Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Potenziale von Netzwerken für die Instandhaltung
Kurzfassung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation
1.2 Problemstellung und Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen
2.1 Instandhaltung
2.2 Netzwerke
2.2.1 Charakteristika von Netzwerken
2.2.2 Vor- und Nachteile von Netzwerken
2.3 Zwischenfazit Grundlagen
3 Marktanalyse
3.1 Wettbewerbsanalyse
3.2 Marktpotenzial
3.3 Zwischenfazit Marktanalyse
4 Entwicklung eines Geschäftsmodells
4.1 Business Model Canvas
4.2 Vorstellung des Geschäftsmodells
5 Validierung des Geschäftsmodells
5.1 SWOT-Analyse
5.2 Machbarkeitsanalyse
5.2.1 Rechtliche Machbarkeit
5.2.2 Technische Machbarkeit
5.3 Zwischenfazit Validierung
6 Abschlussbetrachtung
6.1 Zusammenfassung
6.2 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Business Modell Canvas
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1-1: Aufbau der Arbeit
Abbildung 2-1: Unterteilung der Instandhaltung nach Maßnahmen
Abbildung 2-2: Merkmale von Netzwerken
Abbildung 2-3: Häufig verwendete Darstellung für Netzwerke
Abbildung 4-1: Funktionsprinzip Business Model Canvas
Abbildung 5-1: SWOT-Analyse des Geschäftsmodells
Tabellenverzeichnis
Tabelle 3.1: Leistungskategorien in der Instandhaltung und ihre Kostenanteile
Tabelle 4.1: Business Modell Canvas
Tabelle 5.1: Standards in der Cloud
Kurzfassung
Die heutige Situation ist geprägt durch den Einfluss von sozialen, technologischen und wirtschaftlichen Entwicklungen, wie z. B. dem demographischen Wandel, der Industrie 4.0 oder der Digitalisierung. Das Resultat dieser Entwicklungen für das produzierende Gewerbe ist u. a. eine Zunahme individueller Kundenwünsche, steigender Kostendruck sowie eine ausgeprägte Marktdynamik. In Kombination mit wachsenden Funktions- und Qualitätsanforderungen der Kunden an die Produkte sowie an die Lieferzeit, Lieferfähigkeit, Liefertreue und Lieferflexibilität ergeben sich für die Unternehmen neue Herausforderungen an die Verfügbarkeit, die Zuverlässigkeit, die Leistungsfähigkeit und den Leistungsumfang ihrer Maschinen und Anlagen.
Eine Antwort der Unternehmen auf die steigenden Anforderungen im Zeitalter der Digitalisierung ist die engere Zusammenarbeit in Form von Netzwerken. Dies gilt zum einen für den operativen Betrieb, wo durch die Schaffung von Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette eine ganzheitlich optimale Produktion für alle Partner realisiert werden kann, zum anderen in Bezug auf die schnellere Identifikation und Anwendung von Best-Practices und Benchmarks, mit dem Ziel voneinander zu lernen.
Bezüglich der erforderlichen Zielsetzung zur Anpassung der Produktion an die Entwicklungen des Marktes ist die Instandhaltung in ihrer konventionellen Rolle seit jeher für die Betreuung der Maschinen und Anlagen im Betrieb verantwortlich. Damit verfügt die Instandhaltung über einen unmittelbaren Einfluss auf den Unternehmenserfolg. Die Potenziale von Netzwerken in der Instandhaltung sind in diesem Kontext bisher weder vollständig bekannt noch ist die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit in dieser Hinsicht bisher ausreichend in Wirtschaft und Wissenschaft erprobt, untersucht und erschlossen worden.
Aus diesem Grund zeigt die vorliegende Arbeit anhand der Entwicklung eines konkreten Geschäftsmodells die speziellen Potenziale eines daten- und informationsbasierten Netzwerks in der Instandhaltung auf. Auf der Basis der Zusammenführung von Daten, Informationen und Wissen bei einem neutralen Serviceportal bieten sich gleichermaßen mannigfaltige operative und strategische Vorteile für Anlagenbetreiber und Anlagenhersteller.
Mit Hilfe des systematischen Ansatzes des Business Modell Canvas werden die verschiedenen Vorteile eines solchen Geschäftsmodells, die Strukturen und Rahmenbedingungen für einen wirtschaftlichen Betrieb aus der Sicht des Portalbetreibers sowie sämtliche erforderliche Schlüsselprozesse, Schlüsselpartner und Schlüsselaktivitäten erfasst. Abschließend erfolgt eine umfassende Beurteilung der Umsetzbarkeit des Geschäftsmodells.
1 Einleitung
Das erste Kapitel dient der Einführung in die Thematik. Dazu wird zunächst die Ausgangssituation vorgestellt (Kap. 1.1), bevor die Zielsetzung der Ausarbeitung präsentiert (Kap. 1.2) und die Vorgehensweise erläutert werden (Kap. 1.3).
1.1 Ausgangssituation
Egal, ob Facebook oder Twitter; an Netzwerken kommt heute niemand vorbei. Doch nicht nur Informationen werden geteilt - in mittlerweile allen Lebensbereichen werden Ressourcen gemeinsam genutzt. So wird das Auto durch Car-Sharing geteilt, Musik ist über Spotify auf der ganzen Welt abrufbar, Wohnungen werden über AirBnB fremden Menschen angeboten oder Mitarbeiter über Zeitarbeitsfirmen verschiedensten Unternehmen zugänglich gemacht.
Die Potenziale von Netzwerken sind jedoch nicht erst seit der Social-Media-Generation bekannt. Bereits Aristoteles (vgl. [Morel 2007, S.147]) resümierte in diesem Zusammenhang:
„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
In Kombination mit der Erkenntnis von Stanley Milgram (vgl. [Werner und Kainz 2014, S.76]) aus dem Jahre 1967, dass jeder Mensch jeden anderen Menschen über durchschnittlich sechs Ecken kennt, zeigt sich, dass über kurze Wege viele Akteure miteinander vernetzt werden können, um ein überproportional hohes Potenzial zur Verbreitung von Informationen zu heben. Heute bedient sich beispielsweise die Geschäftsidee des Crowdsourcing dieses Ansatzes, indem unternehmerische Aufgaben an die Masse des Internets ausgelagert werden. Die bekannteste Ausprägung des Crowdsourcing stellt das Crowdfunding (die gemeinsame Finanzierung eines Projektes) dar. Weitere gemeinsame Aktivitäten einer Crowd verkörpern die Ideenfindung, die Wissenssammlung oder die Arbeitsteilung [IHK München 2016].
Neben dem Austausch von physischen Ressourcen innerhalb eines Netzwerks offeriert die technologische Entwicklung und vor allem das Internet die Möglichkeit des Datenaustausches. Dabei ist die grundlegende wirtschaftliche Bedeutung von Informationen schon länger bekannt: Neun von Zehn Führungskräften schätzten Daten bereits im Jahr 2012 als den „vierten Produktionsfaktor“ ein [Turner 2012, S.2].
Ebenso existiert bereits eine umfassende Datengrundlage auf die sich eben dieser vierte Produktionsfaktor aufbauen lässt. 15 der 17 Industriezweige in den Vereinigten Staaten verfügen pro Unternehmen über mehr Daten als die US-amerikanische Kongressbibliothek (vgl. [Cisco 2013]). King berichtet über ein im Jahr 2011 existierendes Datenvolumen von 1,8 Trillionen Gigabyte (Gb), welches sich aus 500 Billiarden Dokumenten zusammensetzt (vgl. [King 2014, S.37]) - und das Wachstum des Datenvolumens steigt exponentiell. Russwurm führt eine Verzehnfachung digitaler Informationen in einem zeitlichen Horizont von fünf Jahren an [Russwurm 2013, S.35].
In der Industrie ist der Netzwerkgedanke vor allem von der Produktion und der Optimierung von Supply Chains getrieben. Die Instandhaltung als Dienstleister der Produktion ist bisher wenig in die Netzwerkthematik involviert. Doch als organisatorischer Bereich für die Anlagen im Betrieb sowie deren Kontrolle, Pflege und Verbesserung, liegen gerade hier hohe Potenziale in einem unternehmensübergreifenden Austausch von Daten und Informationen für eine Steigerung der Effektivität und Effizienz von Unternehmen. Kürzere Stillstandzeiten, höhere Verfügbarkeiten, bessere Ressourcennutzung, größeres Reaktionsvermögen, schnelleres Lernen, Entper-sonalisierung von Wissen, unabhängig ob mit Blick auf Analyse, Diagnose, Reparatur, konstruktiver Optimierung – die Vernetzung der Instandhaltung bietet schon auf den ersten Blick eine hohe Optimierungsvielfalt, die derzeit nicht erschlossen wird.
1.2 Problemstellung und Zielsetzung
Zukünftige Geschäftsmodelle und damit der Erfolg von Unternehmen werden von der Fähigkeit abhängen, komplexe Informationen innerhalb und außerhalb einer Organisation zu konsumieren, zu produzieren und zu steuern (vgl. [Johnson 2012, S.3 f.]). Es lässt sich dabei konstatieren, dass die Unternehmen in den Bereichen Produktion und Logistik technisch immer weiter voranschreiten. In der Produktion rückt insbesondere Condition Monitoring, also die Zustandsüberwachung von Maschinen und Anlagen, in den Fokus. Immer mehr Informationen werden auf diese Weise innerhalb der Unternehmen gesammelt.
Vor allem die Instandhaltung kann von diesem Mehr an verfügbaren Daten profitieren und die Leistung der produzierenden Unternehmen erheblich steigern. Es lässt sich ein bis dato nicht realisierter Skaleneffekt zur Optimierung von Abläufen in der Produktion und Instandhaltung erzielen. Die Grundlage dafür ist, dass Anlagenparameter hinsichtlich Leistung, Zustand und weiterer Betriebs- und Instandhaltungsdaten nicht nur in einem, sondern in einer Vielzahl von Unternehmen erfasst, analysiert und die gewonnenen Daten und Erkenntnisse untereinander ausgetauscht werden.
Ziel dieser Ausarbeitung ist es, ein Geschäftsmodell zu entwickeln, welches den Anforderungen zur Optimierung der Leistungsfähigkeit der industriellen Instandhaltung gerecht wird und den Daten- und Informationsaustausch zum Vorteil aller Beteiligter realisiert. Es geht darum, die datenbasierte Produktionsressource „Information“ als eigenen Produktionsfaktor für die Unternehmen und in der Instandhaltung zu etablieren.
1.3 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Ausarbeitung gliedert sich in sechs Kapitel, wobei das erste Kapitel die Einführung in die Thematik und die Formulierung der Zielsetzung innehat. Ebenso werden der Aufbau und die Vorgehensweise im Rahmen dieser Arbeit aufgezeigt (siehe Abbildung 1.1).
Das zweite Kapitel bietet eine kurze Einführung in die theoretischen Grundlagen dieser Ausarbeitung. Neben einem Einstieg in die Instandhaltung, werden der Netzwerkbegriff definiert, die Vor- und Nachteile von Netzwerken erläutert und verschiedene Netzwerkausprägungen vorgestellt. Anschließend liefert das dritte Kapitel über eine Marktanalyse eine Übersicht zu Netzwerken, wie es sie heute in der Instandhaltung gibt.
Basierend auf der Fokussierung von Netzwerken zum Austausch von Daten und Informationen beschäftigt sich das vierte Kapitel mit der Entwicklung eines potenziellen Geschäftsmodells für ein solches Netzwerk im Bereich der Instandhaltung. Dazu werden die erforderlichen Kernelemente systematisch identifiziert und spezifiziert.
Im fünften Kapitel werden die Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken des Geschäftsmodells analysiert. Im Anschluss wird das entwickelte Geschäftsmodell auf seine rechtliche und technische Umsetzbarkeit hin untersucht.
Die Ausarbeitung schließt mit der Abschlussbetrachtung im sechsten Kapitel ab. Es werden die Ergebnisse der Geschäftsmodellentwicklung zusammengefasst und ein Ausblick auf mögliche weitere Entwicklungen gegeben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung1-1: Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen
Das Kapitel der Grundlagen beschäftigt sich mit der Erläuterung der wichtigsten Begrifflichkeiten im Rahmen dieser Arbeit, um ein gemeinsames Verständnis der Kernbegriffe sicherzustellen. Als zentrale Motive werden dazu die wichtigsten Charakteristika der Instandhaltung (Kap. 2.1) sowie die elementaren Eigenschaften und Ausprägungen von Netzwerken erörtert (Kap. 2.2) erörtert.
2.1 Instandhaltung
Gemäß DIN 31051 Stand 2012-09 ist die Instandhaltung die „ Kombination aller technischen und administrativen Maßnahmen sowie Maßnahmen des Managements während des Lebenszyklus einer Einheit, die dem Erhalt oder der Wiederherstellung ihres funktionsfähigen Zustands dient, sodass sie die geforderte Funktion erfüllen kann “ [DIN 31051, S.4]. Die Instandhaltung einer Einheit bezieht sich dabei gleichermaßen auf rudimentärste Bauteile (z. B. eine Schraube) sowie auch auf ganzheitliche komplexe Produktionsanlagen und -systeme (z. B. eine Produktionsstraße). Zudem sei erwähnt, dass Instandhaltungstätigkeiten sowohl Hardware in Form mechanischer oder elektronischer Komponenten als auch Software sowie Kombinationen aus beidem als instandhaltungsrelevante Objekte adressieren.
Grundsätzlich unterteilt sich die Instandhaltung in die vier Maßnahmen Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Verbesserung (vgl. Abbildung 2‑1). Jede Maßnahme umfasst neben der Planung und Organisation auch die Durchführung von unterschiedlichen operativen Tätigkeiten [DIN 31051, S.5f.]. In der Praxis sind die verschiedenen Maßnahmen eng miteinander verbunden. Teilweise werden sie miteinander kombiniert, wie z. B. eine Inspektion als integrierte Tätigkeit während einer Wartungsdurchführung, teilweise stehen sie in einem Ursache-Folge-Verhältnis zueinander, wie z. B. eine Instandsetzung als Konsequenz der Ergebnisse einer Inspektion.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung2‑1: Unterteilung der Instandhaltung nach Maßnahmen
Einen Beitrag zur weiteren Detailierung der Instandhaltungstätigkeiten liefert die DIN EN 13306 Stand 2010-12 . Demnach unterliegen der Instandhaltung die Aufgaben Konformitäts-prüfung, Zustandsüberwachung, Nachweisprüfung, Funktionsprüfung, Routine Instand-haltung, Revision, Fehlerdiagnose, Fehlerortung, Wiederherstellung, Instandsetzung, Wiederherstellung für begrenzte Zeit, Verbesserung, Änderung, Grundüberholung, Vor-bereitung von Instandhaltungsaufgaben und Instandhaltungszeitplan [DIN EN 13306, S.26ff.] .
Die Darstellung der verschiedenen Arbeitsinhalte und der Verantwortung der Instandhaltung im Kontext des gesamten Lebenszyklus einer Einheit zeigen die Kritikalität und die Reichweite der Instandhaltung für den Erfolg eines Unternehmens auf: Die Instandhaltung besitzt durch ihre Tätigkeiten unmittelbaren Einfluss auf die Dimensionen Zeit, Kosten und Qualität der Produktion und der produzierten Güter. Daraus ergeben sich die primären Zielsetzungen der Instandhaltung (vgl. [Leidinger 2014, S.15]):
- Die Gewährleistung der Arbeitssicherheit bezogen auf Personal und Umwelt
- Die Sicherstellung einer anforderungsgerechten Zuverlässigkeit
- Die Sicherstellung einer anforderungsgerechten Verfügbarkeit
- Die Minimierung von Produktions- und Instandhaltungskosten
Der Aspekt der Arbeitssicherheit richtet sich zum einen nach gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Erteilung einer Betriebserlaubnis, zum anderen nach der Vernunft der Unternehmen. Ersteres adressierte die Einhaltung rechtlicher Vorschriften zum grundlegenden Schutz der betrieblichen und ökologischen Umwelt (vgl. [Matyas 2010, S.28]). Letzteres bezieht sich darauf, dass der Schutz von Anlagen und vor allem der Mitarbeiter eines Unternehmens an erster Stelle stehen und es Herstellern und Betreibern deshalb frei steht, auch über die gesetzlichen Vorgaben hinaus Maßnahmen zur Sicherung dieser zu ergreifen (vgl. [Leidinger 2014, S.15]). Insgesamt sind die Beiträge der Instandhaltung zur Arbeitssicherheit die Grundlage, um aus rechtlich-technischer Sicht überhaupt eine Unternehmung betreiben zu dürfen.
Die Anforderung der Zuverlässigkeit technischer Einheiten kann mit dem Anspruch der „Prozessstabilität“ gleichgesetzt werden. Aus dieser geht die Forderung der Vermeidung suboptimaler oder gar fehlerhafter Betriebszustände mit dem Ergebnis einer defizitären Qualität, sowohl im Prozess als auch am Produkt, hervor. Im Konsens mit der Verfügbarkeitssicherung müssen dafür Zufälle und unvorhersehbare Ereignisse durch die Instandhaltung reduziert werden. Ergänzend repräsentiert die Verfügbarkeit die theoretisch maximale Nutzbarkeit einer Einheit bezogen auf die technische Verfassung. Ausgelöst durch den unvermeidlichen Abbau des Abnutzungsvorrats fallen fortlaufend Maßnahmen zur Sicherstellung von Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit einer Einheit an. In dieser Beziehung muss die wirtschaftliche Maßhaltigkeit der Instandhaltungstätigkeiten geprüft werden. Die Wiederherstellung, Erhaltung oder Verbesserung einer Einheit muss stets einen lohnenswerten funktionalen und wirtschaftlichen Output generieren.
In diesem Zusammenhang sind die Unternehmensziele der Kostenreduzierung und Gewinnmaximierung anzusiedeln (vgl. [Matyas 2010, S.28]). Speziell im Instandhaltungsbereich liegt das Interesse auf einem unternehmensweiten gesamtwirtschaftlichen Optimum, da einer Vielzahl direkter und messbarer Kostenfaktoren eine anzahl- und oft auch betragsmäßig mindestens ebensolche Menge indirekter und nicht-quantifizierbarer Kostenfaktoren gegenübersteht. Als Beispiel direkter Kosten können Material- und Personalkosten angeführt werden. Diese sind leicht zu ermitteln und zu bewerten. Demgegenüber befinden sich die unmittelbaren Folgekosten einer nicht anforderungsgerechten Durchführung der Instandhaltung wie z. B. Pönale-Zahlungen oder die Stornierung von Aufträgen. Darüber hinaus sind Image- und Kundenverlust bei der ausfallbedingten Nicht-Einhaltung von Lieferterminen wirtschaftlich nur schätzbare Folgen, jedoch mit unbestritten großen negativen Auswirkungen. Das Ziel der Kostenminimierung ist in der Instandhaltung somit nicht in der Kostenreduzierung zu sehen, sondern vielmehr als Aufruf zur Maximierung der operativen und wirtschaftlichen Wirksamkeit der Instandhaltungsmaßnahmen zu bezeichnen.
Neben den Primärzielen existieren in der Instandhaltung weitere sekundäre Ziele wie z. B. der Schutz der ökologischen Umwelt oder unternehmensinterne Zielsetzungen wie die Erreichung einer geregelten Mitarbeiterfluktuation (vgl. [Matyas 2010, S.28]).
2.2 Netzwerke
In den folgenden Abschnitten wird zunächst der Begriff „Netzwerk“ definiert (Kap. 2.2.1), bevor die Vor- und Nachteile der Netzwerkform (Kap. 2.2.2) dargestellt werden.
2.2.1 Charakteristika von Netzwerken
Das Springer-Gabler-Wirtschaftslexikon definiert Netzwerke folgendermaßen:
„System von miteinander in über reine marktbezogene Beziehungen hinausgehend verbundenen Akteuren als Zwischenform von Markt und Hierarchie.“ [Springer Gabler 2016]
Die Interaktion von verschiedenen Akteuren in Form von Netzwerken ist somit neben der klassischen Marktsituation im Konkurrenzverhältnis der Akteure und der fest strukturierten Hierarchie die dritte wichtige Organisationsform der Ökonomik. Im Folgenden werden die Form und Struktur eines Netzwerks mit Hilfe von sechs Merkmalen eingegrenzt und unterschieden (siehe Abbildung 2.2):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung2-2: Merkmale von Netzwerken (nach [Weißenbach 2012, S.94])
Die ersten beiden Kriterien, die ein Netzwerk beschreiben, sind die Anzahl der Partner (1) bzw. Teilnehmer in einem Netzwerk und die daraus resultierende Kopplungsform (2). In der kleinstmöglichen Netzwerkausprägung mit nur zwei Teilnehmern ist eine bilaterale Kopplungsform die Konsequenz, da nur die beiden Teilnehmer direkt miteinander agieren können. Sobald die Anzahl der Teilnehmer steigt, wachsen auch die Interaktionsmöglichkeiten, es entsteht die Möglichkeit zu multilateralen Beziehungen. Analog zum Anstieg der Teilnehmeranzahl nimmt in multilateralen Netzwerken der Umfang an Handlungsmöglichkeiten zu. Diesbezüglich wächst mit der Anzahl an Teilnehmern und vielfältigeren Beziehungen auch die Komplexität (3) eines Netzwerks und der zugehörigen Beziehungen untereinander, sodass ggfs. zusätzliche Steuerungs- und Organisationsmechanismen von Nöten sind. In diesem Kontext ist zudem die räumliche Ausdehnung (4) des Netzwerks von Bedeutung: Netzwerke können lokal, regional, national oder international angesiedelt sein. Je größer die Ausdehnung eines Netzwerks, desto komplizierter gestalten sich die Kommunikation und die Koordination von Material-, Informations-, Personal- und Finanzflüssen innerhalb des Netzwerks.
In der Praxis verfügen Netzwerke mit mehr als zwei Akteuren zumeist über einen zentralen Akteur (in der Industrie oftmals als Original Equipment Manufacturer (OEM) bezeichnet), der das Verhalten der anderen Netzwerkteilnehmer koordiniert. Komplexe Netzwerke hingegen weisen viele gleichberechtigte, multilaterale Kooperationen auf, die je nach Bedarf genutzt werden.
Ebenso zur Charakterisierung dienlich ist eine Einteilung nach dem Aufbau (5) und dem Machtgefüge (6) eines Netzwerks. Ein hierarchisch-monolithisches Netzwerk wird beispielsweise maßgeblich durch einen fokalen Akteur gesteuert, ein polyzentrisches Netzwerk hingegen ist durch homogene gegenseitige Abhängigkeiten der Netzwerkteilnehmer gekennzeichnet. Die jeweiligen Beziehungen bleiben in dieser Netzwerksform nur so lange bestehen, bis das initiierende Problem gelöst ist. Ein anschauliches Beispiel für ein fokales Netzerk sind die klassischen Supply Chains in der Automobilindustrie, bei denen der Automobilhersteller maßgeblichen Einfluss auf alle vorgelagerten Prozesse und Hersteller nimmt. (vgl. [Weißenbach 2012, S.94ff.])
Zur Veranschaulichung von Netzwerken wird häufig eine Illustration aus Knoten und Kanten verwendet (siehe Abbildung 2.3). Die Knoten stehen für die beteiligten Parteien eines Netzwerks, z. B. Personen oder Unternehmen. Im Allgemeinen werden Knoten als Kreise, Rechtecke oder Dreiecke abgebildet. Die Kanten stellen die Verbindungen, d. h. die Beziehungen, zwischen den Teilnehmern eines Netzwerks dar. Kanten werden i. d. R. als einfache Linien abgebildet. (vgl. [Rank 2015, S.17])
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2‑3: Häufig verwendete Darstellung für Netzwerke (nach [Weißenbach 2012, S.92])
2.2.2 Vor- und Nachteile von Netzwerken
Im folgenden Kapitel wird ein kurzer Überblick über die Vor- und Nachteile von Netzwerken im Vergleich zu anderen Organisationsformen gegeben.
Zu den Vorteilen von Netzwerken gehören die sechs folgenden Aspekte:
1. Kostenvorteile
Auf Grund der Zusammenarbeit und dem daraus resultierenden Zuwachs an Kapazitäten können die Akteure Skaleneffekte erzielen, die alleine nicht zu realisieren gewesen wären. Ebenfalls ist eine Effizienzsteigerung durch neu hinzukommendes Wissen zu erwarten.
2. Zeitvorteile
Durch die Zusammenarbeit in einem Netzwerk lässt sich Zeit einsparen, die wiederum mittelbar auch Kostenvorteile erzeugt. Mögliche Bereiche zur Zeitersparnis sind die Forschung und Entwicklung oder die Produktion (z. B. Verkürzung Durchlaufzeit)
3. Risikovorteile
Die Risiken der Geschäftsaktivität, die Grundlage für ein Netzwerk ist, werden durch alle Partner getragen und sind somit geringer als bei einem allein agierenden Akteur.
4. Marktvorteile
Ein Netzwerk ist - gegenüber der Situation der einzelnen Akteure - in der Lage, die Wettbewerbssituation zu verbessern. Durch den Zuwachs an Ressourcen ist es möglich Markteintrittsbarrieren zu überwinden und eine Marktmacht gegenüber den Konkurrenten zu bilden, um die eigene Position abzusichern und auszubauen.
5. Wissensvorteile
Die Zusammenarbeit in einem Netzwerk bringt Verbundeffekte mit sich, die Akteure lernen voneinander und generieren bei der Zusammenarbeit neues Wissen für alle beteiligten Parteien.
6. Ressourcenvorteile
Durch Zusammenschlüsse von Akteuren können Defizite des Einzelnen bei verschiedenen Ressourcen, wie bspw. Finanzen, Personal, Technik oder Know‑How behoben werden.
Als nachteilig gegenüber anderen Organisationsformen werden folgende Faktoren von Netzwerken angesehen:
1. Kostennachteile
Durch den Zusammenschluss entstehen explizite Kosten zur Abstimmung der beteiligten Partner, die sich im Laufe der Zusammenarbeit amortisieren müssen.
2. Abhängigkeitsnachteile
Der Zusammenschluss in einem Netzwerk beinhaltet stets die Gefahr, dass einer der Partner stärker in die Abhängigkeit der anderen Partner gerät und im Extremfall seine Eigenständigkeit komplett verliert.
3. Schnittstellenachteile
Eine unternehmensübergreifende Zusammenarbeit macht Schnittstellen zum Informationstransfer nötig, die zu unvollständigen oder falschen Informationen oder Fehlinterpretationen und somit zu Ineffizienzen oder gar ablauforientierten oder technischen Störungen bei der Kooperation führen können.
4. Potenzialnachteile
Der Fokus auf das Netzwerk kann auch bei einzelnen Akteuren dazu führen, dass die eigenen Entwicklungspotenziale vernachlässigt werden.
5. Ergebnisnachteile
Da zu Beginn selten sämtliche Informationen über sämtliche Netzwerkpartner bekannt sind, ist ein Erfolg des Netzwerkes nicht garantiert. Somit kann es dazu kommen, dass ein Netzwerk schlechtere Erträge liefert, als ein Unternehmen, das allein agiert. (vgl. [Kontos 2004, S.18ff.])
2.3 Zwischenfazit Grundlagen
Die Instandhaltung ist gekennzeichnet durch ein breites Spektrum an Arbeitsinhalten, die sich allesamt auf die Aufrechterhaltung der Funktionalität der Maschinen und Anlagen eines Unternehmens unter bedarfsgerechten und wirtschaftlichen Gesichtspunkten fokussieren. Aus dieser Verantwortlichkeit für die Maschinen und Anlagen im Betrieb und der eigenen Zielsetzung geht hervor, dass die Instandhaltung einen unmittelbaren Einfluss auf die Produktivität und die Effizienz der Produktion eines Unternehmens besitzt. Somit ist die Instandhaltung ein entscheidender Faktor für den Erfolg eines Unternehmens.
Netzwerke verfolgen das Ziel der Zusammenarbeit von verschiedenen Unternehmen, um Potenziale zu heben, die die beteiligten Akteure alleinstehend nicht zu realisieren im Stande sind. Dabei existieren verschiedenste Strukturen von Netzwerken sowie eine Vielzahl an Vor- und Nachteilen, die es bei der Bildung eines Netzwerkes im Auge zu behalten gilt.
Im nächsten Schritt dieser Arbeit gilt es daher, die Marktsituation zu erfassen, um die Potenziale und den möglichen Nutzen des zu entwickelnden Geschäftsmodells zu identifizieren und zu maximieren. Daher ist es das Ziel, diejenige Art von Netzwerk zu identifizieren, die für die Instandhaltung im gegebenen Kontext den höchsten Innovationsgrad darstellt.
3 Marktanalyse
Bevor die Geschäftsidee eines digitalen Instandhaltungsnetzwerks in ein konkretes Modell umgesetzt wird, erfolgt zunächst eine Marktanalyse. Zunächst wird zu diesem Zweck die Wettbewerbssituation betrachtet (Kap. 3.1). Im Anschluss daran wird die wirtschaftliche Reichweite des möglichen Kundenkreises bestimmt (Kap. 3.2).
3.1 Wettbewerbsanalyse
Die Wettbewerbsanalyse stützt sich auf eine Recherche im Internet, da dieses als vorrangiges Kommunikationsmedium für die Geschäftsidee vorgesehen ist. Somit muss sich das zu entwickelnde Modell vornehmlich hier gegenüber potenziellen Mitbewerbern durchsetzen. Die Erkenntnis der Recherche ist, dass Angebote im Bereich von Netzwerken der Instandhaltung schwer zu finden sind und diese nur partiell und in Ansätzen den Funktionsumfang aufweisen, wie das angestrebte Geschäftsmodell.
Die Ergebnisse der Internetsuche lassen sich in folgende vier Kategorien unterteilen:
1. Leicht zu findende Beratungs- und Service-Angebote für Vertragswerkstätten von Automobilherstellern. [1]
Bei diesen Plattformen handelt sich um Angebote von großen Automobilherstellern an die angeschlossenen Vertragswerkstätten. Auf den Plattformen werden bspw. Schaltpläne, Best-Practice-Anleitungen, Schulungsunterlagen und diverse weitere Informationen bereitgestellt. Die Informationsbereitstellung erfolgt nur einseitig von Konzernseite aus. Es gibt kein Forum zur direkten Kommunikation untereinander. Diese Angebote sind somit weit von einer interaktiven Netzwerkstruktur entfernt.
2. Herstellergebundene Service-Plattformen
Einige Unternehmen, wie bspw. dem Technologieunternehmen SKF (u. a. Lager für Industriegetriebe) oder der Werkzeughersteller Festool bieten ihren Kunden eine Kommunikations- und Informationsplattform. Festool [2] geht dabei ähnlich vor wie die Automobilhersteller und lässt von Kundenseite nur wenig Interaktion zu (Anwendungsberatung, Online-Reparaturaufträge), sodass dieses Angebot ebenfalls nur einen isolierten Ansatz verfolgt und dementsprechend wenig mit dem angestrebten Geschäftsmodell gemein hat.
Der als „Maintenance-Network“ bezeichnete Ansatz von SKF[3] geht über die bereits beschriebenen Angebote hinaus und verfolgt die Zielsetzung die Erfahrungen von Kunden für das eigene Unternehmen zu nutzen sowie weiteren Kunden zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren wird angestrebt Kontakt zwischen den Kunden untereinander herzustellen, damit diese sich gegenseitig bei der Lösung von Problemen unterstützen können. Besonders aktive Teilnehmer in diesem Instandhaltungsnetzwerk werden mit Bonusprogrammen und Auszeichnungen belohnt. Das „Maintenance-Network“ von SKF weist somit partielle Überschneidungen zu dem anvisierten Geschäftsmodell auf, ist jedoch auf die Produkte von SKF beschränkt und bietet auch keine expliziten Datenanalysen an.
3. Angebote für kleine und mittlere Unternehmen, regional fokussierte Ausrichtung
Die Energieeffizienz-Agentur NRW (efa+), hat das Bestreben im Auftrag des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums einen „Erfahrungs- und Wissenstransfer“ zwischen regional ansässigen Unternehmen zu fördern. [efa+, 2016] Dieser Ansatz zielt auf den direkten Erfahrungsaustausch der Teilnehmer auf persönlicher Ebene während organisierter Treffen ab, anstatt auf einen digitalen Austausch. Diesen Schritt zur Analyse der jeweiligen Unternehmensdaten und Problemstellungen hat das Märkische Netzwerk der Instandhaltung [4], eine Entwicklung aus der Initiative der Energieeffizienz-Agentur NRW, bewältigt. Den Teilnehmern wird ein Instandhaltungs-Check angeboten, der Kennzahlen der Instandhaltung online analysiert und bewertet und somit Stärken, Schwächen und Qualifizierungsbedarfe des jeweiligen Unternehmens herausarbeitet. Das Angebot der Datenanalyse ist jedoch unternehmensspezifisch, erfolgt als klassische Beratung und greift nur mittelbar auf ein Benchmark der verfügbaren Daten zurück, sodass nicht von einem Netzwerk hinsichtlich der Nutzung der Daten gesprochen werden kann.
4. Dienstleister bieten qualifiziertes Personal und Knowhow
Das Marktwachstum für Industrieservices lag in 2014 bei 4,7 Prozent [Lünendonk GmbH 2014]. Immer mehr Unternehmen setzen somit auf mögliche Kosten- und Knowhow-Vorteile durch die Fremdvergabe von Instandhaltungsaufgaben. Die Dienstleistungen erstrecken sich von einem reinen Reparaturservice über einer Beratung zum Aufbau Instandhaltungsorganisation und Gestaltung der Prozesse bis hin zur Instandhaltungsstrategieplanung – jeweils optional an eine Umsetzung mit Hilfe des Dienstleisters gekoppelt. Basis des Industrieservices ist die Bündelung von Mitarbeitern und Erfahrungswerten mit entsprechendem Expertenwissen. Wird auch eine regelmäßige Anlagenüberprüfung und -verbesserung angeboten, ist diese kundenspezifisch und zielt nicht auf die Generierung von Informationen aus Netzwerkstrukturen ab. In Bezug auf den Geschäftsmodell-Gedanken einer Netzwerkstruktur mit multilateralen Beziehungen und Kooperationen ist bei der Fremdvergabe von Dienstleistungen nicht von einem Netzwerk zu sprechen. Hierbei handelt es sich ausschließlich um bilaterale Beziehungen mit einem vorab definierten Leistungsspektrum.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass auf dem Markt keine mit dem angestrebten datenbasierten Austausch in Netzwerken zur Instandhaltung vergleichbare Geschäftsidee oder Umsetzung existiert. Die Angebote konzentrieren sich hauptsächlich auf Beratungsangebote, den persönlichen Austausch von Informationen und konventionelle Geschäftsbeziehungen durch die Vergabe bzw. Übernahme klassischer industrieller Dienstleistungen. Das zu entwickelnde Geschäftsmodell verfügt dementsprechend über einen hohen Innovationsgehalt. Somit wird dem Modell eine Monopolstellung zuteil, die es ermöglicht, im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten der Kunden, die Geschäftsidee wirtschaftlich nachhaltig umzusetzen.
3.2 Marktpotenzial
Die Anzahl potenzieller Kunden, die für das Geschäftsmodell gewonnen werden kann, lässt sich einerseits von der Anzahl an Industrieunternehmen und andererseits von dem kundenseitigen Kosteneinsparungspotenzial ableiten.
Das Statistische Bundesamt hat für das Jahr 2014 Daten von 45.253 Unternehmen des produzierenden Gewerbes erhoben. Diese generierten einen Jahresgesamtumsatz von rund 1.760 Milliarden Euro. [Destatis 2016] Mithilfe des Durchschnittssatzes laut Mann et al, nach dem die Instandhaltung sechs bis zehn Prozent des Umsatzes eines Industrieunternehmens ausmacht, lässt sich der Instandhaltungsaufwand in Deutschland monetär auf circa 141 Milliarden Euro beziffern. [Mann et al. 1993, S.267] Durch die unternehmensübergreifende Zusammenführung, Auswertung und Nutzung von Daten in einem digitalen Netzwerk können sowohl die direkten als auch die indirekten Instandhaltungskosten reduziert werden. Die Einsparungspotenziale resultieren dabei vor allem aus der Befähigung einer präventiven Instandhaltung gegenüber einer reaktiven Instandhaltung und gliedern sich in fünf Leistungskategorien, die mit unterschiedlich hohen Anteilen zu den konventionellen Instandhaltungskosten beitragen. Diese sind nachstehend in Tabelle 3.1 zusammengefasst. (vgl. [Becker und Brinkmann 2000, S.24])
Tabelle3.1: Leistungskategorien in der Instandhaltung und ihre Kostenanteile
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das US-Department for Energy identifizierte allein für die Umstellung von einer reaktiven auf eine präventive Instandhaltungsstrategie Kosteneinsparungspotenziale im Bereich von acht bis zwölf Prozent. Einen hohen Anteil daran weist die Reduzierung der Anzahl an Stillständen um 70 bis 75 Prozent und die Senkung der damit verbundenen Stillstandzeit um 35 bis 45 Prozent auf. [Sullivan et al. 2010, S.52]
Zurückzuführen sind diese Potenziale auf die Befähigung einer zustands- und kontextorientierten Instandhaltung durch die bessere Kenntnis zu technischen Eigenschaften und eine breitere Erfahrungsbasis durch den Daten- und Informationsaustausch im Netzwerk. Die Steigerung des Umfangs verfügbarer Informationen zu den Zuständen von technischen Einheiten und deren Bedeutung optimiert die Nutzung der Vorlaufzeit vor einem Störungseintritt. Personal-, Werkzeug- und Materialbedarfe sind effektiver und effizienter planbar, da die Instandhaltungsbedarfe frühzeitig bekannt sind.
Der Kostenfaktor Reparatur lässt sich dadurch erheblich minimieren, da der Austausch von Teilen in Bezug auf den Zeitpunkt und die Art des Teils auf Basis einer höheren Informationsverfügbarkeit genauer geplant und damit in weniger kostenintensive Wartungsprozesse überführt werden kann. Der Bereich der Kosten für Inspektion und Wartung wird dahingehend zwar steigen, jedoch in geringerem Umfang gegenüber der Kostenreduzierung im Bereich der Reparatur. Die Tätigkeiten der Arbeitsvorbereitung und Aufarbeitung weisen ein in der absoluten Betrachtung ein geringeres Einsparungspotenzial auf, da sich ihr Aufwand zwar mit Hilfe einer höheren Daten- und Informationsverfügbarkeit automatisiert – jedoch zugleich auch intensiviert. Die Bereitschaft im Sinne der Vorhaltung von Einsatzgruppen für Notfallmaßnahmen kann mit Ausnahme besonders kritischer Maschinen eliminiert werden. Daraus ergibt sich ein Einsparpotenzial durch vorausschauende Instandhaltung von 36,7 Milliarden Euro für den gesamten deutschen Markt.
Bedeutend sind ebenfalls die indirekten Kosten, z. B. die Folgekosten eines Maschinenausfalls, die mittels vorausschauender Planung nahezu eliminiert werden können. Diese sind jedoch branchenabhängig und werden durch viele weitere Faktoren wie bspw. das Reaktionsvermögen eines Unternehmens beeinflusst. Daher addieren sich weitere Einsparungen zu dem ermittelten Volumen von 36,7 Milliarden Euro hinzu, das konkrete Potenzial für die Reduktion der indirekten Kosten ist jedoch an dieser Stelle monetär nicht abschätzbar.
Insgesamt besteht ein sehr großes Marktpotenzial für das Geschäftsmodell, sowohl bezüglich der Anzahl potenzieller Kunden als auch aufgrund des Mehrwertes, der durch die Nutzung des Geschäftsmodells für die Unternehmen entsteht.
3.3 Zwischenfazit Marktanalyse
Die Wettbewerbsanalyse verdeutlicht: es existieren einige Ansätze zu Netzwerken in der Instandhaltung, diese sind jedoch unternehmensgetrieben und isoliert voneinander. Zudem erfolgen die Kommunikation und die Interaktion der Beteiligten in unstrukturierter und unregelmäßiger Form und weisen somit eine geringe Schärfe gegenüber einer gemeinsamen Zielorientierung auf. Die Folge ist, dass von einem Unternehmen bereitgestellte Daten- und Informationen von anderen Unternehmen nur schwerlich nutzbar sind. Eine unternehmensübergreifende Lösung zum Daten- und Informationsaustausch in einem digitalen Netzwerk ist bisher nicht am Markt verfügbar.
Das wirtschaftliche Potenzial eines Netzwerkes zum Daten- und Informationsaustausch in der Instandhaltung ergibt sich aus der Verfolgung eines Wandels von der reaktiven zu einer präventiven Instandhaltung. Auf Basis einer vorausschauenden Planung von Instandhaltungsmaßnahmen, welche dadurch ermöglicht wird, dass Unternehmen mehr Daten und Information als Planungsgrundlage zur Verfügung stehen haben, können die hohen Kosten für Reparaturen in geringere Kosten für Inspektions- und Wartungsvorgänge transformiert werden. Ebenso reduzieren sich die Kosten der Einsatzbereitschaft, da die Anzahl unvorhergesehener Ereignisse durch einen gemeinsamen Erfahrungsaustausch verringert werden kann. Neben diesen unmittelbar, bereits in anderen Studien quantifizierten Potenzialen zu Kosteneinsparungen steigert die Transformation einer reaktiven zu einer präventiven Instandhaltung die Zuverlässigkeit der Produktionsplanung von Unternehmen und damit deren Produktivität.
Das Geschäftsmodell zu datenbasierten Netzwerken im Zeitalter der Digitalisierung weist damit das wirtschaftliche Potenzial auf, sich zu einem Unterfangen im Milliarden-Euro-Bereich zu entwickeln.
4 Entwicklung eines Geschäftsmodells
Das vierte Kapitel bildet den Kern der Geschäftsmodellentwicklung. Basierend auf der Anwendung des Business Model Canvas (Kap. 4.1) wird die Geschäftsidee eines Netzwerks zur unternehmensübergreifenden Instandhaltungs-Vernetzung konkretisiert (Kap. 4.2).
4.1 Business Model Canvas
Das Business Model Canvas bietet eine einfache Möglichkeit zur Beschreibung, Visualisierung und qualitativen Bewertung von Geschäftsmodellen. Im Zentrum der Betrachtung stehen dabei die Identifizierung aller am Geschäft beteiligten Parteien, die kundenseitige Nutzenstiftung, die Sicherstellung des Wettbewerbsvorteils und der Weg der Erlösgenerierung. Dadurch ist das Modell sowohl für die erste Skizze eines neuen Geschäftsmodells geeignet als auch für die Aufnahme, Analyse und Bewertung von Veränderungen bestehender Geschäftsmodelle.
Inhaltlich gliedert sich das Business Model Canvas in neun semantische Bausteine, die dem Anwender die für ein Geschäftsmodell erfolgskritischen Aspekte aufzeigen. Die Erarbeitung der Inhalte der neun Bausteine führt zu einer strukturierten Entwicklung des Geschäftsmodells (siehe Abbildung 4.1). Eine Erläuterung zur Motivation der einzelnen Bausteine und zu den jeweils zentralen Fragestellungen ist dem Anhang zu entnehmen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung4-1: Funktionsprinzip Business Model Canvas
4.2 Vorstellung des Geschäftsmodells
Das Geschäftsmodell besteht im Kern aus einem Online-Serviceportal, in dem registrierte Kunden anonymisiert miteinander kommunizieren und Erfahrungen teilen können. Grundlage dafür sind neben der Teilung technischen Know-Hows der Kunden die Zustandsdaten der Anlagen, die von dem Portalbetreiber zusammengeführt, aggregiert, analysiert, ausgewertet und dem Kunden im Anschluss in anwendungsgerechter Form zur Verfügung gestellt werden.
Nachstehend ist eine tabellarische Übersicht der Inhalte und Erkenntnisse der einzelnen Bausteine des Geschäftsmodells eines datenbasierten Netzwerkes in der Instandhaltung gegeben (siehe Tabelle 4.1).
Tabelle 4.1: Business Modell Canvas
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
[1] https://erwin.volkswagen.de/erwin/showHome.do http://www.toyota-tech.eu/legalnotice.aspx
[2] https://www.festool.de/Service/Pages/Service.aspx
[3] http://www.skf.com/de/news-and-media/in-focus/2013-02-21-skf-maintenance-network.html
[4] http://www.ifinkor.de/de/netzwerk-ih