Sexueller Mißbrauch an Kindern: Eine interdisziplinäre Bestandsaufnahme


Intermediate Diploma Thesis, 2002

29 Pages, Grade: 2,3


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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Definition: Sexueller Mißbrauch an Kindern

2. Epidemiologie

3. Die hohe Dunkelziffer und ihre Ursachen
3.1. Mögliche Ursachen für die Dunkelziffer aus Sicht der Opfer
3.2. Mögliche Ursachen für die Dunkelziffer aus Sicht der Täter

4. Geschichte des sexuellen Mißbrauchs
4.1. Die Antike
4.2. Das Mittelalter
4.3. Das 19. Jahrhundert
4.4. Das 20. Jahrhundert

5. Erklärungsansätze für sexuellen Kindesmißbrauch
5.1. Der sozialpsychologische Ansatz
5.2. Der soziologisch-feministische Ansatz
5.3. Zusammenfassung

6. Folgen des sexuellen Mißbrauchs für die Kinder
6.1. Initialwirkungen
6.1.1. Somatische und psychosomatische Folgen
6.1.2. Psychische Folgen
6.1.3. Folgen für das Sozialverhalten
6.1.4. Folgen für das Sexualverhalten
6.2. Langzeitfolgen
6.3. Zusammenfassung

7. Rechtliche Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Kinder
7.1. Familienrechtliche Maßnahmen
7.1.1. Zuweisung der Ehewohnung auf die Mutter ( §1361b Abs. 1 BGB)
7.1.2. Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf die Mutter (§ 1671 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 2 BGB)
7.1.3. Umgangs- und Kontaktverbot (§ 1684 Abs. 4 S. 1 BGB)
7.1.4. Weitere familienrechtliche Möglichkeiten nach dem BGB und dem SGB VIII
7.2. Rechtliche Möglichkeiten, sexuell mißbrauchte Kinder in einem Strafverfahren zu schützen
7.3. Zusammenfassung

Schluß

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung

Erst in den letzten Jahren sind sexuelle Gewalterfahrungen von Kindern immer mehr an die Öffentlichkeit gekommen. Vor allem in den Medien, sei es im Fernsehen oder in der Zeitung, ist dieses Thema heute fast jeden Tag aktuell. Ein entscheidender Grund dafür war die Frauenbewegung und später auch die Kinderschutzbewegung, die betroffene Mädchen und Frauen politisch unterstützte. Ausgehend von den daraus entstandenen Hilfsangeboten (Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen, Frauen- und Mädchenhäuser...) hatten immer mehr betroffene Mädchen und Frauen den Mut, ihr Schweigen zu brechen und offen über ihre erlebten Mißbrauchserfahrungen zu sprechen. Die Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik zeigen diese Entwicklung:

Während 1987 „nur“ 11000 Fälle von sexuellem Mißbrauch bekannt waren, gab es 1997, 10 Jahre später, schon 17000 registrierte Fälle (vgl. Bundeskriminalamt 2001). Ausgehend von dieser Tatsache ist auch diese Arbeit entstanden. Auch ich möchte mich mit diesem Thema auseinandersetzen und so etwas Licht in diese Problematik bringen. Dabei gehe ich sowohl auf die Sicht der Kinder als auch auf die Sicht der Erwachsenen ein, die die Kinder sexuell mißbrauchen.

Am Anfang dieser Arbeit erfolgt eine Begriffsklärung, um ein besseres Verständnis über dieses Thema zu erlangen (vgl. Kapitel 1). Im zweite Kapitel werden epidemiologische Fakten aufgezeigt, so daß vor allem geschlechtsspezifische Unterschiede (in Bezug auf die Täter und auf die Opfer) deutlich werden. Das nächste Kapitel beschäftigt sich mit der hohen Dunkelziffer und zeigt Argumente sowohl aus Sicht der Täter als auch aus Sicht der Opfer auf.

Das vierte Kapitel gibt einen geschichtlichen Überblick über sexuelle Kindesmißhandlungen, um zu verdeutlichen, daß Gewalt gegen Kinder kein neues Phänomen ist, sondern schon seit Jahrtausenden praktiziert wird. Im 5. Kapitel werden zwei verschiedene Erklärungsansätze für den sexuellen Mißbrauch an Kindern dargestellt und diskutiert.

Im Unterschied zu den ersten fünf Kapiteln gehen die letzten zwei Kapitel nur auf die Situation der betroffenen Kinder ein. Das sechste Kapitel zeigt mögliche Folgen für die sexuell mißbrauchten Kinder auf, denn oft weisen die betroffenen Kinder nur durch diese nonverbalen Signale bzw. Auffälligkeiten auf den Mißbrauch hin.

Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit den rechtlichen Möglichkeiten, durch die ein Kind vor dem Täter geschützt werden kann.

1. Definition: Sexueller Mißbrauch an Kindern

In der Literatur findet man keine einheitliche Definition für sexuellen Mißbrauch. Oft werden auch Begriffe wie „sexuelle Ausbeutung“, „sexuelle Gewalt“, „sexuelle Übergriffe“ oder „sexuelle Mißhandlung“ verwendet. Sie zeigen die unterschiedlichen Formen dieser Art der Gewalt gegen Kinder.

„Sexueller Mißbrauch ist“, laut Peter Wetzels, „die sexuelle Handlung einer erwachsenen oder in Relation zum Opfer bedeutend älteren Person mit, vor oder an einem Kind, bei welcher der Täter seine entwicklungs- und sozial bedingte Überlegenheit- unter Mißachtung des Willens oder der Verständnisfähigkeit eines Kindes- dazu ausnutzt, seine persönlichen sexuellen Bedürfnisse nach Erregung, Intimität oder Macht zu befriedigen. Es handelt sich um die sexuelle Instrumentalisierung eines Kindes, bei welcher die Intensität der sexuellen Handlung auch von strafrechtlicher Relevanz ist.“

(Wetzels 1997, S. 72)

Allgemein, und mit jeder Literatur übereinstimmend, kann man sagen, daß sexueller Mißbrauch immer unerwünschte sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen und Kindern sind. Die Täter benutzen ihre Opfer, indem sie ihre persönlichen Bedürfnisse nach sexueller Befriedigung ausleben können.

Kennzeichnend für sexuellen Mißbrauch ist weiterhin die Verletzung des Rechts von Mädchen und Jungen auf sexuelle Selbstbestimmung, da sexueller Mißbrauch immer gegen den Willen der Betroffenen stattfindet. Hier wird der Unterschied zu liebevoller körperlicher Zuwendung zwischen Erwachsenen und Kindern deutlich, da diese nicht gegen den Willen der Kinder geschieht.

In Bezug auf sexuellen Mißbrauch lassen sich somit 3 wichtige Merkmale ( vgl. Weber/ Rohleder 1995, S. 33) zusammenfassen:

1. Sexueller Mißbrauch ist immer mit bewußten sexuellen Handlungen zwischen Erwachsenen( oder bedeutend älteren Personen) und Kindern verbunden.
2. Außerdem wird immer das sexuelle Selbstbestimmungsrecht der Opfer verletzt, denn die sexuellen Handlungen der Täter werden gegen den Willen der Opfer durchgeführt.
3. Die Täter nutzen weiterhin immer ein Machtgefälle zu ihren Opfern aus, sei es durch ihre Vertrauens- und/oder Autoritätsposition zum Opfer.
4. Auch die bundesdeutsche Rechtssprechung hat noch keine einheitliche Definition für sexuellen Mißbrauch gefunden. Im Strafgesetzbuch (StGB) findet man in Bezug auf sexuellen Kindesmißbrauch drei anzuwendende Paragraphen (Krieger/Fath 1995, S. 14):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Je nach Alter des betroffenen Kindes und der Art seiner Beziehung zur mißbrauchenden Person unterscheiden sich diese Paragraphen, so daß auch das Strafmaß in jedem Fall anders ausfällt.

2. Epidemiologie

Im Jahr 2001 sind laut Bundeskriminalamt 15.117 Fälle von sexuellem Mißbrauch an Kindern (§§ 176, 176a und 176b StGB) in Deutschland registriert wurden. Umgerechnet sind das ca. 41 Fälle pro Tag.

Auffällig ist, daß fast nur Männer zu Sexualtätern werden, nämlich 98% (vgl. Hartwig/Weber 1991, S. 18) und daß mehr Mädchen als Jungen mißbraucht werden: Ungefähr 70-80 % der Opfer sind Mädchen und „nur“ 20-30 % Jungen (vgl. Krieger/Fath 1995, S. 16).

Diese Zahlen sind darauf zurückzuführen, daß Mädchen dem Täter als Kind und als

Frau in doppelter Weise unterlegen sind: sowohl in Bezug auf die Geschlechtshierarchie (Mann-Frau-Beziehung; siehe soziologisch-feministischer Ansatz) als auch auf die Generationshierarchie (Eltern-Kind-Beziehung).

Günther Kindermann hat durch eine Studie an der Universitätsfrauenklinik BerlinCharlottenburg festgestellt, daß 70% der Opfer den Täter kennen (vgl. Levend 2000). Während der sexuelle Mißbrauch von Mädchen vorwiegend in der Familie stattfindet (nämlich durch den Vater, Stiefvater oder Freund der Mutter), stammt bei mißbrauchten Jungen der Täter überwiegend aus dem sozialen Umfeld (Lehrer, Erzieher, Nachbar oder Pfarrer). (vgl. Schnack/Neutzling 1990, S. 200ff; zit. n. Hartwig/Weber 1991, S. 19) Nach Auswertung verschiedener Studien findet etwa ein viertel des sexuellen Mißbrauchs an Kindern innerhalb der Familie statt. Die Hälfte aller Täter stammt aus dem außerfamiliären Nahraum und die unbekannten Täter bilden den restlichen Teil. (vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 1997) Weiterhin wurde durch verschiedene Studien festgestellt, daß Mädchen und Jungen in keinem Alter vor sexuellen Übergriffen geschützt sind, am häufigsten sind jedoch Kinder im Alter von 6-14 Jahren betroffen (vgl. Krieger/Fath 1995, S. 17).

3. Die Dunkelziffer und ihre Ursachen

Die Dunkelfeldschätzungen gegenüber sexuellem Mißbrauch von Kindern liegen laut Baurmann zwischen 1:18 und 1:20 (vgl. Baurmann 1978; zit. n. Weber/Rohleder 1995, S.15).

Die offizielle Dunkelziffer der Kriminalpolizei liegt bei 1:20 (vgl. Krieger/Fath 1995, S. 18), so daß 2001 bei 15.117 angezeigten Fällen ungefähr 302.340 Fälle von sexuellem Mißbrauch an Kindern stattgefunden haben. Die Ursachen für das Schweigen über sexuellen Mißbrauch sind sehr vielfältig. Im folgenden soll dies durch einige Beispiele verdeutlicht werden. Diese Arbeit unterscheidet die Ursachen sowohl aus Sicht der Täter als auch aus Sicht der sexuell mißbrauchten Kinder.

3.1. Mögliche Ursachen für die Dunkelziffer aus Sicht der Opfer:

- Wenn der sexuelle Mißbrauch schon im Säuglings- und/oder im Kleinkindalter beginnt, dann ist das Kind oft noch nicht (oder unzureichend) in der Lage, sich darüber zu äußern.
-Ältere Kinder hingegen werden oft durch Drohungen des Täters eingeschüchtert und zum Schweigen gebracht. Typische Sätze wären: „Wenn du darüber sprichst, kommst du ins Heim!“ oder „Wenn du das der Mutti erzählst, dann hab ich dich nicht mehr lieb!“.
- Auch Mütter tragen oft dazu bei, daß der sexuelle Mißbrauch an ihren Kindern nicht verhindert wird, indem sie die Tat nicht wahrhaben wollen und so tun als ob alles in Ordnung wäre. Sie haben Angst davor den Ernährer der Familie und den Ehemann zu verlieren und somit alleine klar kommen zu müssen.
- Das gesellschaftliche Redeverbot über sexuellen Mißbrauch ist ein weiterer wichtiger Punkt, um die hohen Dunkelziffern erklären zu können. Oft wird das Kind als Lügner beschimpft, wenn es sich mal jemandem anvertraut. Es wird gedrängt (vorwiegend von Verwandten), seine Beschuldigungen zurückzunehmen, denn sonst würde die Familie kaputt gehen.
-Außerdem stellen Ärzte oft Fehldiagnosen bei mißbrauchten Kindern, weil sie die Folgen sexuellen Mißbrauchs kaum in ihre diagnostischen Möglichkeiten einbeziehen. (vgl. Krieger/Fath 1995, S. 19f)
- Häufig hat das Kind auch einfach nur Angst davor, die Zärtlichkeiten und die Zuwendung des Mißbrauchers zu verlieren (vorallem wenn der Mißbrauch innerhalb der Familie stattfindet), wenn es den Mißbrauch bekannt gibt. (vgl. Polizeiredaktion 2000)

3.2. Mögliche Ursache für die Dunkelziffer aus Sicht der Täter

- Die Täter haben vor allem Angst vor einer gerichtlichen Verfolgung, einer Haftstrafe und/oder dem Verlust des Arbeitsplatzes, so daß sie die Kinder durch Drohungen zum Schweigen bringen.
-Die Angst vor heftigen Anschuldigungen (aus der Familie oder der Öffentlichkeit) sowie vor dem Auseinanderbrechen der Familie können weitere Gründe für die hohe Dunkelziffer sein.
- Um sich den Schuld- und Schamgefühlen nicht stellen zu müssen verdrängen bzw. verleugnen die Täter meist die Übergriffe und schieben die Verantwortung für den Mißbrauch auf das Kind, was sie dem Kind dann auch zeigen bzw. sagen. (vgl. Polizeiredaktion 2000)

Im restlichen Teil dieses Kapitels sollen einige Ansatzpunkte aufgezeigt werden, das Schweigen der betroffenen Kinder zu brechen.

Zum einen sollte darauf geachtet werden, daß Kinder so früh wie möglich und so oft wie möglich darüber aufgeklärt werden, wo man als betroffenes Kind Hilfe und Schutz finden kann. Dabei sollte vor allem auch immer gesagt werden, daß das Kind keine Schuld an dem sexuellen Mißbrauch hat. In Schulen könnten beispielsweise Projekttage oder Wandertage dazu genutzt werden, die Kinder über dieses Thema aufzuklären. Auch ein Besuch im Kinderschutzzentrum, wo betroffene Kinder jederzeit Hilfe finden, wäre möglich. Ältere Schüler könnten sogar selbst eine Ausstellung darüber erarbeiten und den andern Schülern vorstellen.

Durch solche oder ähnliche Projekte könnte den Drohungen der Täter (z.B.: „Wenn du was sagst, dann bring ich dich um!“) entgegengewirkt werden.

Auch die Arbeit mit den Eltern sollte verstärkt eingesetzt werden. Tatsache ist, daß viele Mütter von dem sexuellen Mißbrauch wissen, es aber nicht wahrhaben wollen, aus Angst ihren Partner und somit den eRnährer der Familie zu verlieren. Diesen verängstigten Müttern müßte aufgezeigt werden, z.B. bei den Elternabenden in der Schule, wo sie Hilfe finden können und anonym über ihr Problem sprechen können. Wichtig ist letztendlich auch, daß besonders für Kinderärzte/-innen, Lehrer/-innen... (allen Personen, die häufig mit Kindern zu tun haben) Fortbildungen angeboten werden, wo die möglichen Folgen (psychisch und physisch) der betroffenen Kinder erläutert werden. Wenn das Kind selber den Mut nicht hat über den sexuellen Mißbrauch zu sprechen, dann besteht wenigstens noch die Möglichkeit, daß die Fachleute den Mißbrauch aufdecken und beenden können.

4. Geschichte des sexuellen Mißbrauchs

4.1. Die Antike

Schon vor etwa 5000 Jahren geben Heldenerzählungen, Mythen, Klagelieder und Gesetze der Sumerer (die Bevölkerung des südlichen und mittleren Mesopotamiens) Hinweise auf sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen kleinen Mädchen. (vgl. Trube-Becker; zit. n. Amann/Wipplinger 1998, S. 39) Auf einer Tontafel der Sumerer fand man diese Worte der Göttin Ninlil:

„Enlil spricht zu Ninlil von Beischlaf. Sie will nicht. Meine Vagina ist zu klein. Sie versteht den Beischlaf nicht. Meine Lippen sind zu klein. Sie verstehen nicht zu küssen“ (Rush 1985, S. 49; zit. n. Bange/Deegener 1996, S. 11)

Ninlil war offenbar noch nicht bereit für die sexuellen Wünsche der Gottes Enlil.

Typisch für diese Epoche war die sogenannte griechische „Knabenliebe“ (Päderastie). Die griechische Gesellschaft erlaubte damals sexuelle Beziehungen zwischen Männern und Jungen. In jeder Stadt gab es Knabenbordelle und in Athen konnte man sogar einen Knaben mieten. (vgl. Trube-Becker; zit. n. Amann/Wipplinger 1998, S. 41) In der Antike war sexueller Mißbrauch von Kindern üblich.

4.2. Das Mittelalter

Obwohl sexueller Mißbrauch von Kindern im Mittelalter einen starken Normverstoß darstellte und teilweise harte Strafen zur Folge hatte, wurde trotzdem häufig sexuelle Gewalt an Kindern verübt. Zahlreiche Verfahren blieben in Beweisschwierigkeitenähnlich wie heute- stecken oder die Angehörigen verzichteten auf eine Anzeige zugunsten ihres guten Rufes. (vgl. Bange/Deegener 1996, S. 13) Außerdem führen verschiedene Autorinnen überzeugende Beweise dafür an, daß die Verfolgung und Vernichtung von Mädchen und Frauen als Hexen (=Hexenverfolgung) manchmal dazu diente, sexuelle Gewalt gegen Mädchen bzw. Frauen zu vertuschen. (vgl. Rush 1985, S. 79ff; zit. n. Bange/Deegener 1996, S. 14)

Ende des 13. Jahrhunderts wurden in England die ersten Gesetze zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung erlassen, aber sie wurden kaum angewandt (vgl. Schultz 1982, S. 22; zit. n. Bange/Deegener 1996, S. 15).

4.3. Das 19. Jahrhundert

Die Kampagne gegen sexuellen Mißbrauch begann in der Renaissance und setzte sichohne Erfolg- bis ins 19. Jahrhundert fort. Erst im 19. Jahrhundert wollte man die Kinder schützen und schädliche Einflüsse von außen unterbinden. Sexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen und Kindern galten jetzt als sündhaft, unmoralisch und verletzend und wurden zunehmend bestraft. (vgl. Bange/Deegener 1996, S. 16)

4.4. Das 20. Jahrhundert

Am Anfang des 20. Jahrhunderts stand die Glaubwürdigkeit der mißbrauchten Kinder im Vordergrund. Meistens wurden kindlichen Aussagen wenig Wahrheitsgehalt zugesprochen, so daß keine Beweise mehr für den sexuellen Mißbrauch vorhanden waren.

Im Nationalsozialismus wurden die Sexualtäter zu tausenden kastriert und als „sexuell unangepaßte Perverse“ (Fegert 1991, S. 317; zit. n. Bange/Deegener 1996, S. 33) definiert. Den Opfern sexueller Gewalt ging es aber auch nicht anders. Sie wurden als geistig gestört, schwachsinnig und sexuell hemmungslos abgestempelt und auch sterilisiert. Die Sterilisation spielte in der damaligen rassenhygienischen Tradition eine bedeutende Rolle.

Nach dem Nationalsozialismus stand vor allem der Täter und die sozio-ökonomische Familiensituation im Mittelpunkt der Forschung, nicht etwa die Situation der Opfer.

[...]

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Details

Title
Sexueller Mißbrauch an Kindern: Eine interdisziplinäre Bestandsaufnahme
College
University of Applied Sciences Jena
Grade
2,3
Author
Year
2002
Pages
29
Catalog Number
V33593
ISBN (eBook)
9783638340373
File size
403 KB
Language
German
Keywords
Sexueller, Mißbrauch, Kindern, Eine, Bestandsaufnahme
Quote paper
Julia Broßmann (Author), 2002, Sexueller Mißbrauch an Kindern: Eine interdisziplinäre Bestandsaufnahme, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33593

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