In der Auseinandersetzung mit den Medien der heutigen Zeit ist das Verständnis für den Kommunikationscharakter der einzelnen Medien und für die damit verbundenen Möglichkeiten von großer Wichtigkeit. Später als bei anderen Medien erfasst die Digitalisierung auch das Buch.
Im Bewusstsein, dass der kreative Umgang mit Worten eine Methode ist, sich der Realität zu stellen, hat der tunesische Autor Sami Ben Gharbia das Internet für sich entdeckt. Durch das Bloggen und das Schreiben des ersten tunesischen E-Books mit autobiografischem, mitunter sogar universellem Charakter, verfolgt er das Ziel auf den diktatorischen, streng kontrollierenden Totalitarismus, unter dem damaligen Staatspräsidenten Zine al-Abidine Ben Ali (1987-2011), aufmerksam zu machen und dessen Missbilligung entgegen zu wirken.
In einer Welt, in der Globalisierung als Heilsversprechen in aller Munde ist, mag es verwundern, dass Grenzziehungen, wie beispielsweise in Tunesien, Hochkonjunktur haben. Mit Hilfe der interdisziplinären Kulturwissenschaften lässt sich beobachten, dass die Grenze nicht nur eine konturlose Metapher ist, sondern durchaus eine Kategorie darstellt, mit der sich literarische Texte deuten und verstehen lassen. Durch das Überschreiten der Grenze unkonventioneller Praktiken, fordert Sami Ben Gharbia seine Rezipienten dazu auf, rigide Denkmuster über Bord zu werfen und sich einer kritischen Betrachtungsweise der kulturellen Konventionen zu öffnen.
Vor diesem Hintergrund soll in dieser Arbeit zunächst Sami Ben Gharbias Vita im Hinblick auf seine subversiven Aktivitäten vorgestellt werden. Daraufhin soll das übergreifende Medium des E-Books thematisiert werden. Anschließend wird die Gestaltung, mit dem Fokus auf Rahmungen und Grenzgängen, auf Grundlage einzelner Textstellen der ersten drei Kapitel des tunesischen E-Books Borj Erroumi XL-Voyage dans un monde hostile vertiefend analysiert. Nachdem die Grenzüberschreitung auf der thematisch innertextlichen Ebene betrachtet wurde, soll abschließend das Verhältnis vom Autor zu seinem Text bearbeitet werden, wobei die Frage nach der Gattungszuordnung und gleichzeitig nach der autofiktionalen Darstellung aufkommt.
Anzumerken ist, dass diese Arbeit auf einem Erstversuch basiert. Da keinerlei Sekundärliteratur zu Sami Ben Gharbia und seinem Werk vorliegt, wurden für die Interpretationen ausgewählte Theorien von Jurij Lotmann, Gerard Genette oder Philippe Lejeunes herangezogen.
Inhaltsverzeichnis
- Hinführung
- Biographie Sami Ben Gharbia
- Das digitale Medium E-Book
- Grenzen und Räume als literarische Bedeutungskategorie
- Grenzüberschreitungs- und Raumtheorie nach Juri Lotman
- Bedeutung der einrahmenden paratextuellen Verse
- Raum
- Selbstbestimmte Lebensführung gegen Identitätszwänge im tunesischen
- Überwältigung von kulturellen und emotionalen Hindernissen
- Der Text zwischen Autobiographie und Autofiktion - Versuch einer Gattungszuordnung
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert Sami Ben Gharbias erstes tunesisches E-Book, "Borj Erroumi XL - Voyage dans un monde hostile", im Kontext seiner Biografie und der politischen Situation in Tunesien unter Ben Ali. Sie untersucht die Bedeutung des gewählten Mediums (E-Book) und die literarische Darstellung von Grenzen und Räumen im Werk. Der Fokus liegt auf der subversiven Natur des Textes und seiner Positionierung zwischen Autobiografie und Autofiktion.
- Die Bedeutung des E-Books als Medium des Widerstands gegen Zensur.
- Die literarische Darstellung von Grenzen und Räumen als Metapher für politische und gesellschaftliche Einschränkungen.
- Die subversive Strategie Ben Gharbias und seine Rolle als Autor und Aktivist.
- Die gattungstheoretische Einordnung des Textes zwischen Autobiografie und Autofiktion.
- Die Überwindung kultureller und emotionaler Hindernisse durch Flucht und Exil.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Hinführung: Die Einleitung betont die Bedeutung des Verständnisses von Kommunikationscharakter und Möglichkeiten verschiedener Medien, insbesondere im digitalen Kontext. Sie führt Sami Ben Gharbia als tunesischen Autor ein, der das Internet für seine subversiven Aktivitäten gegen den totalitären Staat unter Ben Ali nutzt. Das E-Book "Borj Erroumi XL" wird als Beispiel für den kreativen Umgang mit Worten zur Auseinandersetzung mit der Realität präsentiert. Die Arbeit untersucht Ben Gharbias Vita, das Medium E-Book, die literarische Gestaltung des Textes (mit Fokus auf Grenzen und Räumen), und das Verhältnis des Autors zu seinem Text, einschließlich der Gattungszuordnung.
2. Biographie Sami Ben Gharbia: Dieses Kapitel skizziert das Leben von Sami Ben Gharbia, seinem Exil in den Niederlanden und seinem Einsatz für Meinungsfreiheit in Tunesien. Es beschreibt seine Flucht aus Tunesien im Jahr 1998 und seine Nutzung des Internets für politischen Aktivismus ab 2002. Die Veröffentlichung von "Borj Erroumi XL" im Jahr 2003 wird im Kontext seiner Aktivitäten als Blogger und Aktivist eingeordnet. Die Kapitel betont seinen Widerstand gegen das Ben-Ali-Regime und seine Nutzung des E-Books als Medium des Widerstands gegen Zensur.
3. Das digitale Medium E-Book: Dieses Kapitel analysiert die Wahl des E-Books als Medium für "Borj Erroumi XL" als Reaktion auf die staatliche Zensur in Tunesien. Es wird die Bedeutung der E-Book-Form als innovative und subversiven Strategie im Kontext der eingeschränkten Meinungsfreiheit diskutiert. Die Auswahl des Mediums wird als eine bewusste Entscheidung dargestellt, um die staatliche Zensur zu umgehen und ein breiteres Publikum zu erreichen. Der Schritt in die digitale Veröffentlichung wird als Originalität und als wichtiger Schritt in einem größeren Projekt gesehen.
4. Grenzen und Räume als literarische Bedeutungskategorie: Dieses Kapitel analysiert die Darstellung von Grenzen und Räumen in "Borj Erroumi XL", unter Bezugnahme auf Theorien von Juri Lotman. Es untersucht, wie die physischen und metaphorischen Grenzen im Text die Erfahrungen der Flucht und des Exils widerspiegeln. Die Einrahmung und der Grenzgänge werden auf Basis von Textstellen vertieft untersucht. Der Fokus liegt auf der Interpretation dieser literarischen Elemente als Ausdruck der politischen und sozialen Realität Tunesiens unter Ben Ali.
5. Überwältigung von kulturellen und emotionalen Hindernissen: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Herausforderungen und Überwindung von kulturellen und emotionalen Hürden, die die Protagonisten in "Borj Erroumi XL" während ihrer Flucht erfahren. Es analysiert, wie der Text diese Erfahrungen darstellt und welche Bedeutung ihnen zukommt. Es betrachtet die psychologischen und sozialen Aspekte der Flucht und des Exils. Die Bewältigung der angsteinflößenden Situation wird mit der Erfahrung von Freiheit und Selbstbestimmung in Verbindung gebracht.
6. Der Text zwischen Autobiographie und Autofiktion - Versuch einer Gattungszuordnung: Dieses Kapitel befasst sich mit der Frage der gattungstheoretischen Einordnung von "Borj Erroumi XL". Es untersucht das Verhältnis zwischen autobiografischen Elementen und fiktionalen Gestaltungsmitteln und diskutiert, inwieweit der Text als Autofiktion einzustufen ist. Der Fokus liegt auf dem komplexen Verhältnis zwischen dem Autor und seiner Figur sowie der damit verbundenen narrativen Strategien.
Häufig gestellte Fragen zu "Borj Erroumi XL - Voyage dans un monde hostile" von Sami Ben Gharbia
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese wissenschaftliche Arbeit analysiert das erste tunesische E-Book von Sami Ben Gharbia, "Borj Erroumi XL - Voyage dans un monde hostile", im Kontext seiner Biografie und der politischen Situation in Tunesien unter Ben Ali. Der Fokus liegt auf der literarischen Darstellung von Grenzen und Räumen als Metapher für politische und gesellschaftliche Einschränkungen, der subversiven Natur des Textes und seiner Positionierung zwischen Autobiografie und Autofiktion.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit untersucht die Bedeutung des gewählten Mediums (E-Book), die literarische Darstellung von Grenzen und Räumen, die subversive Strategie Ben Gharbias als Autor und Aktivist, die gattungstheoretische Einordnung des Textes und die Überwindung kultureller und emotionaler Hindernisse durch Flucht und Exil. Besondere Aufmerksamkeit wird der Bedeutung des E-Books als Medium des Widerstands gegen Zensur gewidmet.
Welche Kapitel beinhaltet die Arbeit und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit gliedert sich in mehrere Kapitel: Eine Hinführung, die die Bedeutung verschiedener Medien im digitalen Kontext und die Einordnung des Werkes von Ben Gharbia erläutert; ein Kapitel zur Biografie Sami Ben Gharbias, seinem Exil und seinem politischen Aktivismus; ein Kapitel zur Analyse des digitalen Mediums E-Book als subversives Werkzeug; ein Kapitel zur literarischen Bedeutung von Grenzen und Räumen im Werk, angelehnt an die Theorien von Juri Lotman; ein Kapitel zur Bewältigung kultureller und emotionaler Hindernisse während der Flucht; ein Kapitel zur gattungstheoretischen Einordnung des Textes zwischen Autobiografie und Autofiktion; und schließlich eine Schlussbetrachtung.
Wie wird die literarische Darstellung von Grenzen und Räumen analysiert?
Die Analyse der Darstellung von Grenzen und Räumen in "Borj Erroumi XL" bezieht sich auf die Theorien von Juri Lotman. Es wird untersucht, wie physische und metaphorische Grenzen die Erfahrungen von Flucht und Exil widerspiegeln und als Ausdruck der politischen und sozialen Realität Tunesiens unter Ben Ali interpretiert werden können.
Welche Rolle spielt das Medium E-Book?
Die Wahl des E-Books als Medium wird als bewusste Entscheidung zur Umgehung der staatlichen Zensur und zur Erreichung eines breiteren Publikums analysiert. Das E-Book wird als innovatives und subversives Instrument des Widerstands dargestellt.
Wie wird der Text gattungstheoretisch eingeordnet?
Die Arbeit befasst sich mit der Frage, ob "Borj Erroumi XL" eher als Autobiografie oder als Autofiktion einzuordnen ist. Das komplexe Verhältnis zwischen autobiografischen Elementen und fiktionalen Gestaltungsmitteln wird untersucht.
Welche Bedeutung hat die Flucht und das Exil im Werk?
Die Arbeit analysiert die Herausforderungen und die Überwindung kultureller und emotionaler Hürden, die die Protagonisten während ihrer Flucht und im Exil erfahren. Die Bewältigung der angsteinflößenden Situation wird mit der Erfahrung von Freiheit und Selbstbestimmung in Verbindung gebracht.
Wer ist Sami Ben Gharbia?
Sami Ben Gharbia ist ein tunesischer Autor, der das Internet für seinen politischen Aktivismus gegen das totalitäre Regime unter Ben Ali nutzte. Seine Flucht aus Tunesien und seine Aktivitäten als Blogger werden im Kontext der Veröffentlichung von "Borj Erroumi XL" eingeordnet.
- Citation du texte
- Carolina Baumann (Auteur), 2014, Sami Ben Gharbia und das erste tunesische E-Book. Grenzen und Räume auf der Ebene der Vita, des Mediums und des Textes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/334545