Frankreich unter der Herrschaft Ludwigs XIV. aus Sicht der Staatstheorie Jean Bodins


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

34 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe

Inhalt

Teil 1
1. Einleitung
2. Historische und gesellschaftliche Umstände in Frankreich um 1570
3. Der Staat bei Bodin
3.1. Die Familie als Ursprung des Staates
3.2. Entstehung eines Staates
4. Die Republik in „Les six livres de la République“
5. Hierarchie bei Bodin
6. Souveränitätslehre
6.1. Geschichte der Souveränität
6.2. Merkmale der Souveränität
6.3. Konkurrenten der Macht
6.3.1. Die Kirche
6.3.2. Der Adel
6.3.3. Die Stände
7. Einschränkungen des Souveräns bei Bodin
8. Widerstandsrecht bei Bodin

Teil 2
9. Geschichtliche Entwicklung Frankreichs von Bodin bis Louis XIV. (1576-1661)
9.1. Heinrich IV
9.2. Ludwig XIII., Richelieu und Mazarin
10. Die Staatstheorie Bodins angewandt auf Frankreich unter Louis XIV
11. Fazit

Literaturverzeichnis

Teil 1

1. Einleitung

Jean Bodin gilt als einer der einflussreichsten Staatstheoretiker des 16. Jahrhunderts und auch darüber hinaus. Seine Idee der Souveränität gilt als Grundidee des Absolutismus, der besonders in Frankreich das Merkmal des höfischen Lebens und der Staatsform wurde. Seine Idee der Souveränität gibt dem neuzeitlichen Denken eine neue Komponente.

Sein Werk Sechs Bücher über den Staat gilt als sein wichtigstes. Bodin konzipiert hier eine Idee die das politische Dilemma im vom Bürgerkrieg geplagten Frankreich lösen soll. Die religiösen Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten, genauer der Hugenotten, konnten vom französischen König ob ihres Umfanges und ihrer Brutalität nicht ignoriert werden. Die daraus folgende Krise des Königtums versuchte Bodin dann durch seine Theorie der höchsten Gewalt wieder in geordnete Bahnen zu lenken.

In dieser Arbeit soll nun die Staatsidee Bodins auf die Herrschaft von Louis XIV. übersetzt werden. Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage wie die Staatstheorie von Bodin auf die Herrschaft Louis XIV. umgesetzt wurde? Wie versuchte Louis XIV. seine absolutistische Macht zu etablieren und in welchem Maße war dies mit Bodins Staatstheorie in Einklang zu bringen ist?

Im ersten Teil soll die Staatstheorie von Bodin erläutert werden. Hierbei wird zuerst auf den historischen Kontext Bezug genommen und die politischen und gesellschaftlichen Umstände in Frankreich erläutert. Danach werden seine Staatsauffassung und sein Souveränitätsbegriff beschrieben der die Grundessenz für den im späteren Verlauf der Arbeit aufkommenden Absolutismus Louis XIV. ist. Neben der Erläuterung des Souveränitätsbegriffs soll auch auf die Beschränkung des Souveräns eingegangen werden die Bodin in seinem Werk Sechs Bücher über den Staat einbringt. Hier ist zu untersuchen, wie weit diese Beschränkungen reichten und wie sie in der Praxis angewandt wurden. In der Diskussion der Beschränkungen des Souveräns spielen das Naturrecht und das göttliche Recht eine zentrale Rolle. Diese Diskussion ist nicht nur in Bezug auf diese Arbeit wichtig und interessant sondern kann als einer der Grundkonflikte der Neuzeit erachtet werden. Der Streit zwischen König und Adel/ Volk um Beschränkung der Macht und Macht des Adels oder des Volkes sind der Ursprung unzähliger Konflikte seit dem Ende des Mittelalters (Ottmann 2006: 159).

Der zweite Teil soll die Anwendung der Staatstheorie auf Frankreich unter der Herrschaft Ludwig XIV. untersuchen. Hier soll eine kurze geschichtliche Entwicklung Frankreichs von Bodin bis Ludwig XIV. beschrieben werden. Es sollen die wichtigsten Personen und Punkte dargelegt werden die dem Absolutismus den Weg ebneten und anschließend die Vorgänge in Frankreich unter Ludwig XIV. untersucht werden.

2. Historische und gesellschaftliche Umstände in Frankreich um 1570

Wie bei den meisten politischen Denkern in der Weltgeschichte ist es auch bei Jean Bodin notwendig die kulturellen und gesellschaftlichen Hintergründe seiner Zeit zu beleuchten. Ohne die Betrachtung der Vorgänge in der Gesellschaft ist es schwierig die Ideen und Schriften der jeweiligen Denker nachzuvollziehen. Thomas Hobbes Leviathan kann man nicht ohne die Berücksichtigung der Erfahrungen Hobbes im britischen Bürgerkriegs lesen und Machiavellis Il Príncipe kann man nicht ohne die damalige politische Krise Italiens verstehen. Neben den „internationalen“1, wenngleich der Begriff „international“ für die Zeit des 16-17. Jahrhunderts vielleicht noch nicht anwendbar ist, muss man auch die „nationalen“ Zustände der Heimatländer und die persönlichen Erfahrungen der Autoren berücksichtigen.

Im Falle Bodin spielen vor allem die Hugenottenkriege in Frankreich eine Rolle. Diese konfessionellen Kriege wie sie oft bezeichnet wurden, waren allerdings eher als Machtkriege zwischen Adel und dem Monarchen und den einzelnen Herrscherdynastien zu deuten. Der religiöse Faktor war der Streit zwischen Katholiken und Protestanten. Vor allem der durch Calvin begründete Calvinismus war für die Katholiken nicht mit ihrer Glaubensauslegung vereinbar. Diese religiösen Konflikte endeten in Unruhen und Massakern (Bartholomäusnacht) in Frankreich die nach und nach in einen offenen Bürgerkrieg ausarteten.

Die Einmischung des katholischen Spaniens zur Unterstützung der radikalen Katholiken in Frankreich und die Rolle der Katharina von Medici zeigt wie die anderen europäischen Mächte versuchten ihren Einfluss auf Frankreich geltend zu machen. Das Bestreben Franz I. und Heinrich II. die Zersplitterung des Französischen Reiches zu verhindern und keine „deutschen“ Zustände aufkommen zu lassen kann man als den für diese Arbeit wichtigen staatspolitischen Aspekt betrachten. Durch die Hugenottenkriege hatte der Adel nun einen Vorwand die Zentralisierung der Monarchie zu bekämpfen. Der Adel konnte durch die destabilisierende Wirkung des fast 36 Jahre langen Bürgerkriegs seine Macht in einzelnen Regionen ausbauen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Frankreich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts „…durch die Religions- und Bürgerkriege, die konfessionelle Zerrissenheit der Bevölkerung, einen Machtverfall der Monarchie und Momente des sozioökonomischen Einbruchs geprägt…“ war (Schmale 2000: 106). Die tiefgreifende Spaltung der Gesellschaft führte dazu, dass nach Bodin die Bewahrung von innerer Sicherheit und Frieden die elementare Aufgabe des Staates sein musste (Schennach 2010: 131).

Der Krieg endete mit dem Edikte von Nantes (obwohl die Konflikte zwischen Protestanten und Katholiken weit bist ins 17. Jahrhundert dauerten) und schaffte es bis zu einem gewissen Grad eine religiöse Toleranz zu schaffen. Protestanten erhielten Zugang zu allen Ämtern und Würden sowie eine gewisse Freiheit in ihrer praktischen Religionsausübung.

Aus dieser Erfahrung heraus schrieb Bodin 1576 sein Werk Sechs Bücher über den Staat (Les six livres de la République).

3. Der Staat bei Bodin

„Unter dem Staat versteht man die am Recht orientierte, souveräne Regierungsgewalt über ein Vielzahl von Haushaltungen und das, was ihnen gemeinsam ist“ so definiert Bodin einen Staat. Bodin schreibt im 1. Kapitel des 1. Buches, dass eine Definition nichts anderes ist, als die Feststellung der Zweckbestimmung des Gegenstandes der Betrachtung.

Der Zweck dieses Staates lässt sich ähnlich dem von Thomas Hobbes verfolgten Ziel erläutern: Bodin geht es darum eine Sicherung des friedlichen Miteinander der Menschen im Staat zu gewährleisten. Daneben ist aber auch die Erreichung der Glückseligkeit der Menschen ein Ziel des Staates. Die körperliche Unversehrtheit seiner Bürger, seine Freiheit zu leben und die Früchte seines Eigentums genießen zu können sind ähnlich wie bei Hobbes die Ziele die ein Staat zu verfolgen hat. Im historischen Kontext betrachtet erkennt man den Staatszweck als pragmatisch aber mit einem durchaus normativen Unterton. Denn die körperliche Unversehrtheit, die individuelle Freiheit oder gar das eigene Leben war im Frankreich des 16. Jahrhunderts kaum gegeben (Mayer-Tasch 1981: 25). Diese Forderung an den Staatszweck zeigt den deutlichen historisch-gesellschaftlichen Einfluss dem Bodin ausgesetzt war.

In seinem Werk Sech Bücher über den Staat schreibt Bodin weiter, dass „… das Glück des einzelnen und des Gemeinwesens ein und dasselbe ist…“ (Mayer-Tasch 1981: 101). Aus dieser einfachen Formel leitet Bodin dann ab, dass dieses Ziel also der Kernpunkt einer am Recht ausgerichteten Regierung eines Staates zu sein hat.

Hier zeigt sich die Raffinesse mit der Bodin seine normative aber gleichzeitig pragmatische Zielsetzung für seine Staatstheorie ableitet. Die Legitimität also die dem späteren Souveränitätsbegriff zugrunde liegt ist basierend auf der Vorstellung damit die Glückseligkeit der Menschen zu fördern und zu wahren und dies auch dem Staat als wichtigste und höchste Aufgabe zukommen zu lassen.

Wichtig ist hier, dass man Bodins Überlegungen von Glück auf die aristotelische Tradition und Aristoteles Vorstellung des guten Lebens aufgreift. Aristoteles ist der Meinung, dass es ein summum bonum gibt, ein höchstes Ziel. Auch für Aristoteles ist das gesuchte Ziel, die Glückseligkeit, für Mensch und Polis gleich. Sie ist gar die Grundfrage der politischen Wissenschaft. Der Mensch kann Glückseligkeit erlangen wenn er seine speziellen bzw. spezifischen Anlagen verwirklichen kann (Schwaab 2010: 55ff).

Bodin versucht durch seine Erklärung des Staatszwecks zu erklären, dass dieses Streben nach Glückseligkeit, der Selbstverwirklichung im Sinne von Entwicklung der Potentiale und der Kontemplation nur durch den Staat möglich ist. Dieser muss Umstände schaffen in denen die Menschen ihrem Streben nach Glückseligkeit so gut wie möglich nachgehen können und dafür sorgen das Eigentum, Gesundheit und geistige Entwicklung beschützt und gefördert werden.

3.1. Die Familie als Ursprung des Staates

Für Bodin gilt die Familie als die Quelle der Tugend, als Ursprung und als wichtigster Baustein im Staat. Im 2. Kapitel des 1. Buches seines Werkes Sechs Bücher über den Staat erläutert Bodin ausführlich die Wichtigkeit der Familie und der in ihr innwohnenden Herrschaftsstruktur. „Ähnlich wie also die gut geführte Familie das wahre Abbild des Staates ist und wie die häusliche Gewalt der souveränen Gewalt ähnelt, ist auch die gerechte Herrschaft im Hause das Vorbild für die Regierung im Staat…“ (Mayer-Tasch 1981: 107).

Für Bodin ist der Souverän das Bindeglied zwischen den Familien. Sie sorgt mit ihren Gesetzten, Vorgaben und Ermächtigungen für eine Einigung der Familien und Individuen zu einem Staat.

Auch in Bezug auf die auf öffentliche Güter, öffentliche Einrichtungen oder der Allgemeinheit gehörende Güter zieht er wieder die Familie als Referenzobjekt hinzu. Gesetzte, Löhne, Plätze, Kirchen, Gebräuche usw. fallen unter diese Kategorien. Für Bodin ist es nur logisch, dass es ohne Privateigentum kein öffentliches Eigentum gäbe. Genauso wenig wie es „gar keinen König gäbe, wenn alle Bürger Könige wären“.

Auch hier greift Bodin wieder auf etwas Gottgegebenes zurück. Ein Staat muss so beschaffen sein, dass es Privateigentum und Allgemeingut gäbe. Wieso sonst würde Gott Ehebruch und Diebstahl verurteilen? Denn gäbe es kein Privateigentum könnte man auch nichts stehlen und wäre die Frau ein Allgemeingut, so gäbe es auch kein Ehebruch. Auch in diesem Zusammenhang gelingt es Bodin den Ursprung des Staates, die Familie und die Hierarchie die sie inne hat für seine Staats- und Souveränitätskonzeption von Gott abzuleiten.

Das Privateigentum spielt so gesehen für Bodin eine elementare Bedeutung. So glaubt er, dass die Konzentration auf den kleineren Kreis der Familie für den Zusammenhalt der Familie und damit dem Zusammenhalt des Staates förderlicher sind als ein Zustand in dem physisches Eigentum und auch zwischenmenschliche Beziehungen keine ausreichende Privatsphäre und Bedeutung haben (Vgl. Mayer-Tasch 1981: 107ff).

3.2. Entstehung eines Staates

Bodin erklärt die Entstehung nicht von einem Nullpunkt aus. Für ihn ist die Entstehung eines staatlichen Zustandes einer historisch gewachsenen Bedingung zugrunde liegend. Hobbes Naturzustand ist ein reines Gedankenspiel, in dem jeder jeden bekämpft, jeder das Recht auf alles hat und hier ein pessimistisches Menschenbild gezeichnet wird um die Ursachen von Unstaatlichkeit erklären zu können. Für Hobbes ist dieser Zustand dadurch geprägt, dass die Individuen sich losgelöst von allen gesellschaftlichen Beziehungen und Konstrukten wie Familie oder Ehe gegenüberstehen. Dieser Radikalität der vorstaatlichen Anarchie bedient Bodin sich jedoch nicht (MacPherson: 19ff). Für ihn ist der vorstaatliche Zustand eher als Auseinandersetzung zwischen größeren Familien oder Clans zu betrachten. In diesem Zustand kommen zwar auch die schlechten Eigenschaften offen zutage. Bodin stellt die Familien hier als „Black Box“ auf. Die Schlechtigkeit der Menschen wie Hobbes es tut wird hier auf die Familie als Konstruktion übertragen. So schafft es Bodin das Menschenbild zu konzipieren dass nicht so pessimistisch dargestellt wird wie Hobbes es tut. Dem Menschen an sich wird keine so radikale „Schlechtigkeit“ zugeschrieben wie es beispielsweise bei Hobbes Leviathan geschieht Damit schafft es Bodin seine Staatsentstehung fernab von als zu schwer beweisbaren anthropologischen Grundannahmen zu beschreiben.

Aus dem Konflikte zwischen den Familien kann dann auf zweierlei Wegen ein staatlicher Zustand entstehen. Entweder die eine Familie besiegt die andere oder eine Familie gibt den anarchischen Zustand freiwillig auf. Als tatsächliche Staatsentstehung ist also die Beendigung des vorstaatlichen Zustands der Anarchie zu setzten. Wenn man nun einen Zustand der Staatlichkeit hat, muss man sich fragen warum eine Familie sich freiwillig unterordnet? Zweck dieses Schrittes ist die Erhaltung des eigenen Lebens. Die Familie möchte keinen Konflikt führen in dem sie erkennt, dass sie unterlegen ist und die Mitglieder ihr Leben verlieren können. Sie ordnet sich unter um Schutz zu suchen. Die Familie der sie sich untergeordnet hat, hat nun die Aufgabe sie zu beschützen.

Wenn man davon ausgeht, dass die Beendigung der Anarchie durch die erzwungene oder freiwillige Unterordnung einer Familie unter die andere beendet ist und daraus ein staatlicher Zustand entsteht, man annimmt, dass der Schutz nach innen und außen diesen Zustand sichert, so kann man sagen die Legitimität der Souveränen oder des Souveräns lässt sich aus diesem Zustand ableiten (Krüger 1964: 854f). Wenn dann nun ein Souverän den Schutz seiner Untertanen nicht mehr gewährleisten kann, so verliert er auch die Legitimität seines Anspruchs.

Wie Quaritsch (1970: 278f) zeigt, am Beispiel der Revolutionslehre Bodins, dass sobald der Souverän, auch in einer Revolution es nicht schafft im Übergang von bspw. einer Tyrannis zur royalen Monarchie den Untertanen ununterbrochenen Schutz zu gewährleisten, zerfällt der Staat und es herrscht wieder eine unstaatliche Anarchie.

4. Die Republik in „Les six livres de la République“

Die Erklärung des Wortes République im Titel seines Werkes ist notwendig, da seine Bedeutung mit dem heute verwendeten Begriff der Republik kaum etwas gemeinsam hat.

Kernpunkt der Republik sind seit der Antike die wechselseitige Kontrolle der verschiedenen Organe und die Abwahl und Neuwahl der Mitglieder der Organe. Für Bodin kommt dieses Gebilde nicht in Frage. Er schreibt dem Regierenden zeitlich unbegrenzte Macht zu und auch die Gewaltenkontrolle ist für ihn und seine Staatskonzeption nicht dienlich. Denn der Kern seiner Souveränitätslehre ist die Unabhängigkeit des Souveräns von allem außer Gott und dem Naturrecht. Die Lehre der Souveränität wird etwas später in dieser Arbeit noch genauer untersucht. So ist der Begriff der Republik bei Bodin in seinem historisch- politischen Sinne nicht der gleiche wie wir ihn heute kennen. Ottmann (2006: 217) glaubt, dass Bodin den Begriff gewählt hat um zum Ausdruck zu bringen, dass der Staat eine öffentliche Angelegenheit sein solle. Für Mayer- Tasch (2011:27f) ist klar, dass Bodins Definition der Republik die Direktverbindung zwischen Regierenden und Regierten bezeichnen soll. Er glaubt Republik im Sinne Bodins soll die rechtliche unmittelbare Wirkung des Regierenden auf die Regierten ausdrücken.

Wenn dies Bodins Intention war, so hat er schon im Titel seines Werkes seine Absicht klar zum Ausdruck gebracht. Denn mit seiner Idee eine Direktverbindung der Herrschaftsausübung vom Regierenden zum Regierten macht Bodin klar, dass der Umweg über Adel und andere nicht seiner Vorstellung vom Staat, seinem Souverän und der daraus resultierenden Regierbarkeit des Reiches entspricht.

5. Hierarchie bei Bodin

Bodins Vorstellungen vom Staat und Souveränität sind für ihn kosmologische Analogien. Um seine Vorstellung vom Staat und die daraus folgenden absolutistischen Monarchien, besonders in Frankreich genauer verstehen zu können ist es notwendig auch die theologischen Annahmen Bodins zu beleuchten.

Für ihn sind Staat und Souveränität Ableitungen aus dem Kosmischen auf das Materielle. Hier zeigt sich der Einfluss Platons. Auch Platon versucht die Einheit und Ordnung des Kosmos auf den Staat und auf den Menschen zu übertragen (Schwaabe 2010: 22). Bodin hat es geschafft die sakrale und kosmologische Ordnung in seine Staatstheorie zu integrieren bzw. diese zum Ausgangspunkt seiner Souveränitätslehre zu machen. Wie bereits geschrieben übernimmt Bodin die Ideen der griechischen Vorstellung von der Gleichheit des Aufbaus von Kosmos und Staat. Er bedient sich hier dem Hierarchiebegriff von Moses Maimonides, einem jüdischen Gelehrten. Die Hierarchie der Macht wird von Maimonides als ein Überfließen von der Höheren auf die Niedrigere Stufe versinnbildlicht (Voegelin 2003: 18ff). Hier unternimmt Bodin dann eine kleine Änderung mit großer Wirkung. Folgt man dem Hierarchiebegriff Maimonides wird also Macht über ein Stufensystem bis zu den niedrigsten Stufen ausgeübt. Bodins Neuerung besteht nun darin, dass alle Macht auf die höchste Stufe der Macht (Gott) zurückgeht. Wie in im vorangegangen Kapitel (3.2.) angerissen soll es nun möglich sein, dass die Zwischenstufen oder Vermittlerstufen übergangen werden können. Die kleinste Einheit untersteht direkt Gott.

Gott und im Falle des Staats der Souverän kann in bestimmten Situationen also direkt auf seine Untertanen einwirken und braucht dazu keine Vermittler oder Zwischenstufen. Es zeigt sich hier wie sehr Bodin es geschafft hat aus der kosmologischen Ordnung eine pragmatische Lösung und Legitimität zum Übergehen von Adel und der Machtausübung über jede einzelne Person, egal welchen Standes oder Status, zu konzipieren.

Wie bereits geschrieben verfasst Bodin seinen Staat streng hierarchisch. Neben einer personellen Hierarchie stellt er auch eine Hierarchie der Gesetzte bzw. Rechtsnormen auf. Voeglin (2003: 20) hat dies wie folgt gezeichnet:

(1) Hierarchie der Personen: (a) Gott; (b) der souveräne Fürst hat die Macht direkt von Gott und anerkennt außer Gott niemanden über ihm Stehenden; (c) der Magistrat erhält seine Macht, nach Gott, direkt vom Fürsten und ist seinen Gesetzten und Anordnungen unterworfen; (d) die privaten Bürger anerkennen, nach Gott, als ihre Vorgesetzten den Fürst und seine Beamte in ihrer jeweiligen Kompetenz.

(2) Die Hierarchie der Gesetzesformen: (a) die Privaten Rechtshandlungen der Bürger

(Verträge, Testamente, usw.) dürfen die Verordnungen der Beamten nicht beeinträchtigen;

(b) die Verordnungen der Beamten dürfen die coutume2 nicht beeinträchtigen; (c) die coutume darf die Gesetzte des Fürsten nicht beeinträchtigen; (d) die Gesetzte des Fürsten dürfen das natürliche und das göttliche Gesetzt nicht beeinträchtigen.

Durch diese Struktur vor allem der Rechtsnormen schafft es Bodin ein so gut wie geschlossenes Rechtssystem zu gestalten. Auch die Gewohnheitsrechte, die durch ständige Interaktion zwischen Rechtssubjekten entstehen, werden hier durch ihre Anerkennung des Souveräns abgeleitet und legitimiert. Damit ist der Souverän tatsächlich die höchste Gesetzgebungsinstanz aus der sich alles Recht ableitet (Nur das Naturrecht und das göttliche Recht sind davon ausgenommen).

6. Souveränitätslehre

Die Souveränitätslehre gehört zu den Kernpunkten der Staatstheorie von Jean Bodin. Mit seiner Konzeption eines Souveräns der die Macht über alles und Jeden hat bringt er eine neue Komponente in das neuzeitliche Denken über den Staat und Staatsführung.

[...]


1 International und national wird hier in Klammern gesetzt, weil die Nationen nach ihrer heutigen Definition, noch nicht ausgebildet waren. International wird hier als die Beziehungen zwischen Fürstentümern oder Königreichen benutzt; als inter-dynastische Beziehungen.

2 Gewohnheitsrechte

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Details

Titel
Frankreich unter der Herrschaft Ludwigs XIV. aus Sicht der Staatstheorie Jean Bodins
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut für Politische Wissenschaft)
Veranstaltung
Hauptseminar „Ideengeschichte der Alleinherrschaft“
Note
3,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
34
Katalognummer
V339614
ISBN (eBook)
9783668290891
ISBN (Buch)
9783668290907
Dateigröße
855 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Theorie, Politik, Ideengeschichte, Bodin, Frankreich, Ludwig, Alleinherrschaft
Arbeit zitieren
Rasmus Portmann (Autor:in), 2016, Frankreich unter der Herrschaft Ludwigs XIV. aus Sicht der Staatstheorie Jean Bodins, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339614

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