Etudes D´Execution Transcendante von Franz Liszt


Term Paper, 2001

25 Pages, Grade: gut


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Allgemeine Erläuterung des Begriffs Etüde

Vorkommen von Etüden in der Musikliteratur, speziell: Die Klavieretüde

Einleitung
a) Die Étude en douze Exercises (op. 6)
b) Die Grandes Études
c) Die Études d’execution transcendente

Die Etüde Nr. 6 g-moll in ihrer Fassung von 1826:

Die sechste Etüde Vision in ihrer Fassung von 1852

Die Étude d’execution transcendante Nr. 10 f-moll und ihre Frühfassungen

Literaturverzeichnis

Von Christian Karrasch erarbeitete Kapitel: S. 3-5, 18-23

Von Verena Karrasch-vom Steeg erarbeitete Kapitel: S. 6-17

Allgemeine Erläuterung des Begriffs Etüde

Der Begriff Etüde lässt sich aus dem altfranzösischem estudie / estude, oder aus dem lateinischen studium ableiten und bezeichnet im allgemeinen ein Instrumentalstück, das dem Spieler als Übungsstück zur Erarbeitung und Bewältigung besonderer, meist technischer Schwierigkeiten und damit zur Vervollkommnung seiner Spieltechnik dienen soll. Die Etüde hat somit ursprünglich keine formale, sondern eine didaktische Funktion, welche natürlich die Ausprägung gewisser formaler Merkmale zur Folge hat. Darunter fallen Einsätzigkeit, Mono-thematik und eine übersichtliche, oft zwei- oder dreiteilige formale Disposition. Außerdem besitzen die originären Übungsstücke eine vergleichsweise einfache Harmonik sowie als wichtigstes Merkmal die Bedeutung des in der jeweiligen Etüde gestellten (spieltechnischen) Problems als strukturbildendes Element, das unter Berücksichtigung seines Übungswertes in verschiedenen Lagen, harmonischen Zusammenhängen und motivischen Varianten komposi-tionstechnisch verarbeitet wird. Stücke dieser Art mit den oben genannten Merkmalen lassen sich häufig in Etüdensammlungen finden, in didaktischem Wert von leicht nach schwer geordnet. Von der Etüde für den Unterrichtsgebrauch unterscheiden sich die Vortrags- und die Konzertetüde, wobei die Vortragsetüde, von Umfang, Schwierigkeitsgrad und musikalischem Gehalt her gesehen häufig dem Charakterstück nahesteht. Die Konzertetüde hingegen ist durch ihr oft bis an die Grenzen gesteigertes technisches Niveau meistens nur noch dem professionellen Pianisten zugänglich; als Beispiel wären hier die Etüden op.10/25 von Fr. Chopin oder Liszts Transzendentale Etüden zu nennen. Hinzuzufügen wäre speziell für die Konzertetüde der Hinweis, dass hier nicht nur schon bestehende Schwierigkeiten der Klavierliteratur überwunden werden, sondern neue gesucht oder erfunden werden. Somit dient diese Gattung einerseits dem Spieler als Vortragsstück zum Nachweis seiner Virtuosität, als auch dem Komponisten, der in ihr systematisch seine Ausdrucksmöglichkeiten auf dem Instrument erweitert, bis die virtuose Technik zum selbstverständlich vorausgesetzten Mittel der musikalischen Absicht wird.1

Vorkommen von Etüden in der Musikliteratur, speziell: Die Klavieretüde

Der Terminus Etüde erscheint erstmalig in der Violinliteratur, und zwar um 1750 in einer Ausgabe von Tartinis L’arte dell’arco, dennoch ist die größte Anzahl von Etüden für Klavier geschrieben, einerseits bedingt durch die wachsende Popularität des Klaviers im 19. Jh. , andererseits zurückzuführen auf den Charakter des Tasteninstruments als konzertantes Solo-instrument. In der Literatur anderer Instrumente überwiegt die Menge der Unterrichtsetüden im Vergleich zu der Gattung der Konzertetüde.

Kommen wir nun zu der Geschichte der Klavieretüde. Unterrichtsmaterial für die spiel-technische Ausbildung findet man schon sehr früh, schon 1513 und 1515 entstanden wohl als Fingerübungen gedachte Tabulatoren von H. Kotter. Auch zu den Zeiten von J. S . Bach wurden sogenannte Exercises häufig im Unterricht gepflegt. Als Vorläufer der Etüde werden nicht selten die Handstücke von C. Ph. E. Bach (Kurze und leichte Clavierstücke mit veränderten Reprisen und beygefügter Fingersetzung für Anfänger, Berlin 1766/1768 ) und vor allem von D. G. Türk (60 Handstücke für angehende Klavierspieler, 2 Tle., Halle 1792, 1795) genannt. Es muss hier aber unterschieden werden zwischen Handsachen/ Handstücken, die bis Mitte des 18. Jh. solistische Cembalo/Clavichordliteratur im Gegensatz zur Generalbassliteratur bezeichneten, und dem pädagogisch intendierten Handstück der 2. Jh. –Hälfte. Dieses teilt mit der späteren Etüde nur die Kategorie didaktisch bestimmter Musik, nicht aber deren Zweck, nämlich die spieltechnische Ausbildung. Das Handstück als leichtes, kurzes Musikstück, das der „Erholung“ und der musikalischen Geschmacksbildung dienen soll, wurde zudem nicht durch die Etüde um etwa 1800 abgelöst, sondern findet sich vielmehr in Schumanns Album für die Jugend op.68 oder Bartòks Sammlung Gyermekeknek wieder.

Als direkte Vorgänger der Klavieretüde zählen vor allem die Toccaten von Diruta, die Sonaten von Scarlatti, Präludien von Kuhnau, Bach etc. Aber bis Mitte des 18. Jh. ließ sich die Lehre von der Kunst nicht trennen. Erst mit der Entwicklung der Spieltechnik und der Emanzipation für das Mechanische ließ sich die Gattung der Klavieretüde manifestieren.

Als erstes vollgültiges Studienwerk für Klavier wird gewöhnlich Joh. B. Cramers Étude pour le pianoforte en 42 exercises dans les différents tons, calculés pour faciliter le progrès de ceux qui se proposent d’étudier cet instrument à fond genannt. Der Terminus Etüde wird im Singular synonym zu Methode als Bezeichnung für Lehrgang oder als Sammelbegriff und keineswegs immer als Bezeichnung für das einzelne Stück verwendet. Auch Liszts Erstfassung von 1826 seiner späteren 12 Études d’exécution transcendante trägt die Bezeichnung Etüde im Singular.

Während sich Kritiker noch über den Unterschied von der Exercise zur Etüde im Unklaren waren, hatten die Komponisten ab etwa 1830 die Trennung der beiden Begriffe bereits weitgehend vollzogen. Dies lässt sich sehr anschaulich anhand von Schumanns 6 Studien nach Capricen von Paganini op.3 zeigen, wo den Etüden kürzere, jeweils vorbereitende Übungen (Exercises) vorangestellt sind. Zu diesem Zeitpunkt haben sich die verschiedenen Typen der Klavieretüde schon ausdifferenziert, nämlich Unterrichts-, Vortrags- und Konzert-etüde.

Die Unterrichtsetüde wird exemplarisch durch C. Czerny ausgeprägt, in dessen um-fangreichem Etüdenwerk fast alle nur denkbaren Schwierigkeiten von der elementaren bis zur virtuosen Stufe akribisch erfasst werden. Doch mit den Etüden von Joh. N. Hummel, Fr. Kalkbrenner, I. Moscheles u.a. wird nun allmählich ein spieltechnisches Niveau erreicht, das vom durchschnittlichen Klavierspieler immer seltener angemessen bewältigt werden kann. Der ursprünglich instruktive Charakter tritt immer mehr in den Hintergrund. Die Etüden werden zum Experimentierfeld der Virtuosen; es wird nicht mehr für das Übungszimmer komponiert, sondern für den Konzertsaal.

Neben Hummel (24 Etüden op. 125), Moscheles (Études de concert op. 111) und S. Thalberg (12 Etüden op. 26) ist Liszt als ein solcher Komponist-Virtuose zu nennen. An seinen Etüden, im spieltechnischen Schwierigkeitsgrad auch von späteren Komponisten kaum übertroffen, lässt sich in den verschiedenen Fassungen der oben angedeutete experimentierende Vorgang verfolgen, so in den Transzendentalen Etüden.

Im allgemeinen gelten die Studien Chopins und Liszts als Höhepunkt der Gattung der Kla-vieretüde, in denen Technik, musikalischer Anspruch und Klang voll ausgeschöpft sind.

Einleitung

Einen gesamten Überblick über die umfassenden Klavierwerke zu erlangen, die der Virtuose Franz Liszt scheinbar rastlos schuf, ist schwierig, wenn man seine Werke in ihrem kompositorischen Entwicklungsverlauf betrachten will. Sieht man einmal von seinen Spätwerken ab, ist diese Entwicklung beispielhaft zu erkennen , wenn man die drei unter-schiedlich gefassten Zyklen der Zwölf großen Etüden miteinander vergleicht. Hier spiegelt sich am deutlichsten wieder, wie sich Liszts pianistische Persönlichkeit entwickelt: von der Czerny-Cramer-Linie, auf der er sich in seiner Jugend noch bewegte, über eine von Paganini inspirierte unübersteigbare Höhe zu der formalen Reife und Klarheit seines symphonischen Klang- und Ausdruckreichtums.

In dieser Arbeit versuchen wir, diesen Entwicklungsprozess nachzuzeichnen. Ausgehend vom allgemeinen Begriff der Etüde, werden die drei unterschiedlichen Fassungen der Etüden auf bestimmte Merkmale hin untersucht. Daran anschließen werden sich Analysen der sechsten und der zehnten Etüde in den drei Fassungen, an denen die kompositorische Entwicklung konkret nachvollzogen werden kann.

Die Entwicklung der Transzendenten Etüden von 1826 bis 1852

a) Die Étude en douze Exercises(op. 6)

Die erste Fassung des Etüdenzyklus entstand 1826 in Liszts Jugendjahren als Étude pour le Pianoforte en quarante-huit Exercises dans tous les Tons Majeurs et Mineurs par le jeune Liszt. Von den angekündigten 48 Stücken sind jedoch nur 12 erschienen, weshalb der 1839 mit der zweiten Fassung zeitgleich erschienene Nachdruck auch mit Études pour le piano en douze Exercises betitelt wurde. Jedoch verrät der erste Titel nicht nur mehr über die gewollte Anordnung der Etüden als Zyklus: ausgehend von C-Dur bis Des-Dur sind die 12 Etüden in den fortschreitenden B-Tonarten des Quintenzirkels einschließlich aller Mollparallelen aufgebaut. Mit Études als üblichen Sammelbegriff zeigt sich auch eine starke Annäherung an den Titel und den Kompositionsstil eines Komponisten, dessen Werk Liszt wohl kannte und von dem er in diesem Werk beeinflusst wurde: den 1804 erschienenen Études pour le Pianoforte en quarante-deux exercises dans les different tons von J. B. Cramer.

Die Études pour le piano en douze exercises sind mehr als Versuche eines 15-Jährigen zu sehen, der den Standart der Etüdenliteratur reproduziert. Viele lehnen sich an Vorbilder wie J.B. Cramer oder C. Czerny an, der als Lehrer von Liszt einen entscheidenden Einfluss auf diesen hatte. Ein direkter Vergleich kurzer Spielformeln zwischen Liszts Etüden und denen Cramers zeigt, wie sehr solche Spielfiguren dort als Vorläufer zu finden sind.2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Busoni, Vorwort :Franz Liszt, Gesammelte Werke, Bd.2

2 Georg Schütz: Form, Satz- und Klaviertechnik in den drei Fassungen der „Großen Etüden“, S. 74.

Excerpt out of 25 pages

Details

Title
Etudes D´Execution Transcendante von Franz Liszt
College
University of Bonn  (Musikwissenschaftliches Seminar)
Course
Harmonies poètiques : Klavierwerke von Franz Liszt
Grade
gut
Author
Year
2001
Pages
25
Catalog Number
V336
ISBN (eBook)
9783638102414
File size
802 KB
Language
German
Keywords
Etudes, D´Execution, Transcendante, Franz, Liszt, Harmonies, Klavierwerke, Franz, Liszt
Quote paper
Christian Karrasch (Author), 2001, Etudes D´Execution Transcendante von Franz Liszt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/336

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