Remediatisierung von Musikvideos. Medienkonvergenz von Internet und Musikfernsehen


Hausarbeit, 2016

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen
2.1 Remediatisierung und Medienkonvergenz
2.2 Musikfernsehen in Deutschland

3 Mediale Entwicklungen von Musikvideos in Deutschland
3.1 Niedergang des klassischen Musikfernsehens
3.2 Verlagerung der Musikclips ins Netz

4 Ursachen der Medienkonvergenz im Bereich der Musikvideos
4.1 Technische Ursachen
4.2 Soziale Ursachen
4.3 Wirtschaftliche Ursachen

5 Schluss

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

VIVA und MTV waren Symbole der Popkultur. Anfang der 90er, bis hin zur Jahrtausendwende, haben diese beiden Musikfernsehsender eine ganze Generation von deutschen Jugendlichen enorm geprägt. Für die Generation davor war Radio noch das Nonplusultra, falls die Absicht bestand neue Musik zu entdecken. Die so genannte ‚Generation Y’ hingegen, musste nur zu jeder Tages- und Nachtzeit den Fernseher einschalten, um dort bei ihrer Suche vielleicht zufällig fündig zu werden. Und selbst wenn nicht, so waren MTV und VIVA zumindest einigermaßen verlässliche Informationsquellen, was denn gerade total hipp bzw. welche Musik grundsätzlich hörenswert war. So übernahm das Fernsehen damals schon qua Remediatisierung eine für die Musikindustrie wichtige Funktion des Radios – denn wer nicht im Radio gespielt wurde, war schlichtweg nicht relevant. Der Musikclip war dem einfachen, abgespielten Musikstück aus dem Radio allerdings nicht per se überlegen, selbst wenn dies zu Beginn so suggeriert wurde. Es war schlicht und ergreifend eine andere Art, sein Produkt an den Mann zu bringen. Demnach kann der musikalische Slogan ‚Video Killed the Radio Star’ wohl bestenfalls als Utopie angesehen werden. Heutzutage wird in solchen Zusammenhängen des Öfteren von der Medienkonvergenz gesprochen, welche nicht wenige Bereiche des Lebens durchzieht und deswegen manchmal allumfassend erscheint. Dies ist vor allen Dingen der Präsenz des Computers, nebst mittlerweile flächendeckender Vernetzung der Haushalte geschuldet.

Bezüglich des Internets wird nicht selten mit Schlagwörtern wie Web 2.0 um sich geschmissen und rege darüber philosophiert. Im gleichen Atemzug wird zudem YouTube genannt, das oberflächlich betrachtet als Nachfolger des Musikfernsehens gelten kann – immerhin existiert das Videoportal bereits seit 2005. Ob es hier tatsächlich ‚YouTube Killed the Video Star’ heißen kann, ist durchaus fraglich. Dass das Musikfernsehen nach der Jahrtausendwende langsam aber sicher ausstarb, haben viele zwar als sichtbaren, jedoch schleichenden Prozess wahrgenommen. Wenn hier in Wahrheit in irgendeiner Weise eine Zäsur existieren sollte, so müsste sie überhaupt erst einmal auf ein konkretes Ereignis datiert werden. Die Ursachen der Verlagerung von Musikvideos aus dem TV auf Videoportale wie YouTube sind nämlich vielfältig. Sie müssen daher nicht zwingend unmittelbar miteinander verknüpft sein. Hieraus ergibt sich schließlich die Frage: Ist die Remediatisierung von Musikvideos eine logische Entwicklung und folgt sie damit dem generellen Trend der Medienkonvergenz von Internet und TV?

Der Beantwortung dieser Frage wird dadurch nachgegangen, indem wissenschaftliche Literatur aus den Bereichen Sozial-, Kultur-, Musik- und Medienwissenschaft herangezogen wurde – so z. B. Viva MTV! Popmusik im Fernsehen (Neumann-Braun 1999), Einführung in populäre Musik und Medien (Jacke 2009) oder Musikfernsehen in Deutschland – politische, soziologische und medienökonomische Aspekte (Kurp/Hauschild/Wiese 2002). Was die Forschung angeht, so wird der Begriff der ‚Medienkonvergenz’ im Augenblick hinsichtlich mehrer Ebenen betrachtet (beispielsweise Technik, Inhalt, Nutzung etc.). Die Wissenschaftler beschäftigen sich gleichwohl nicht ausschließlich mit blanken Klassifizierungen, sondern vergleichen den Forschungsgegenstand mit scheinbar ähnlichen, wie der Intermedialität oder Crossmedia; gleichzeitig versuchen sie diese Phänomene stark zu differenzieren. In den letzten Jahren ist sowohl der Aspekt des Rezipienten, als auch dessen Perspektive und Interaktion mit den verschiedenen medialen Erscheinungsformen in den Mittelpunkt gerückt, weil sich gerade dieses Sujet als Desiderat herauskristallisiert hatte.[1]

Da die Medienkonvergenz einen komplexen Phänomenbereich darstellt, kann diese kurze Abhandlung lediglich als knapper Ansatz für eine vertiefende Forschung verstanden werden. Deshalb wird zunächst kurz die Definition von wichtigen medienwissenschaftlichen Begriffen geklärt (z. B. Remediatisierung) und ein geschichtlicher Abriss über das deutsche Musikfernsehen geliefert – wobei der Fokus auf den beiden damals marktführenden Sendern MTV und VIVA liegen wird. Danach wird mittels Analyse auf den Niedergang des klassischen Musikfernsehens (dem schwindenden Grundgedanken, also der hauptsächlichen Präsentation von Musikvideos), sowie den Transfer der Clips auf Internet-Videoplattformen eingegangen. Der letzte Teil der Arbeit wird sich genauer mit der Analyse der einzelnen Ursachen dieser Medienkonvergenz befassen bzw. welche Vorteile sich für die Videoplattformen gegenüber dem Musikfernsehen ergeben, dass dieser Prozess überhaupt erst in Gang gesetzt wurde – insbesondere YouTube soll hierfür als Beispiel dienen. Das Thema für diese Hausarbeit wurde aufgegriffen, weil es zum einen interdisziplinär ist, und zum anderen weiterer Forschung bedarf.

2 Grundlagen

2.1 Remediatisierung und Medienkonvergenz

Das ›re-‹ der remediation hebt das Moment der Wieder-Aufnahme – der Re- Medialisierung – vorgängiger oder auch parallel verfügbarer medialer Formen, Strukturen und ›Inhalte‹ in jeweils anderen medialen Kontexten hervor.[2]

Bei der Remediation bzw. Remediatisierung, stehen demnach mindestens zwei Medien in einer remedialisierenden Beziehung zueinander. Dieses Konzept wird – da es unter anderem ein intermedialitätstheoretischer Ansatz ist – als eine Subform der Intermedialität verstanden.[3] Von außen werden Remediatisierungsprozesse, wie die Transformation von Musiksendungen aus dem Radio als Clips ins Fernsehen, oft als simple Reformierung, oder gar logische Verbesserung wahrgenommen.[4] Davon abzugrenzen ist die Medienkonvergenz, die im Zusammenhang mit dem Sujet ebenfalls definiert werden muss.

Medienkonvergenz beschreibt […] ein ‚Zusammenrücken’, ‚Zusammenwachsen’ oder auch ‚Verschmelzen’ bisher als getrennt betrachteter Kommunikations- und/oder Medienbereiche.[5]

Solch eine Medienkonvergenz kann sich auf bestimmten Ebenen äußern: Technik, Branche, Nutzung oder Inhalt. Letztere nimmt direkten Bezug zur Intermedialität, wobei sich die Remediatisierung daraus ableiten lässt. Die Ebene der Nutzung hingegen behandelt den Transfer von Musikclips aus dem Fernsehen zu Videoplattformen im Internet (z. B. YouTube).[6] Im Folgenden wird dahingehend von einer substituierenden Erscheinungsform durch das Netz ausgegangen, in erster Linie mit Hilfe des Computers; andere moderne Medienendgeräte, wie beispielsweise Smartphone oder Tablet, wären für die spätere Analyse nicht zielführend, weil der Untersuchungszeitraum (bis ca. 2006) für eine mögliche relevante Einbeziehung jener zu weit zurückliegt.

2.2 Musikfernsehen in Deutschland

Im Gegensatz zum englischen Sprachraum, hatte MTV, gemeinsam mit VIVA in den 90ern bis ungefähr Mitte der 2000er, im deutschen eine marktbeherrschende Position inne. Beide führten über Jahre hinweg einen Konkurrenzkampf, um die Alleinherrschaft in der deutschen Musikfernsehlandschaft zu erreichen, wobei lange nicht klar war, wer jenen für sich entscheiden würde. Dies war unter anderem dadurch sichtbar, dass sie abgesehen vom Erstkanal, auch Zweitkanäle besaßen (z. B. VIVAplus und MTV2pop), und deswegen stets expandierten. Während MTV sein Programm global (also englischsprachig) sendete, konnte es nach einer Germanisierung speziell für Deutschland, VIVA jedoch erst Ende der 90er gefährlich werden.

Aufgrund dessen, dass MTV dem Medienkonzern Viacom angehörte, stellte dieser 2004 schließlich genügend Kapital bereit, um die sich in der finanziellen Krise befindende VIVA Media AG zu übernehmen. Die Gründe für die Krise lagen beispielsweise in den damaligen Problemen der Werbe- und Musikindustrie, sowie dem Börsengang VIVAs, was den Sender letztendlich ruinierte. Nur der Vollständigkeit halber sollte hier der wenig einflussreiche Nischensender Onyx am Rande erwähnt werden, denn er verschwand ebenso recht bald nach der Übernahme von VIVA durch MTV.[7]

3 Mediale Entwicklungen von Musikvideos in Deutschland

3.1 Niedergang des klassischen Musikfernsehens

Die Übernahme von VIVA durch MTV ist zwar ein einschneidendes Ereignis für das klassische Musikfernsehen in Deutschland gewesen, nichtsdestotrotz stellt sie offenbar keinesfalls eine Zäsur dar; vielmehr hat der Niedergang dieser einst erfolgreichen TV-Sparte schon viel früher begonnen. Wegen der anhaltenden Konkurrenzsituation, hat es immer wieder Umgestaltungen im Programm, und neue experimentelle Konzepte gegeben. So wollten beide Sender mittels der Integration von musikalischfremden Comedy-Shows und Serien, sowie steigender Interaktivität mit den Rezipienten bzgl. der Programmgestaltung, Anfang der 2000er parallel ihre Marktanteile erhöhen.[8]

Neben den wiederaufgenommenen Beavis and Butthead, gab es auch 2001 schon die Trickserie Celebrity Deathmatch, darüber hinaus sind zahlreiche Mangas [sic!] wie Cowboy Bebop, Escaflowne und Funky Cops hinzugekommen. Des Weiteren gibt es seit dem Boom von Realityformaten à la Big Brother auch auf MTV Realityshows wie The Osbournes, The Real World und Jackass.[9]

Einige der genannten Serien, würden vermutlich heute noch viele Leute als absoluten Kult bezeichnen. Tatsächlich handelt es sich nicht unbedingt um schlecht produzierte, sondern zur damaligen Zeit durchaus innovative, trendige und vor allen Dingen beliebte Fernsehformate. Dies harmoniert zudem mit der Zielgruppe, welche zu zwei Dritteln nachweislich zwischen 14 und 29 Jahren gelegen hat.[10] Das ist auch der Grund, weswegen MTV diesen gewinnbringenden Kurs logischerweise fortgesetzt hat. Aber im Zuge dessen hat die neue Programmgestaltung zeitgleich neuerliche Debatten über die jugendgefährdenden Inhalte im Musikfernsehen entflammt. Als Beispiele wären hier vor allem Sendungen à la Jackass oder vermeintliche Kostenfallen via Klingeltonwerbung zu nennen. So sind die teils gender-problematischen, sexistischen und gewalttätigen Inhalte der Musikvideos schließlich auf andere Formate übergeschwappt, ließen sich jedoch genauso gut vermarkten.[11]

Während das Programm 2001 nach wie vor von musikalischen Inhalten dominiert wird, findet man spätestens drei Jahre später sowohl bei MTV, als auch bei VIVA eine total veränderte Programmstruktur wieder; Musiksendungen sind in den Hintergrund gerückt und spielen bestenfalls nur noch zur Hälfte eine Rolle.[12] Seit der Übernahme von VIVA und dem Ende von Onyx im Jahre 2004, hat der Medienkonzern um MTV eine Quasi-Monopolstellung in Deutschland besessen.[13] Aufgrund der fehlenden Konkurrenzsituation, ist es jetzt erst recht möglich gewesen, verschiedene Konzepte im TV auszuprobieren, die rein gar nichts mehr mit den zahllosen Musikvideo-Rotationen von damals gemein haben. Von da an mussten Musikshows und -videoformate verstärkt weichen, und der Großteil des Programms hat aus fiktionalen Serien, Zeichentrick, Personality-/Reality-Shows, Dokumentationen und Infotainment bestanden.[14]

[...]


[1] Vgl. Schuegraf 2008, S. 26.

[2] Schröter, S. 197.

[3] Vgl. a. a. O., S. 197 f.

[4] Vgl. a. a. O., S. 199.

[5] Schuegraf 2008, S. 18.

[6] Vgl. a. a. O., S. 26.

[7] Vgl. a. a. O., S. 29 f.

[8] Vgl. Koch-Gombert 2005, S. 86 f.

[9] Schuegraf 2008, S. 34 (Grund für sic!: bei den genannten Werken handelt es sich nicht um Mangas, sondern um Animes).

[10] Vgl. Münch/Eibach 2005, S. 495.

[11] Vgl. Neumann-Braun/Mikos 2006, S. 115 f.

[12] Vgl. a. a. O., S. 117 f.

[13] Vgl. Schuegraf 2008, S. 48.

[14] Vgl. Neumann-Braun/Mikos 2006, S. 116 f.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Remediatisierung von Musikvideos. Medienkonvergenz von Internet und Musikfernsehen
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Theater- und Medienwissenschaft)
Veranstaltung
Web History
Note
2,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
14
Katalognummer
V335041
ISBN (eBook)
9783668248380
ISBN (Buch)
9783668248397
Dateigröße
654 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
remediatisierung, musikvideos, medienkonvergenz, internet, musikfernsehen
Arbeit zitieren
David Kraus (Autor:in), 2016, Remediatisierung von Musikvideos. Medienkonvergenz von Internet und Musikfernsehen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/335041

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