Der Frage danach, was das mexikanische an Mexiko sei, möchte ich am Beispiel der Stadt Tijuana nachspüren, die – so meine Vermutung – durch ihre Nähe zum nördlichen Nachbarland USA solche Abgrenzungen deutlicher zeigt als beispielsweise die zentraler gelegene Hauptstadt. Dass von einer einzigen Stadt nur bedingt auf die ganze Nation zu schließen ist, steht außer Frage. Ich beschränke alle Aussagen dieser Arbeit daher strikt auf die Stadt Tijuana. Ziel dieser Arbeit ist es, die kulturelle Formation Tijuanas in ihrer geschichtlichen Genese zu begründen und ihr heutiges Erscheinungsbild darzustellen.
Den weiteren Verlauf dieser Arbeit werden zwei klischeehafte Vorstellungen über Tijuana bestimmen, nämlich die der ciudad del vicio und der ciudad de paso. Zur näheren Beschreibung dieser Stadtbilder werde ich einerseits die mediale Repräsentation derselben heranziehen und auf deren historischen Entstehungsbedingungen eingehen, andererseits werde ich auf Studien zur Stadt und ihren Bewohnern zurückgreifen.
Die theoretische Grundlage für diese Arbeit bietet Jan Assmans Konzept der „kulturellen Formation“. Dieses umfasst das gemeinsame Wissen und Gedächtnis, das sich über die Geschichte der Stadt entwickelt hat und zu einem Zeichensystem geführt hat, das die Eigenart Tijuanas zum Ausdruck bringt. Assmann zählt zu diesen Zeichen nicht nur die Sprache, sondern auch „Riten und Tänze, Muster und Ornamente, Trachten und Tätowierungen, Essen und Trinken, Monumente, Bilder, Landschaften, Weg- und Grenzmarken. Alles kann zum Zeichen werden, um Gemeinsamkeit zu kodieren.“
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Tijuana, ciudad del vicio
- Die Geschichte der ciudad del vicio
- Die ciudad del vicio in der medialen Darstellung
- Wie tijuanenses die ciudad del vicio sehen
- Tijuana als ciudad de paso
- Die Entwicklung Tijuanas zur ciudad de paso
- Arbeit in den maquilas
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit dem Selbst- und Fremdbild der Stadt Tijuana und ihren Bewohnern. Im Zentrum der Arbeit stehen die Klischees der „ciudad del vicio“ und der „ciudad de paso“, die Tijuana in der öffentlichen Wahrnehmung prägen. Ziel ist es, diese Klischees historisch zu beleuchten und ihre Auswirkungen auf die kulturelle Formation Tijuanas zu analysieren.
- Die Entstehung und Perpetuierung des Bildes von Tijuana als Stadt des Laster und Verbrechens (ciudad del vicio)
- Die Rolle der Medien, insbesondere des Films, in der Konstruktion und Verbreitung des Klischees
- Die Ambivalenz, mit der die Einwohner Tijuanas dem Bild ihrer Stadt gegenüberstehen
- Tijuana als „Stadt des Übergangs“ (ciudad de paso) im Kontext des Grenzübergangs von Waren und Personen
- Die Bedeutung der Maquiladora-Industrie für die Entwicklung und die soziale Struktur der Stadt
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach der mexikanischen Identität am Beispiel der Stadt Tijuana, die durch ihre Nähe zu den USA besondere Abgrenzungsmerkmale aufweist. Sie stellt fest, dass eine Nation eine sozial konstruierte Gemeinschaft ist, deren Identität durch gemeinsame geschichtliche Erfahrungen, rassistische Konzepte und die Gegenüberstellung mit einem „Anderen“ geprägt wird. Die Arbeit wird sich auf die zwei Klischees der „ciudad del vicio“ und der „ciudad de paso“ fokussieren und deren Einfluss auf die kulturelle Formation Tijuanas untersuchen.
Tijuana, ciudad del vicio
Das Kapitel beleuchtet die Geschichte Tijuanas als „Stadt des Laster“ und untersucht, wie diese Vorstellung in den USA entstand. Die mediale Darstellung Tijuanas im Film, in der Literatur und in der Musik wird analysiert, und es wird gezeigt, wie Tijuana in diesen Darstellungen als Stadt des Verbrechens und der Gewalt konstruiert wird. Schließlich werden Studien vorgestellt, die die Sichtweisen der Einwohner Tijuanas auf das Bild der „ciudad del vicio“ beleuchten.
Tijuana als ciudad de paso
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit Tijuana als „Stadt des Übergangs“ und untersucht die Entwicklung der Stadt im Kontext des freien Warenverkehrs und des illegalen Grenzübergangs von Waren und Personen. Es werden die Folgen der Maquiladora-Industrie für die Stadt und ihre Bewohner analysiert, insbesondere die Arbeitsbedingungen in den Fabriken und die Ausbeutung der Arbeitnehmer.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt die zentralen Themen der mexikanischen Identität, der kulturellen Formation, der Konstruktion von Fremd- und Selbstbildern, der Rolle der Medien in der Konstruktion von Realität, sowie den Auswirkungen von Globalisierung und Grenzübergang auf die Stadt Tijuana. Wichtige Begriffe sind dabei „ciudad del vicio“, „ciudad de paso“, „maquiladora“, „NAFTA“, „mexicanidad“, „leyenda negra“, „zonkey“ und „nortec“.
- Quote paper
- Paul Wendel (Author), 2015, Tijuana. Fremd- und Selbstbilder einer Stadt und ihrer Bewohner, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/337773