden, und zudem wichtige biographische Informationen zur Person Octavio Paz gegeben werden. Im dritten Kapitel wird das von Octavio Paz beschriebene Mexiko näher untersucht. Das letzte Kapitel dient schließlich dazu, Hauptaussagen der Arbeit zusammenzufassen und einen Ausblick des postkolonialen Diskurses zu geben.

2 Erläuterungen zum postkolonialen Diskurs und zur Person Octavio Paz

2.1 Postmoderne und Postkolonialität

Die postmodernen Ansätze bilden die Grundlage der postkolonialen Theoriebildung. Daher soll hier zunächst der Begriff der Postmoderne näher betrachtet werden. Jedoch ist der Postmodernismus schwer zu definieren, da er in vielen unterschiedlichen Disziplinen auftaucht, wie z. B. Kunst, Architektur, Musik, Film, Mode und Literatur. Auch ist er kaum zeitlich oder historisch festzulegen, da der Beginn der Postmoderne nicht eindeutig auszumachen ist.7 Somit erscheint es sinnvoll, sich dem Begriff der Postmoderne gedanklich zu nähern. Obwohl mit dem Begriff zunächst ein Verfall der modernen Literatur Ende der 1950er Jahre in Nord- amerika bezeichnet wurde, wurde der Begriff bald positiv umgewertet. Er verband zum ersten Mal die verschiedenen sozialen Schichten, indem Grenzen, welche elitäre Zirkel der Moderne geschaffen hatten, überschritten wurden - postmoderne Literatur diente fortan als Verbindung von Elite- und Massenkultur. Die Grundideen der postmodernen Strömung wurden kurz darauf auch von einigen europäischen Intellektuellen (Derrida, Foucault, Deleuze, Baudrillard...) übernommen und weiter- geführt, was in neuen Strategien, wie fragmentiertes, nomadisches und rhizomatisches Denken und Wissen, Ausdruck fand.8 Ziel der daraus resultierenden (postmodernen) philosophischen Strömung war es, vorherrschende Denkstrukturen (Einheitsobsessionen) aufzubrechen und zu dekonstruieren, um so eine veränderte Wahrnehmung der Umwelt, Gesellschaft, Kunst und Literatur zu erreichen. Existierendes sollte umgedacht, neugedacht, neugelesen und neugeschrieben und die Pluralität der Dinge erkannt und akzeptiert werden. Als eine zusammenfassende inhaltliche Definition des Begriffs „Postmoderne“ kann daher der folgende Satz in Anlehnung an Annegret Thiem dienen: Postmoderne ist die Grundlage des kulturellen Denkens, dessen Ansatz ein Denk- und Lebensmodell ermöglicht, das zum Infragestellen traditioneller Denkgewohnheiten anregt.9

Die postmodernen Strömungen stellen erstmalig Instrumente zur Verfügung, welche eine neue postkoloniale Debatte - hervorgehend aus den Cultural Studies der 50er Jahre - ermöglichen. Die postkoloniale Debatte kann sich so kritisch mit dem Abhängigkeitsverhältnis zwischen Peripherie und Zentrum auseinandersetzen, den Rand und das Zentrum in einen Dialog treten lassen und versuchen dieses Machtverhältnis zu hinterfragen und unter Umständen zu ändern.10 Dabei fokussiert die Debatte zunehmend auf die Entwicklung europäischer Kolonien seit ihrer Unabhängigkeit.11 Als Pionier im Bereich der postmodernen postkolonialen Debatte gilt Edward W. Said, da er mit der 1978 erschienenen Arbeit Orientalism zum ersten Mal allgemeines Forschungsinteresse auf den orientalistischen bzw. kolonialen Diskurs lenkt. Said beschreibt am Beispiel des Orients eindrücklich, dass eine Kultur nicht genetisch, national oder historisch determiniert ist, sondern eine Konstruktion darstellt, welche sich nach der Subjektivität des Betrachters richtet.12 Der ‚Orient’ ist demnach ein Konstrukt, welches Wissen und Unwissen der europäischen Kolonisatoren reflektiert und dazu dient, die eigene (europäische) Identität von der anderen abzugrenzen. Said will mit seiner Darstellung zu einer Relektüre anregen, welche das Hegemonie-behaftete Wissen über eine andere Kultur hinterfragt und bestehende Stereotypen, sowie Oppositionsdenken bekämpft. Hier wird auch die Nähe zu den postmodernen Strategien deutlich, denn Said bedient sich in seiner Ausarbeitung dem Machtkonzept und der Diskurstheorie von Michel Foucault. Neben Said gelten Gayatri C. Spivak und Homi K. Bhabha als Wortführer des postkolonialen Diskurses.13 Auch sie machen Gebrauch von postmodernen Strategien wie dem Dekonstruktivismus (vor allem Spivak) oder entwickeln sie zu eigenen Theorien weiter (wie zum Beispiel zur Hybriditätstheorie von Bhabha), um die Position der Subalternen zu verbessern (Spivak) oder die Entstehung von Stereotypen zu theoretisieren (Bhabha).

Die von Said, Spivak, Bhabha und anderen postkolonialen Theoretikern vorge- brachten Arbeiten sind allerdings nicht unkritisiert geblieben, was teilweise mit der großen Dehnbarkeit und geringen Trennschärfe ihrer Konzepte zu begründen ist. Dabei ist die Kritik einerseits Resultat üblicher disziplinärer Konkurrenz und interdisziplinärem Wetteifer, andererseits lassen sich auch konkrete Kritikpunkte an der postkolonialen Theorie formulieren, welche sich wie folgt zusammenfassen lassen:14

- Die postkoloniale Theorie basiert vornehmlich auf Aktivitäten intellektueller Migranten, welche sich in westlichen Institutionen engagieren.
- Migranten werden als authentische Stimme ihres Heimatlandes angesehen, unabhängig von ihrer Klassenzugehörigkeit.
- Problemanalysen beziehen sich hauptsächlich auf westliche kanonische Texte und es kommt nahezu ausschließlich westeuropäische Theoriebildung zur Anwendung
- Das textuelle Engagement der postkolonialen Intellektuellen entwickelt sich zu einer überwiegend literaturwissenschaftlichen Angelegenheit, welche einen geringen Bezug zur Wirklichkeit in kolonisierten Regionen aufweist.
- Durch die Verwendung einer äußerst komplexen Sprache wird das Zielpublikum auf die kulturelle Elite der Metropolen beschränkt und macht den postkolonialen Diskurs unzugänglich für die Peripherie.
- Eine alltägliche Umsetzung der entwickelten Theorien bleibt zumeist aus (vgl. hierzu die Hybriditätstheorie von Bhabha).

Trotz all der Kritik sollte jedoch bedacht werden, dass es den Kritikern zumeist nicht gelungen ist, alternative Konzepte vorzustellen. Zudem wirft der postkoloniale Diskurs wichtige Fragen auf, regt zu Diskussionen an und hinterfragt bestehende Macht- und Herrschaftsbeziehungen, was wiederum in der Umsetzung politischer Maßnahmen oder einer allgemeinen gesellschaftlichen Veränderung Ausdruck finden mag.

2.2 Octavio Paz

Octavio Paz wurde am 31.03.1914 in Mexiko-Stadt geboren und starb am 20.04.1998 ebenfalls in Mexiko-Stadt. Während dieser Zeit engagierte er sich politisch, publizierte Zeitschriften und veröffentlichte eine Vielzahl von Essays und lyrischer Werke. Wie er selbst betont, waren seine Familienverhältnisse, in die er hineingeboren wurde, von größter Bedeutung für seinen außergewöhnlichen Lebensweg.15 Hierbei ist vor allem der Einfluss seines Großvaters hervorzuheben. Er war ein prominenter liberaler Schriftsteller, welchen Paz selbst als „heroische Persönlichkeit“16 beschreibt. Über ihn kam der junge Paz schon sehr früh mit Literatur in Kontakt. Sein Vater war ebenfalls ein aktiver Journalist, welcher sich der Bauernbewegung um Emiliano Zapata anschloss. Auch wenn Paz nicht immer die Meinungen seines Vaters teilte, war er davon beeindruckt, wie sein Vater seine Überzeugungen bis zum Tod (er starb als Paz 20 Jahre alt war) beibehielt.17 Bereits mit 17 Jahren war Paz Mitbegründer einer literarischen Zeitschrift und begann zu publizieren. Nach seinem Jura- und Philosophiestudium, welches er jedoch nicht beendete, arbeitete er als Lehrer, um mexikanischen Bauern das Lesen beizubringen. Zudem engagierte er sich politisch. So reiste er 1937 nach Spanien und wirke in der anti-faschistischen Dichter-Gruppe Contempor á neos mit. Hier knüpfte er auch erste Kontakte zur surrealistischen Szene, welche in Paris tätig war.

[...]


1 Vgl. Alfonso de Toro (2003). Jenseits von Postmoderne und Postkolonialität. Materialien zu einem Modell der Hybridität und des Körpers als transrelationalem, transversalem und transmedialem Wissenskonzept, S. 21

2 Vgl. G. W. F. Hegel (1985). Vorlesungenüber die Philosophie der Geschichte, S. 108

3 s. hierzu Enrique Dussel (1989). Philosophie der Befreiung, S.15 - 28

4 Vgl. Birgit Scharlau (1994). Lateinamerika denken. Kulturtheoretische Grenzgänge zwischen Moderne und Postmoderne, S. xiii

5 Vgl. ebenda, S. xii

6 Vgl. Thomas Brons (1992). Octavio Paz : Dichterfürst im mexikanischen Korporativismus, S. 77

7 Vgl. Mary Klages (2003). Postmodernismus

8 Vgl. Alfonso de Toro (2003). Jenseits von Postmoderne und Postkolonialität, S. 16

9 Vgl. Annegret Thiem (2003). Repräsentationsformen von Subjektivität und Objektivität in Zeitgenössischen Texten lateinamerikanischer Autorinnen, S. 33 - 34

10 Vgl. Alfonso de Toro (2003). Jenseits von Postmoderne und Postkolonialität, S. 19

11 Vgl. Amelang, Katrin/Schupp, Oliver. Postkoloniale Theorie und die » Spurensuche « nach Widerstand

12 Vgl. Alfonso de Toro (2003). Jenseits von Postmoderne und Postkolonialität, S. 19

13 Said, Spivak und Bhabha werden zusammen auch häufig ‚holy trinity’ genannt.

14 Vgl. Amelang, Katrin/Schupp, Oliver. Postkoloniale Theorie und die » Spurensuche « nach Widerstand und Alfonso de Toro (2003). Jenseits von Postmoderne und Postkolonialität, S. 22 - 24

15 Vgl. Thomas Brons (1992). Octavio Paz, S. 72; Octavio Paz (1979). Der menschenfreundliche Menschenfresser. Geschichte und Politik 1971-1980, S. 117-119

16 Thomas Brons (1992). Octavio Paz, S. 72

17 Vgl. ebenda, S. 72 - 73

Final del extracto de 23 páginas

Detalles

Título
Das Bild Mexikos in El Ogro Filantrópico von Octavio Paz
Universidad
University of Paderborn  (Fakultät für Kulturwissenschaften - Romanistik)
Curso
Lateinamerikanische Literatur der 1990er Jahre unter dem Blickwinkel postkolonialer Theoriebildung
Calificación
1,7
Autor
Año
2004
Páginas
23
No. de catálogo
V33098
ISBN (Ebook)
9783638336628
ISBN (Libro)
9783656630678
Tamaño de fichero
587 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Bild, Mexikos, Ogro, Filantrópico, Octavio, Lateinamerikanische, Literatur, Jahre, Blickwinkel, Theoriebildung
Citar trabajo
Sven Meyer (Autor), 2004, Das Bild Mexikos in El Ogro Filantrópico von Octavio Paz, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33098

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