Einfluss der ästhetischen Bildung auf die Identitätsbildung von Mädchen, Jungen und Queers


Hausarbeit, 2014

11 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Definition der ästhetischen Bildung

2. Ästhetischen Bildung und das Subjekt
2.1 Einfluss der ästhetischen Bildung auf die Identitätsbildung
2.2 Ästhetischen Bildung als Element der Sozialen Arbeit

3. Schlussfolgerung

Einleitung

„Schönheit liegt im Auge des Betrachters“ besagt ein deutsches Sprichwort, welches auf den schottischen Philosophen David Hume zurückgeht. Im Kontext der ästhetischen Bildung gewinnt dieser Ausspruch an besonderer Bedeutung, da für die ästhetische Praxis innerhalb der Sozialen Arbeit die kritische Reflexion der eigenen ästhetischen Bildung die Grundlage jeglicher ästhetischer Arbeit darstellt. Dass die ästhetische Bildung einen grundlegenden Bestandteil der frühkindlichen Entwicklung ausmacht, zeigt bereits die ausnahmslose Verankerung dieser Thematik innerhalb der Bildungsempfehlungen bzw. Bildungs-, und Orientierungsplänen der Bundesländer. Obgleich diese Implementierung der ästhetischen Bildung sehr unterschiedlich in den Bildungsplänen dargestellt ist, ist sie doch aufgrund ihrer Bedeutsamkeit in jedem vorzufinden.

Was bedeutet ästhetische Bildung? Wie laufen ästhetische Prozesse ab? Welche Auswirkungen lassen sich durch ästhetische Erfahrungen feststellen? Welche Ziele hat die ästhetische Bildung in der Sozialen Arbeit? Diese zentralen Fragen werden innerhalb dieser Ausarbeitung diskutiert, um auf die Forschungsfrage: Welche Bedeutung hat die ästhetische Bildung für die Identitätsbildung von Jungen, Mädchen und Queers? begründet zu antworten. Dabei ist es wichtig eingangs zu erwähnen, dass die ästhetische Bildung generell durch Zweckfreiheit und Autonomie gekennzeichnet ist, zumal der Genuss und die Lust im Vordergrund der ästhetischen Wahrnehmung stehen. Nichtsdestotrotz lassen sich Bildungsmöglichkeiten für die Identitätsbildung festhalten, welche die Unerlässlichkeit der ästhetischen Praxis für die Soziale Arbeit betonen.

Im Rahmen dieser Ausarbeitung wird literaturgestützt erörtert, welche Relevanz die ästhetische Bildung für die Identitätsbildung hat. Es wird weitergehend geklärt, welchen Einfluss ästhetische Prozesse auf Individuen nehmen und in welcher Weise sich diese Prozesse vollziehen. Zu diesem Zweck werden einleitend Definition der ästhetischen Bildung erläutert und weiterführend ästhetische Prozesse genauer betrachtet. Auf diese Weise wird in die Thematik eingeleitet und grundlegende Begrifflichkeiten zu Beginn geklärt. Im Folgenden wird die Subjektorientierung der ästhetischen Bildung in den Fokus genommen und ihre Notwendigkeit für die ästhetische Bildung begründet. Das zweite Kapitel schließt mit der aus den Bildungsprozessen resultierenden Selbstwirksamkeit des Individuums ab und lässt erste Einflüsse auf die Identitätsbildung erahnen. Konkreter werden diese ästhetischen Prozesse in den Unterpunkten des zweiten Kapitels dargestellt, indem dann speziell auf die Einflussmöglichkeiten der ästhetischen Bildung auf die Identitätsbildung eingegangen wird.

Abschließend wird die ästhetische Bildung als Element der Sozialen Arbeit vorgestellt und der daraus resultierende Aufgabenbereich für ErzieherInnen erläutert. In der Schlussfolgerung werden die zentralen Thesen dieser Ausarbeitung erneut aufgegriffen und bewertet. Für diese Hausarbeit wurde insbesondere der Bereich der politisch-partizipatorischen Kompetenzen ausgewählt, da sowohl die Subjektorientierung als auch die Ich-Stärkung für die Soziale Arbeit und die ästhetische Bildung von elementarer Bedeutung sind. Weiterführende Fragestellungen könnten sich dem Bereich der sozialen und kommunikativen Ziele sowie den kunstbezogenen oder rein kognitiven Kompetenzen, die durch ästhetische Bildung ausgebaut werden, annehmen.

1. Definition der ästhetischen Bildung

Der Begriff Ästhetik geht zurück auf den Begriff Aisthesis, der aus dem griechischen stammt in der deutschen Übersetzung so viel wie Wahrnehmung oder sinnliche Wahrnehmung bedeutet. Ästhetisch heißt somit auch sinnhaft oder mit allen Sinnen.1 Der Begriff ästhetisch bezieht sich dabei nicht direkt auf künstlerische Phänomene, sondern verweist in seiner weiten Bedeutung auf das Sinnhafte und das Schöne. „Grundlegende Kategorien der Ästhetik sind das Schöne und das Hässliche, das Erhabene und die Negation, das Versprechen einer Alternative durch das Aufzeigen von andersartigen Möglichkeiten“.2 Ästhetische Bildung kann gleichwohl als Lehre des Schönen bzw. Sinnhaften umschrieben werden und meint eine spezifische Art der Auseinandersetzung zwischen dem Subjekt und der Welt. Innerhalb dieser Auseinandersetzung entsteht ein besonderer Moment der Wahrnehmung und Aufmerksamkeit für sich selbst und seine Umwelt. Dieser besondere Moment wird als ästhetische Erfahrung innerhalb eines ästhetischen Prozesses beschrieben und bildet ein wichtiges Element der frühkindlichen Entwicklung.3 Jedem ästhetischen Prozess liegt zunächst eine ästhetische Empfindung zugrunde, die ganz unterschiedliche Ausprägungen haben kann, beispielsweise dem Spiel mit einem bestimmten Element (z.B. Wasser), das Ertasten von bisher unbekannten Materialien oder das aufmerksame Zuhören einer bestimmten Melodie. Infolge dieser Empfindung wird die gesamte Wahrnehmung des Menschen auf diesen Zustand gelenkt und eine erhöhte Selbstaufmerksamkeit entsteht. Dieser Vorgang unterscheidet die ästhetische Wahrnehmung von alltäglichen Wahrnehmungen. Diese Wirkung kann in dem Menschen das Bedürfnis wecken, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, was ein Wechselspiel zwischen Eindruck und Ausdruck zur Folge hat.

Lustvolles Jauchzen oder Kreischen des Jungen, Mädchen oder Queer kann an dieser Stelle als ein solcher Ausdruckscharakter beispielhaft genannt werden.4 Dabei kann ein berauschendes Naturereignis ebenso eindrucksvoll wahrgenommen werden, wie ein beeindruckendes Gemälde oder Musik, die ein Mädchen, Jungen oder Queer in besonderem Maße ergreift. Ebenso können ästhetische Erfahrungen jedoch auch in der Faszination des Bösen oder Bedrohlichen stattfinden.5

Ästhetische Prozesse finden sowohl in subjektinternen Abläufen als auch in subjektexternen Abläufen statt. Dabei stellen die subjektexternen Abläufe die beobachtbaren Handlungen der Personen dar, beispielsweise das Malen, Musizieren oder Schauspielern, während zu den subjektinternen Abläufe beispielsweise die Wahrnehmung, mit allen dazugehörigen emotionalen und kognitiven Faktoren gehört.6 Dies alles sind Beispiele für ästhetische Wahrnehmungen, die sich sprachlich nur schwer beschreiben lassen, daher Erwachsenen oftmals gar nicht bewusst sind und im pädagogischen Kontext aufgrund dessen vernachlässigt werden.7 Auftreten können diese beschriebenen Erfahrungen sowohl im Alltag von Kindern, als auch in konkreten Angeboten, beispielsweise im Zusammenhang mit den Künsten. Ästhetische Bildung kann daher gleichwohl als Alltagsphänomen beschrieben werden.

2. Ästhetischen Bildung und das Subjekt

Ganz bewusst wird in der Literatur der Begriff ästhetische Bildung anstelle von ästhetischer Erziehung verwendet, um darauf hinzuweisen, dass eine Subjektorientierung angestrebt wird. Auch die AutorInnen Mona-Sabine Meis und Georg-Achim Mies verweisen bewusst auf diese Begrifflichkeit, da sie die Selbstbildungsaspekte klar heraus stellen möchten und Mädchen, Jungen und Queers als selbstständige Individuen ihrer eigenen Bildungsbiografie ernst nehmen wollen.8 Der „erzieherische Effekt“9, wie sie es nennen, soll sich eher beiläufig und als willkommenes Zusatzprodukt einstellen. Daraus ergibt sich, dass zu einem ästhetischen Bildungsverständnis die Subjektorientierung ebenso wie die Situations-, und Phänomenen Bezogenheit dazugehört. Ästhetische Bildung ist daher mehr als ein Schulfach oder ein Angebot im Kindergarten, sie stellt einen grundlegenden Bestandteil der Bildung dar. Elementare Denkstrukturen werden verknüpft, sie dient der Ordnung der Welt und Sortierung von Erfahrungen.

Das Wissen verbindet sich mit dem Verstehen und führt somit zu einem selbstständigen Denken.10 Das selbstständige Tun und die selbstbestimmte Auseinandersetzung mit der Welt schafft ein Gegengewicht zur Funktionalisierung von Handeln für andere Zwecke.11 Eine „Freisetzung von allen anderen Formen der Teilnahme an den Dingen der Welt“, sprich ein „Moment der Freiheit“ von allen Zwängen, welche das Kind umgeben entsteht.12 „Innere Zwänge, die im Gegenteil zu äußeren aus der Selbstbestimmung der Person gesetzt werden, können […] umgesetzt werden“.13 Dadurch erlebt das Subjekt in dem ästhetischen Erlebnis ein hohes Maß an Selbstbestimmtheit, die sich durch die Wiederholung in der Persönlichkeit des Kindes manifestiert. Bildung zielt immer auf den ganzen Menschen ab und spricht sowohl die motorischen, affektiven wie auch kognitiven Kompetenzen an. In diesem Sinne folgt ebenso die ästhetische Bildung dem Anspruch der Ganzheitlichkeit.14

Nachdem nun der Prozess der ästhetischen Bildung veranschaulicht, grundlegende Begrifflichkeiten geklärt und die Subjektorientierung verdeutlicht wurden, sollen im folgenden Abschnitt die drei Formen von Bildung differenziert betrachtet werden, um das Wechselspiel zwischen Vernunft und Sinnlichkeit zu erschließen und damit auf einen elementaren Bestandteil der kindlichen Identitätsbildung einzugehen. Im weiteren Verlauf des Kapitels wird daher auf die Auswirkungen dieses Wechselspiels und dessen Beitrag zur Identitätsbildung eingegangen und in Zuge dessen kurz der soziologische Ansatz der Identitätsbildung nach Georg Herbert Mead erläutert.

2.1 Einfluss der ästhetischen Bildung auf die Identitätsbildung

Um den Charakter der ästhetischen Bildung näher zu beschreiben, ist es notwendig die Bildungsziele deutlich zu artikulieren und zu veranschaulichen. Systematisch werden hier drei Formen von Bildung unterschieden, die theoretische, moralisch-praktische und ästhetische Bildung. Die theoretische Bildung fokussiert dabei die kognitiven Kompetenzen, die durch das Beurteilen und Erkennen von Gegenständen, Formen und Zusammenhängen sichtbar werden. Die Auseinandersetzung mit Normen und Werten des Zusammenlebens erlernen Kinder hingegen durch die moralisch-praktische Bildung. Die sinnliche Zuwendung zur Welt schließlich wird in der ästhetischen Bildung zu einem zentralen Element.15 Die Sinnlichkeit und Vernunft stehen sich in diesen Bildungsprozessen gegenüber und ein gegenseitiger Austauschprozess findet statt.

[...]


1 Vgl. Meis/Mies 2012, S.20.

2 Meis/Mies 2012, S.20.

3 Vgl. Borg 2012, S.4.

4 Vgl. Borg 2012, S.6.

5 Vgl. Meis/Mies 2012, S.27.

6 Vgl. ebd. 2012, S.21.

7 Vgl. Borg 2012, S.4.

8 vgl. Meis/Mies 2012, S.23.

9 Ebd. 2012, S.23

10 Vgl. Lieber 2004, S.78.

11 Vgl. Sturzenhecker 2005, S.23.

12 Vgl. ebd. 2005, S. 23.

13 Ebd. 2005, S. 23.

14 Vgl. ebd. 2005, S. 24.

15 Vgl. Dietrich 2006, S. 44.

Ende der Leseprobe aus 11 Seiten

Details

Titel
Einfluss der ästhetischen Bildung auf die Identitätsbildung von Mädchen, Jungen und Queers
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
11
Katalognummer
V338271
ISBN (eBook)
9783668277489
ISBN (Buch)
9783668277496
Dateigröße
711 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ästhetische Bildung, Sozialpädagogik, Kompetenzbildung, Kompetenzen, Identitätsbildung, Einfluss ästhetischer Bildung
Arbeit zitieren
Nicoline Rohweder (Autor:in), 2014, Einfluss der ästhetischen Bildung auf die Identitätsbildung von Mädchen, Jungen und Queers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/338271

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