Einsatz der Prozesskostenrechnung in der Praxis


Seminararbeit, 2004

25 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1.Problemstellung

2. Darstellung und Beurteilung der Prozeßkostenrechnung
2.1. Darstellung
2.2. Beurteilung

3. Einsatz der Prozeßkostenrechnung in der Praxis
3.1. Anwendungsfelder
3.2. Ziele
3.3. Ermittlung der Kosten pro Prozeß
3.4. Ergebnisse und Beurteilung

4. Würdigung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Problemstellung

Vor dem Hintergrund rasanter technologischer Entwicklung, gestiegener Flexibilität in der Fertigung, explodierenden Gemeinkosten in der „verborgenen Fabrik“ (Miller/Vollmann 1986, S. 84) sowie einer von starkem Unternehmenswettbewerb geprägten Situation ergaben sich bereits in den Achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Verschiebungen in der Kostenstruktur der Betriebe. Durch die zunehmende "Verlagerung von produktiven zu administrativen Tätigkeiten" (Horváth/Mayer 1989, S.214) verschob sich auch der Kostenschwerpunkt weg von der Produktion hin zu sog. „Indirekten Bereichen“ wie z.B. F&E, Beschaffung und Logistik, Arbeitsvorbereitung, Fertigungsplanung und -steuerung sowie Verwaltung und Vertrieb etc. (vgl. Mayer 1990a, S.74). Bedingt durch steuernde, koordinierende sowie überwachende Tätigkeiten stieg der Anteil der Gemeinkosten an den Gesamtkosten sowohl absolut als auch relativ (vgl. Götze 2000, S. 223) und konnte von der durch die Automatisierung gewonnenen Flexibilität nicht kompensiert werden (vgl. Fröhling 1989, S. 67). Es galt, die Faktoren zu identifizieren, welche die Gemeinkosten so in die Höhe treiben (erste Versuche dessen in praxi gab es schon 1987 bei Schlafhorst, einem Maschinenbauunternehmen, vgl. Wäscher 1987, S. 297ff.). Die Unternehmen suchten somit nach neuen Rechenwerken, die dies vermochten, da mit den traditionellen Kostenrechnungsverfahren der tatsächliche Ressourcenverbrauch in den betreffenden Bereichen nicht mehr adäquat abgebildet werden konnte. Zum einen waren die bestehenden Systeme auf produktnahe Bereiche im Unternehmen ausgerichtet und zum anderen führte eine Verrechnung von Gemeinkosten in der Produktkalkulation mittels wertbezogener Zuschlagssätze zunehmend zu Ungenauigkeiten (vgl. Götze 2000, S. 223). Die Zuschlagskalkulation, deren Basis aufgrund des Rückgangs der Einzelkosten immer kleiner wurde, war nicht mehr in der Lage, den gestiegenen Planungs-, Steuerungs-, Koordinations- und Überwachungsaufwand in den indirekten Bereichen verursachungsgerecht auf die verschiedenen Kostenträger zu verrechnen.

Unter diesem Druck entwickelten sich verschiedene Ansätze, die dieses Manko zu beseitigen versuchten, von denen im Zweiten Kapitel die Prozeßkostenrechnung einführend dargestellt und anschließend einer Beurteilung unterzogen wird. Der Hauptteil dieser Arbeit wird sich im Dritten Kapitel mit der Anwendung der Prozeßkostenrechnung in der Praxis beschäftigen. Neben der Branche und des jeweiligen Bereiches der die Prozeßkostenrechnung anwendenden Unternehmen werden die mit dem Einsatz verfolgten Ziele anhand zahlreicher Beispiele verdeutlicht. Im Anschluß daran soll gezeigt werden, wie die Kosten pro Prozeß ermittelt werden bevor die erzielten Ergebnisse dargestellt und das eingesetzte Instrumentarium beurteilt wird. Der Aufsatz endet mit einer Würdigung.

2. Darstellung und Beurteilung der Prozeßkostenrechnung

2.1. Darstellung

Als die wesentlichsten Ziele der Prozeßkostenrechnung sind eine höhere Kostentransparenz im Unternehmen (besonders in den bereits erwähnten indirekten Bereichen), eine effiziente Planung und Kontrolle der dort anfallenden Gemeinkosten sowie eine verursachungsgerechte Produktkalkulation (vgl. ausführlich Pfohl/Stölzle 1991, S. 1286ff.) zu nennen. Die bessere Kalkulation soll dazu beitragen, strategische Fehlentscheidungen zu vermeiden, die sich aufgrund einer nicht verursachungsgerechten Kostenzuordnung ergeben können. Weiter soll mit ihr ein effizienter Ressourcenverbrauch sichergestellt sowie Kapazitätsauslastungen aufgezeigt werden (vgl. u.a. Horváth/Mayer 1989, S.216). Mayer betont dazu die Notwendigkeit der „Kenntnis der . Haupteinflußgrößen“ für den Ressourcenverbrauch, um bspw. Maßnahmen für Rationalisierungen einleiten zu können (Mayer 1990b, S. 274). Witt/Witt führen ein stärkeres Kostenbewußtsein durch gezielte Verhaltenssteuerung an, wobei sie im gleichen Atemzug einräumen, daß diese nicht nur die Fähigkeit, sondern auch die Bereitschaft, sein Verhalten zu ändern, voraussetzt (vgl. Witt/Witt 1990, S. 39).

Der Anwendungsbereich der Prozeßkostenrechnung konzentriert sich dabei auf repetitive, strukturierte Abläufe (vgl. Götze 2000, S. 225). Unter diesem Aspekt erscheint eine Einführung besonders in größeren Unternehmen sinnvoll, in denen bedingt durch eine heterogene Produktstruktur die Ressourcen in unterschiedlichem Maße beansprucht werden. Andernfalls würden keine neuen Informationen als mit bis dahin verwendeten Verfahren erzielt. Man stelle sich dazu den Fall eines in nicht unerheblichen Stückzahlen gefertigten Standardprodukts bzw. eines speziell für einen Kunden hergestellten komplexen Produktes vor. Mittels einheitlichem Zuschlagssatz werden dem Standardprodukt dieselben Gemeinkosten wie der exotischen Variante zugeschlagen, was – denkt man kurz über den Sachverhalt nach – den Exoten bereits rein rechnerisch in einem günstigeren Licht als das Massenprodukt erscheinen läßt, jedoch fernab jeglicher Realität ist. Bedenkt man außerdem, daß eine exotische Variante nicht nur zeitaufwendiger sondern auch materialintensiver als ein (aus wenigen Einzelteilen bestehendes) Standardprodukt ist und daß bspw. Kosten der Bestellung oft losgrößenunabhängig anfallen, so leuchtet leicht ein, daß ein komplexer PROZESS mit traditionellen Kostenrechnungsverfahren nicht mehr realitätsgetreu abgebildet werden kann (Unter einem PROZESS ist dabei eine Kette von Aktivitäten zu verstehen, die der Leistungserstellung im Unternehmen dienen. Vgl. u.a. Mayer 2001, S. 29). Das wesentlich Neue an der Rechnung war „der Blick über den Tellerrand hinaus“: eine kostenstellenübergreifende Betrachtung (vgl. Götze 2000, S. 241).

Zur Einführung der Prozeßkostenrechnung werden fünf Schritte vorgeschlagen, auf die im folgenden eingegangen wird (vgl. ausführlich die Darstellung bei Horváth/Mayer 1989, S. 214ff., bzw. Horváth/Renner 1990, S.100ff. sowie Horváth/Mayer 1993, S. 15ff.). Neben der Bildung eines dafür zuständigen Projektteams sind im ersten Schritt der zu untersuchende Unternehmensbereich abzugrenzen und die konkreten Ziele festzulegen. Um möglichst schnell Erfolge erzielen zu können, empfiehlt sich die Einführung in Form eines Pilotprojekts v.a. in Bereichen mit hohem Gemeinkostenvolumen (z.B. F&E) sowie in Bereichen, in denen hohe Rationalisierungspotentiale vermutet werden (z.B. Logistik) und die einen erkennbaren Bezug zur Produktion aufweisen (z.B. Arbeitsvorbereitung). Anschließend sind in einem zweiten Schritt Hypothesen über mögliche Hauptprozesse sowie deren Kosteneinflußgrößen (im folgenden als Cost Driver bezeichnet) zu bilden, um sich bereits a priori Vorstellungen darüber machen zu können, was es zu strukturieren und zu analysieren gilt. In der sich anschließenden Tätigkeitsanalyse (dritter Schritt) sind entweder vorliegende Dokumente auszuwerten, in anderem Zusammenhang entstandene Analyseergebnisse heranzuziehen oder die Kostenstellenleiter sowie die Mitarbeiter nach deren Tätigkeiten zu befragen (Anmerkung des Verfassers: Die ersten Tätigkeitsanalysen lassen sich bereits 1981 bei der Ciba-Geigy AG finden, als von der Prozeßkostenrechnung noch gar keine Rede war; vgl. Engriser 1981, S. 197ff.). Dadurch sollen Aktivitäten aufgedeckt werden, die als kostentreibend angesehen werden, um im Ergebnis eine Liste von Teilprozessen zu erhalten, die die Kostenstelle klar aufzuteilen in der Lage sind. Diese sind dann darauf zu untersuchen, ob sie sich zu dem in der Kostenstelle zu erbringenden Leistungsvolumen mengenvariabel oder mengenfix verhalten. Horváth/Mayer prägten dafür die Begriffe „leistungsmengeninduziert“ (lmi) und „leistungsmengenneutral“ (lmn) (Horváth/Mayer 1989, S.216). So hängt in der Kostenstelle Einkauf z.B. der Teilprozeß „Bestellungen abwickeln“ unmittelbar von der Anzahl der Bestellungen ab während der Teilprozeß „Abteilung leiten“ unabhängig davon ist. Der vierte Schritt umfaßt eine Zuordnung der Kapazitäten und Kosten, welche sich entweder aus Vorjahreswerten ergeben oder analytisch zu planen sind. Da meist der Personalkostenanteil überwiegt, kann man sich auf dessen Planung beschränken und andere anfallende Kostenarten (z.B. Raum- oder Energiekosten) proportional dazu auf die Prozesse verteilen. Als Basis für die Zurechnung der Kostenstellenkosten dient dann gewöhnlich die benötigte Mitarbeiterkapazität, die der jeweilige Teilprozeß in Anspruch nimmt, ausgedrückt in Mitarbeiterjahren (MJ) (zu einem ausführlichen Beispiel s. u.a. Götze 2000, S. 229 sowie Mayer 1990c, S. 307ff.). Obwohl als unzulässig kritisiert (vgl. bspw. Coenenberg/Fischer 1991, S. 30), kann es zweckmäßig sein, die Kosten für lmn-Prozesse proportional auf die Kostenhöhe der lmi-Prozesse zu verteilen und bis zum Hauptprozeß getrennt auszuweisen (vgl. zur Begründung Horváth/Mayer 1993, S. 22). Dividiert man die so ermittelten Prozeßkosten durch die geplante Menge (Maßgrößen), so ergibt sich der Prozeßkostensatz, welcher angibt, was die einmalige Durchführung des jeweiligen Prozesses kostet. Im letzten Schritt werden die Teilprozesse zu einem Hauptprozeß ganz oder teilweise bzw. zu mehreren Hauptprozessen gleichzeitig zusammengefaßt, wobei das Vorgehen zur Ermittlung der Hauptprozeßkostensätze analog dem eben beschriebenen ist. Indem sämtliche Kostenstellenkosten zuerst auf Teil- und dann auf Hauptprozeßebene verteilt werden, hat sich an der Summe der Kosten nichts geändert – so sollte es zumindest sein! Diese Tatsache ist auf den Vollkostencharakter der Prozeßkostenrechnung zurückzuführen, auf den im Laufe der Arbeit noch näher einzugehen sein wird.

Nachdem die Cost Driver sowie die durch sie getriebenen Prozesse, Prozeßmengen, Prozeßkosten und Prozeßkostensätze ermittelt wurden, können im Ergebnis der Prozeßkostenrechnung u.a. Kostensenkungsmaßnahmen (z.B. das Einstellen wertschöpfungsmindernder Aktivitäten) eingeleitet sowie Abweichungsanalysen der Ist- von der Planprozeßmenge durchgeführt werden. Ebenso läßt sich die Planung der Gemeinkosten aufgrund der gewonnenen Informationen in eine Budgetierung integrieren (vgl. u.a. Götze 2000, S.234ff). Im Rahmen der Produktkalkulation kann z.B. ein früher rentables Produkt durch die Aufdeckung des tatsächlichen Ressourcenverbrauchs keinen ausreichenden oder gar negativen Deckungsbeitrag erbringen, was eine Eliminierung aus dem Produktprogramm zur Folge hätte. Umgekehrt lassen vorher zu teuer kalkulierte Standardprodukte Preissenkungen zu und ziehen somit einen Wettbewerbsvorteil nach sich usw. Die Vor- und Nachteile der Prozeßkostenrechnung sowie eine abschließende Beurteilung soll allerdings erst im nächsten Abschnitt folgen.

2.2 Beurteilung

„Die Güte eines neu entwickelten Kostenrechnungssystems entscheidet sich danach, ob es die zu erfüllenden Zwecke besser erfüllt als vorhandene Systeme“ (Franz 1990, S. 127). Die Vorteile der Prozeßkostenrechnung entsprechen weitgehend ihren Zielen, auf die bereits im vorhergehenden Abschnitt eingegangen wurde. Zu betonen sind die kostenstellenübergreifende Betrachtung von Prozessen sowie die Einführung von Mengengrößen als Bezugsgrößen, was es ermöglicht, Gemeinkosten über detaillierte Prozeßkostensätze nach dem Verursachungsprinzip „gemäß den in Anspruch genommenen Leistungen“ (Horváth/Renner 1990, S. 104) auf die Kostenträger zu verrechnen. Damit sei der Vollkostencharakter angesprochen: Zwar werden sämtliche, in Anspruch genommene Ressourcen und damit Kosten auf Prozesse verrechnet, doch bei der Kalkulation werden lediglich solche berücksichtigt, die in direktem Zusammenhang mit dem Kalkulationsobjekt stehen (z.B. Kosten für Beschaffung) (vgl. Horváth/Mayer 1993, S. 18). Die restlichen Gemeinkosten werden entweder über Zuschlagssätze oder – falls jeglicher Produktbezug fehlt – überhaupt nicht auf Kostenträger verrechnet. Sie stehen dann lediglich in gesonderten Zeilen der Ergebnisrechnung (eine ausführliche Argumentation über den vermeintlichen Vollkostencharakter findet sich bei Horváth/Mayer 1993, S.18ff.), so daß je nach Informationszweck ohne zusätzlichen Aufwand auf die entsprechenden Daten zurückgegriffen werden kann. Die Prozeßkostenrechnung sollte ohnehin nicht als Ersatz, sondern eher als Ergänzung zu bestehenden Systemen verstanden werden, greift sie doch selbst auf Ergebnisse der Kostenarten- und Kostenstellenrechnung zurück (vgl. Horváth/Mayer 1989, S. 216).

Entstanden „aus den Bedürfnissen des Kostenmanagements in den deutschsprachigen Ländern“ (Horváth 1997, S. 241) sind dem Anwendungsbereich der Prozeßkostenrechnung insofern Grenzen gesetzt, als daß er sich auf repetitive, strukturierte Abläufe in den indirekten Bereichen beschränkt (vgl. Götze 2000, S. 242). Somit kommen hauptsächlich Unternehmen mit sehr hohen Gemeinkostenanteilen, also des tertiären Sektors, in Betracht.

[...]

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Einsatz der Prozesskostenrechnung in der Praxis
Hochschule
Technische Universität Chemnitz
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
25
Katalognummer
V33856
ISBN (eBook)
9783638342315
Dateigröße
432 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einsatz, Prozesskostenrechnung, Praxis
Arbeit zitieren
Dipl.-Kfm. Alexander Hesse (Autor:in), 2004, Einsatz der Prozesskostenrechnung in der Praxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33856

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