Im Rahmen der Inobhutnahme werden Säuglinge und Kleinkinder oftmals in Kriseneinrichtungen vorläufig untergebracht. Die Unterbringung in stationären Einrichtungen steht allerdings in der Kritik, den Bindungsbedürfnissen der Kinder nicht gerecht werden zu können. Insbesondere während der ersten drei Lebensjahre sind Bindungen aber von großer Bedeutung für die Entwicklung des Kindes. Fehlende oder gestörte Bindungen können langfristige Auswirkungen auf die Entwicklung haben. Diese Arbeit beschäftigt sich nach der Darstellung der rechtlichen Grundlagen zur Inobhutnahme und wesentlichen Erkenntnissen der Bindungstheorie mit der Frage, was nötig ist, damit die Inobhutnahme und daran anschließende vorläufige Unterbringung für Säuglinge und Kleinkinder möglichst wenig belastend gestaltet werden kann.
Dazu wird die aktuelle Gestaltung von Kriseneinrichtungen dargestellt und überprüft, inwiefern sich die Gegebenheiten auf den Aufbau beziehungsweise Erhalt von Bindungen auswirken und welche Veränderungen gegebenenfalls dazu beitragen könnten, die vorläufige Unterbringung in Kriseneinrichtungen in Bezug auf die Bindungsmöglichkeiten zu verbessern. In diesem Zusammenhang beschäftigt sich diese Arbeit auch mit der Frage, inwiefern Unterbringungsformen wie die familiäre Bereitschaftsbetreuung und gemeinsame Wohnformen besser für die vorläufige Unterbringung im Rahmen der Inobhutnahme von Säuglingen und Kleinkindern geeignet sind. Dabei steht unter anderem die Bedeutung bestehender Bindungen im Fokus.
Insgesamt wurden im Jahr 2014 48.059 Kinder vom Jugendamt in Obhut genommen. Von den 4.257 im Alter von unter drei Jahren, wurden 38% in stationären Einrichtungen untergebracht. Die Zahl der in Obhut genommen und untergebrachten Kinder in dieser Altersgruppe ist in den letzten Jahren immer weiter angestiegen. Die Inobhutnahme selbst, speziell die Trennung von den Eltern, stellt für die Kinder ein kritisches Lebensereignis dar, welches entsprechend begleitet werden muss, um negative Auswirkungen zu vermeiden. Die Trennung von den Eltern mit anschließender Unterbringung außerhalb des Elternhauses (zum Beispiel im Krankenhaus oder Heim) und dessen Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes beschäftigten John Bowlby bereits in den 1930er Jahren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Gesetzliche Grundlagen der Inobhutnahme
- Das Verhältnis von Eltern, Kind und Staat vor dem Gesetz
- Die Rechte und Pflichten der Eltern
- Die Rechte des Kindes
- Die Aufgaben des Staates
- Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung
- Kindeswohl
- Kindeswohlgefährdung
- Inobhutnahme
- Gründe für eine Inobhutnahme
- Unterbringung im Rahmen der Inobhutnahme
- Inobhutnahme als sozialpädagogische Krisenintervention
- Mitwirkung der Personensorgeberechtigten
- Ende der Inobhutnahme
- Bindungstheorie
- Entstehung
- Erkenntnisse
- Mögliche Folgen fehlender (sicherer) Bindung
- Folgen unsicherer Bindung
- Ursachen und Folgen fehlender Bindung
- Bindungsstörungen
- Aktueller Stand von Kriseneinrichtungen
- Bindungsrelevante Aspekte während der Unterbringung in Kriseneinrichtungen
- Übergang in die Kriseneinrichtung
- Kontakt zu den Eltern während der Unterbringung
- (Ergänzende) Bindungen zu Fachkräften
- Ende der Unterbringung
- Familiäre Bereitschaftsbetreuung als Alternative zur Unterbringung in Kriseneinrichtungen
- Vorläufige Unterbringung in gemeinsamen Wohnformen
- Familienintegrative Projekte
- Familienintegratives Projekt „Familienbande“
- Stationäre Familienbetreuung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Bedeutung von Bindung für Säuglinge und Kleinkinder, die im Rahmen der Inobhutnahme in Kriseneinrichtungen untergebracht werden. Ziel ist es, die Herausforderungen der Unterbringung in Bezug auf die Bindungsbedürfnisse der Kinder zu beleuchten und Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation aufzuzeigen.
- Rechtliche Grundlagen der Inobhutnahme
- Wesentliche Erkenntnisse der Bindungstheorie
- Gestaltung von Kriseneinrichtungen im Hinblick auf die Bindungsbedürfnisse von Säuglingen und Kleinkindern
- Alternative Unterbringungsformen wie familiäre Bereitschaftsbetreuung und gemeinsame Wohnformen
- Die Bedeutung bestehender Bindungen im Kontext der Inobhutnahme
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz des Themas dar und erläutert die persönliche Motivation der Autorin. Kapitel 2 beleuchtet die rechtlichen Grundlagen der Inobhutnahme, inklusive der Rechte und Pflichten von Eltern und Kindern sowie der Aufgaben des Staates. Die Bindungstheorie wird in Kapitel 3 vorgestellt, wobei sowohl die Entstehung als auch wichtige Erkenntnisse und mögliche Folgen fehlender oder unsicherer Bindung behandelt werden. Kapitel 4 gibt einen Überblick über den aktuellen Stand von Kriseneinrichtungen. Kapitel 5 fokussiert auf bindungsrelevante Aspekte während der Unterbringung in Kriseneinrichtungen, wie den Übergang, den Kontakt zu den Eltern und die Beziehung zu Fachkräften. In Kapitel 6 wird die familiäre Bereitschaftsbetreuung als Alternative zur Unterbringung in Kriseneinrichtungen vorgestellt. Kapitel 7 befasst sich mit der vorläufigen Unterbringung in gemeinsamen Wohnformen. Abschließend werden in Kapitel 8 Familienintegrative Projekte, darunter das Projekt „Familienbande“ und stationäre Familienbetreuung, vorgestellt.
Schlüsselwörter
Inobhutnahme, Säuglinge, Kleinkinder, Bindungstheorie, Kriseneinrichtungen, Kindeswohl, Kindeswohlgefährdung, familiäre Bereitschaftsbetreuung, gemeinsame Wohnformen, Familienintegrative Projekte.
- Citar trabajo
- Lou Hennicke (Autor), 2015, Die Bedeutung von Bindung für Säuglinge und Kleinkinder in Kriseneinrichtungen im Rahmen der Inobhutnahme, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/337589