Rhetorische Fragestellungen zum weiterbildenden Studium der Mediation


Devoir expédié, 2016

16 Pages, Note: 2


Extrait


Gliederung

1.)
a.) Auf welche Emotionen und Gedanken des Medianden M könnten die in den Beispielen 1 und 2 beschriebenen Verhaltensänderungen hindeuten?
b.) Wie verhalten Sie sich als Mediator konkret, um mit den geschilderten Verhaltensänderungen angemessen umzugehen?

2.) Wie können Sie (als Mediator) nonverbal auf den Verlauf einer Mediation positiv einwirken?

3.) Erläutern Sie die fünf Phasen der Redevorbereitung.

4.) Warum ist es bei der Themensammlung in der zweiten Phase einer Mediation so wichtig, dass der Mediator die Themen der Medianden möglichst neutral formuliert? Drei Beispiele für ein Thema eines Medianden und das durch den Mediator neutral formulierte Pendant.

5.) Schildern Sie bitte die Vor- und Nachteile des intuitiven und rationalen Verhandelns.

6) Literaturverzeichnis

1.)

a.) Auf welche Emotionen und Gedanken des Medianden M könnten die in den Beispielen 1 und 2 beschriebenen Verhaltensänderungen hindeuten?

Grundsätzlich gilt: Körpersprache, also körperliche Signale sind niemals wirklich eindeutig. Bestimmte Gesten sind in bestimmten Kulturkreisen mitunter recht bezeichnend, sind aber nie hundertprozentig eindeutig[1]. Sie bleiben ambivalent[2] oder können gar mit einer gewissen Ambiguität[3] ausgestattet sein.

Am Beispiel des Medianden M kann die Veränderung der Körperhaltung, hier nach vorn geneigt, im Beispiel 1 möglicherweise darauf hindeuten, dass ein gesteigertes Interesse vorliegt, er sich ggf. zu Wort melden möchte (Positive Ambivalenz) oder eventuell auch darauf, dass er Einwände hat und unterbrechen möchte (Negative Ambivalenz). Das plötzliche Verändern der Haltung (Bewegungstempo) kann tendenziell ein Hinweis darauf sein, dass M nun mehr Dynamik (Positive Ambivalenz) in das Gespräch bringen möchte, oder aber er zeigt damit, dass seine Aufregung (Negative Ambivalenz) zunimmt. Die Geste „stützt beide Hände auf die Knie“, also mit nach unten gerichteten Handflächen, kann im Sinne positiver Ambivalenz als Beschwichtigung, Kontrolle des Geschehens, Gnadenerweis, etc. angesehen. Im Sinne negativer Ambivalenz wären aber ebenfalls Abwehr oder Hochmut denkbar. Das Abheben einer Ferse vom Boden kann auf Aktionismus oder Zustimmung (Positive Ambivalenz) deuten, jedoch ebenfalls auf Ablehnung, Anspannung oder gar Flucht (Negative Ambivalenz).

Im Beispiel 2 kann das Zurücklehnen mit Abwarten (positive Ambivalenz) assoziiert werden, denkbar wäre auch eine ablehnende Haltung (negative Ambivalenz). Die ausgestreckten Beine deuten auf Entspannung (positive Ambivalenz) oder möglicherweise Gleichgültigkeit (negative Ambivalenz). Der auf der Armlehne locker ruhende Ellenbogen ebenfalls. Das plötzliche Zurückziehen der Beine lässt die Vermutung zu, dass wieder mehr Dynamik (positive Ambivalenz) empfunden wird oder aber Aufregung oder Ablehnung (negative Ambivalenz). Die gefalteten Hände im Schoß lassen auf Abwarten (positive Ambivalenz) oder Skepsis (negative Ambivalenz) schließen.

Es bleibt die Doppeldeutigkeit. Es lohnt sich aber unbedingt, sich mit Doppeldeutigkeiten, Zweideutigkeiten oder Ambiguitäten in der Kommunikation eingehender auseinanderzusetzen.

Warum? Weil eine präzisere Einschätzung des Gesprächspartners dabei helfen kann die Situation besser zu analysieren, mögliche Reaktionen zu erkennen und Ableitungen daraus zu treffen.

Nun, auf welche Emotionen und Gedanken können die beschriebenen Verhaltensänderungen hindeuten?

Beispiel 1: M scheint durch die Bemerkungen seiner Frau aufgebracht. Er wirkt interessiert und dem Geschehen zugewandt. Auf emotionaler Ebene impliziert seine Haltung Neugier, Wachsamkeit, möglicherweise Angst oder Besorgnis. Vielleicht finden die Worte seiner Ehefrau keinen Anklang bei ihm und er plant etwas dazu zu sagen. Vielleicht denkt er sich „Was gibt sie da für einen Humbug von sich?“ oder „Warum erzählt sie das hier?“ oder „Warum war ausschließlich meine Karriere für Deine finanzielle Absicherung wichtig? Dich hat niemand dazu gezwungen immer nur Hausfrau zu sein!“. In jedem Fall geht meine persönliche Einschätzung dahin, dass M sich in Kürze zu Wort meldet und die Aussage seiner Frau ergänzt, revidiert oder aus seiner Sicht darlegt. Die Gedanken des M exakt zu ergründen ist leider nicht möglich. Aber die Veränderung an seiner Körperhaltung, seiner ganz persönlichen nonverbalen Rhetorik, lassen Rückschlüsse darauf zu und helfen, die aktuelle und folgende Situation besser zu analysieren, sein eigenes Verhalten anzupassen und Ableitungen zu treffen.

Beispiel 2: M hat sich scheinbar im Laufe des Mediationsgeschehens entspannt. Das entspannt wirkende Zurücklehnen, die ausgestreckten Beine und der locker ruhende Ellenbogen deuten darauf hin. Auf emotionaler Ebene wären Gelassenheit, Akzeptanz und Interesse denkbar. Gedanklich stimmte er möglicherweise dem Geschehen zu, bis zu dem Moment, wo seine Frau das Thema mit der Kinderbetreuung erwähnt. Seine Haltung verändert sich abrupt und geht in eine angespannte, erwartende Körperhaltung über. Gedanklich ist diese unbewusste Handlung möglicherwiese von Sätzen wie etwa „Was soll das denn jetzt?“ oder „So war das nicht abgemacht!“ begleitet. Seine Haltung geht in eine Erwartungshaltung gegenüber dem nun Folgenden über.

b.) Wie verhalten Sie sich als Mediator konkret, um mit den geschilderten Verhaltensänderungen angemessen umzugehen?

Als Mediator ist es von immenser Wichtigkeit das eigene Handeln immer wieder zu reflektieren, vor, während und nach dem eigentlichen Mediationsprozess. Das eigene Verhalten darf unter keinen Umständen die Mediation gefährden oder schädigen.

Die Haltung gegenüber den Medianden muss stets unabhängig, unparteilich und vor allem neutral sein. Keine der beiden Konfliktparteien ist bevorzugt zu behandeln. In jedem Fall sollte die eigene Einschätzung bezüglich körperlicher Signale sich stets auf die Gesamtbewertung stützen. Zu berücksichtigen ist, dass nicht ausschließlich die Zeichen ambivalent sind, sondern auch vom Empfänger unterschiedlich beobachtet und interpretiert werden. Es gilt, Missverständnisse zu vermeiden.

Im Fall von M bezüglich Beispiel 1 würde ich ihn direkt ansprechen und ihm mitteilen, dass mir aufgefallen ist, das sich seine Körperhaltung verändert hat und er angespannt wirkt. Eine Aufforderung zum Sprechen, vielmehr die Frage, ob er etwas dazu sagen möchte, wäre hier angemessen.

Bezüglich Beispiel 2, wo er eine entspannte Körperhaltung hat, scheint er sich mit der Situation gut arrangieren zu können. Vielleicht bereitet ihm das Brainstorming im Rahmen der Lösungsfindung sogar Spaß. Als es um die Regelung der Kinderbetreuung geht, er plötzlich die Beine unter den Stuhl zieht und die Arme gefaltet in den Schoß legt, würde ich auch wieder gezielt darauf Ansprechen, da diese Reaktion vermuten lässt, dass er mit dem Vorschlag seiner Frau nicht einverstanden ist. Seine Meinung wäre zu erfragen. Denkbar wäre auch hier wieder die Erwähnung, dass die Veränderung der Körperhaltung aufgefallen ist.

2.) Wie können Sie (als Mediator) nonverbal auf den Verlauf einer Mediation positiv einwirken?

Auch wenn wir nicht ausschließlich verbal kommunizieren, der Körper spricht, immer. Signale werden auch dann mitgeteilt, wenn wir schweigen. In Mediationen bekommt dann das „WIE“ der Ansprache und Auseinandersetzung eine wichtige Bedeutung. Eine sachliche und entspannte Atmosphäre sind die zentralen Voraussetzungen für das Gelingen von Konfliktmanagement. Jedoch ist die Körpersprache schwerer bewusst zu beherrschen, als die verbale. Die innere Haltung beeinflusst die äußere Haltung; Körpersprache manifestiert damit das Innere nach außen. Methoden, wie Rapport, Pacing[4], etc. sind Ansätze, um von diesen Erkenntnissen profitieren zu können.

Nonverbale Kommunikation, bzw. Körpersprache, ist vermutlich die älteste Form zwischenmenschlicher Verständigung. Es wird daher vermutet, dass Menschen im miteinander in der Regel unbewusst ihre verbale und nonverbale Kommunikation einander anpassen wollen. Diese Anpassungsbewegungen erklärt die Kommunikationspsychologie mit dem menschlichen Grundbedürfnis nach Harmonie, Symmetrie und Anerkennung, welches ein soziales Miteinander erst möglich macht. Diese Anpassungsbewegungen kann man sich in der Kommunikation, also auch in einer Mediation, bewusst zu Nutze machen, um andere Menschen zu beeinflussen.

Die Psychologie unterscheidet dabei verschiedene Verhaltensweisen:

1. Pacing: Körpersprache, Gestik, Mimik, Sprache werden mehr und mehr synchronisiert.

2. Leading: Durch körpersprachliches Verhalten, z. B. durch ändern der Sprechgeschwindigkeit die Führung des Gespräches übernehmen.

3. Rapport: Nahezu vollständige Symmetrie herstellen – die Partner nehmen jedes Mal durch ihr Verhalten auf einander Bezug.

[...]


[1] V. Schlieffen, Rhetorik I, 2013

[2] Unter Ambivalenz (lat. ambo „beide“ und valere „gelten“) wird in der Psychologie, Psychotherapie, Psychiatrie und Psychoanalyse das Nebeneinander von gegensätzlichen Gefühlen, Gedanken und Aussagen verstanden. In der gehobenen Umgangssprache gebräuchlicher ist das Adjektiv ambivalent (zwiespältig, doppelwertig, mehrdeutig, vielfältig). Der Begriff wurde von Eugen Bleuler (1857–1939) geprägt.

[3] Von Mehrdeutigkeit oder Ambiguität, die (von lateinisch ambo ‚beide‘; ambiguus ‚doppeldeutig‘, ‚mehrdeutig‘, ‚uneindeutig‘) spricht man, wenn ein Zeichen mehrere Bedeutungen hat. Bei nur zwei Bedeutungen spricht man auch von Doppeldeutigkeit oder von Zweideutigkeit.

[4] http://www.the-secret-of-mindpower-and-nlp.com/NLP-techniques-pacing-and-leading.html vom 27.01.2016

Fin de l'extrait de 16 pages

Résumé des informations

Titre
Rhetorische Fragestellungen zum weiterbildenden Studium der Mediation
Université
University of Hagen
Note
2
Auteur
Année
2016
Pages
16
N° de catalogue
V339188
ISBN (ebook)
9783668295322
ISBN (Livre)
9783668295339
Taille d'un fichier
424 KB
Langue
allemand
Mots clés
rhetorische, fragestellungen, studium, mediation
Citation du texte
Tobias Steinmann (Auteur), 2016, Rhetorische Fragestellungen zum weiterbildenden Studium der Mediation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339188

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