Die Deutschlandpolitik Woodrow Wilsons in den Friedensverhandlungen zum Versailler Vertrag


Term Paper (Advanced seminar), 2014

25 Pages, Grade: 2,0


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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1.Die Deutsch-amerikanischen Beziehungen am Ende des Ersten Weltkrieges. Die deutschen Friedenshoffnungen nach Wilsons Vierzehn-Punkte-Programm

2. Wilsons Deutschlandpolitik vor dem Beginn der Friedensverhandlungen in Paris: Deutschlands zukünftige Rolle in der neuen Weltordnung des US-Präsidenten

3. Die Reaktionen in den USA, Großbritannien und Frankreich auf Wilsons Friedensstrategie: Die Konfrontationen des US-Präsidenten mit den Entente-Mächten über die Deutschlandfrage

4. Die Ergebnisse der Friedenskonferenz für Deutschland: Wilsons Wandel in der Deutschlandpolitik und die Folgen

5. Die Reaktionen in Deutschland auf den Versailler Vertrag: Das Scheitern der Friedenshoffnungen und die Enttäuschungen über Wilson

Fazit

Literatur- und Quellenverzeichnis

Einleitung

Der amerikanische Präsident Woodrow Wilson war nach dem Ende des Ersten Weltkrieges in der Pariser Friedenskonferenz von Januar bis Mai 1919 einer der entscheidenden Akteure. Die USA zählten neben Großbritannien und Frankreich zu den großen Gewinnern des Krieges und darum fielen den Regierungschefs dieser Länder bei der Konzeption eines Friedensvertrags bedeutende Rollen zu. Insbesondere Wilson war mit dem Ziel in die Verhandlungen eingetreten, eine neue Welt- und Friedensordnung zu schaffen. Diese Absicht hatte er schon im Januar 1918 mit der Veröffentlichung seines berüchtigten Vierzehn-Punkte-Programms kundgetan. Deutschland, das aus dem Krieg als Verlierer hervorgegangen war, hatte sich durch die Anerkennung dieser Vierzehn-Punkte für einen Waffenstillstand mit den Westmächten bereit erklärt. Diese Arbeit befasst sich mit der Deutschlandpolitik des US-Präsidenten und geht dabei ebenso auf dessen Ziele hinsichtlich einer neuen Friedensordnung ein. Sie beschäftigt sich mit der Frage, welche Pläne Wilson für Deutschland anstrebte und welche Rolle das Land seiner Ansicht nach in Europa und in der gesamten Welt zukünftig einnehmen sollte. Ferner wird in dieser Arbeit dargestellt, welche Absichten des Präsidenten im Versailler Vertrag verwirklicht werden konnten.

Das erste Kapitel stellt die Deutsch-amerikanischen Beziehungen zum Ende des Krieges vor und erklärt, welche Bedeutung das Vierzehn-Punkte-Programm für den Ausgang der Kampfhandlungen sowie für die Erarbeitung eines Friedensvertrags hatte. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit Wilsons Zielen für Deutschland noch vor dem Beginn der Friedenskonferenz in Paris. Im dritten Kapitel geht es um die Reaktionen in den USA, Großbritannien und Frankreich auf Wilsons Bestrebungen. Es zeigt, dass die Programmatik des Präsidenten längst nicht überall auf Zustimmung stieß und deshalb zu Streitigkeiten im Hinblick auf die Erstellung eines gemeinsamen Friedensvertrags führte. Im vierten Kapitel werden die Ergebnisse der Friedensverhandlungen für Deutschland aufgeführt. Die Bestimmungen, die die Deutschen im Versailler Vertrag zu erfüllen hatten, werden dargelegt. Das fünfte und letzte Kapitel dieser Arbeit geht auf die Reaktionen in Deutschland auf den Vertragsentwurf ein und erläutert wie Wilson danach von den Deutschen angesehen wurde. Das Fazit fasst nochmals alle Schwerpunkte zusammen und beantwortet die Frage, von der diese Arbeit ursprünglich ausgegangen war.

Bezüglich der verwendeten Literatur kann festgehalten werden, dass vor allem die Werke von Klaus Schwabe sehr hilfreich waren. Hierbei handelt es sich um ein Thema, das für die Forschung eine enorme Bedeutung hat, da der Versailler Vertrag die Entwicklung des 20. Jahrhunderts beeinflusste.

Daher ist die Auswahl an Literatur und Quellen recht groß. Als empfehlende Quellen können etwa die „Memoiren und Dokumente über den Vertrag zu Versailles“ von Wilson selbst sowie die „Quellen zum Friedensschluss von Versailles“ von Klaus Schwabe genannt werden.

1.Die Deutsch-amerikanischen Beziehungen am Ende des Ersten Weltkrieges: Die deutschen Friedenshoffnungen nach Wilsons Vierzehn-Punkte-Programm

Den Vereinigten Staaten kam durch den Beitritt am Ersten Weltkrieg auf der Seite der Entente-Mächte Großbritannien und Frankreich eine bedeutende Rolle in der Weltpolitik zu. Das Deutsche Reich hatte an dieser Entwicklung einen beträchtlichen Anteil, indem es die USA durch die Umsetzung eines uneingeschränkten U-Boot-Krieges im April 1917 in den Krieg praktisch nötigte.[1] Eine Intervention der US-Armee war bis zum Frühjahr 1917 nicht ernsthaft beabsichtigt worden, da die amerikanische Regierung unter Präsident Woodrow Wilson zunächst eine neutrale Haltung vertrat. Obwohl schon zu Beginn des Krieges im Sommer 1914 eine stärkere Bindung zur Entente als zu den Mittelmächten existierte, bestand zum damaligen Zeitpunkt noch keine Bereitschaft, sich an diesem europäischen Konflikt an der Seite Englands und Frankreichs militärisch zu beteiligen. Dennoch war Wilson darum bemüht mit diplomatischen Mitteln auf die kriegführenden Länder einzugehen, da er wie Klaus Schwabe anmerkt „sich einem Ziel verpflichtet fühlte – dem Morden in der alten Welt sobald wie möglich ein Ende zu setzen und dem künftigen Frieden eine stabilere Grundlage zu geben.“[2] Er empfand zum Teil eine moralische Verpflichtung, zwischen den Europäern zu vermitteln, um den Krieg zu beenden. Diese Bestrebungen konnten jedoch nicht auf Dauer ohne ein aktives Eingreifen mit der Entsendung von US-Truppen in die Schlachtfelder Europas gelingen. Die Versuche Wilsons, insbesondere mit Deutschland über einen Frieden zu verhandeln, scheiterten in den Jahren 1915 und 1916 mehrfach.[3] Im Zuge der aggressiven und rücksichtslosen Kriegführung der deutschen Flotte gegen ihre Feinde sowie neutralen Staaten wie eben die USA, konnte keine positive Annäherung zwischen den beiden Ländern erfolgen. Das Gegenteil war dadurch letztlich der Fall.

Die Kriegserklärung an das Deutsche Kaiserreich am 6. April 1917 bedeutete eine Zäsur in der amerikanischen Außenpolitik. Die Nation, die sich bis dahin in ihrer Geschichte, abgesehen vom Erwerb der Philippinen, traditionell von der übrigen Welt abgeschirmt hatte, intervenierte durch den Einsatz ihrer Streitkräfte an der Westfront erstmals in Europa. Die vorrangigen Ziele waren das nach globaler Hegemonie strebende Deutschland und seine Verbündeten zu besiegen sowie eine dauerhafte weltweite Friedensordnung zu konzipieren. Der zweite Punkt sollte sich als besonders ehrgeiziges und enorm schwieriges Unterfangen erweisen. Des Weiteren wurde hiermit nämlich die Absicht verfolgt, dass nicht nur das Deutsche Reich, sondern auch die anderen Mächte ihre imperialistischen Pläne aufgeben mussten. Durch die militärische und ökonomische Schwäche der Entente wurde Amerika bis zu Beginn des Jahres 1918 zunehmend zum Rückgrat der Gegner der Mittelmächte. Die wirtschaftlichen und militärischen Potenziale waren dabei treibende Kräfte, in dem zahlreiche amerikanische Banken die Westmächte mit Krediten in einer Höhe von etwa 11,2 Milliarden Dollar unterstützten und das Militär bis zum Herbst 1918 über zwei Millionen GIs in Europa stationierte.[4] Der Beitrag, den die Vereinigten Staaten leisteten, sollte sich als kriegsentscheidend herausstellen. Zudem wurde hierdurch der Anspruch als aufstrebende Weltmacht deutlich.

Mit dieser Konstellation wuchs zwangsläufig ebenso der weltpolitische Einfluss des Präsidenten, der als wichtigster Vertreter der Feinde Deutschlands und Verfechter eines dauerhaften Friedens für die Zeit nach dem Krieg fungierte. Die Pläne Wilsons für eine neue Welt- und Friedensordnung kamen bereits in seinem berühmten Vierzehn-Punkte-Programm, das er am 8. Januar 1918 vor dem US-Kongress verkündete, zum Ausdruck. Dieses Programm bezeichnete der Präsident als „das einzig mögliche“[5], um den Ausbruch erneuter Kriege zu verhindern. Wilson verdeutlichte dieses Anliegen in seiner Ansprache, indem er erklärte: „Die Welt muss nur tauglich und sicher gemacht werden, um in ihr leben zu können.“[6] In den ersten fünf Punkten, die sich an alle Nationen richten, werden die Aufhebung von Geheimverträgen, die freie Schifffahrt auf allen Weltmeeren, die Förderung von Handelsbeziehungen ohne wirtschaftliche Schranken sowie die Beendigung des Wettrüstens unter den Ländern gefordert. Gerade mit Hilfe des letztgenannten Punktes sollte der Verhinderung neuer militärischer Auseinandersetzungen vorgebeugt werden. Die Punkte sechs bis dreizehn betrafen unter anderem auch Deutschland. Hier bezog sich Wilson auf territoriale Forderungen, die aus deutscher Sicht als harte Bedingungen empfunden werden mussten. Im Vordergrund standen nämlich die Räumung aller besetzten russischen Gebiete und die Wiederherstellung Belgiens und Frankreichs.[7] Außerdem sollte Deutschland noch zusätzlich das in der Reichsgründung von 1871 annektierte Elsass-Lothringen an Frankreich abtreten. Neben diesen formulierte der amerikanische Präsident noch weitere territoriale Festlegungen in Europa, auf die nun im Detail nicht eingegangen wird, da sie vom eigentlichen Thema dieses Kapitels – den Deutsch-amerikanischen Beziehungen nach Wilsons Vierzehn-Punkte-Programm, zu stark abweichen. Unverzichtbar in der Darstellung dieser Denkschrift ist jedoch der vierzehnte und letzte Punkt, da hier mit der Gründung eines Völkerbundes die wichtigste Grundlage für den Erhalt einer globalen Friedensordnung geschaffen werden sollte. Die Idee zur Bildung einer Staatengemeinschaft, die künftige Konflikte mit friedlichen Mitteln und ohne Blutvergießen lösen sollte, stellte im Jahr 1918 eine Zäsur dar. Es war zur damaligen Zeit umso erstaunlicher, dass ein Staatsmann dieses Ziel offen aussprach. Wilson hoffte hiermit die üblichen Prinzipien der Machtpolitik zu beenden und diese durch ein weltweites Recht, das von allen Mitgliedern des Völkerbundes anerkannt wurde, abzulösen.[8]

Die Pläne des Präsidenten riefen in Deutschland unterschiedliche Reaktionen hervor. Einen gewissen Einfluss hatten die Vierzehn Punkte auf die bürgerliche Friedensbewegung, die aber lediglich eine Minderheit in der Gesellschaft ausmachte. Vor allem die Völkerbundidee wurde von dieser Gruppe befürwortet.[9] Die Regierung in Berlin hingegen sah sich dem Druck der Obersten Heeresleitung unter Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff, der Industriellen und des Alldeutschen Verbandes, die weiterhin imperialistische Kriegsziele hegten, ausgesetzt. Unter diesen Umständen waren zu Beginn des letzten Kriegsjahres Friedensverhandlungen, die sich auf Wilsons Programm beriefen, zwischen den verantwortlichen politischen Akteuren in beiden Lagern noch schwer realisierbar. Hierbei muss auch die Lage an der Ostfront, die sich im Verlauf des Jahres 1917 wegen der revolutionären Unruhen in Russland für Deutschland positiv entwickelt hatte, berücksichtigen. Man war gerade dabei, die Kampfhandlungen im Osten zu beenden. Im Sonderfrieden von Brest-Litowsk vom 3. März 1918 musste das einstige Zarenreich enorme Gebietsverluste, unter anderem durch Abtretungen an das Deutsche Reich, als Bedingungen für das langersehnte Ende des Krieges hinnehmen.[10] Diese Beschlüsse standen im Widerspruch mit den Zielen des US-Präsidenten, der die Annexionen russischer Territorien an das deutsche Staatsgebiet entschieden ablehnte. Außerdem befürchtete er, dass zwischen Berlin und Moskau ein Bündnis gegen die Westmächte entstehen konnte, welches seine Pläne hinsichtlich einer Weltfriedensordnung gefährdete. Die Tatsache, dass in Russland nun die Bolschewisten unter der Führung Lenins die politischen Akteure waren, belasteten die amerikanisch-russischen Beziehungen. Den Bolschewismus betrachtete Wilson ideologisch als ein undemokratisches und totalitäres System, das den Aufbau einer Weltfriedensorganisation behindern konnte.[11] Es ging ihm darum den Bolschewismus aufzuhalten, damit sich dieser nicht in andere Länder in Europa wie etwa nach Deutschland verbreitete. Das militärische Engagement Amerikas im russischen Bürgerkrieg auf Seiten der Weißen Armee liefert hierfür den Beleg.

Nach der Beendigung des Krieges in Osteuropa gingen die Kampfhandlungen an der Westfront in die entscheidende Phase. Entgegen der deutschen Hoffnungen zeichnete sich im Sommer 1918 eine Wende zugunsten der Westmächte ab. Die von den Streitkräften der USA und der Entente am 18. Juli eingeleitete Offensive führte dazu, dass die deutschen Truppen in eine permanente Defensive gedrängt wurden. Von August 1918 an war eindeutig klar, dass Deutschland den Krieg nicht mehr gewinnen konnte.[12] Daher war man sich in Berlin bewusst, dass es nunmehr lediglich darum ging, einen möglichst günstigen Frieden zu erzielen. Diese Entwicklung löste auch eine innenpolitische Krise aus. Am 30. September trat Reichskanzler Hertling auf Druck der Mehrheitssozialdemokraten zurück, um den Weg für eine Regierung frei zu machen, die Friedensverhandlungen mit den USA aufnehmen sollte. Nun gewannen die Vierzehn Punkte Wilsons in Deutschland an Bedeutung. Am 3. Oktober 1918 richtete nämlich der neue Reichskanzler Prinz Max von Baden eine erste Note an den Präsidenten, in der dessen Programm als Grundlage für die Vermittlung eines Friedensschlusses dienen sollte. In der Note erklärt der Reichskanzler: „Die deutsche Regierung nimmt das von dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika in der Kongressbotschaft vom 8. Januar 1918 und in seinen späteren Kundgebungen aufgestellte Programm für die Friedensverhandlungen an.“[13] Die Deutschen setzten nun ihre Hoffnungen in den amerikanischen Präsidenten. Die Regierung um Max von Baden glaubte, dass gewisse Ziele mit Wilson doch noch erreichbar waren. Darunter fielen die Sicherung der Rohstoff- und Lebensmittelversorgung, die durch die Errichtung des Völkerbundes gewährleistet gewesen wäre sowie der Erhalt des eigenen Staatsgebiets mit dem Kolonialbesitz.[14] Der US-Präsident ging am 5. November 1918 auf das Waffenstillstandsersuchen des Reichskanzlers ein. Die deutsche Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens erfolgte am 11. November 1918. In dieser Phase ereignete sich in Deutschland die Revolution, die zur Abdankung Kaiser Wilhelms II. und zur Ausrufung der Weimarer Republik führte. Der einstige autokratische, militaristische Gegner Amerikas begann sich zu einem demokratischen Staat zu entwickeln. Allerdings bestand für Wilson ebenso die Gefahr, dass sich ein sozialistisches Regime etablierte. Dennoch kann festgehalten werden, dass sich gerade die überzeugten Demokraten vom amerikanischen Präsidenten in Bezug auf die folgenden Verhandlungen in Paris, einen für Deutschland gerechten Frieden erhofften.

2. Wilsons Deutschlandpolitik vor dem Beginn der Friedensverhandlungen in Paris: Deutschlands zukünftige Rolle in der neuen Weltordnung des US-Präsidenten

Das Waffenstillstandsabkommen, das von den jeweiligen Vertretern der Westmächte und Deutschlands am 11. November 1918 unterzeichnet wurde, beendete die Kampfhandlungen an der Westfront und damit den Ersten Weltkrieg offiziell. Die Niederlage der Mittelmächte hatte letztlich dazu geführt. Nun mussten Friedensverträge ausgearbeitet werden, was sich im Nachhinein als äußerst schwierig erwies. Nie zuvor hatten sich so viele Länder auch außerhalb Europas an einer militärischen Auseinandersetzung engagiert. Vor allem die Interventionen der Vereinigten Staaten, Japans und der britischen Dominions Australien, Neuseeland, Südafrika und Kanada belegen dies. Aufgrund der globalen Dimensionen war der von 1914 bis 1918 ausgetragene Krieg auch ein Weltkrieg. Des Weiteren waren die Punkte, die nach dem Waffenstillstand behandelt werden mussten, sehr umfangreich. Dabei ging es um territoriale Fragen, koloniale Besitzansprüche einzelner Staaten, Reparationen der Verlierer an die Sieger sowie die allgemeine Konzeption einer neuen Weltordnung. Die Folgen des Krieges markierten den Beginn einer neuen Epoche. Insbesondere das Ende von drei Monarchien in Mittel- und Osteuropa mit dem Untergang des Russisches Zarenreichs, des deutschen Kaiserreichs sowie Österreich-Ungarns verdeutlichten diese Entwicklung, die ebenso Einfluss auf die Gespräche in Versailles ausüben sollte. Russland nahm hier eine Sonderrolle ein, da es sich damals in einem blutigen Bürgerkrieg befand, der über die künftige Ideologie und die Staatsform des Landes bestimmen sollte. Daher konnte keine russische Delegation an den Verhandlungen teilnehmen.

Die Friedenskonferenz begann ohnehin offiziell erst am 18. Januar 1919.[15] Vom Waffenstillstand bis dahin wurde erst einmal zwei Monate lang darüber beraten, an welchem Ort die Friedenskonferenz stattfinden und welche Rolle die einzelnen teilnehmenden Nationen einnehmen sollten. Deutschland wurde die aktive Teilnahme als Kriegsverlierer untersagt. Die damalige Reichsregierung hatte diesen Beschluss mit Argwohn betrachtet. Außerdem war die Anerkennung der militärischen Niederlage nicht populär, was sich schließlich an der Verbreitung der „Dolchstoßlegende“ zeigte.[16] Trotz aller Skepsis hoffte man in Berlin, dass der amerikanische Präsident in der Lage war, vor allem die britischen und französischen Delegierten davon zu überzeugen, einen für Deutschland annehmbaren Frieden zu konzipieren. Diese Hoffnungen wurden unter anderem damit begründet, da sich Wilson im November 1918 dazu entschloss, persönlich an der Konferenz teilzunehmen. Somit war er der erste amerikanische Präsident, der zu politischen Zwecken nach Europa reiste.[17] Demnach war er der Überzeugung, dass durch seine Anwesenheit auf der Versammlung ein gerechter Frieden hergestellt werden würde. Hieran zeigt sich wiederum, dass die USA neben den europäischen Siegermächten des Krieges nun eine wichtige Funktion in der Weltpolitik einnahmen.

[...]


[1] Vgl. Schwabe, Klaus: Die USA und Deutschland 1918-1975. Deutsch-amerikanische Beziehungen zwischen Rivalität und Partnerschaft, München 1978, S. 11

[2] Zitiert nach Schwabe, Klaus: Weltmacht und Weltordnung. Amerikanische Außenpolitik von 1898 bis zur Gegenwart, Paderborn 2006, S. 48

[3] Es fanden unter anderem im März 1915 und im Januar 1916 in Berlin Sondierungsgespräche zwischen Wilsons engem Vertrauten, Oberst House, und Vertretern der deutschen Reichsleitung statt. Diese Gespräche führten aber weder zu einer Annäherung beider Staaten noch zur Bereitschaft der Deutschen, ihren uneingeschränkten U-Boot-Krieg im Atlantik zu beenden. Vgl. Oppelland, Torsten: Reichstag und Außenpolitik im Ersten Weltkrieg. Die deutschen Parteien und die Politik der USA 1914-1918, Düsseldorf 1995, S. 156

[4] Vgl. Schwabe, Klaus: Weltmacht und Weltordnung, Ebd., S. 60

[5] Woodrow Wilson: Memoiren und Dokumente über den Vertrag zu Versailles anno MCMXIX, Bd. 3, S. 40-42, in: Bruch, Rüdiger vom/Hofmeister, Björn (Hrsg.), Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung. Kaiserreich und Erster Weltkrieg 1871-1918, Bd. 8, Stuttgart 2010, S. 453

[6] Woodrow Wilson: Ebd.

[7] Woodrow Wilson, Ebd., S. 455

[8] Vgl. Schwabe, Klaus: Weltmacht und Weltordnung, Ebd., S. 61-62

[9] Vgl. Eisenbeiß, Wilfried: Die bürgerliche Friedensbewegung in Deutschland während des Ersten Weltkrieges, Frankfurt am Main 1980, S. 153-154

[10] Sowjetrussland musste im Separatfrieden von Brest-Litowsk Polen, Litauen, Kurland und weite Teile Georgiens abtreten sowie die Autonomie Finnlands und der Ukraine akzeptieren. Zudem sollten Estland und Livland geräumt werden. Vgl. Verhandlungen des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, II. Session, Bd. 321, Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Berlin 1914/18, S. 1747, in: Bruch, Rüdiger vom/Hofmeister, Björn (Hrsg.), Ebd.

[11] Vgl. Schwabe, Klaus: Weltmacht und Weltordnung, Ebd., S. 63

[12] Vgl. Oppelland, Torsten, Ebd., S. 314

[13] Ludendorff, Erich (Hrsg.): Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18., Berlin 1920, S. 535, in: Bruch, Rüdiger vom/Hofmeister, Björn (Hrsg.), Ebd., S. 457

[14] Vgl. Haupts, Leo: Deutsche Friedenspolitik 1918-19. Eine Alternative zur Machtpolitik des Ersten Weltkrieges, Düsseldorf 1976, S. 152-153

[15] Dieses Datum wurde mit Bedacht gewählt. Schließlich war es der 48. Jahrestag der deutschen Kaiserproklamation, die sich am 18. Januar 1871 am selben Ort zugetragen hatte. Die französische Delegation wollte als Gastgeber der Verhandlungen hiermit zum Ausdruck bringen, dass schon die Gründung des Deutschen Kaiserreichs zu einem Ungleichgewicht der Mächte führte und den Ersten Weltkrieg heraufbeschwörte. Vgl. Kolb, Eberhard: Der Frieden von Versailles, München 2011, S. 49

[16] Vgl. Kolb, Eberhard, Ebd., S. 21-22

[17] Vgl. Kolb, Eberhard: Ebd., S. 48

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Details

Title
Die Deutschlandpolitik Woodrow Wilsons in den Friedensverhandlungen zum Versailler Vertrag
College
University of Dusseldorf "Heinrich Heine"  (Institut für Geschichtswissenschaft)
Course
Hauptseminar: "Der Versailler Vertrag"
Grade
2,0
Author
Year
2014
Pages
25
Catalog Number
V335175
ISBN (eBook)
9783668250680
ISBN (Book)
9783668250697
File size
577 KB
Language
German
Notes
Zu dieser Arbeit kann angemerkt werden, dass die Auswahl an Forschungsliteratur und Quellen zu diesem Thema recht üppig ausfällt. Als besonders hilfreiche Quellen erwiesen sich die "Memoiren und Dokumente über den Vertrag von Versailles" von Wilson selbst und die "Quellen zum Friedensschluss von Versailles" von Klaus Schwabe.
Keywords
Erster Weltkrieg, Woodrow Wilson, Friedensvertrag, Deutschland, Kriegsschuld, USA
Quote paper
Master of Arts Patrick Diedrichs (Author), 2014, Die Deutschlandpolitik Woodrow Wilsons in den Friedensverhandlungen zum Versailler Vertrag, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/335175

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