Gerardo Diego und die Generación del 27


Hausarbeit, 2004

14 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Verbindung vom Barock und der Moderne

3. La generación del 27
3.1 Die Tradition
3.2 Die Avantgarde

4. Gerardo Diego
4.1 Diegos Leben
4.2. Diego in Politik und Religion
4.3 Diego im Kreis der 27er Literaten
4.4 Diego und sein lyrisches Werk

5. Beispielgedichte
5.1 Nocturno
5.1.1 Interpretation
5.2 Muy sencillo
5.2.1 Interpretation

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Mit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war in Spanien ein Stilwechsel in Literatur und Dichtung eingetreten. Seit Beginn des 20. Jhr. blühte in Spanien im Gefolge des aus Nicaragua stammenden Rubén Darío eine Lyrik von solcher Fülle, Qualität und Originalität, dass die einheimischen Kritiker in Bezug auf die Literaten der Generación del 27 (siehe unten) von einem 2. goldenen Zeitalter ihrer Literatur sprechen. Diese Entwicklung während der Jahrhundertwende entsprang dem Überdruss an deklamatorischer, an sentimentaler und naturalistischer Dichtung.

Was den Stilwechsel entscheidend prägte war die einheimische Überlieferung, die eigene spanische literarische Tradition, personifiziert durch den Barockdichter des 18. Jahrhunderts, Luis de Góngora. Der Jahrhunderte hindurch verkannte Poet wurde nun im 20.Jhr. neu entdeckt und gewürdigt. Der Reiz seines kunstvoll dunklen Stils, das Errichten poetischer Gegenwelten zur realen Wirklichkeit, seine virtuose Sprache, die Strenge seiner dichterischen Technik etc. beeindruckten die jungen Künstler, und so kam es, dass in Spanien die moderne Dichtung zu einer eben solchen, einer teilweise sehr dunklen, kühnen und stellenweise sogar esoterischen Dichtung wurde.

Die Rückkehr zur einheimischen Überlieferung führte insbesondere, aber nicht ausschließlich zu Góngora, sondern auch zur volkstümlichen Poesie, und hierbei insbesondere zu den Romanzen, aber auch den Zigeunerliedern Andalusiens.

Unstimmigkeit ist ein Gesetz moderner Lyrik wie aller modernen Kunst. Und so betonte auch die Poetik der Generación del 27 stets den unendlichen Abstand der Lyrik zum erzählenden, dramatischen, auf Sachzusammenhang und Logik gegründetem Schrifttum. Die modernen Literaten strebten nach reiner, nutzloser Schönheit, nach einer Autonomie der Worte, so dass der Sachgehalt der Dichtung nahezu bedeutungslos wurde. Die Spannweite zwischen Sujet und sprachkünstlerischer Technik wurde nun erheblich größer als sie in früherem Dichten war. Das Gleichgewicht zwischen Aussageinhalt und Aussageweise wurde durch das Übergewicht der letzteren in der modernen Lyrik beseitigt. Zudem wurde das Sprachgefüge, die grammatischen Regeln und die rednerische Ordnung durchbrochen. All dies soll später an Beispielgedichten verdeutlicht werden.

2. Verbindung vom Barock und der Moderne

Im Laufe des 18.Jhr. ist der Barockbegriff auf alle Künste angewandt worden, und zwar immer in verächtlichem Sinn. Geschätzt wurde der Barock erst im Zuge seiner Wiederentdeckung und Rehabilitierung in den 20er Jahren des 19.Jahrhunderts.

Man könnte von einer in weiten Teilen bewussten, teils aber auch unbewussten Wahlverwandtschaft moderner Dichtung zum Barock sprechen, denn in beiden Epochen war durch den Einfluss des 1. Weltkrieges ein gewisses Krisenbewusstsein gleichermaßen weit verbreitet.

Der programmatische Modernismus in der Barockdichtung drückte sich durch die neuen sprachlichen Wendungen, einem nie zuvor verwendeten literarischen Ton aus. Dem Barockdichter ist kein Bild zu stark und kein Wort zu hoch. Er strebt nach allem Ungewohnten und Neuen. Er gibt dem Ausdruck Wucht und Nachdruck. Er sucht nach Dissonanzen und Widersprüchen, was seinem antithetischen Lebensgefühl entspringt. Die moderne Dichtung gründet sich auf die des Barocks, mit dem Grundbegriff der Analogie. Góngora ist, wie bereits erwähnt, der Künstler, der die ultraistischen[1] spanischen Avantgardisten am stärksten in ihrem Schaffen beeinflusste.

3. La generación del 27

Der Begriff Generación del 27 bezeichnet eine Gruppe von Literaten und Poeten, zu denen außer Gerardo Diego auch Federico García Lorca, Vicente Aleixandre, Rafael Alberti, Luis Cernuda, Dámaso Alonso, Pedro Salinas, Jorge Guillén, Miguel Hernández, Emilio Prados und Manuel Altolaguirre gehörten.

Die Geburtsdaten des Jüngsten und des Ältesten der Gruppe liegen nur 15 Jahre auseinander, eine Tatsache, die veranschaulicht, dass es sich bei der Generación del 27 tatsächlich um eine geschlossene Generation handelt. Die Mehrheit der oben genannten Literaten stammte aus dem Bürgertum und absolvierte eine universitäre Ausbildung, in dessen Rahmen sie sich u.a. mit den Klassikern Garcilaso, Lope, Quevedo und Góngora beschäftigte. Auch war die Mehrheit von Beruf Lehrer, was ihr Leben finanziell absicherte; die Beschäftigung mit der Poesie war für die Gruppe ein Hobby und eine große Leidenschaft. Fast alle der Gruppe Zugehörigen verbrachten einige Zeit im Ausland, wo sie ihre literarischen Studien erweiterten. Zu erwähnen bleibt, dass es innerhalb der Gruppe keinen offiziellen Leiter/Anführer gab.

3.1 Die Tradition

Der Zeitraum der engen Zusammenarbeit der Generación del 27 umfasst die Zeit von 1920 bis 1936 und in diese Zeit fällt auch eines der markantesten Ereignisse bezüglich der Arbeit und des Zusammenhaltes der Gruppe: Im Jahre 1927 jährte sich zum 300. mal der Todestag Góngoras.

Erst 1932 stellte sich die Gruppe Generación del 27 als solche mittels einer Auswahl an Gedichten, einer theoretischen Selbstpräsentation und mit dem Entwurf einer persönlichen Poetik in der Antologie Gerardo Diegos vor. Der Generación del 27 ging es dabei nicht um avantgardistischen Übermut, der auf einen provokanten Bruch mit dem Vorangegangenen abzielte, sondern vielmehr um eine Neubewertung der alten Tradition von Kunst und Kultur im Namen der Avantgarde. Man kann sagen, dass die Generación del 27 avantgardistisch und traditionell in einem war. Für alle Mitglieder galt die Tendenz des Ausgleichens, „ la tendencia al equilibrio“, allen war gemein, verschiedene, entgegengesetzte Pole verbinden zu wollen.

In Bezug auf die Tradition entdeckten und würdigten die Literaten der Generación del 27 den in Spanien Jahrhunderte hindurch verkannten Poeten Luis de Góngora neu. Sie orientierten sich dabei an dessen Art Sprache ein zu setzten sowie an seinem kunstvollen Stil mit Sprache umzugehen. Dazu gehörte die Strenge der dichterischen Technik Góngoras, der die Kunst autonom und im Sinne ihres Selbstzweckes auffasste, d.h. er hatte nicht den Anspruch über die unmittelbar sprachliche Ebene hinaus etwas bedeuten zu wollen. Auch war Góngora das Errichten poetischer Gegenwelten eigen, was den Einsatz einer stark realitätsenthobenen Kunstmetaphorik beinhaltete. Die Generación del 27 feierte Góngora als den unerreichten Meister der Metapher. Verbreitet war die Auffassung, dass die wichtigste Art des uneigentlichen Sprechens die Metapher sei. Mit Hilfe der Verbindung entfernter Dinge und deren überraschender Gegenüberstellung, sollten die Leser verblüfft und sogar schockiert werden, was sich sehr schön an einigen Gedichten Gerardo Diegos zeigen lässt (siehe unten.) Ein ähnliches dichterisches Selbstverständnis bestand in der Überzeugung, dass Gedichte nicht mit Ideen, sondern mit Worten gemacht würden. Der Inhalt sollte nur ein Anlass sein, um sich auf ein Spiel mit Worten einzulassen. Es könne durchaus ein bewusster Gegensatz zwischen dem Inhalt und den Worten bestehen. Der sprachliche Ausdruck hatte bei Góngora, wie dann später bei den Avantgardisten der modernen spanischen Lyrik den Stellenwert eines Eigendaseins und stellte eine Inspirationsquelle dar.

3.2 Die Avantgarde

Außer auf die traditionellen Rückgriffe, anhand derer alte Formen neu und modern bewertet und wiederaufgegriffen wurden, ist für die Generación del 27 wie bereits erwähnt, auch eine spezifisch avantgardistische Tendenz kennzeichnend. Die Dichter wollten sich in ihrer Kunst nicht auf die spanischen Traditionen beschränken, sondern auch die universellen, d.h. die europäischen surrealistisch-avantgardistischen Strömungen der Zeit in ihre Arbeit miteinbeziehen und berücksichtigen. Es war also das Ziel der Literaten, einen Ausgleich zwischen gegensätzlichen Polen, zwischen Tradition und Erneuerung, zu schaffen. Der Intellekt sollte mit den Gefühlen verbunden werden, die romantische Kunstkonzeption sollte mit einer technisch perfektionierten klassischen Kunstkonzeption einhergehen, spielerisch-spontane Dichtung wurde mit reflexivem literarischem Ernst verbunden, genauso wie konkret Vorhandenes in Beziehung zu abstrakt Phantastischem gesetzt wurde.

Im Laufe der Zeit erfährt der Schaffensprozess der Generación del 27 eine Entwicklung von der „poesía pura[2]“ und „estética“ im Sinne von „arte por el arte y el deseo de la belleza“ hin zur „poesía auténtica[3]“ im Sinne von „preocupación por los problemas del hombre“. Diese Entwicklung vollzog sich im Rahmen der politischen Ereignisse und der drohenden Guerra Civíl in Spanien. Was sich ebenfalls an den unten ausgewählten Gedichten verdeutlicht.

[...]


[1] Ultraísmo: „más allá“. Movimiento amplio de vanguardia.

[2] Streben nach reiner, nutzloser Schönheit, nach einer Autonomie der Worte, so dass der Sachgehalt der Dichtung nahezu bedeutungslos wird. Abstand der Lyrik zum erzählenden, dramatischen, auf Sachzusammenhang und Logik gegründetem Schrifttum, Vergleich des Lebens mit der Natur, viele Naturbeschreibungen.

[3] Surrealismo. Neue Themen: soziale, existentielle Frustrationen.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Gerardo Diego und die Generación del 27
Hochschule
Philipps-Universität Marburg
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
14
Katalognummer
V33281
ISBN (eBook)
9783638338004
ISBN (Buch)
9783638901932
Dateigröße
472 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gerardo, Diego, Generación
Arbeit zitieren
Ann-Katrin Kutzner (Autor:in), 2004, Gerardo Diego und die Generación del 27, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33281

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