Bei der deutschen Bevölkerung kam die von der CSU im Wahlkampf 2013 ausgegebene Parole, dass eine PKW-Maut eingeführt, dabei aber kein deutscher Autofahrer stärker belastet werden soll („PKW-Maut für Ausländer“), offenbar äußerst gut an. Die Wahlberechtigten bedachten die Christsozialen bei den jüngsten Bundestagswahlen mit 56 Bundestagssitzen – und damit um elf mehr als in der vorangegangenen Legislaturperiode.
Der aufkeimende Zweifel, ob diese PKW-Maut überhaupt mit dem Europarecht vereinbar ist, wurde sowohl von der CSU als auch von deren Wählern offenbar ausgeblendet. Und auch die Bedenken, die (Europa-)Politiker aus dem sozialistischem, sozialdemokratischem, grünem, liberalem und sogar aus dem konservativen Lager vorgebracht hatten, wurden beiseite gewischt. Wegen der schwierigen Vereinbarkeit des PKW-Maut-Vorhabens mit dem EU-Recht wird in der Presse gerne von einer Quadratur des Kreises gesprochen.
Bundesminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte es sich und dem Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) nach seinem Amtsantritt zur Hauptaufgabe gemacht, ein Konzept für eine Infrastrukturabgabe zu entwerfen, das mit dem EU-Recht vereinbar ist. Was für den Laien zunächst als ein einfacher Gesetzgebungsvorgang erscheint, gleicht tatsächlich der Quadratur des Kreises. Denn während die Einführung einer PKW-Maut für jedermann in gleicher Höhe kein Problem wäre, erzeugte die Tatsache, dass die Einführung der Maut mit einer Kfz-Steuer-Absenkung einhergehen soll, große Diskussionen unter Europarechtswissenschaftlern: Die einen halten eine Einführung der PKW-Maut und eine gleichzeitige Senkung der Kfz-Steuer für mit dem Europarecht vereinbar, andere hingegen sehen darin eine Diskriminierung von Ausländern, was das Europarecht verbietet. Dazu kommen noch weitere mögliche Diskriminierungen.
Während sich die Gegner der PKW-Maut auf eine Untersuchung des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages stützen, die die Maut für diskriminierend hält, verweisen die Bundesregierung und die Maut-Befürworter auf ein Gutachten von Christian Hillgruber, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bonn, der die Einführung einer Maut als europarechtsverträglich erachtet. Neben diesen beiden prominenten, anerkannten wissenschaftlichen Institutionen gibt es zahlreiche Aufsätze und Einschätzungen von anderen Recht
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung: Die PKW-Maut als die Quadratur des Kreises
- 2. Begriffsdefinitionen
- 2.1 Vignette
- 2.2 Maut
- 2.3 Infrastrukturabgabe für Bundesfernstraßen alias PKW-Maut
- 2.4 Was versteht man unter Diskriminierung?
- 2.4.1 Restriktive Auslegung des Begriffs Diskriminierung
- 2.4.2 Extensive Auslegung des Begriffs Diskriminierung
- 3. Mautsysteme im EU-Ausland
- 4. Der Gesetzentwurf des BMVIs und dessen politische Erwägungsgründe
- 5. Diskussion über die Vereinbarkeit der Einführung der Infrastrukturabgabe mit dem Unionsrecht
- 5.1 Argumente, die für die Zulässigkeit der Infrastrukturabgabe sprechen
- 5.1.1 Die Richtlinie 1999/62/EG (insbesondere Artikel 7)
- 5.1.2 Vom Steuermodell zum Beitragsmodell
- 5.1.3 Die Zusage des EU-Verkehrskommissars a.D. Siim Kallas
- 5.1.4 Die fragliche Anwendbarkeit des Artikels 92 AEUV
- 5.1.5 Angleichung der Wettbewerbsgerechtigkeit
- 5.2 Argumente, die gegen die Zulässigkeit der Infrastrukturabgabe sprechen
- 5.2.1 Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes von 1992 (C-195/90) und die Stand-still-Klausel des Artikels 92 AEUV
- 5.2.2 Mögliche Diskriminierungen
- 5.2.2.1 Diskriminierung nach Artikel 18 (1) AEUV (allgemeines Diskriminierungsverbot)
- 5.2.2.2 Diskriminierung nach Artikel 107 (1) AEUV (Verbot von Beihilfen)
- 5.2.2.3 Diskriminierung nach Artikel 28 (1) AEUV (Zollunion)
- 5.2.2.4 Diskriminierung nach Artikel 45 AEUV (Freizügigkeit)
- 5.2.2.5 Diskriminierung nach Artikel 56 ff. AEUV (Dienstleistungsfreiheit)
- 5.2.2.6 Diskriminierung beim Erwerb der Vignette
- 5.2.3 Im Wahlkampf geforderte Diskriminierung
- 5.2.4 Gleichzeitige Einführung der Infrastrukturabgabe und Senkung der Kfz-Steuer
- 5.2.5 Unverhältnismäßigkeit der Preise für Kurzzeitvignetten?
- 5.2.6 Datenschutzrechtliche Bedenken
- 5.1 Argumente, die für die Zulässigkeit der Infrastrukturabgabe sprechen
- 6. Schlussbetrachtung: eigene Bewertung und Lösungsansätze
- 7 Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Seminararbeit ist es, die Vereinbarkeit der Einführung einer PKW-Maut in Deutschland mit dem EU-Recht zu untersuchen. Die Arbeit analysiert dabei die rechtlichen Rahmenbedingungen und diskutiert die Argumente für und gegen die Zulässigkeit der Infrastrukturabgabe. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der Frage, ob die geplante Einführung der PKW-Maut zu Diskriminierungen von ausländischen Autofahrern führen könnte.
- Die PKW-Maut als Infrastrukturabgabe und deren rechtliche Einordnung
- Diskriminierungsaspekte im Zusammenhang mit der PKW-Maut
- Die Vereinbarkeit der PKW-Maut mit dem EU-Recht, insbesondere unter Berücksichtigung der Richtlinien 1999/62/EG und 92/84/EWG
- Die Bedeutung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für die Beurteilung der PKW-Maut
- Mögliche Lösungsansätze zur Vermeidung von Diskriminierungen im Zusammenhang mit der PKW-Maut
Zusammenfassung der Kapitel
Im ersten Kapitel wird die PKW-Maut als eine Quadratur des Kreises eingeführt, da sie zwar politisch beliebt, aber rechtlich komplex ist. Kapitel 2 definiert wichtige Begriffe wie Vignette, Maut und Diskriminierung und stellt unterschiedliche Auslegungen des Begriffs Diskriminierung vor. Kapitel 3 bietet einen Überblick über Mautsysteme in anderen EU-Mitgliedstaaten. Kapitel 4 erläutert den Gesetzentwurf des BMVIs und die dahinterstehenden politischen Erwägungen.
Kapitel 5 stellt die Argumente für und gegen die Zulässigkeit der Infrastrukturabgabe vor. Die Argumente, die für die Zulässigkeit sprechen, beziehen sich auf die Richtlinie 1999/62/EG, das Beitragsmodell und die Zusage des EU-Verkehrskommissars a.D. Siim Kallas. Die Argumente, die gegen die Zulässigkeit sprechen, beruhen auf dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes von 1992 und der Stand-still-Klausel des Artikels 92 AEUV sowie auf möglichen Diskriminierungen von ausländischen Autofahrern.
Schlüsselwörter
PKW-Maut, Infrastrukturabgabe, EU-Recht, Diskriminierung, Vignette, Richtlinie 1999/62/EG, Artikel 92 AEUV, Stand-still-Klausel, Europäischer Gerichtshof, Wettbewerbsgerechtigkeit, Freizügigkeit, Dienstleistungsfreiheit, Datenschutz.
- Arbeit zitieren
- Thomas Klotz (Autor:in), 2015, Ist die Einführung der PKW-Maut in Deutschland mit dem EU-Recht vereinbar?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/333755