Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Aktuelle Daten zur Entwicklung der betrachteten Altersgruppe
2.1 Definition der Altersgruppe „Senioren“
2.2 Anteil in Bezug auf die Gesamtbevölkerung
2.3 Regionale Verteilung
3. Ursachen der Zunahme psychischer Erkrankungen
3.1 Risikofaktoren der Senioren
3.2 Ressourcen der Senioren
4. Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung der Altersgruppe
5. Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung
5.1 Präventive Ansätze psychischer Erkrankungen
5.2 Präventive Ansätze demenzieller Erkrankungen
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Betrachtet wird die Bevölkerungsgruppe der Seniorinnen und Senioren, im Weiteren Senioren genannt, in der Lebensphase ab dem 60. Lebensjahr einschließlich der Altersgruppe der Hochbetagten vor dem Hintergrund der steigenden Prävalenz und Inzidenz von psychischen Erkrankungen in Deutschland.
Die Bevölkerungszahl in Deutschland sinkt. Bedingt durch den demografischen Wandel wird im Jahr 2060 jeder Dritte mindestens 65 Jahre alt sein. Der Anteil der Hochbetagten wird sich verdoppeln.
Viele Senioren genießen bei guter Gesundheit und materiellem Wohlstand ein aktives Leben. Gleichzeitig müssen zahlreiche Ältere mit gesundheitlichen Einschränkungen und geringen ökonomischen Ressourcen ihren Alltag bewältigen.
Um das 80. Lebensjahr steht die betrachtete Bevölkerungsgruppe an der Schwelle der Hochbetagtheit. Zunehmend erschwert ist der Erhalt der Gesundheit und das körperliche Wohlbefinden sinkt.
Es wird die Zusammensetzung dieser Altersgruppe bis zum Jahr 2060 betrachtet sowie ein Überblick über die sozioökonomische Situation, der Risikofaktoren, der Ressourcen und der Entwicklung psychischer Erkrankungen gegeben. Weiter werden die Auswirkungen der Zunahme psychischer Erkrankungen auf die Gesundheitsversorgung der Senioren erläutert und Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung zur Stärkung der psychischen Gesundheit der Senioren in Deutschland beschrieben.
2. Aktuelle Daten zur Entwicklung der betrachteten Altersgruppe
2.1 Definition der Altersgruppe „Senioren“
Eine allgemeinverbindliche Definition der Bezeichnung „Senioren“ existiert nicht. Dennoch werden bestimmte Altersgrenzen mit dem Begriff „Senioren“ in Verbindung gebracht. Die Alterseingruppierung dieser Bevölkerungsgruppe beginnt mit der Gruppe der 60-70 Jährigen. In der Alternsforschung erfolgt die Einstufung beim 60. Lebensjahr. Weiter wird nach drittem (60 bis unter 80 Jahre) und viertem Alter (80 Jahre und älter) eingeordnet (Statistisches Bundesamt, 2005).
2.2 Anteil in Bezug auf die Gesamtbevölkerung
Die Lebenserwartung in Deutschland steigt, die Geburtenrate sinkt. In der Folge ändert sich die Altersstruktur und die Bevölkerungsanzahl verringert sich. Der relative Anteil der Altersgruppe der über 60-Jährigen lag 2010 bei 26,3 %. Von den Menschen ab 65 Jahren waren 43 % Männer und 57 % Frauen. Der Anteil der Älteren mit ausländischer Staatsangehörigkeit lag im Jahr 2009 bei 4 %. Der Anteil der nichtdeutschen Männer war mit 4,9 % gegenüber dem der Frauen mit 3,2 % etwas höher. 2060 werden insgesamt 39,2 % der Gesamtbevölkerung in Deutschland älter als 60 Jahre sein, bei einer prognostizierten Gesamtbevölkerungszahl von 70 Millionen (Statistisches Bundesamt, 2009).
2.3 Regionale Verteilung
Regional fällt der Anteil der Senioren an der Bevölkerung in Deutschland unterschiedlich aus. Der Anteil der über 65-Jährigen ist mit 23,5 % in Ostdeutschland höher als in Westdeutschland mit 20,2 %. Von den in Sachsen lebenden Menschen sind ca. 25 % im Rentenalter. In Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg ist der Anteil der betrachteten Bevölkerungsgruppe am größten (BZgA, 2013). Den geringsten Zuwachs an Senioren über 65 Jahre hatten bis 2009 Hamburg und Bremen zu verzeichnen (Statistisches Bundesamt, 2011). Der Anteil der Älteren in der Altersgruppe der 65- bis 85-Jährigen mit Migrationshintergrund liegt bei 9 % (ebenda).
3. Ursachen der Zunahme psychischer Erkrankungen
3.1 Risikofaktoren der Senioren
Je älter die Menschen werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit psychisch zu erkranken. Die Ergebnisse zeigen, dass etwa ein Viertel der über 65-Jährigen hiervon betroffen ist. Darüber hinaus weisen psychische Störungen bei 65-Jährigen und Älteren zunächst dieselben Ursachen und Erscheinungsbilder auf, verlaufen öfter chronisch und gehen häufiger mit körperlichen Erkrankungen einher. Zu den häufigsten und folgenreichsten psychischen Erkrankungen gehören Depressionen (RKI 2010). Als Risikofaktoren hierfür gelten große psychische Belastungen wie Berentung, Verlust des Partners, Einsamkeit und dem Mangel an sozialer Teilhabe, die in der Altersgruppe der Senioren in hohem Maße auftreten. Eine besonders vulnerable Gruppe stellen die alleinstehenden Frauen zwischen 65 und 80 Jahren dar. Diese haben wenig soziale Kontakte, leiden häufig an Einsamkeit. Sie sind seltener ehrenamtlich tätig, seltener Mitglied in einem Verein, nutzen oft kein Internet und besitzen selten einen Führerschein. Im Schnitt haben diese älteren Frauen ein niedrigeres schulisches Bildungsniveau als Männer. Die Rentenbezüge sind geringer als die der Männer. Sie sind doppelt so häufig auf die Unterstützung der staatlichen Grundsicherung angewiesen (BBSR, 2011). Viele der heutigen Senioren leben allein, ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück, die Zunahme gesundheitlicher Gebrechen und das Gefühl nicht gebraucht zu werden beeinträchtigen das Kohärenzgefühl. Neben Erkrankungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt stellen Depressionen häufig eine Begleiterkrankung dar. Entsprechend können chronische Schmerzen ebenso Depressionen auslösen. Davon Abweichend wurden bei den ab 70-Jährigen in der Vergangenheit seltener schon einmal Depressionen diagnostiziert, als in der Kohorte der 50- bis 59-Jährigen, da hier die Befundung durch das Einhergehen von anderen Symptomen wie z. B. Gedächtnisstörungen, innere Unruhe und Gereiztheit erschwert wird. Durch die höhere Lebenserwartung und den Anstieg des Anteils Älterer ist davon auszugehen, dass die Anzahl der älteren Menschen mit depressiver Symptomatik um etwa 2 Drittel ansteigen wird (Nervenarzt, 2012). Im Zuge dieser Entwicklung ergibt sich hieraus die Notwendigkeit, dass Hausärzte zunehmend spezielle Fortbildungen auf dem Gebiet des geriatrischen Basiswissens wahrnehmen. Die Prävalenz bezogen auf depressive Symptome bei den Senioren die in Pflegeeinrichtungen betreut werden, beträgt bis zu 40 bis 50 %. In dieser Gruppe sind 15 bis 20 % von schweren Depressionen betroffen (BZgA, 2013).
Demenzen zählen ebenfalls zu den häufigen psychischen Erkrankungen der ausgewählten Altersgruppe. Im Vergleich der Lebensprävalenz wird ein höherer Anteil Hochbetagter eine diagnostizierte Depression, bedingt durch die Zunahme von Demenzen, aufweisen (BZgA, 2013). Eine Demenz beeinträchtigt die kognitiven, sozialen und emotionalen Fähigkeiten eines Menschen. Zu den Risikofaktoren zählen Übergewicht, Bewegungsmangel, arterielle Hypertonie, ein nachgewiesener Vitamin-B-12-Mangel, Alkoholkonsum, geringe geistige Aktivität, Mangel an sozialen Kontakten. Als wesentlicher Risikofaktor der primären Demenzform wird ein hohes Alter gesehen. Betrachtet man die Ergebnisse des Statistischen Bundesamtes, ist von einer steigenden Lebenserwartung und einer insgesamt älter werdenden Bevölkerung auszugehen. Dem entsprechend führt dies zu einer höheren Prävalenz und Inzidenz in den kommenden Jahren. Hinzu kommt das der häufigste Grund für eine Pflegeheimaufnahme eine demenzielle Erkrankung ist. Dieser Anteil an Pflegeheimbewohnern nimmt zu und liegt derzeit bei 60 %. Etwa die Hälfte der Pflegebedürftigen in Privathaushalten ist an Demenz erkrankt (BZgA, 2013). In den höheren Altersgruppen steigt der Anteil der erkrankten Frauen. In der Gruppe bei den an Demenz erkrankten Senioren mit Migrationshintergrund besitzt weit über die Hälfte der Migrantinnen keinen beruflichen Bildungsabschluss. Auch hinsichtlich des oft niedrigen Bildungsstandes und vorhandener Sprachbarrieren sind die Erkrankten und ihre Angehörigen häufiger nicht in der Lage ärztliche Unterstützung, Beratungs- und Betreuungsangebote wahrzunehmen. Ebenso sind in dieser Gruppe die über 65-Jährigen überproportional von Armut bedroht (ebenda).
Die Älteren in Ostdeutschland sind aufgrund der relativ guten Einkommenssituation weniger von Armut betroffen, beteiligen sich aber weiniger ehrenamtlich und sind seltener Mitglied in Vereinen (BZgA, 2013). Diese Personengruppe bewertet die eigene Lebenssituation negativer. 13,2 % der 70 bis 85-Jährigen Seniorinnen im Gesamtbundesgebiet und 11,7 % der Seniorinnen und Senioren sind als arm zu bezeichnen (ebenda).
3.2 Ressourcen der Senioren
Neben einer finanziellen Absicherung, einer ausgewogenen Ernährung ist Bildung eine wesentliche Ressource. Senioren mit einer guten Bildung sind durch gute Risikowahrnehmung, Handlungskontrolle und Strategieplanung besser in der Lage entsprechende Versorgungsleistungen oder Rehabilitationsangebote wahrzunehmen. Ein stark ausgeprägtes Kohärenzgefühl bewirkt das Verständnis seinen Alltag trotz Krankheiten besser und selbstbestimmt zu bewältigen. Neben einem guten sozialen Netzwerk ist das Lebensumfeld für Senioren von großer Bedeutung. Insbesondere Barrierefreiheit, kurze Wege zur Besorgung der Dinge des täglichen Bedarfs, eine gute ärztliche Anbindung in der Lebenswelt und öffentliche Verkehrsmittel in der Nähe befähigen die Senioren zur autarken Lebensweise. Dies stärkt die gesundheitlichen selbstregulativen Prozesse und führt zu einem längeren Verbleib in der Häuslichkeit. Ehrenamtlich tätige Senioren fördern aktiv den Generationenaustausch und bereichern unsere Gesellschaft durch ihre Erfahrungen und ihr Wissen. Primärpräventionsmaßnahmen (Krebsfrüherkennung, Check-up) werden von Menschen ab 65 Jahren häufiger genutzt.
4. Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung der Altersgruppe
Auf der Basis des medizinisch-technologischen Fortschritts sind immer mehr Krankheiten behandelbar, aber nicht unbedingt heilbar. Es kann deshalb nicht verwundern, dass die Anzahl chronisch und multimorbid kranker älterer Menschen steigt. (Der Urologe, 12/2011). Eine effiziente Behandlung erfordert die Vernetzung verschiedener Therapien, Berufsfelder und Versorgungsorte.
Psychiatrische Institutsambulanzen gewinnen bei steigendem Versorgungsbedarf und knapperer Versorgungsressourcen im vertragsärztlichen Sektor immer mehr an Bedeutung. Ohne diese PIAs wären manche Gebiete in Deutschland unter- aber auch unversorgt. Die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen im stationären, ambulanten Bereich und die Kosten depressiver Senioren liegen bereits heute um ein Drittel höher gegenüber den Kosten nichtdepressiver Senioren. Künftig werden depressive Syndrome bedeutende Versorgungskosten verursachen. Depressive Störungen im Alter sind folgenschwer für den einzelnen, für die Solidargemeinschaft und werden zu einer zentralen Versorgungsherausforderung führen. Sie gehen mit Funktionseinschränkungen, erhöhten Suizidraten einher und beeinflussen kardiovaskuläre Erkrankungen deutlich negativ. Der mögliche Zusammenhang psychischer Beeinträchtigungen und subdiagnostischer Symptomatik führt zu häufiger Inanspruchnahme ärztlicher Leistung, allerdings häufig nicht zur Diagnosestellung. Die diagnostischen Verfahren müssen spezifischer auf diese Altersgruppe abgestimmt werden. Ältere depressive Patienten erhalten gegenüber nichtdepressiven Patienten öfter eine Pflegestufe. Daraus resultiert die häufigere Inanspruchnahme pflegerischer Hilfeleistungen und Unterstützungen verbunden mit zusätzlichen Kosten für das Gesundheitssystem. Da ein hoher Anteil der Senioren regelmäßig zu Ihrem Hausarzt geht, kommt diesem eine Schlüsselposition in Bezug auf die Diagnosestellung und Einleitung weiterer spezifischer Behandlungen zu. Unter dem Blickwinkel das in den nächsten Jahrzehnten Menschen in das Rentenalter eintreten die weder die sozialversicherungspflichtigen Arbeitszeiten noch das Einkommen der Nachkriegsgeneration haben, wird das staatliche Instrument der Grundsicherungsleistung vor großen Herausforderungen stehen. (BBSR, 2011)
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