Diese Arbeit setzt sich zum Ziel eine Analyse dessen zu vollziehen, wie die Psychoanalyse die Entstehung moralischer Vorstellungen zürückverfolgt. Im ersten Teil wird ein Abriss Freudscher Kulturtheorie sowie einer dazu passenden Lacanschen Kritik dargelegt, um darauf aufbauend, eine Brücke zur metaethischen Bedeutung des psychoanalytischen Ansatzes zu schlagen.
Die Aktualisierung der Frage nach der Moral beziehungsweise nach den Prinzipien, die einem guten Leben zugrunde liegen, sowie nach einer angemessenen Beweisführung dafür, was die moralischen Werte angeht, fallen mit der Auslösung der Säkularisierung zusammen. Während die Befreiung des Individuums von der kirchlichen Autorität eine neue Freiheit mit sich brachte, ist die Tatsache nicht zu übersehen, dass man in ein anderes Extrem gefallen ist, indem der Vernunft das volle Vertrauen geschenkt wurde. Damit in Verbindung steht der Versuch, der Moral auch einen rationalen Boden aufzubauen, welcher ihre Allgemeingültigkeit sichert. Das Scheitern dieses Versuchs hängt vor allem damit zusammen, dass man die Subjektivität von der Ratio aus verstanden, und den Agenten einer Tat mit seinem rationalen Wesen identifiziert hat. Die Psychoanalyse hat das Gegenteil erwiesen und trägt in diesem Zusammenhang den Verdienst, den Mythos der menschlichen Vernünftigkeit zerbrochen zu haben.
Jeder Paradigmenwechsel bringt die Revision der gebräuchlichen Moral mit sich. Somit ist die Überwindung der modernen Vorstellung eines kartesischen Subjekts mit einer Reihe (meta)moralkritischen Überlegungen verbunden. Während die Aufklärung die moralischen Prinzipien mithilfe der Vernunft ableiten wollte, um auf apriorische, naturgesetzmäßige Regeln kommen zu können, sprengt die Postmoderne diese Vorstellung in die Luft, indem öfters behauptet wird, dass die Verhaltensregeln, das Schuldbewusstsein, das Gewissen usw. – alle Begriffe, die der Moral eigen sind – soziologisch, kulturell oder psychisch bedingte Konstrukte darstellen, welche die Notwendigkeit der Moralvorstellungen nur scheinbar ergründen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Freuds „Genealogie der Moral”
- Die individuelle Psyche
- Selbsterkenntnis als Illusion. Lacans Spiegelstadium
- Anthropologie und Psychoanalyse
- Psychoanalyse und (Im)Moralis mus
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert, wie die Psychoanalyse die Entstehung moralischer Vorstellungen zurückverfolgt. Sie untersucht Freuds Kulturtheorie und die dazugehörige Kritik von Lacan, um daraus eine Brücke zur metaethischen Bedeutung des psychoanalytischen Ansatzes zu schlagen.
- Die Bedeutung der Psychoanalyse für die Moral
- Die Rolle unbewusster Triebe in der menschlichen Handlungsmotivation
- Die Kritik an der Vorstellung eines rationalen Subjekts
- Die Verbindung zwischen individueller Psychologie und gesellschaftlicher Moral
- Die Entwicklung des Über-Ichs und seiner moralischen Funktion
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Arbeit befasst sich mit der Frage nach der Moral und der Entstehung moralischer Werte in der modernen Gesellschaft. Sie stellt die Kritik an der Vernunftorientierten Moral der Aufklärung dar und präsentiert die Psychoanalyse als Gegenentwurf, der den Mythos der menschlichen Vernünftigkeit zerbricht.
Freuds „Genealogie der Moral”
Dieses Kapitel stellt Freuds Theorie zur Entwicklung der Moral anhand der Libidoentwicklung des Einzelnen dar. Die Theorie basiert auf dem Prinzip der unbewussten Triebe und der Kritik an der rationalen Motivierung menschlicher Handlungen. Der Zusammenhang zwischen individueller Psychologie und gesellschaftlicher Moral wird anhand des Totem und Tabu-Konzepts und der Annahme eines ursprünglichen Vatermords erläutert.
Die individuelle Psyche
Dieses Kapitel analysiert die psychologische Entwicklung des Einzelnen, ausgehend vom Zustand des Autoerotismus bis hin zur Ausbildung des Über-Ichs und seiner moralischen Funktion. Es wird die Bedeutung des Spiegelstadiums nach Lacan für die Entwicklung der Selbstidentität und die Entstehung des Subjekt-Objekt-Zwiespalts besprochen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen der Psychoanalyse, der Moral und der Kulturkritik. Wichtige Schlüsselwörter sind: Psychoanalyse, Moral, Unbewusste, Trieb, Über-Ich, Subjektivität, Lacan, Spiegelstadium, Totem und Tabu, Vatermord, Kulturgeschichte, Libido, Narzissmus, Metaethik.
- Citar trabajo
- Daniela Schneider (Autor), 2016, Psychoanalyse als Immoralismus. Zur Freudschen Relativierung der Moral, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/338388