Case Management im Krankenhaus. Der Drehtüreffekt im Managementprozess am Praxisbeispiel


Dossier / Travail, 2013

15 Pages, Note: 2


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Fallbeschreibung Herr R.

Begriffsklärung Subarachnoidalblutung

Hirnorganische Psychosen

Auswirkungen am Fallbeispiel

Stürze im Krankenhaus

Case Management als Methode

Case Management Kreislauf theoretisch und im Bezug zum Fallbeispiel

Identifikation

Assessment

Entwicklung eines Versorgungsplanes

Implementation des Versorgungsplans - Intervention

Monitoring und Re-Assessment

Evaluation und Abschluss

Schlussbetrachtung

Einleitung

Als eines der Schlagwörter im Rahmen meiner Fortbildung zum Case Manager ist mir der Begriff „Drehtüreffekt“ immer wieder begegnet. Bei diesem Begriff handelt es sich um eine Methapher, welche einen kurzen Wechsel zwischen zwei Situationen beschreibt. Im Gesundheitswesen versteht man darunter die Rückkehr von Patienten in stationäre Einrichtungen und dem damit verbundenen Rückschritt in ein vorhergegangenes Stadium.

Im klinischen Alltag ist es oft so, dass Patienten genau diesen Drehtüreffekt beschreiben und aus vielfältigen Gründen nach kurzer Zeit wieder ins Krankenhaus zurück kehren und stationär behandelt werden müssen. Die Auswirkungen einer solchen Rehospitalisierung können für alle Beteiligten sehr schwerwiegend sein.

Die gestiegenen Anforderungen im gesundheitspolitischen Bereich im Sinne einer Verweildauerkürzung und einer gleichzeitig besseren Versorgungsqualität machen neue Versorgungskonzepte notwendig. Eines dieser Versorgungskonzepte ist das Modell des Case Management.

Case Management als prozessorientiertes Handlungskonzept im Gesundheitswesen soll helfen eine Über-, Unter oder Fehlversorgung von Patienten zu verhindern und mit Hilfe einer Fall- und oder Systembezogenen Arbeitsweise den beschriebenen Drehtüreffekt vermeiden.

Im Rahmen dieser Arbeit wird an einem konkreten Fallbeispiel aus der Praxis der Verlauf eines komplexen Falles und die damit verbundene Rehospitalisierung beschrieben. Ziel der Arbeit ist es, der Frage nachzugehen, ob und wie Case Management als Modell den tatsächlichen Behandlungsverlauf und die damit verbundenen schwerwiegenden Konsequenzen abschwächen oder gar verhindern hätte können. Um diese Frage zu diskutieren wird im ersten Teil der Arbeit zunächst der Fall in Verbindung mit bestehenden Hauptdiagnosen und Hauptproblemen geschildert. Im Zweiten Teil wird die Methode Case Management vorgestellt. Weiterhin werden die einzelnen Arbeitsschritte des Regelkreises mit seinen einzelnen Arbeitsschritten theoretisch erläutert und in die Praxis des Falles übertragen.

Fallbeschreibung Herr R.

Bei Herrn R. handelt es sich um einen 70-jährigen, männlichen Patienten. Herr R. lebte bis zu seinem Krankenhausaufenthalt zusammen mit seiner Ehefrau im gemeinsamen Haus. Herr R. stürzte morgens beim Toilettengang in der Häuslichkeit. Die Folgen dieses Sturzes waren eine traumatische Subarachnoidalblutung, sowie eine Densbasisfraktur.

Als Folge einer früheren Stentimplantation und einer bestehenden chronisch ischämischen Herzkrankheit nahm Herr. R. gerinnungshemmende Medikamente zur Thromboseprophylaxe ein.

Nach der operativen Entleerung des Subduralhämatoms und einer Entlastungstrepanation wurde Herr R. auf die neurochirurgische Intensivstation verlegt. Zum Aufnahmezeitpunkt befand sich Herr R. im künstlichen Tiefschlaf mit der Notwendigkeit einer maschinellen Beatmung. Am ersten postoperativen Tag wurde mit der routinemäßigen Beatmungsentwöhnung begonnen. Im Verlauf des Weanings zeigte Herr R. mehrfach kardiologische Auffälligkeiten. Am vierten postoperativen Tag erlitt der Patient einen generalisierten Krampfanfall, welcher medikamentös behandelt wurde. Weiterhin wurde eine tiefe Beinvenenthrombose beidseits diagnostiziert. Daraus resultierend benötigte Herr R. höhere Dosen antikoagulativer Medikamente für einen Zeitraum von mehreren Monaten.

Am neunten postoperativen Tag wurde Herr R. erfolgreich extubiert. Damit war die Phase der Beatmungsentwöhnung abgeschlossen. Der Patient war wach, ansprechbar und kardiopulmonal stabil. Im weiteren Verlauf zeigte Herr R. deutliche neuropsychologische Defizite. Diese äusserten sich vor allem in Desorientiertheit und Aggitiertheit. Aus Dokumentationen der Pflegenden war ersichtlich, dass der Patient häufig unruhig und bettflüchtig war. Dabei bestanden jedoch auch erhebliche motorische Defizite, so dass ein selbstständiges Aufstehen sehr risikoreich war. Nach wenigen Tagen wurden diese Episoden weniger und Herr R. wurde zunehmend klarer. In der Nacht war der Patient jedoch noch immer sehr unruhig und verwirrt. Weiterhin bestanden bei Herrn R. eine brachiofazialbetonte Hemiparese links, eine Dysphagie sowie eine Harn- und Stuhlinkontinenz.

Als Ressourcen sind zu nennen, dass Herr R. durch eine regelmäßige medikamentöse Therapie weitestgehend schmerzfrei war. Seine hirnorganischen Defizite und die daraus resultierenden Unruhezustände konnten medikamentös gut beeinflusst werden und der Patient war darunter meisst gut führbar. Darüber hinaus konnte Herr R. alle Extremitäten gut bewegen und kleinere Lagewechsel führte er selbst durch. Somit verfügte er über einen guten Hautzustand. Der Wundheilungsverlauf gestaltete sich ebenfalls unproblematisch. Sein soziales Umfeld war intakt und er bekam täglich Besuch von Seiner Ehefrau. In Ihrem Beisein zeigte sich Herr R. meisst ruhig, entspannt und weitestgehend kooperativ. Frau R. konnte und wollte zu diesem Zeitpunkt bereits kleinere Aufgaben der Pflege übernehmen (z.B. Hilfestellung bei Nahrungsaufnahme bzw. Kostaufbau) und war sehr führsorglich und verständnisvoll gegenüber Ihrem Ehemann.

Obwohl die erheblichen kognitiven Defizite des Patienten offensichtlich waren und gehäuft vorkamen wurde die Notwendigkeit der vorübergehenden Einsetzung eines gesetzlichen Betreuers für Herrn R. nicht diskutiert oder eingeleitet. Für die Beantragung der rehabilitativen Maßnahmen war dies nicht notwendig. Eine Vorsorgevollmacht war nicht vorhanden.

Am 14. postoperativen Tag wurde Herr R. zur weiteren Therapie und Mobilisation in die planmäßige neurologische Frührehabilitation entlassen. Prognostisch wurde der Zustand des Patienten ärztlicherseits als sehr gut eingeschätzt.

Am 15. postoperativen Tag wurde der Patient erneut auf die neurochirurgische Intensivstation aufgenommen. Herr R. war in der ersten Nacht seines Rehaaufenthaltes über die Bettgitter gestiegen. Dabei kam es zum Sturz aus dem Bett. Herr R. zog sich dabei unter Anderem erneut eine traumatische subdurale Blutung zu. Das Ausmaß dieser Blutung war enorm und bei einer infausten Prognose wurden keine operativen Maßnahmen mehr eingeleitet.

Nach erfolgter Hirntoddiagnostik verstarb Herr R. an den Folgen einer kraniellen Blutung.

Begriffsklärung Subarachnoidalblutung

Als Subarachnoidalblutung bezeichnet man ein krankhaftes Geschehen im Bereich des zentralen Nervensystems. Dabei dringt freies Blut in den mit Liquor cerebrospinalis (Hirnflüssigkeit) gefüllten Arachnoidalraum ein. Die S. wird zum Formenkreis der Apoplexien (Schlaganfälle) gezählt. Dabei werden zwei Arten der S und unterschieden. Die akute SAB ist meisst die Folge von Fehlbildungen der blutversorgenden Hirngefäße.

„…(akute) Blutung in den Subarachnoidalraum zwischen Arachnoidea und Pia Mater…“1

Als weitere Sonderform ist die traumatische SAB zu nennen. Diese Art der Blutung wurde bei Herrn R. diagnostiziert. „Nicht selten kommt es bei Schädel-Hirn-Traumen zu einer, dann aber traumatischen, SAB. Bei ca. 15–20% der SAB-Patienten lässt sich trotz intensiver Suche mit allen zur Verfügung stehenden Untersuchungsmethoden keine Blutungsursache feststellen…“2

„Traumatische Subarachnoidalblutungen (SAB) treten bei bis zu 50% der SHT-Patienten auf… das SHT ist der häufigste Grund für Mortalität und Morbidität des Erwachsenen unter dem 45. Lebensjahr, und bis zu 20% der Erwachsenen nach einem SHT bleiben schwer behindert…“3

Hirnorganische Psychosen

Die Aufgabe der Pflegefachkräfte auf interdisziplinären Intensivstationen ist es, Patienten in krisenhaften und akuten Krankheitszuständen zu betreuen. Dabei ist es oft zu beobachten, dass vor allem bei Patienten nach Schädel-Hirn-Traumen oder intrakraniellen Blutungen es im Krankheitsverlauf zu teilweise ausgeprägten hirnorganischen Psychosen kommt.“ Das Schädel-Hirn-Trauma (SHT) ist die häufigste Ursache traumatischer Psychosyndrome, gefolgt von spontanen intrazerebralen Blutungen.“4

Am Fallbeispiel ist ersichtlich das diese Problematik auch bei Herrn R. von großer Bedeutung ist.

Je nach Auslösemechanismus werden die Psychosen in zwei Typen eingeteilt. Den endogenen Psychosen stehen die exogenen P. gegenüber. „Bonhoeffer (1917) sprach vom »exogenen Reaktionstypus«, worauf sich noch heute die Unterteilung von endogenen und exogenen Psychosen bezieht. Zu den »exogenen Psychosen« werden alle Zustandsbilder gezählt, die durch eine definierte Substanz (z.B. Drogen) oder ein bestimmtes Ereignis (z. B. Schädel-Hirn-Trauma) zu psychischen Symptomen führen. Endogen bedeutet »aus sich selbst heraus«, d. h. ohne Nachweis eines äußeren Ereignisses.“5

Eine weitere Untergliederung der organischen Psychosen erfolgt in qualitative sowie quantitative Bewusstseinsstörungen. „Das Bewusstsein ist definiert als die Fähigkeit des Menschen, sich selbst und die Umgebung wahrzunehmen und mit ihr zu kommunizieren… Qualitative Bewusstseinsstörungen betreffen die Inhalte des Denkens wie Orientierungsfähigkeit, Antrieb und Affekt… Hiermit werden Zustände definiert, in denen die Patienten wach, aber wegen Störungen der Aufmerksamkeit, des Denkens und/oder der Affektivität wesens- geändert und ungeordnet erscheinen. Produktive psychopathologische Phänomene wie Unruhezustände, Wahrnehmungsstörungen (Halluzinationen) können hinzukommen[…] Grundlage dieser Symptomatik ist eine sekundäre Hirnfunktionsstörung auf dem Boden einer somatischen oder organischen Erkrankung.“6

Auswirkungen am Fallbeispiel

Wie bereits im Fallbeispiel beschrieben zeigten sich auch bei Herrn R. vermehrt qualitative Bewusstseinsstörungen. Er war im Tagesverlauf meisst sehr unruhig und litt an Halluszinationen. Diese äußerten sich zum Beispiel darin, dass er oft seine Ehefrau oder andere nahe Verwandte zu sehen oder zu hören glaubte, obwohl diese nicht anwesend waren. Meisst wurde Herr R. in diesem Zusammenhang bettflüchtig und versuchte aufzustehen. Zeitlich, örtlich und zur Person war der Patient weitestgehend nicht orientiert. Fragen zur Tageszeit, zum Wochentag oder zum aktuellen Datum konnte Herr R. meisst nur falsch beantworten. Diese Desorientiertheit hatte auch zur Folge, dass Herr R. teilweise misstrauisch gegenüber den an der Betreuung beteiligtem Personal wurde. Aggressivität und Aggitiertheit mit Eigen- und Fremdgefährdung waren die Folge. Wie in der Falldarstellung sowie in den ärztlichen Berichten erwähnt traten diese Episoden vermehrt in der Nacht auf und konnten jedoch medikamentös gut behandelt werden. Aufgrund dieser Episoden kann auf ein erhöhtes Sturzrisiko des Patienten geschlossen werden.

Stürze im Krankenhaus

Eine internationale Definition der ProFaNE Gruppe (Prevention of Falls Network Europe) bezeichnet einen Sturz als „an unexpected event in which the participant comes to rest on the ground, floor, or lower level.“ übersetzt: „Ein Sturz ist ein Ereignis, in dessen Folge eine Person unbeabsichtigt auf dem Boden oder auf einer tieferen Ebene zu liegen kommt.“

Stürze im Krankenhaus sind häufige und unerwünschte Zwischenfälle. Die daraus resulierenden Folgen können schwerwiegend sein und die Dauer sowie den Verlauf eines Krankenhausaufenthaltes maßgeblich beeinflussen.

Abgesehen von den zusätzlichen negativen Folgeerkrankungen eines Sturzgeschehens für den Patienten, kann ein solches Ereignis auch hinsichtlich des Kostenfaktors für die behandelnde Klinik gravierende Auswirkungen haben. Bisweilen stellen Kostenträger Überlegungen, hinsichtlich der Erstattung der dadurch entstandenen Kosten an. Diese Aufwendungen können durch aufwendige Operationen oder notwendige Medikamente bzw. Hilfsmittel nicht unerheblich und damit ein deutlicher Kostenfaktor für die entsprechende Klinik sein.(Anmerkung des Verfassers)

[...]


1 Arne Schäffler, Nicole Menche, Ulrike Bazlen, Tilman Kommerell (Hrsg.) Pflege Heute Lehrbuch und Atlas für die Pflegeberufe; Ulm; Stuttgart; Jena; Lübeck: Gustav Fischer 1997, Seite 1233

2 W. Wilhelm (Hrsg.),Praxis der Intensivmedizin, Springer Heidelberg 2011, S.578

3 Prof. Dr. Andreas Kampfl, Das Schädel-Hirn-Trauma, Universitätsklinik für Neurologie, Innsbruck, www.intensiv-innsbruck.at/education/sht_kampfl.htm

4 Jörg M. Fegert, Christian Eggers, Franz Resch, (Hrsg.) Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Berlin, Heidelberg, New York: Springer, 2004 S.346

5 Jörg M. Fegert, Christian Eggers, Franz Resch, (Hrsg.) Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Berlin, Heidelberg, New York: Springer, 2004, S.346

6 W.F. Haupt Organische Psychosyndrome: Eine Synopsis mit kritischer Würdigung. Intensivmed 2008 (7) 369-380

Fin de l'extrait de 15 pages

Résumé des informations

Titre
Case Management im Krankenhaus. Der Drehtüreffekt im Managementprozess am Praxisbeispiel
Université
Protestant University of Applied Sciences Dresden  (SOFI)
Cours
Case Mangement Zertifikatskurs
Note
2
Auteur
Année
2013
Pages
15
N° de catalogue
V334433
ISBN (ebook)
9783668245914
ISBN (Livre)
9783668245921
Taille d'un fichier
576 KB
Langue
allemand
Mots clés
Case Management, Drehtüreffekt, Rehospitalisierung, Gesundheitswesen, stationäre Einrichtung, Krankenhaus
Citation du texte
Ute Berger (Auteur), 2013, Case Management im Krankenhaus. Der Drehtüreffekt im Managementprozess am Praxisbeispiel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/334433

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