Erhöht viszerale Meditation die Konzentration? Empirische Untersuchung zur Konzentrationsfähigkeit von Schülern in der Grundstufe II


Bachelorarbeit, 2016

76 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1 Problemaufriss und Zielstellungen
1.1 Relevanz der Problematik
1.2 Frage und Zielstellung
1.3 Vorgangsweise

2 MEDITATION
2.1 Einleitung
2.2 Begriffe die mit Meditation in Verbindung gebracht werden
2.2.1 Konzentration
2.2.2 Aufmerksamkeit
2.2.3 Achtsamkeit
2.2.4 Gedanken und der Leerlauf-Modus
2.2.5 Meditation
2.3 Meditation im spirituell-kulturellen Kontext
2.3.1 Formen
2.3.2 Ziele
2.3.3 Grundlagen
2.3.4 Atmung
2.3.5 Körperhaltung
2.3.6 Zeitaufwand
2.4 Meditation im wissenschaftlichen Kontext
2.4.1 Wirkung auf die Konzentration
2.4.2 Wirkung auf die Gesundheit
2.4.3 Wirkung auf die Emotionalität
2.5 Meditation in der Schule
2.5.1 Modell von Eline Snel
2.5.2 Schulkinder
2.5.3 Lehrperson
2.5.4 Eltern
2.6 Resümee

3 LERN- UND GEDÄCHTNISPSYCHOLOGIE
3.1 Einleitung
3.2 Was ist Lernen
3.3 Grundlegendes zum Lernen
3.4 Was Lernen beeinflusst
3.4.1 Assoziationen
3.4.2 Motivation
3.4.3 Neugierde
3.5 Aufmerksamkeit und Lernen
3.6 Neuronale Prozesse beim Lernen
3.7 Gedächtnis und Lernen
3.8 Konzentrationsprobleme
3.8.1 Was die Konzentration negativ beeinflusst
3.8.2 Wie die Konzentration gesteigert werden kann
3.9 Resümee

4 EMPIRISCHE STUDIE
4.1 Einleitung
4.2 Beschreibung der Untersuchung
4.3 Beschreibung der Erhebung
4.3.1 "Stillsitzen wie ein Frosch"
4.3.2 Durchführung in der Klasse
4.3.3 Einführung und Schwierigkeiten
4.4 Datenanalyse und Auswertung
4.4.1 Gesamtergebnisse der Kontroll- und Versuchsklassen
4.4.2 Detailergebnisse Kontrollklasse 4b und Versuchsklasse 3a
4.5 Evaluierung durch die Schulkinder
4.5.1 Fragebögen
4.5.2 Darstellung der Auswertung
4.5.3 Zusammenfassung und Interpretation
4.6 Resümee

5 ZUSAMMENFASSUNG

6 LITERATURVERZEICHNIS
6.1 Literaturen in Papierform
6.1.1 Literaturangabe von Büchern
6.1.2 Literaturangabe von Beiträgen in Büchern (Sammelbänden)
6.1.3 Literaturangabe von Zeitschriften mit heftweiser Paginierung
6.2 Literaturen in elektronischer Form (Internet)

7 ANHANG
7.1 Fragebogen
7.2 Tabellenübersicht Ergebnisse Test „d2“ Versuchsklassen
7.3 Tabellenübersicht Ergebnisse Test „d2“ Kontrollklassen

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Kontrollklassen, GZ-Detailergebnisse Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test

Tab. 2: Versuchsklassen, GZ-Detailergebnisse Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test

Tab. 3: Kontrollklassen, F1-Detailergebnisse Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test

Tab. 4: Versuchsklassen, F1-Detailergebnisse Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test

Tab. 5: Kontrollklassen, F2-Detailergebnisse Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test

Tab. 6: Versuchsklassen, F2-Detailergebnisse Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test

Tab. 7: Kontrollklasse 4b, F1-Detailergebnisse Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test

Tab. 8: Versuchsklasse 3a, F2-Detailergebnisse Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test

Tab. 9: Übersicht Auswertung Fragebögen, eigene Darstellung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kurzzusammenfassung

Ziel dieser Bachelorarbeit war es herauszufinden, ob regelmäßige Meditation auf vis- zerale Reize, nämlich der Atmung, die Konzentrationsfähigkeit von Schulkindern der Grundstufe II verbessern kann und eine geeignete Methode für den Unterricht ist. Zur Erhebung dieser Fragestellung wurden Teile des Meditationsprogramms „Stillsitzen wie ein Frosch“ von Eline Snel, Therapeutin aus den Niederlanden, in zwei Ver- suchsklassen angewendet. Die Meditationen wurden regelmäßig von September bis Dezember 2015, zweimal wöchentlich für je circa 10 Minuten, durchgeführt. Zur quantitativen Beantwortung der Forschungsfrage wurde vor Beginn und nach dem Ende des Untersuchungszeitraums der Konzentrationstest „d2“ von Brickenkamp (Verlag Hogrefe) als Pre- und Posttest in der Versuchsgruppe und der Kontrollgruppe durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten, dass die Versuchsklassen mit den Meditati- onsübungen signifikant bessere Konzentrationsleistungen aufwiesen. Die Evaluie- rung mittels Fragebogen an die Schulkinder ergab eine zustimmende Haltung ge- genüber den Meditationsübungen.

Summary

The objective of this bachelor thesis is to examine whether regular meditation based on visceral stimuli, namely through breathing, can improve the ability of elementary school children to concentrate. The thesis also discusses whether meditation is an appropriate method for teaching. The study uses parts of the meditation program "Sitting Still Like a Frog" by Eline Snel, a Netherland therapist, and applies them in two experimental classes. Meditation exercises were conducted regularly from Sep- tember to December 2015, twice a week for about 10 minutes each. In order to quan- titatively address the research question, the concentrationtest „d2“ by Brickenkamp (Hogrefe publishing) was carried out as a pre- and posttest in the treatment group and control group before and after the study phase. Using this empirical-quantitative study, the results showed that the treatment group demonstrated significantly better performance in the ability to concentrate. Finally, the evaluation of the meditation exercises through surveys showed a positive response by the school children.

Vorwort

Mein Anliegen ist es, dass Schulkinder möglichst nachhaltig lernen und viele Kompe- tenzen erreichen, damit sie, in dieser auf Konkurrenz und Leistungsdruck basieren- den Gesellschaft, zu starken Persönlichkeiten heranwachsen. Voraussetzung hierfür ist, dass sie die dargebotenen Informationen aufnehmen und verarbeiten können, was in der heutigen Zeit aufgrund von Konzentrationsproblemen immer schwieriger erscheint. Daher machte ich mich auf die Suche nach einem geeigneten Mittel, um die Aufmerksamkeit und Aufnahmefähigkeit zu fördern. Die Diskussion von zwei Phi- losophen in einem TV-Magazin brachte mich auf die Idee mit der Meditation in der Grundschule. Ich meditiere selbst seit vielen Jahren und war angenehm überrascht, dass sowohl die positiven Auswirkungen von Meditation schon längere Zeit von der Wissenschaft bestätigt wurden, als auch in der Schulpraxis bereits Anwendung fin- det. So entstand meine Motivation, das Thema Meditation und Konzentration im Un- terricht genauer zu beleuchten.

Als Themensteller und Betreuer von der KPH Wien Strebersdorf fungierten für den humanwissenschaftlichen Teil Herr Prof. Dr. Johannes Biba, und für die schulpraktischen Studien Frau Dipl.-Päd. Claudia Newald, BEd.

Ich möchte mich herzlichst bei Schulleiterin Frau OSR Silvia Hartel bedanken. Sie genehmigte und unterstütze von Beginn an dieses Meditationsprogramm in ihren Schulklassen. Weiterer Dank gebührt den vier Volksschullehrerinnen Frau Sandra Wassiczek, Frau Isabella Neumeyer, Frau Gabriele Haag, Frau Mariem Ernst, die mir bei der Durchführung meines Bachelorprojektes hilfreich zur Seite standen.

Ganz besonders bedanke ich mich bei meinen Eltern Maria und Hermann Gutleber für die mentale und finanzielle Unterstützung des Studiums. Diese Bachelorarbeit widme ich daher meinen lieben Eltern.

Wien, im Mai 2016 YVONNE KASCHPAR

INMEMORIAM

Prof. Dr. Johannes Biba

Als Themensteller war er maßgeblich an der Entstehung dieser Arbeit beteiligt, ist aber kurz vor der Fertigstellung im Mai 2016 unerwartet verstorben.

1 Problemaufriss und Zielstellungen

1.1 Relevanz der Problematik

Konzentration und Aufmerksamkeit sind wichtige Faktoren, damit Lernen stattfinden kann. Aufmerksamkeitskiller, wie digitale Medien oder emotionale Belastungen, stören die Fähigkeit aufmerksam zu sein. Die Problematik besteht darin, dass sich diese Konzentrationsprobleme im Arbeitsverhalten der Schulkinder widerspiegeln und sie vermehrt oberflächlich, ungenau und fehlerhaft arbeiten.

Meditation in Form von mentalem Training wird bereits seit einigen Jahren intensiv von der Neurowissenschaft erforscht, um die tatsächlichen Auswirkungen auf das vegetative Nervensystem, die Aufmerksamkeit und Emotionalität, zu messen und mittels bildgebender Verfahren sichtbar zu machen.

Da die Verfasserin dieser Bachelorarbeit selbst meditiert und die vorteilhaften Aus- wirkungen bemerkt, möchte sie ergründen, ob Meditation auf viszerale Reize, also der Atmung, in der Grundstufe II durchführbar ist und von Nutzen für die Schulkinder sein kann.

1.2 Frage- und Zielstellung

Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich diese wissenschaftliche Bachelorarbeit mit folgender Frage: Verbessert sich die Konzentrationsfähigkeit der Schulkinder durch regelmäßige Meditation auf viszerale Reize? Sind derartige Meditationsübungen im Unterricht durchführbar und werden diese von Kindern angenommen?

Ein wesentliches Ziel ist es, den Schulkindern zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen, damit die Informationsaufnahme und -verarbeitung besser erfolgt. Der Unterrichtsin- halt und die Arbeitsaufträge sollen somit schneller verstanden und bearbeitet wer- den, wodurch es zu einer angenehmeren und effizienten Lernatmosphäre im Unter- richt kommt.

1.3 Vorgangsweise

Zum einen wird der Forschungsfrage im theoretischen Teil aufgrund von recherchierter Literatur nachgegangen. Zur weiteren Beantwortung eignet sich die empirischquantitative Studie. Diese wird mit Hilfe des Konzentrationstests „d2“ nach Brickenkamp (Verlag Hogrefe) durchgeführt.

In den Versuchsgruppen, welche aus zwei Klassen gebildet wurden, nämlich der 3a und 4a, fanden ab September bis Dezember 2015 zweimal wöchentlich je 10 Minu- ten Übungen des Meditationsprogramms „Stillsitzen wie ein Frosch“ von der Thera- peutin Eline Snel aus den Niederlanden statt. Zum einen persönlich angeführt durch die Verfasserin dieser Bachelorarbeit, zum anderen über eine CD, gesprochen von Kordula LEISSE.

Die Kontrollgruppen, welche aus den Klassen 3b und 4b bestanden, erhielten keine Entspannungsübungen. Lediglich die Klasse 4b unternahm nach Angaben der Lehrperson sporadisch Phantasiereisen.

Beide Gruppen führten vor und nach dem Versuchszeitraum den Konzentrationstest „d2“ nach Brickenkamp (Verlag Hogrefe) durch. Die Auswertung der Ergebnisse erfolgte mittels des Wilcoxon-Signed-Rank-Tests. Abschließend wurde die Evaluierung der Meditationsübungen mittels Fragenbogen an die Schulkinder erhoben und die Ergebnisse zusammengefasst und interpretiert.

2 Meditation

2.1 Einleitung

Meditation galt für lange Zeit als exotisches Phänomen von außergewöhnlichen Bewusstseinszuständen, welches in der esoterischen Szene sehr verbreitet war und daher als religiöse Praktik angesehen wurde. Mit der Hilfe moderner bildgebender Verfahren hat sich die neurowissenschaftliche Forschung in den letzten Jahren intensiv mit verschiedenen Techniken der Meditation auseinandergesetzt und erstaunliche Erkenntnisse gewonnen.1

In den ersten Kapiteln werden jene Begriffe definiert und beschrieben, die mit Medi- tation in Zusammenhang stehen und für diese Arbeit relevant sind. Danach wird auf die kulturelle Vorgeschichte und die verschiedenen Formen von Meditation einge- gangen. Die wesentlichen Voraussetzungen für Meditation werden ebenso erläutert. Schließlich soll ein wissenschaftlicher Einblick auf die Auswirkungen von Meditation gegeben werden. In den letzten Kapiteln wird das Programm von Eline Snel vorge- stellt, sowie die Grundlagen und eine mögliche Bedeutung von Meditation für die Schule aufgezeigt.

2.2 Begriffe die mit Meditation in Verbindung gebracht werden

2.2.1 Konzentration

„Konzentration ist als Fähigkeit zu verstehen, die eigene Aufmerksamkeit zielgerichtet über einen begrenzten Zeitraum hinweg auf einen bestimmten Reiz zu richten.“2Damit beschreibt KROLL-GABRIEL klar, was unter Konzentration zu verstehen ist, führt dazu jedoch aus, dass Aufmerksamkeit und Konzentration hypothetische Begrifflichkeiten seien, welche zwar eine direkte Deutlichkeit haben, dennoch scheinen sie nicht stichhaltig bestimmt zu sein. Es ist problematisch, beide Begriffe abzugrenzen, da die Fähigkeit zur Konzentration eine Erhöhung der Aufmerksamkeitsleistung ist. Während Aufmerksamkeit durch Selektion charakterisiert wird, wird Konzentration durch intentionale, nicht automatisierte Hinwendung auf einen Reiz verstanden. Somit ist die Strukturierung der Reizumgebung maßgeblich.3

Vom Autor GUNARATANA wird Konzentration in derselben Weise definiert. Er beschreibt überdies, dass man für die Konzentration Willenskraft benötigt, um Aktivitäten zielbewusst und ununterbrochen, gewissermaßen auch mit Zwang, durchzuführen. Sie stellt daher die kognitive Kraft zur Verfügung.4

Die Autoren FRINGS & WENTURA vertreten die Auffassung, dass Konzentration mit Aufmerksamkeit zu tun hat. Sie geben typische Hinweise darauf, dass man sich im besonderem Ausmaß auf etwas konzentriert, wenn man aufmerksam ist oder jemanden im einen Gespräch besondere Aufmerksamkeit schenkt und sich auf das Gesagte konzentriert, während man Hintergrundgespräche ausblendet. Nach wie vor wird in der kognitiven Psychologie versucht, genauer zu definieren.5

Gemäß FONTANA & SLACK ist Konzentration eine Fähigkeit des Geistes, auf eine bestimmte Handlung fokussiert zu bleiben und sich von anderen Vorgängen, wie Er- innerungen, Tagträumereien oder Erwartungen und unzähligen Ideen, nicht ablenken zu lassen. Sie ist daher Bedingung für ein effizientes und somit effektives Lernen.6

KORTE definiert Konzentration als:

„willkürliche Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf einen eng begrenzten Ausschnitt derUmwelt unter weitgehender Ausschaltungäußerer und innerer Störfaktoren.“7

Er erklärt, dass Konzentration ein Werk des Arbeitsgedächtnisses ist. Dieses ist im Stirnlappen des Gehirns nachgewiesen worden. Das Fassungsvermögen des Ar- beitsgedächtnisses kommt deshalb der Konzentrationsfähigkeit gleich. Es wird ange- geben, dass die Dauer der Konzentrationsfähigkeit und die Kapazität des Arbeitsge- dächtnisses bis zum 25. Lebensjahr unterschiedlich entwickelt und veränderbar ist.8

Die Autoren BORN & OEHLER verweisen ebenfalls auf die begrenzte Dauer der Konzentration von Kindern. Ihnen zufolge sind diese Phasen sehr kurz und dauern lediglich einige Minuten an, wobei die Konzentrationsdauer während der Entwicklung des Kindes bis zu einem gewissen Zeitausmaß ausgedehnt werden kann. Kürzere Lernphasen von 10 bis 12 Minuten und in der zweiten Phase von 5 bis 6 Minuten werden empfohlen, da sie das konzentrierte Lernen gewährleisten. Durchschnittlich beträgt die Konzentrationsdauer bei Kindern mit 7 Jahren 15 Minuten, bei Kindern von 8 bis 9 Jahren bis zu 20 Minuten, bei Kindern von 10 bis 12 Jahren 25 Minuten und bei Kindern von 13 bis 18 Jahren 30 Minuten.9

2.2.2 Aufmerksamkeit

Gemäß GOLDSTEIN wird Aufmerksamkeit definiert als:

„Prozess des Auswählens und Konzentrierens auf interessierende Stimuli, wodurchdie Merkmale, denen Aufmerksamkeit gewidmet wird, tiefer verarbeitet werden.“10

Der Autor unterscheidet zwischen geteilter und selektiver Aufmerksamkeit. Die geteil- te Aufmerksamkeit nimmt viele Gegenstände aus dem Umfeld gleichzeitig wahr, je- doch ist diese Fähigkeit begrenzt. Bei der selektiven Aufmerksamkeit werden spezifi- sche Gegenstände bewusst und konzentriert wahrgenommen, oder auch ignoriert. Er begründet diese Auswahl mit dem visuellen Verarbeitungssystem im Gehirn. Dieses ist dafür ausgelegt, eingehende Informationen auszuwählen, zu analysieren und zu verarbeiten. Diese Selektion ist notwendig, damit das Gehirn aufgrund aller Eindrü- cke nicht an seine Grenzen stößt.11

KORTE unterscheidet ebenfalls zwei Formen von Aufmerksamkeit, nämlich die all- gemeine Aufmerksamkeit, Vigilanz genannt, und die selektive Aufmerksamkeit. Er versteht unter allgemeiner Aufmerksamkeit die grundsätzliche Aktivierung des Ge- hirns durch Erregung und schildert sie als Wachheit. Je mehr das Gehirn mit Eindrü- cken erregt wird, umso mehr nimmt die Leistungsfähigkeit der Wahrnehmung und des Lernvermögens zu. Verantwortlich hierfür sind im Hirnstamm befindliche Areale und Nervenzellen, die den Neurotransmitter Noradrenalin benutzen und die mit Ner- venzellen der Großhirnrinde in Kontakt treten. Bei Ausschüttung von Noradrenalin hat dies auf die Großhirnrinde eine belebende Wirkung und schärft damit die Wahr- nehmung und Wachheit. Demgegenüber ist zu viel Erregung schädlich für die Leis- tungsfähigkeit und allgemeine Aufmerksamkeit. Ein aktiver Prozess hingegen ist die selektive Aufmerksamkeit, weil diese aus den vielen Sinnesreizen die für das Gehirn wichtigen Informationen aussortiert und bevorzugt behandelt. Auf mehrere Gegen- stände zeitgleich konzentriert zu sein ist daher unmöglich und ist das Gehirn auf- grund der begrenzten Kapazität der Aufnahme von Informationen genötigt, die mit größerer Priorität versehenen Aufgaben zuerst zu erledigen.12

BORN & OEHLER beschreiben die selektive Aufmerksamkeit ebenso als Fähigkeit des Menschen, die auf ihn einströmenden Umweltreize aktiv und bewusst zu filtern, damit diese Wahrnehmungen bevorzugt im Gehirn weiterverarbeitet werden. Abhän- gig ist diese aktive Ausrichtung auf eingehende Stimuli von den Zielen und dem Vor- wissen des Menschen, wobei das Fassungsvermögen dieser selektierten Aufmerk- samkeit begrenzt ist. Dies wird dies so begründet, dass je mehr der Wahrnehmende einer gewissen Aufgabe von dieser Kapazität zuweist, umso mehr wird die Aufmerk- samkeit von einem anderen Ort abgezogen. Dies bedeutet, dass die Gesamtmenge der aufzunehmenden Informationseinheiten konstant bzw. nicht unbegrenzt ist.13

Obwohl FRINGS & WENTURA in ihrem Werk die geteilte bzw. automatisierte und se- lektive Aufmerksamkeit gleichermaßen erwähnen und beschreiben, kategorisieren sie diese in exogene, also reizgesteuerte und endogene, somit willentliche, Aufmerk- samkeit. Zudem nehmen die Autoren zur Funktion eine weitere Unterteilung vor:14

„Aufmerksamkeit hilft dem kognitiven System relevante von irrelevanter Information zu trennen (Selektionsfunktion), die Umwelt zuüberwachen (Überwachungsfunktion), und Handlungen zu kontrollieren und zu koordinieren (Handlungssteuerungsfunktion, kogni- tive Kontrolle).“15

Die Autoren unterteilen damit die Hauptfunktionen der Aufmerksamkeit in 3 Bereiche, nämlich dem Überwachen, dem Planen und Kontrollieren, sowie dem Selektieren. Die Überwachung der Umwelt wird der reizgesteuerten Aufmerksamkeitsallokation zugeteilt. Es wird erklärt, dass hierdurch unerwartete Änderungen der Reize aus der näheren Umwelt erkannt werden und dementsprechend darauf reagiert werden kann. Der willentlichen Aufmerksamkeitszuwendung ist das Planen und Kontrollieren von Taten und zudem das Selektieren von Wissensinhalten zuzuordnen. Die Aufgabe des Selektierens ist jene wichtige, die aus den vielen Reizen entscheidet, welche In- formationen zur weiteren Verarbeitung aufgenommen oder ignoriert werden. Die Funktion des Planens und Kontrollierens wird als jener Aspekt erklärt, der für die konzentrierte Ausführung von Handlungen verantwortlich ist, wie zum Beispiel das Ausführen von zwei unterschiedlichen Vorgängen.16

2.2.3 Achtsamkeit

Von den Autoren FESSLER & KNOLL wird Achtsamkeit folgendermaßen definiert:

„Achtsamkeit ist Teil verschiedener Meditationspraxen und bedeutet Aufmerksamkeitmit Bezugnahme auf das Hier und Jetzt, fordert Fokussieren statt Abschweifen, alsodie Lenkung der Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Augenblick und die mit diesem Moment verbundenen realen Vorgänge.“17

Der Autor GUNARATANA beschreibt Achtsamkeit als reine Aufmerksamkeit, als eine nicht-wertende Beobachtung bzw. eine nicht intellektuelle Bewusstheit in der Gegenwart. Sie ist ein spiegelhaftes Denken, welches unvoreingenommen Gegebenheiten in der Weise reflektiert und erkennt, wie es zum gegenwärtigen Moment geschieht. Sie befindet sich im Wahrnehmungsprozess vor dem eigentlichen Denken.18Achtsamkeit ist also jene Tätigkeit, die Dinge bemerkt, wie z.B. das Abdriften der Aufmerksamkeit, und welche die Interessensgegenstände für die Aufmerksamkeit auswählt perspektive lenkt. Die konsequente Einübung der Achtsamkeit führt zur feineren Empfindsamkeit und ist Sinn der Meditation.19

KALTWASSER erläutert Achtsamkeit als spezifische, aktive Aufmerksamkeitslenkung und teilt sie der selektiven Aufmerksamkeit zu. Durch sie findet ein gegenwärtiges, bewusstes und nicht bewertendes Wahrnehmen aller Sinneseindrücke, des eigenen Körpers und der Gedanken statt.20Durch die Schulung der Achtsamkeit wird jene Haltung gegenüber den eigenen Emotionen, Körperzuständen und Gedanken eingeübt, die rein beobachtend und nicht reaktiv ist.21

Der ehemalige Molekularbiologe RICARD sieht in Achtsamkeit jenen mühelosen Zustand von klarem Bewusstsein, in welchem der Geist so breit ist wie ein Firmament. Dieser ist nicht speziell auf einen Punkt ausgerichtet, dennoch äußerst präsent und klar und normalerweise frei von umherziehenden Gedanken.22

2.2.4 Gedanken und der Leerlauf-Modus

Über das Denken in der Alltagspsychologie oder kognitiven Psychologie geben FRINGS & WENTURA einen Einblick, welcher in dieser Arbeit kurz erläutert wird. Das Denken umfasst demnach das Urteilen, Entscheiden und Problemlösen unter verschiedenen Gegebenheiten. Urteilen ist ein Denkprozess, in welchem einem be- stimmten Objekt ein spezieller Wert zugewiesen wird. Beim Entscheiden wird ein Gedankengang ausgelöst, bei dem zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten eine Wahl getroffen wird. Beim Problemlösen wird ein Denkprozess in Gang gesetzt, in welchem die Bemühung besteht, durch Überwindung eines Hindernisses zu einem Ziel zu gelangen.23Im einfachsten Fall heißt menschliches Denken „Objekte und Er- eignisse einzuordnen, zu kategorisieren und damit mit Hintergrundwissen anzurei- chern.“24

Die Denkfähigkeit des Menschen ist eine der bemerkenswertesten Qualitäten der Menschheit, meint KABAT-ZINN. Das präzise, scharfe und kritische Denken muss folglich entwickelt und verfeinert werden.25Ihm zufolge ist nicht das Denken selbst ein Problem, sondern das erregte Denken gemeinsam mit unreflektierten emotionalen Zuständen. Bei der Meditation ist es jedenfalls nicht Ziel, die Gedanken auszuschalten oder zu unterdrücken.26

Dies ist aufgrund des neuronalen Leerlaufmodus, in der Wissenschaft „Default- Modus“ genannt, auch gar nicht möglich. Der Leerlaufmodus bezeichnet jene Ge- hirnaktivität, die hintergründig abläuft, wenn gerade keine konzentrierte, konkrete Handlung durchführt wird. Forschungen haben nachgewiesen, dass während dieser Ruhephasen gewisse Gehirnregionen auf Hochtouren laufen und viel Sauerstoff und somit Energie verbrauchen. Demzufolge soll das Gehirn typischen Tagträumereien nachgehen, wie etwa Erlebnisse der Vergangenheit mental zu wiederholen, Zu- kunftspläne zu schmieden, oder Gedanken über sich selbst zu machen und sich in verschiedene Situationen zu projizieren. Biologischer Nutzen ist die geistige Tro- ckenübung bzw. Vorbereitung auf zu erwartende Szenarien in der Zukunft.27

Der Neurowissenschaftler OTT bestätigt dies und führt ergänzend aus, dass immer dann, wenn keine konkrete Handlung oder nur eine Routinehandlung gefordert ist, mentale Ressourcen zum Erinnern, Nachdenken oder Planen genutzt und aufgrund des großen Nutzen sehr viel Zeit damit verbracht wird. Es wurde im mittleren präf- ronalten Cortex gemessen, dass die Aktivität in diesem Bereich sofort bei Beginn ei- ner Meditation deutlich abnahm, was einer Hemmung des Default-Modus gleich kommt. Daraus wird abgeleitet, dass der Meditierende vollständig präsent war und sich nicht in einer von Gedanken simulierten Wirklichkeit befand.28

OTT beschreibt unter anderem Gedanken als flüchtig und schnell, mit denen sich der Denkende innerlich identifiziert. Es ist daher schwierig, die Gedanken bei einer beab- sichtigten Beobachtung als rein mentale Abläufe zu behandeln. Schnell entstehen- den Ströme von Gedanken, mentale Ketten von Assoziationen, Vorstellungen, Fan- tasien und Erinnerungen, ohne zu bemerken, dass der Denkende in seinen Gedan- ken verloren ist.29

RICARD bezeichnet die vereinnahmenden Gedanken als mentales Konstruieren, Grübelei oder inneres Geplapper.30Es muss seiner Meinung nach gelernt werden, diese als Gedankenketten wahrzunehmen, ziehen zu lassen, ohne zuzulassen, von diesen in Besitz genommen zu werden.31

2.2.5 Meditation

Das Wort Meditation kommt aus dem lateinischen „meditari“ und bedeutet nachsinnen. Übersetzt heißt „meditatio“ Besinnung oder auch besinnliche Betrachtung. In einigen Werken wird die Definition aus der Brockhaus-Enzyklopädie von 1971 verwendet, die wie folgt lautet:

„[...] eine durch entsprechendeÜbungen bewirkte oder angestrebte geistig-geistlicheSammlung (oft in Abgeschlossenheit und in dauerndem Schweigen). Sie soll, von körperlicher Entspannung und Haltung unterstützt, den Menschen zu seinem eigenen innersten Grund führen“.32

Die Bedeutung der asiatischen Worte für Meditation „bhavana“ ist pflegen, fördern, kultivieren. Das tibetische Wort „gom“ heißt vertraut werden. RICARD ergänzt dazu, dass sich dies auf neue Erkenntnisse und Eigenschaften, sowie eine andere neue Lebenseinstellung beziehen kann. Für ihn bedeutet Meditation schlicht, dass man ei- nen gewissen Geisteszustand pflegt und sich dabei nicht ablenken lässt.33

Meditation wird von verschiedenen Autoren auch als Aufmerksamkeitsübung, Acht- samkeitstraining, konzentrative Versenkung, Kontemplation oder Geistestraining be- zeichnet. Andere Autoren charakterisieren Meditation oft als „Geistesberuhigung“, „Bündeln geistiger Energie“, „Entdecken des wahren Selbst“, „Erlangen inneren Friedens“ oder „Harmonisieren von Körper und Geist“.34

Eine allgemeingültige Definition von Meditation existiert laut OTT bis heute nicht, da viele verschiedene Methoden, Kontexte und Ziele der Meditation vorliegen. Er gibt hier einen Überblick von körperlichen meditativen Übungen wie dem Tai Chi, Qigong, den Drehtanz der Sufis, Yoga, Zen-Gehmeditation oder die dynamische Meditation nach Osho. Demgegenüber steht eine Vielfalt von Meditationstechniken, die den Schwerpunkt auf Bewegungslosigkeit in einer spezifischen Körperhaltung setzen und bei der die Aufmerksamkeit auf bestimmte Objekte gerichtet wird. Zusätzlich ist Medi- tation nicht nur auf religiöse Kontexte beschränkt, sondern wird diese auf klinische Behandlungen von diversen Krankheiten ausgeweitet, oder auch als Konzentrations- förderung im Spitzensport eingesetzt. Diese Variationsbreite von traditionellen und modernen Meditationsverfahren und deren Anwendungen machen es äußerst schwierig, Merkmale der Meditation allgemein gültig zu definieren.35

Eine Beschreibung was Meditation ist, wird in der Literatur häufig vorgenommen. Diese ist „ein Zustand intensiver Konzentration, die nicht auf eine Kette von Gedan- ken oder Ideen gerichtet ist, sondern auf einen einzigen, klar definierten Fokus.“36

Für HÖLZEL & OTT kann Meditation:

„als Form mentalen Trainings verstanden werden, das dazu dient, die Regulation des vegetativen Nervensystems, der Aufmerksamkeit und der Emotionen zu verbessern.“37

WALLACE beschreibt Meditation als „Erforschen der Natur des Geistes“, welche ohne Achtsamkeit und Konzentration nicht effektiv ist. Meditation ist eine Möglichkeit zur Entfaltung und Übung von Konzentration. Höhepunkt dessen ist es, diesen Geisteszustand ohne Mühe über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten.38

In dieser Arbeit wird Meditation ebenfalls unter dem Wort Achtsamkeitsübung oder Achtsamkeitstraining angeführt.

2.3 Meditation im spirituell-kulturellem Kontext

Die Ursprünge der Meditation lassen sich bis 2000 v.Chr. in Indien finden, wo in den alten hinduistischen Veden von besonderen Erfahrungen der Munis während der Meditationen geschrieben wurde. Von den Upanischaden wurden die Techniken 1000 v.Chr. weiter ausgeprägt und neues Geistesdenken hinzugefügt. Die Yoga- Sutras entstanden zu dieser Zeit und wurden vom legendären Patanjali 200 oder 500 v.Chr. formuliert. Durch Gotamo Buddha, der auf religiöse Standpunkte verzichtete und rein den Übungsweg zur Bewusstseinserläuterung vorlegte, entstand 500 v.Chr. der indische Buddhismus mit seinen Lehren. Diese Lehren und Techniken der Medi- tation wurden über Tibet, China, Korea und Japan weiterverbreitet, wodurch sich im Laufe der Zeit die Methoden und Denkansätze entsprechend differenzierten.39Selbst in der abendländischen Mystik, im Chassidismus, im Sufismus und in der christlichen Mystik wurden meditative Techniken umschrieben und praktiziert.40

Aufgrund dieser Vorgeschichte ist es nicht verwunderlich, dass Meditation als religiö- se Praxis angesehen wird. Zu erwähnen ist, dass immer schon die Sehnsucht im Menschen vorherrschte, sich mit etwas Numinosen zu vereinen. Nichtsdestotrotz muss gesagt werden, dass Meditation eher als ein Lebensweg, als eine Art Religion, zu sehen ist.41

2.3.1 Formen

Eine typische Charakterisierung aller Meditationsformen ist laut LINDEN eine innere Versenkung unter gleichzeitiger Abschirmung von Umweltreizen. Er nimmt eine grobe Unterteilung in zwei Gruppen vor, nämlich der rezeptiven und konzentrativen Meditation. Übliche Techniken der rezeptiven Mediation sind zum einen die ZenMeditation und zum anderen die Achtsamkeitsmeditation, oft Vipassana oder Einsichtsmeditation genannt. Bei diesen Übungsformen akzeptiert der Meditierende einen Zustand von Ziellosigkeit, wobei er den aufkommenden Gedanken und Bildern erlaubt, zu seinem innersten Bewusstsein zu kommen.42

VAITL ergänzt dazu, dass der Meditierende alle Gefühle, Gedanken und Körperemp- findungen distanziert und wertfrei wahrnehmen soll. Es geht darum, im gegenwärti- gen Moment zu verweilen und alles gleichmütig hinzunehmen. Dadurch entsteht den Dingen gegenüber eine gewisse Toleranz und wird demnach den üblichen und unmittelbaren Reiz-Reaktionsmustern vorgebeugt.43

Bei der ZEN-Meditation konzentriert sich der Übende im Sitzen mit geöffneten Augen auf einen KOAN, dies ist ein vom Lehrer gegebenes Rätsel, welches rational nicht zu lösen ist und mentale Prozesse in Gang setzt.44In der Vipassana Meditation geht es um die reflexive Analyse und Beobachtung von vier Aspekten: Des Körpers samt seinen sensorischen Empfindungen, den Gefühlen, der Stimmung und den Gedanken. Ziel ist es hier zu der Einsicht zu gelangen, dass jene Aspekte unbeständig und rein subjektiv sind und nur Erfahrungen selbst existieren. Diese Erkenntnis wird als die sogenannte Erleuchtung verstanden.45

Bei der konzentrativen Ruhe-Meditation, die im Westen weit verbreitet ist, konzentrieren sich die Meditierenden auf ein bestimmtes Meditationsobjekt.46GADENE erklärt, dass hier versucht wird „[...] die Aufmerksamkeit vollständig auf ein bestimmtes Objekt oder Thema zu richten und das begriffliche Denken zu reduzieren.“47

Die möglichen Meditationsobjekte werden in visuelle, akustische und viszerale Reize kategorisiert, die äußerlich und innerlich eingesetzt werden. Externe visuelle Reize können z.B. eine Kerzenflamme, ein Stein oder Bild sein, intern kann ein Vorstel- lungsbild nützlich sein. Zu den externen akustischen Reizen zählen einförmige Klangkörper, ein Gong oder Glöckchen. Innerlich kann ein Mantra vorgesagt werden. Atmung, Herzschlag und spontane Körperempfindungen zählen zu den viszeralen Reizen.48

Diese Formen von Meditation werden als formell bezeichnet, da hierfür speziell Zeit reserviert und aufgewendet wird, um die Praxis durchzuführen und zu üben.49Eine informelle Meditation fließt in den Alltag mit hinein und wird die Achtsamkeit durch gezielte, verlangsamte Durchführung der alltäglichen, automatisierten und oft unbe- wussten Handlungen gesteigert, wie z.B. beim Treppensteigen, Duschen, Essen und vieles mehr.50

Eine dritte Methode ist die in Yoga-Systeme eingebundene Meditation. Hier werden bestimmte aufeinanderfolgende Körperübungen, verbunden mit speziellen Atemtechniken, durchgeführt, worauf dann die kontemplative Meditation folgt.51

2.3.2 Ziele

In klassischer Hinsicht ist ein spirituelles Wachstum das Ziel, sozusagen eine Bewusstseinserweiterung und das Erreichen tiefer inneren Ruhe.52Sekundäres Ziel ist zu lernen, auf eine bestimmte Sache konzentriert zu sein, Probleme nicht zu übergeneralisieren und ein Gespür der Kontrolle über sich selbst zu entwickeln, somit eine gesteigerte Selbstwirksamkeit zu erlangen. Ein positiver Übergang dieser Fähigkeit zur Konzentration auf weitere Lebensbereiche wird erwartet.53

GUNARATANA erklärt, dass Meditation darauf abzielt:

„[...] den Geist zu läutern. Sie reinigt den Gedankenprozess von dem, was man«psy-chische Irritationen»nennen kann, Dinge wie Gier, Hass und Eifersucht. [...] Sie bringt den Geist in ein Stadium von Ruhe und Bewusstheit, ein Stadium von Konzentration und Einsicht.“54

2.3.3 Grundlagen

Wie bei allen anderen Entspannungsverfahren auch benötigt es zur Meditation fol- gende Umweltbedingungen, nämlich einen ruhigen Ort mit einer angenehmen Raum- temperatur, sowie das Wissen um Ungestörtheit und zusätzlich eine bequeme Kör- perhaltung. Für eine gelungene Meditation ist die Passivität eine wichtige Vorausset- zung, sozusagen ein „Nicht-Erzwingen-Wollen“, sondern ein „Geschehen-Lassen“.55

GUNARATANA zählt zudem menschliche Qualitäten auf, die für Meditation notwendig sind. Diese sind Mut, Entschlossenheit und Disziplin, sowie die Bereitschaft, Zeit und Energie hierfür aufzuwenden.56

KALTWASSER zitiert wie folgt: „Die Kunst der Meditation besteht darin zu erkennen, wann der Verstand sich auf Wanderschaft begibt, und dann zum Atem zurückzukeh- ren.“57

2.3.4 Atmung

Meditationsobjekte sind eine gute Hilfe, um die Stabilität der Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten, meint KABAT-ZINN. Es ist daher notwendig, sich auf etwas zu konzentrieren, um die Aufmerksamkeit drauf richten zu können. Nachdem also immer im „Jetzt“ ein Atemzug gemacht wird, ist er ein perfekter Anker, um die abschweifende Aufmerksamkeit in den aktuellen Moment zurückzuholen. Speziell für Anfänger ist die Atmung ein geeignetes Meditationsobjekt.58

Wie SNEL treffend umschreibt, findet die Atmung immer im Hier und Jetzt statt. Die- se kann nicht verloren gehen, in dem sie irgendwo liegen gelassen oder vergessen wird. Der Atem begleitet einem sein ganzes Leben und ist gut spürbar, in welcher Stimmung der Meditierende sich gerade befindet, ob der Atem angehalten wird oder ruhig fließt.59

Die Atmung ist ein für sich sprechendes Meditationsobjekt meint OTT, da sie, gleichmäßig und vertieft durchgeführt, eine effektive Technik ist, innere Ruhe und tiefe Entspannung zu erwirken. Als ständig verfügbares Objekt läuft der Atemvorgang automatisch ab und kann in einfacher Weise bewusst bemerkt werden. Dieser geht mit der Bewegung des Zwerchfells und des Brustkorbs einher und können als Empfindungen der Atmung im Naseneingangsbereich beobachtet werden.60

Bei der Meditation muss darauf geachtet werden, dass die Atmung nicht durch zu enge Bekleidung, wie etwa einem Gürtel, behindert wird. Empfohlen wird, die Atmung absichtsvoll in den Bauchraum zu führen. Sie soll nicht beeinflusst werden, sondern in natürlicher Weise fließen. Ein Fokus kann auf die Bewegung des Brustkorbs oder Bauchraums gelegt werden (dehnen, zusammenziehen), sowie auf die Nasenspitze. Die möglichen Facetten des Atmens (Rhythmus, Tiefe) sollen beobachtet und wahr- genommen werden.61

Das Mitzählen der Atemzüge kann helfen, die Aufmerksamkeit beim Atem zu behalten, ohne sich von ablenkenden Gedanken vereinnahmen zu lassen.62Dies erfolgt dermaßen, dass beim Einatmen innerlich „eins“ gezählt wird und beim Ausatmen „zwei“ und so bis zehn fortführt. Dann wird neuerlich bei der Ziffer eins begonnen und das Zählen bei jedem Atemzug bis zehn fortgeführt. Wichtig ist, dass das Zählen nicht den Großteil der Aufmerksamkeit beansprucht, sondern die Atmung selbst. Die Ziffern können schließlich durch Worte wie ein/aus ersetzt werden.63

2.3.5 Körperhaltung

Die Übungen werden gehend, stehend, sitzend oder liegend ausgeführt. Es wird jedoch eine sitzende Haltung empfohlen, da sie eine gewisse Entspanntheit und Wachheit unterstützt. Die Augen werden bei der Meditation geschlossen, können aber auch leicht geöffnet oder sogar ganz offen bleiben. Während der Sitzung ist der Körper so reglos wie möglich, alle Bewegungen sollen vermieden werden. Das sitzende Meditieren erfolgt auf einem Kissen am Boden im Fersen-, Lotos- bzw. Schneidersitz, oder auf einem Sessel.64

Der Rücken ist gerade, dennoch entspannt, die Arme hängen locker herab, der Kopf ist aufrecht und das Kinn ist ein wenig angezogen. Die Hände liegen am Knie oder übereinandergelegt im Schoß. Bei der Übung auf dem Sessel ist zu beachten, dass der Meditierende sich nicht anlehnt und die Füße gerade auf den Boden stellt.65

2.3.6 Zeitaufwand

Die Meditationsdauer in der Schule hängt vom Stundenplan ab. Kurze Meditationen zu festen Zeitpunkten sollten regelmäßig, sogar mehrmals am Tag, durchgeführt werden.66Wertvoller ist es auf die Qualität der Übungsphasen und nicht auf die Quantität zu achten, diese kann ohne weiteres nur zwei oder drei Minuten betra- gen.67RICARD plädiert ebenfalls für ein kontinuierliches Üben und sei es besser, re- gelmäßig bzw. täglich in mehreren kurzen Sitzungen zu meditieren, als einzelne lange Meditationen mit wochenlangen oder längeren Zeitabständen zu halten.68

Die geeignetsten Zeiten für Meditationen sind „morgens nach der Anwesenheitskon- trolle, vor der Mittagspause, vor Unterrichtsbeginn am Nachmittag und schließlich unmittelbar vor Unterrichtsende“.69Ein bis zwei Minuten können immer wieder ein- gebaut werden, wenn Schulkinder während der Arbeitszeit unruhig werden.70

KALTWASSER empfiehlt, die allerersten Übungen maximal zwei bis drei Minuten zu halten.71Eine entspannende Wirkung hat das Markieren des Anfangs und des Endes der Meditationszeit durch Zimbeln oder ähnlichen Instrumenten. Im Falle einer richtig tiefen Versenkung der Schulkinder kann man die Phasen auch spontan verlängern.72 Eine weitere Empfehlung von BODEN ist, zu Unterrichtsbeginn fünf bis sieben Minu- ten zu meditieren.73

2.4 Meditation im wissenschaftlichen Kontext

Meditationsforschung wird spätestens seit dem Jahr 2000 mit rasantem Zuwachs betrieben, sei es im Bereich der Medizin, Bildung oder Berufswelt. Durch die wissenschaftliche Forschung werden die Meditationspraktiken auf ihre Objektivität und Wirksamkeit hin nüchtern überprüft. Damit werden religiöse Weltanschauungen und Auslegungen zunehmend durch psychologische und neurophysiologische Theorien und Modelle ersetzt, sowie kritische und offene Diskussionen innerhalb der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft geführt.74

HÖLZEL & OTT erklären:

„Heutzutage werden Meditationstechniken als Methoden der geistigen Schulung („mental training“) verstanden, mit deren Hilfe gezielt das vegetative Nervensystem („Entspannung“), die Aufmerksamkeit („Konzentration“,„Achtsamkeit“) und die Emotionen(„Akzeptanz“,„Mitgefühl“) reguliert werden können.“75

[...]


1vgl. HÖLZEL & OTT 2011, S. 17

2KROLL-GABRIEL 2011, S. 3

3 vgl. KROLL-GABRIEL 2011, S. 3

4vgl. GUNARATANA 1991, S. 159

5vgl. FRINGS & WENTURA 2013, S. 83

6vgl. FONTANA & SLACK 2009, S. 80

7KORTE 2009, S. 51

8 vgl. KORTE 2009, S. 49-52

9vgl. BORN & OEHLER 2009, S. 73f

10GOLDSTEIN 2008, S. 427

11vgl. GOLDSTEIN 2008, S. 132

12 vgl. KORTE 2009, S. 47ff

13vgl. BORN & OEHLER 2009, S. 22

14vgl. FRINGS & WENTURA 2013, S. 86

15FRINGS & WENTURA 2013, S. 99

16 vgl. FRINGS & WENTURA 2013, S. 84ff

17FESSLER & KNOLL 2015, S. 137

18vgl. GUNARATANA 1991, S. 149-153

19vgl. GUNARATANA 1991, S. 159ff

20vgl. KALTWASSER 2008, S. 45f

21vgl. KALTWASSER 2008, S. 54

22 vgl. RICARD & SINGER 2008, S. 77

23vgl. FRINGS & WENTURA 2013, S. 139

24FRINGS & WENTURA 2013, S. 20

25vgl. KABAT-ZINN 2014, S. 44

26vgl. KABAT-ZINN 2014, S. 47f

27 vgl. VAITL 2011, S. 64

28vgl. OTT 2015, S. 99f

29vgl. OTT 2015, S. 96f

30vgl. RICARD & SINGER 2008, S. 78

31vgl. RICARD & SINGER 2008, S. 14

32BROCKENHAUS 1971 in BODEN 1978, S. 15

33 vgl. RICARD & SINGER 2008, S. 27

34FONTANA & SLACK 2009, S. 32

35vgl. OTT 2015, 142f

36FONTANA & SLACK 2009, S. 31f

37HÖLZEL & OTT 2011, S. 17

38 vgl. WALLACE 2006, S. 12

39vgl. ENGEL 1999, S. 17ff

40vgl. BODEN 1978, S. 35-40

41vgl. BODEN 1978, S. 41

42 vgl. LINDEN 2000, S. 257

43vgl. VAITL 2011, S. 65

44vgl. ENGEL 1999, S. 196f

45vgl. KEOWN 2010, S. 129ff

46vgl. LINDEN 2000, S. 257

47GADENE 1996, S. 73

48vgl. VAITL 2011, S. 65

49 vgl. KABAT-ZINN 2014, S. 14

50vgl. OTT 2015, S. 135f

51vgl. ENGEL 1999, S. 196f

52vgl. LINDEN 2000, S. 256

53vgl. LINDEN 2000, S. 258

54GUNARATANA 1996, S. 23

55vgl. LINDEN 2000, S. 256f

56 vgl. GUNARATANA 1996, S. 15

57KORNFIELD 2005 in KALTWASSER 2008, S. 88

58vgl. KABAT-ZINN 2014, S. 23f, S. 58

59vgl. SNEL 2013, S. 37

60vgl. OTT 2010, S. 45, S. 48

61 vgl. OTT 2010, S. 51ff

62vgl. FONTANA & SLACK 2009, S. 92

63vgl. OTT 2010, S. 54, S. 57

64vgl. WALLACE 2006, S. 41f

65vgl. KABAT-ZINN 2014, S. 154f

66vgl. FONTANA & SLACK 2009, S. 215

67 vgl. FONTANA & SLACK 2009, S. 22

68vgl. RICARD & SINGER 2008, S. 85

69FONTANA & SLACK 2009, S. 243

70vgl. FONTANA & SLAK 2009, S. 243

71vgl. KALTWASSER 2008, S. 106

72vgl. KALTWASSER 2008, S. 109

73vgl. BODEN 1978, S. 65

74vgl. OTT 2010, S. 188

75 HÖLZEL & OTT 2011, S. 17

Ende der Leseprobe aus 76 Seiten

Details

Titel
Erhöht viszerale Meditation die Konzentration? Empirische Untersuchung zur Konzentrationsfähigkeit von Schülern in der Grundstufe II
Hochschule
Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien / Krems
Note
1,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
76
Katalognummer
V336337
ISBN (eBook)
9783668298903
ISBN (Buch)
9783668298910
Dateigröße
1210 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Meditation, Konzentration, Schüler, Eline Snel, Meditationsübungen, Achtsamkeit, Achtsamkeitstraining, Emotionsregulation, Neurowissenschaft
Arbeit zitieren
Yvonne Kaschpar (Autor:in), 2016, Erhöht viszerale Meditation die Konzentration? Empirische Untersuchung zur Konzentrationsfähigkeit von Schülern in der Grundstufe II, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/336337

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