Mein Computer, der Coach und ich. Burnout-Prävention mittels Blended-Coaching


Masterarbeit, 2015

77 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Thematische Grundlegung
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Struktur und Abgrenzung der Arbeit

2. Burnout
2.1 Burnout – Stand der Forschung
2.2 Burnout – eine Annäherung an mögliche Auslöser
2.3 Burnout in Zahlen
2.4 Burnout-Prävention
2.5 Exkurs: Der Einfluss von Organisationen auf Burnout
2.6 Resümee des Kapitels „Burnout“

3. Coaching
3.1 Coaching – Stand der Forschung
3.2 Definition und Formen von Coaching
3.3 Die Bedeutung von Selbstcoaching
3.4 Überblick: Coaching Ansätze
3.5 Der Coaching-Prozess
3.6 Resümee des Kapitels „Coaching“

4. Vom Coaching zum E-Coaching und Blended-Coaching
4.1 Formen und Arten von E-Coaching
4.2 E-Coaching in Zahlen
4.3 E-Coaching: Stand der Forschung
4.4 Anforderungen an einen Blended-Coaching-Prozess
4.5 Resümee des Kapitels – Relevanz für das Konzept

5. Beteiligte Rollen im Blended Coaching
5.1 Die Rolle des Coaches
5.2 Die Rolle des Coachees
5.3 Die Rolle der Führungskraft
5.4 Die Rolle der Personal- und Organisationsentwicklung
5.5 Resümee des Kapitels „Beteiligte Rollen im Blended Coaching“

6. Konzept: Burnout-Prävention mittels Blended-Coaching
6.2 Zielsetzung
6.2 Bedingungen und Voraussetzungen für einen erfolgreichen Blended-Coaching-Prozess
6.3 Das Konzept im Überblick
6.3.1 Wahrnehmung des Coaching-Bedarfs
6.3.2 Erstes Kennenlernen
6.3.3 Vertragsschluss
6.3.4 Klären der Ausgangssituation
6.3.5 Zielbestimmung
6.3.6 Interventionen
6.3.7 Evaluation und Abschluss des Coaching-Prozesses

7. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1 – Anzahl der AU-Tage aufgrund des Burn-out-Syndroms

Abbildung 2 - Die 12 zentralen Wege der Burnout-Prävention

Abbildung 3 - Ansatzpunkte im Unternehmen zum Aufbau von Ressourcen für die Mitarbeiter

Abbildung 4 - Schritte im Coaching-Prozess

Abbildung 5 - Nutzung neuer Medien im Coaching

Abbildung 6 - Kostenvergleich einer Veranstaltung ohne und mit VTC

Abbildung 7 - Blended Coaching-Konzept Teil 1

Abbildung 8 - Eingesetzte Methoden / Medien je Prozessschritt

Abbildung 9 - Beispiel einer Zielbestimmung mittels Spinnendiagramm

Abbildung 10 - Schritte der Resilienz-Entwicklung

Tabelle 1 – Übersicht der Kommunikationsformen und -arten des E-Coachings

Tabelle 2 - "Bausteine" für elektronische Coaching-Tools

Hinweis

Zur Gewährleistung einer besseren Lesbarkeit der vorliegenden Arbeit wird ausschließlich das generische Maskulin verwendet. Hiermit sind Frauen gleichermaßen angesprochen.

1. Einleitung

„Eins, zwei, drei! Im Sauseschritt / läuft die Zeit; wir laufen mit.“

(Wilhelm Busch)

1.1 Thematische Grundlegung

„Unsere Mitarbeiter sind unser wichtigstes Kapital.“ – Diese oder ähnliche Aussagen sind immer häufiger in den Leitbildern deutscher Unternehmen zu lesen. Angesichts der heute schon spürbaren Auswirkungen des demographischen Wandels verbirgt sich hinter diesem Satz keine leere Versprechung mehr; vielmehr ist er für die Unternehmen zu einer irreversiblen Grundlage ihrer Existenzsicherung geworden. Denn Organisationen sehen sich gleich mehreren Kräften ausgesetzt:

Vernetzte, digitalisierte, globalisierte und dynamische Märkte führen zu einer allgemein gestiegenen Komplexität, einer immer kürzeren Halbwertszeit von Wissen und der Notwendigkeit kürzerer beziehungsweise (bzw.) effizienterer Produktionszyklen in einem erweiterten Wettbewerbsumfeld. Permanenter Wandel wird insbesondere bei innovationsorientierten Unternehmen oft zur einzigen Konstante. Damit verbunden sind steigende Anforderungen an die Belegschaft hinsichtlich ihrer Flexibilität, Mobilität, Veränderungs- und Lernbereitschaft. Für die Personalentwicklung (PE) bedeutet dies in Konsequenz, dass innerbetriebliche Seminarkataloge mit dem jährlich gleichen Angebot ausgedient haben. Weiterbildung muss „on demand“ und bestenfalls individuell erfolgen.

Aber nicht nur die Einflüsse des Marktes zwingen die Unternehmen zum Umdenken. Auch der Wertewandel, der sich dadurch kennzeichnet, dass die Menschen nach einem „ausbalancierten Lebenskonzept“[1] streben, birgt eine Veränderungsnotwendigkeit in den Organisationen. Die Individualisierung, in der die Menschen eine immer größere Anzahl an Optionen in allen Lebensbereichen vorfinden und nutzen wollen, tut ihr Übriges. Selbstfindung und Selbstverwirklichung sind heute einfacher zu realisieren und werden deshalb auch von den Beschäftigten eingefordert.[2]

Zusätzlich bringt der durch den demographischen Wandel ausgelöste Fachkräftemangel erhöhte Anforderungen an die Gesunderhaltung der Beschäftigten mit sich. Der Umgang mit der psychischen Beanspruchung der Arbeitskräfte stellt im Zuge der beschriebenen erhöhten Komplexität und Veränderungsgeschwindigkeit hierbei eine besondere Herausforderung dar. Die Geschwindigkeit des Arbeitens hat sich elementar verändert, Beruf und Privatleben wurden entgrenzt.[3] Dauerstress und Burnout haben sich in den vergangenen Jahren zu einem Massenphänomen entwickelt[4] ; die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage (AU-Tage) aufgrund psychischer Erkrankungen, wie zum Beispiel (z.B.) Burnout, ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen.[5] Bei einem steigenden Durchschnittsalter der Beschäftigten müssen Unternehmen deshalb damit rechnen, dass ein immer größerer Belegschaftsanteil als „leistungsgewandelt“[6] gelten wird, gleichzeitig jedoch aufgrund steigender Komplexität die verfügbaren belastungsreduzierten Arbeitsplätze für leistungsgewandeltes Personal weniger werden.[7]

Spätestens hier wird deutlich: Betriebliches Gesundheitsmanagement wird zu einer „‘harten‘ unternehmerischen Notwendigkeit“[8] und muss stärker als bisher als ein eigenständiges personalwirtschaftliches Themenfeld etabliert werden.[9] Eine enge Verzahnung mit der Personalentwicklung sowie eine konsequente Präventionsorientierung sind unabdingbar. Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel in den Unternehmen. „Unsichtbare“ Phänomene wie Leistungsreduzierung oder innere Kündigung müssen sichtbar gemacht und „behandelt“ werden, bevor es zu Burnout-Fällen kommt, die für die gesamte Organisation existenzgefährdend werden können.[10]

1.2 Ziel der Arbeit

Die thematische Einleitung macht deutlich, dass nur eine gelungene Kombination aus einer Personalentwicklung, welche die veränderten Anforderungen an Beschäftigte aufnimmt und deren individuelle Stärken fördert sowie einem Gesundheitsmanagement, in dem Investitionen als Return on Investment verstanden werden, „dazu beitragen kann, eine Lebensarbeitszeit von 45 Jahren zu ermöglichen“[11].

Die Suche nach einem geeigneten Personalentwicklungsinstrument, welches mit einem präventiven Gesundheitsmanagement einher gehen kann, führt rasch zu Coaching. Publikationen zum Thema Coaching sind allerdings oft thematisch breit angelegt und bleiben damit allgemein.[12] Zudem wird Coaching häufig nach wie vor negativ assoziiert[13] oder – vor allem als Instrument für die „breite Masse“ der Beschäftigten – aus Kostengründen abgelehnt. Neuere Entwicklungen, Coaching zu „virtualisieren“ können dieses Instrument jedoch nun leichter verfügbar werden lassen.[14]

Für eine gelungene Burnout-Prävention scheint ein rein virtuelles Instrument allerdings „zu kurz gegriffen“. Da der Aspekt, Coaching als Instrument zur Burnout-Prävention zu nutzen, dennoch sinnhaft erscheint, soll diese Arbeit das bisher wenig erforschte Gebiet des Blended-Coachings – also die Verbindung von klassischem Coaching und E-Coaching – aufgreifen.

Zielsetzung dieser Arbeit ist es, eine theoretisch-konzeptionelle Grundlage für ein Blended-Coaching-Konzept zur Burnout-Prävention zu schaffen. Dabei wird eine spätere Anwendung des Konzepts in mittelständischen deutschen Unternehmen unterstellt, welche das Instrument nicht nur für bestimmte Zielgruppen, sondern flächendeckend anwenden.

Diese Arbeit richtet sich an Wissenschaftler sowie an alle Personen, die im Rahmen der PE und Organisationsentwicklung (OE) mit der Förderung von Mitarbeitern betraut sind. Ferner gehören auch Coaches zur hier angesprochenen Zielgruppe.

1.3 Struktur und Abgrenzung der Arbeit

In einem ersten Schritt wird das „Phänomen“ Burnout hinsichtlich des aktuellen Forschungsstands mittels einer umfangreichen Literaturrecherche analysiert. Anschließend wird in identischer Weise das Feld des Coachings als Personalentwicklungsinstrument bearbeitet. Ein besonderes Augenmerk in der Recherche liegt dabei auf den Entwicklungen im Bereich des E-Coachings. Im dritten Schritt werden die an einem Blended-Coaching-Prozess beteiligten Rollen gemäß der zu erwartenden Anforderungen analysiert. Abschließend wird das Blended-Coaching-Konzept entwickelt. Es wird unter der Prämisse gestaltet, sowohl inhaltliche als auch konzeptionelle Elemente zu berücksichtigen.

Kapitel 2 stellt die Ergebnisse der Burnout-Forschung sowie geeignete Präventionsmaßnahmen vor. Diese beziehen sich primär auf das Individuum. Organisationale Aspekte der Burnout-Prävention werden in einem Exkurs betrachtet. Kapitel 3 stellt den aktuellen Forschungsstand zum Coaching her. Ein exemplarischer Coaching-Prozess sowie die Bedeutung von Selbstcoaching stehen dabei im Fokus, da sie eine besondere Relevanz für den Blended-Coaching-Prozess aufweisen. Kapitel 4 fasst die Besonderheiten des E-Coachings zusammen und leitet hieraus die Anforderungen an einen Blended-Coaching-Prozess ab. Kapitel 5 beleuchtet die beteiligten Rollen und geht dabei insbesondere auf die Anforderungen ein, die an diese Rollen im Rahmen des Blended-Coaching-Prozesses gestellt werden. Im Kapitel 6 wird das Konzept basierend auf den Ergebnissen der vorangegangenen Kapitel entwickelt. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick in Kapitel 7.

Diese Arbeit fokussiert bewusst auf die Handlungsfähigkeit und Handlungsnotwendigkeit des Individuums in Bezug auf die Burnout-Prävention. Die Einflüsse des Umfelds, wie z.B. die Arbeitsplatzgestaltung oder das Schaffen angemessener organisationaler Rahmenbedingungen sind nicht minder wichtig und müssen in der Praxis immer ineinandergreifen. Würde lediglich auf individueller Ebene interveniert, bestünde die Gefahr einer Musterwiederholung.[15] Aufgrund des begrenzten Rahmens der vorliegenden Arbeit wird dieser Aspekt jedoch lediglich in Form eines Exkurses in Kapitel 2.5 betrachtet.

2. Burnout

„Praesto, ergo sum. Ich leiste, also bin ich.“[16]

2.1 Burnout – Stand der Forschung

Eine Google-Recherche zum Thema Burnout ergibt derzeit 38.800.000 Suchergebnisse. Unter den ersten Resultaten finden sich im Wesentlichen Symptombeschreibungen und Selbsttests, welche Ratsuchenden eine Orientierung und Abgrenzung zwischen einem „Zuviel-an-Stress“ und einem Burnout ermöglichen sollen.

Das zeigt vor allem: Seit Herbert J. Freudenberger im Jahr 1974 erstmals das Phänomen der emotionalen Erschöpfung beschrieb, hat der Begriff Burnout zwar „populärwissenschaftliche Karriere“[17] gemacht, eine allgemeingültige Einordnung des Syndroms bzw. eine Definition wurde in der Wissenschaft bis heute noch nicht erlangt. Die Burnout-Forschung der 70’iger Jahre, als das Krankheitsbild noch vorwiegend Menschen in „helfenden Berufen“ zugeschrieben wurde, war geprägt von qualitativen Methoden wie Interviews oder Fallstudien. Die empirische Phase startete zu Beginn der 80’iger Jahre mit der Entwicklung des Maslach-Burnout-Inventory (MBI) von Christina Maslach.[18] Es enthält 22 Items, welche in die drei Skalen Emotionale Erschöpfung, Depersonalisation und Leistungs(un)zufriedenheit gegliedert sind.[19] Obwohl es Kritik hinsichtlich der Validität des MBI gibt und er sich aufgrund des Berufsbezugs der Items auch nicht universell anwenden lässt, wurde er laut einer Statistik der Burnout-Forschung, die bis in das Jahr 1996 reicht, in 91 % der Dissertationen verwendet.[20] Die Forderung von Ina Rösing nach weiterem Klärungsbedarf sowie die Kritik darüber, dass die Burnout-Forschung nach wie vor in den Kinderschuhen steckt und durch Monotonie gekennzeichnet ist[21], erscheint berechtigt. Denn heute noch reicht das Spektrum des Burnouts von einer klinischen Störung, über eine Unterform der Depression bis hin zu einer Modediagnose „gestresster Großstädter, die ihrem sinnentleerten Scheitern wenigstens den Abgang des Heroischen gönnen wollen“[22].

In der klinischen Forschung gilt Burnout bis heute ebenfalls nicht als anerkanntes Krankheitsbild. Es kommt lediglich in Form einer Ausschlussdiagnose zur Anwendung.[23] Der in diesem Fall gewählte ICD-Code[24] bescheinigt dem Patienten „Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“[25].

Dem ICD-Code sowie weiteren Definitionen des Begriffs Burnout ist zumindest die Beschreibung der total körperlichen, geistigen und emotionalen Erschöpfung gleich. Unterstellt werden kann somit, dass keine oder eine nicht ausreichende Regeneration des menschlichen Organismus gegeben ist. Auch wenn sich in diesem Kontext über die Vermutung mangelnder anabolischer Prozesse[26] eine Erklärung für die körperliche Genese von Burnout finden ließe – die Frage nach den individuellen Auslösern birgt die unterschiedlichsten Ansatzpunkte. Diese werden im folgenden Kapitel analysiert.

2.2 Burnout – eine Annäherung an mögliche Auslöser

Um eine für diese Arbeit notwendige Eingrenzung möglicher Auslöser zu erlangen, werden zunächst Definitionen verschiedener Autoren wissenschaftlicher Literatur genannt und reflektiert:

Manfred Nelting, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin in Hamburg, beschreibt Burnout als einen nicht gelingenden „Anpassungsversuch unseres Körpers an die Lebensbedingungen und Anforderungen der heutigen Welt “.[27] Eine ähnliche Definition findet Ruth Tröster. Sie geht davon aus, dass im Falle eines Burnouts „einem Menschen mehr Energie entzogen [wird], als ihm zugeführt wird[28]. Begründet wird dies mit einer quantitativen und qualitativen Überforderung, mit zu hohen Anforderungen an die Verantwortung bei zu geringer Anerkennung sowie einem außerordentlichen Arbeitsengagement seitens des Beschäftigten, welches nicht durch einen erhöhten Verantwortungs- bzw. Autonomiegrad gewürdigt wird.[29]

Diesen Definitionen ist gleich, dass dem Burnout-Betroffenen eher eine passive Rolle zugesprochen wird, weil die Ursachen des Burnouts „im Außen“, also bei den Anforderungen der Welt oder im Verhalten des Arbeitgebers, vermutet werden.

Dieser Ansatzpunkt entspricht dem amerikanischen Fokus, in dem die Umwelt als Auslöser für Burnout betrachtet wird. Im deutschsprachigen Raum hingegen werden häufig individuelle Faktoren in den Vordergrund gestellt.[30] So nimmt Julia Scharnhorst z.B. an, „dass ein Burnout verursacht wird durch die empfundene psychische Überlastung im Arbeitsleben bei gleichzeitig vorliegenden Persönlichkeitsmerkmalen und Einstellungen, die dazu beitragen, dass zu viel Energie ausgegeben wird[31].“

Die Vermutung vorliegender Persönlichkeitsmerkmale und Einstellungen als Auslöser wirft die Frage auf, ob es einen typischen „Burnout-Charakter“ gibt. Während Freudenberger begeisterungsfähige und zielorientierte Persönlichkeiten beschreibt, die „ausbrennen“, spricht Christina Maslach hingegen von zurückhaltenden Persönlichkeiten mit mangelndem Selbstwertgefühl und wenig Ehrgeiz.[32] Dies legt den Schluss nahe, dass es keinen typischen Burnout-Charakter gibt und stattdessen eine differenzierte Ursachenanalyse von Nöten ist.

Kommen also doch externe Faktoren als Auslöser für Burnout in Frage? Die psychosomatische Medizin beschreibt, dass äußere Einflüsse zunehmend und ungeordnet auf Individuen einwirken, die deshalb trotz stetig besser werdender medizinischer Versorgung immer kränker werden.[33] Die in der Arbeit einleitend beschriebenen Veränderungsprozesse in Organisationen sorgen dafür, dass Mitarbeiter heute trotz hohen Engagements weniger Einfluss darauf nehmen können als früher, wie sicher ihr Arbeitsplatz ist.[34] Weitere negative Arbeitseinflüsse wie fehlende Anerkennung, ein hohes Maß an Kontrolle, ein geringeres Gemeinschaftsgefühl, unlogische Arbeitsanweisungen oder gar widersprüchliche Werte[35] bestätigen die oben genannte Annahme der ungeordnet einwirkenden Kräfte und stützen so die These externer Auslöser für ein Burnout. Dem gegenüber steht jedoch die Frage, warum „von zwei Personen, die unter gleichen Bedingungen in der gleichen Organisation arbeiten, eine in einen Burnout [gerät], die andere dagegen nicht[36] “.

Cary Cherniss hat auf Basis dieser Frage das Konzept des „Burnouts als fehlende Passung zwischen Arbeitsumgebung und Mensch“ entwickelt. Er zieht in seiner Studie das Fazit, dass Burnout kein unvermeidbares Schicksal darstellt und überdies nicht an einen typischen „Burnout-Charakter“ gebunden ist.[37] Er betrachtet Burnout „vielmehr [als] das Ergebnis einer implodierenden Mischung von unterschiedlichen persönlichen, aber v.a. arbeitsplatzspezifischen und lebensphasentypischen Variablen, die voraussehbar sind, [und] die aktiv angegangen werden können (…)“[38].

Die bereits in der Einleitung beschriebene Möglichkeit eines „multioptionalen Lebens“[39] als solch eine persönliche und voraussehbare Variable soll an dieser Stelle näher betrachtet werden. Sie geht sowohl mit der Individualisierung, als auch mit dem Wertewandel einher. Den Menschen stehen heute immense Optionen in Bezug auf ihren Berufsweg, aber auch auf andere Lebensbereiche, zur Verfügung. Im Umkehrschluss fühlen sich die Individuen für ihre Wahl und deren Ergebnis umso mehr verantwortlich.[40] In allen Lebensbereichen wird eine persönliche Sinnerfüllung angestrebt.[41] Insbesondere im Kontext beruflicher Erfüllung kann dies zu dem Phänomen der Subjektivierung von Arbeit führen, welches Jeanette Moosbrugger wissenschaftlich untersucht hat.

Wo der Erwerbstätige seine Lage erkennt und aus seiner „freiwilligen Selbstausbeutung“ ausbrechen möchte, kann ihm ein berufliches Coaching helfen. Auch Pines stellt fest, dass gerade die Erwerbstätigen selbst gefordert sind, sich dem Dilemma von Überdruss-Situationen zu stellen.[42] Bildung erscheint hier als ein probates Mittel, sich gegen Vereinnahmung und Funktionalisierung zu behaupten. Mittels Coaching kann ein Positionswechsel und damit ein „Blick von außen“ auf die eigene Situation erreicht werden.[43] Hier ist jedoch eine echte Problemlösung gefragt. „Oberflächliche“ Tipps zu einem besseren Selbstmanagement oder einer gesünderen Lebensweise können schlimmstenfalls die selbstzerstörerische Dynamik verstärken, wenn der Coachee nach seinem „Bildungs-Prozess“ auch in weiteren Lebensbereichen umfassende „Erfüllung“ und Perfektion anzustreben versucht.

Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass mögliche Burnout-Auslöser sehr individuell und vielschichtig sein können, so dass diese vor Interventionen im Rahmen von Coaching-Prozessen genau analysiert werden müssen.

2.3 Burnout in Zahlen

Das Ausmaß von Burnout und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Betriebs- und Volkswirtschaft wurden in den vergangenen Jahren auf verschiedenen Ebenen quantifiziert und sollen an dieser Stelle die Brisanz und die Notwendigkeit von Interventionen verdeutlichen.

Betrachtet man die Entwicklung psychischer Störungen, ist festzustellen, dass sich die AU-Tage diesbezüglich in den letzten 30 Jahren verdreifacht haben.[44] Der Gesundheitsreport der Betriebskrankenkassen (BKK) zeigt konkret auf, dass im Jahr 2012 auf 1.000 BKK-Mitglieder durchschnittlich 2.132 Arbeitsunfähigkeitstage kamen.[45] Über 75.000 Menschen wurden aufgrund psychischer Erkrankungen im Jahr 2012 in Deutschland frühverrentet.[46] Obwohl die Zahlen seit 2013 leicht rückläufig sind – der insgesamt sprunghafte Anstieg der Ausschlussdiagnose Burnout seit 2004 ist eine mögliche Einflussgröße für die Verdreifachung der AU-Tage wegen psychischer Störungen. Er ist nachfolgend abgebildet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 – Anzahl der AU-Tage aufgrund des Burn-out-Syndroms[47]

Eine Metastudie der Medizinischen Hochschule Hannover aus dem Jahr 2010, bei der insgesamt 25 Burnout-Studien analysiert wurden, verdeutlicht den Erfolg von Burnout-Interventionen. In 21 Studien (84 %) kam es zu einem Rückgang von Burnout. 17 Interventionen waren personenzentriert. Von ihnen bewirkten 82 % einen Rückgang von Burnout über bis zu sechs Monate nach der Intervention.[48] Trotz des positiven Werts wird deutlich, dass Burnout keine einmalige Diagnose bleiben muss. Die Rückfallquote der Betroffenen liegt bei 60 %.[49]

Das Coaching eine mögliche personenzentrierte Interventionsform zur Burnout-Prophylaxe darstellt, zeigt die „13. Coaching-Umfrage Deutschland“, herausgegeben vom Büro für Coaching und Organisationsberatung. Bei der Frage nach den bedeutendsten Coaching-Themen wird die Burnout-Prophylaxe an 5. Stelle genannt (n = 399, 49 ohne Angabe)[50], während sie in der Studie 2009 / 2010 noch an 4. Stelle stand.[51]

Die Kosten, die sich aufgrund von Burnout für die Unternehmen bzw. die Volkswirtschaft im Allgemeinen ergeben, lassen sich weniger eindeutig beziffern. Die Gründe dafür sind in den unterschiedlichsten Berechnungsgrundlagen zu vermuten. Für Deutschland gehen die meisten Berichte von jährlichen Kosten in Höhe von 6 – 7 Milliarden Euro aus.[52] Fred Grimm verweist im Kontext einer Unternehmenskultur-Debatte auf eine Studie, die volkswirtschaftliche Schäden aufgrund innerer Kündigung[53] bemisst. Diese belaufen sich auf 100 Milliarden Euro im Jahr.[54] Eine noch höhere Zahl liefert die Fürstenberg-Performance-Studie aus dem Jahr 2010. Sie beziffert die wirtschaftlichen Folgekosten von psychosozialen, familiären und körperlichen Problemen auf 262 Milliarden Euro pro Jahr in Deutschland.[55] Selbst die „konservativ geschätzte“ Zahl von 6 Milliarden Euro macht bewusst, dass sich durch (rechtzeitige) Burnout-Interventionen große Einsparpotenziale für deutsche Unternehmen sowie das deutsche Gesundheitssystem ergeben können.

Ein Schweizer Pharmakonzern konnte die Einsparpotenziale einer Burnout-Prävention konkret ermitteln und auf diese Weise auch die Zustimmung zum Projekt der Burnout-Prävention in allen Gremien erreichen: Seit 2006 wird allen Managern des Konzerns ein jährliches Burnout-Screening angeboten, welches das Unternehmen jährlich 50.000 CHF kostet, circa (ca.) 300 € pro Manager. Rechnerisch hat sich diese Burnout-Früherkennung bereits gelohnt, wenn nur ein Top-Manager nicht wegen eines Burnouts zwei Monate krank wird. Die Maßnahme stellt im Rahmen eines attraktiven Gesundheitsmanagements außerdem einen wichtigen Wettbewerbsvorteil im Ringen um die qualifiziertesten Experten dar.[56]

Wie wichtig Prophylaxe und Prävention sind, machen zudem folgende Zahlen deutlich: Zwischen ersten Symptomen und der Diagnose „Burnout“ können bis zu 10 Jahre vergehen.[57] Eine lange Zeit, in der der Beschäftigte bereits unter Leistungseinbußen leidet – und das obwohl gefährdete Personen sich der Symptome häufig bewusst sind bzw. darauf aufmerksam gemacht werden. Diese Zahlen gehen aus dem aktuellen Hernstein Management Report hervor, in dem 1.079 österreichische und deutsche Führungskräfte zum Thema Burnout und Gesundheit befragt wurden. 26 Prozent der Befragten wurden von ihrem persönlichen Umfeld auf eine mögliche Burnout-Gefahr hingewiesen, 14 Prozent schon mehrfach gewarnt.[58] „16 % der Befragten stellten fest, dass sie an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit arbeiten, 19 % fühlten sich von der Arbeitsmenge überfordert, 24 % klagten über emotionale Erschöpfung (charakteristisches Hauptsymptom eines Burnouts)“[59].

Der Stressreport 2012 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin liefert interessante Hinweise zu der Fragestellung, in wie weit externe Faktoren der Arbeitsplatzgestaltung Einfluss auf das Stressempfinden der Beschäftigten nehmen. Die Gruppen der Beschäftigten im MINT[60] -Bereich gehört zu den „Spitzenreitern“ betreffend externer störender Einflüsse wie Multitasking, Termin- und Leistungsdruck. Gleichzeitig berichten die Beschäftigen jedoch auch von Handlungsspielräumen und sozialer Unterstützung. Stressbedingte gesundheitliche Beschwerden sind in dieser Gruppe am geringsten ausgeprägt.

Die Gruppe der Beschäftigten in Fertigungsberufen gehört in Bezug auf die Stressfaktoren ebenfalls zu den Spitzenreitern. Allerdings werden hier psychovegetative Beschwerden und ein negativer Gesundheitszustand häufiger genannt. Eine Begründung dafür könnte im mangelnden Handlungsspielraum sowie in der geringen sozialen Unterstützung liegen, die von den Angehörigen dieser Berufsgruppe ebenfalls beanstandet wird.[61]

2.4 Burnout-Prävention

Dieses Kapitel soll grundlegende Ansätze der Burnout-Prävention erläutern. Zunächst ist jedoch eine Begriffsabgrenzung der Burnout-Prophylaxe, der Prävention sowie der Intervention erforderlich.

Die Burnout-Prophylaxe umfasst alle Maßnahmen zur Verhütung von Burnout. Sie richtet sich also an gesunde Menschen und enthält typischerweise Maßnahmen zu Themen wie Stressmanagement oder gesunder Lebensführung, insbesondere zu Ernährung, Sport und so weiter (usw.).[62]

In der Burnout-Prävention stehen das frühe Erkennen und Einschreiten-Können im Fokus. Präventionsmaßnahmen richten sich an Beschäftigte, die bereits erste Symptome zeigen. Eine mögliche Maßnahme kann Coaching sein. Aber auch einzelne Elemente der Prophylaxe sowie der Intervention (Therapie) können hier noch zum Tragen kommen. Die Grenzen sind fließend.[63]

Die Intervention beinhaltet alle Schritte, die im Falle eines ausgebrochenen Burnouts unternommen werden, z.B. eine Erholungsphase mit anschließender psychotherapeutische Behandlung oder Maßnahmen im Rahmen eines Betrieblichen Wiedereingliederungsmanagements (BEM).[64]

So komplex die Ursachen psychischer Belastungen sind, so unterschiedlich sind auch die möglichen Anknüpfungspunkte für Prophylaxe, Prävention und Intervention. Sie können sich jeweils auf der Ebene des Individuums, des Teams, des gesamten Unternehmens und auch auf gesellschaftlicher Ebene bewegen.[65] Mit der Intention, diese später in ein Blended-Coaching-Konzept zu übernehmen, sollen im Folgenden Aspekte individueller Prävention betrachtet werden.

Freudenberger hat bereits im Jahr 1974 Methoden der Burnout-Prävention genannt. Mit dem Fokus darauf, welche der Maßnahmen der Betroffene individuell beeinflussen und umsetzen kann, seien genannt:

- Die Klärung eigener Ansprüche und Ziele
- Die Begrenzung der Arbeitsstunden
- Der Austausch mit Kollegen, um eigene Belastungen in Grenzen zu halten
- Die Steigerung der körperlichen Fitness
- Die Pflege von Kollegialität[66]

Scharnhorst konstatiert, dass die Behandlung eines Burnouts sich auf die zwei Säulen „Erholung und Umdenken“ stützt. Dabei ist eine Erholung unabdingbar, um die Phase des Umdenkens zulassen zu können. Einige der von ihr genannten Interventionsmöglichkeiten lassen sich bereits als präventive Maßnahmen einsetzen. Ergänzend zu den von Freudenberger genannten Möglichkeiten, sind dies insbesondere:

- Das Erlernen und Anwenden von Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen
- Ein gesunder Lebensstil (ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung)
- Das Erkennen eigener Antreiber mit dem Ziel, hieraus seine Einstellungen zu ändern
- Die Verbesserung der eigenen Stressbewältigungskompetenz[67]

Ähnliche Ansätze finden sich in jeder gängigen Burnout-Literatur. Die einzelnen Maßnahmen stehen dabei häufig ohne einen Zusammenhang nebeneinander und erwecken den Eindruck, dass die Umsetzung eines Elements bereits zuverlässig ein Burnout verhindert. Bergner dagegen liefert einen integrierten Präventionsansatz, der in nachfolgender Abbildung dargestellt und anschließend in seinen einzelnen Komponenten erläutert wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 - Die 12 zentralen Wege der Burnout-Prävention[68]

1. Realitätsakzeptanz: An erster Stelle soll die Frage geklärt werden, in wie weit die Person bereits an einem Burnout leidet.[69]
2. Ressourcensammlung: Statt einer defizitorientierten Sichtweise geht es im zweiten Schritt darum, zu erarbeiten, welche individuellen Ressourcen in den bevorstehenden Prozess eingebracht werden können.[70]
3. Selbstverständnis: Hier wird thematisiert, in wie weit sich die Person bereits nicht mehr vollständig wahrnimmt, Warnsignale des eigenen Körpers übergeht et cetera (etc.)[71]
4. Zeitsouveränität: In dieser Stufe steht der souveräne, also selbstbestimmte, Umgang mit Terminen und Zeit im Fokus. Klassisches Zeitmanagement greift in aller Regel zu kurz, da es die externen Einflüsse nicht berücksichtigt.[72]
5. Eigenbestimmtheit: Burnout-Erkrankte haben häufig den Eindruck, nichts mehr selbst bestimmen zu können, z.B. wegen zu rigider Vorgaben im beruflichen Kontext.[73] Sie stellen ihre eigenen Bedürfnisse für andere Belange schlimmstenfalls solange zurück, bis sie gar nicht mehr erkennen, was eigentlich ihre eigenen Bedürfnisse und was die Bedürfnisse anderer sind.
6. Zufriedenheitskonstanz: Neben einer Reduktion von Stress wird die Erreichung von Zufriedenheit, im Sinne einer Selbsterkenntnis und Ehrlichkeit, angestrebt. Es geht darum, das eigene Selbstbild mit dem Außen in Einklang zu bringen.[74]
7. Stresstoleranz: Stress als individuell empfundenes Phänomen wird erzeugt, wenn Individuen in eine Abwehrhaltung gehen. Der Ausgleich von Antipathie und Sympathie mündet in Stresstoleranz.[75]
8. Dyadenkompetenz: Hier geht es um das Beleben und Zulassen von Beziehungen.[76]
9. Situationstoleranz: In der Situationstoleranz wird eine Lösung mit Situationen angestrebt, die die Person nicht verlassen, aber auch nicht aushalten kann.[77] Dieser Punkt kann sinnvollerweise um das Konzept der Resilienz ergänzt werden. Resilienz beschreibt die Fähigkeit, gegenüber äußeren Belastungen oder Krisensituationen widerstandsfähig zu sein bzw. diese ohne eine anhaltende Beeinträchtigung durchzustehen.[78] Die Resilienz-Forschung bezieht sich dabei auf die ressourcenorientierte Therapie und auf die positive Psychologie.[79]
10. Rollensicherheit: Diese Stufe widmet sich der Erkenntnis, welche Rollen man als Person innehaben kann, welchen Rollen gewünscht sind und wie diese ausgefüllt werden können.[80]
11. Zielerkenntnis: In diesem Abschnitt soll die Frage beantwortet werden, welche inneren Ziele wirklich verfolgt werden und wie diese erreicht werden können.[81]
12. Sinnannäherung: Die Erkenntnisse der ersten elf Stufen fließen in die Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens ein.[82]

Dieses Konzept erscheint umfassend. Die dargestellten Stufen lassen sich mit verschiedenen individuellen Maßnahmen bearbeiten und in ein Blended-Coaching-Konzept überführen. Ergänzend ist hinzuzufügen, dass nicht für jeden Coachee jede Stufe relevant sein muss. Eine individuelle, an den Stärken des Klienten orientierte Arbeitsweise ist anzustreben.[83]

2.5 Exkurs: Der Einfluss von Organisationen auf Burnout

In einer insgesamt eher stagnierenden Burnout-Forschung wurden bislang auch die Ebene bzw. die Einflussmöglichkeiten der Organisation in Bezug auf Burnout kaum thematisiert.[84] Gleichwohl bieten Organisationen heute bereits häufig eine Vielzahl von Maßnahmen an – meist in Form von Trainings oder Gesundheitstagen – die ihren Beitrag zur Prophylaxe leisten sollen. Primär angesprochene Zielgruppe sind dabei die Beschäftigten, welche für sich nützliche Inhalte in ihren (Arbeits-)Alltag integrieren können. Oft stiften die isoliert geschulten Instrumente (Nutzung von to-do-Listen, Anwendung der Eisenhower-Methode, „Ordnung halten“ im E-Mail-Programm usw.) kaum Nutzen, da sie maximal eine punktuelle Entlastung bringen, systemische und organisatorische Elemente jedoch nicht aufgreifen.[85] Es mangelt an einem ganzheitlichen Konzept, welches die Perspektive der Arbeitsplatzgestaltung respektive (resp.) der gesamten Organisationsentwicklung berücksichtigt.

So ein Konzept würde auch die heute oft propagierte Trennung bzw. Ausbalancierung zwischen Berufs- und Privatleben (Work-Life-Balance) überflüssig machen, da der Arbeitsprozess selbst – sofern er angemessen gestaltet ist – sehr geeignet ist, um die menschlichen Bedürfnisse[86] zu befriedigen. In diesem Fall würde der Unterschied zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen und Commitment würde entstehen.[87] Dieses Engagement, welches sich aus dem inneren Antrieb ergibt, ist sicherlich die wichtigste Ressource, die ein Unternehmen bei seinen Beschäftigten aktivieren kann.

Einen strukturierten Überblick über diverse Ansätze der Ressourcenentwicklung liefert Julia Scharnhorst (siehe Abbildung 3). Sie betrachtet die Ebenen der Unternehmensführung, der Organisation, der Führung sowie der Arbeitsgestaltung. Den Ansatzpunkten der einzelnen Ebenen lassen sich wiederum verschiedene Instrumente zuordnen. So finden sich die bereits genannten Trainings auf der Ebene der Organisation unter dem Punkt „Weiterbildung“ wieder. Auf der Ebene der Führung würden Maßnahmen wie Mitarbeitergespräche oder Mitarbeiterbefragungen einfließen, welche die Mitarbeiterbeteiligung aber auch die Anerkennung und Rückmeldung zum Ziel haben. Eine breite Palette an denkbaren Maßnahmen bietet die Ebene der Arbeitsgestaltung: Hierunter kann die Ermöglichung von flexiblen Arbeitszeiten, Sabbaticals[88] oder ähnlichen Arbeitszeitmodellen fallen. Die Veränderung von Arbeitsabläufen oder der Arbeitsumgebung (z.B. Home Office) sowie die belastungsarme Gestaltung von Arbeitsplätzen sind wesentliche Erfolgsfaktoren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 - Ansatzpunkte im Unternehmen zum Aufbau von Ressourcen für die Mitarbeiter[89]

Zu den Gestaltungsmerkmalen belastungsarmer Arbeitsplätze gehören die Vollständigkeit der Arbeitsaufgaben, die Anforderungsvielfalt, die Möglichkeit zur sozialen Interaktion, die Autonomie, Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten, Zeitelastizität sowie Sinnhaftigkeit. Die konsequente Ausrichtung der Arbeitsplätze nach diesen Gestaltungskriterien birgt für Organisationen einen doppelten Nutzen: einerseits kann ein Beitrag zur Burnout-Prävention geleistet werden, andererseits haben Studien belegt, dass auch Umsatz, Gewinn, Eigenkapitalrentabilität und Wertschöpfung steigen.[90]

2.6 Resümee des Kapitels „Burnout“

Zu Beginn zeigt das Kapitel, dass es selbst nach vier Jahrzenten der Forschung noch keine allgemeingültige Definition sowie Erklärung für die Auslöser von Burnout gibt. Aufgrund der Tatsache, dass jedes Individuum seine eigene Biographie und sein eigenes Muster hat, bleibt die Entwicklung einer allgemeinen Theorie weiterhin unwahrscheinlich.[91]

Nach der Analyse verschiedener Ansätze bzgl. der auslösenden Faktoren von Burnout kann konstatiert werden, dass „in der Regel die innere Eigenreaktion auf die äußeren, stressverursachenden Umstände sowie die individuelle Konstitution der Person“[92] ausschlaggebend sind. Weiterhin bestätigt der bereits zitierte Stressreport 2012, dass Stressfaktoren nicht immer zu einer erhöhten Belastung der Beschäftigten und damit zu negativen Folgen für die Gesundheit führen. Die Höhe und Kombination der Anforderungen sowie das Ausmaß und Zusammenwirken vorhandener Ressourcen scheinen eine bedeutsame Rolle zu spielen.[93]

Auf dieser Grundlage ergeben sich zwei Punkte, die für die Entwicklung eines Blended-Coaching-Konzepts übertragen werden können:

1. Eine individuelle Analyse zu Beginn des Prozesses ist unentbehrlich. Nur so kann ein stimmiger Präventionsansatz für den Klienten entwickelt werden. Die Anforderung an Individualität lässt sich im Rahmen eines Coaching-Prozesses hervorragend befriedigen.
2. Die Vielfalt und Kombination der für das Individuum stressverursachenden Umstände lässt keine punktuelle Bearbeitung einzelner Situationen zu. Eine Aneignung methodischen Wissens im Sinne eines „Wenn-Dann-Schemas“ greift aufgrund sich permanent wandelnder Anforderungen zu kurz. Vielmehr bedarf es einer umfassenden Kompetenzentwicklung, die auch in sich ändernden Situationen Handlungsfähigkeit ermöglicht. Die 12 zentralen Wege der Burnout-Prävention nach Bergner scheinen ein geeigneter Ausgangspunkt für diese Kompetenzentwicklung zu sein.

3. Coaching

„Coaching ist einfach, aber nicht leicht.“

Steve de Shazer

3.1 Coaching – Stand der Forschung

Die inzwischen unüberschaubare Auswahl an Publikationen zum Thema Coaching gleicht dem Status der Recherche zum Thema Burnout. Und auch beim Stand der Forschung lassen sich Parallelen zwischen Coaching und Burnout ziehen. Der Begriff Coaching hat sich ähnlich wie der Begriff des Burnouts zu einem Modewort entwickelt, welches in non-wissenschaftlichen Publikationen teils inflationär verwendet wird. Dass Coaching als Instrument der Personalentwicklung boomt, zeigt sich auch anhand des immensen Wachstums der vergangenen fünf Jahre. Es verzeichnete einen Anstieg von 10 % per annum.[94]

Jedoch befindet man sich, insbesondere in Deutschland, nach wie vor in der Definitionsfindung.[95] Hinzu kommt, dass die in Deutschland tätigen Experten dem Coaching (noch) keinen Professionsstatus zuschreiben, wohingegen international bereits von einer „jungen“ Profession gesprochen wird, in der sich bereits differenzierte Forschungsfelder entwickeln.[96] Zu einem ähnlichen Fazit kommt Bitsch, der in seinem Buch belegt, dass Coaching sich an der Schwelle zu einem eigenen Wissensgebiet befindet. Die Merkmale hierfür sind die Bildung von konsistenten raum-zeitlichen Problemlösungsclustern, die zunehmende Differenzierung von Methoden und Verfahren, das Anstreben einer externen Legitimation, die Verständigung auf gemeinsame Grundlagen sowie die Abgrenzung zu anderen Wissensgebieten.[97]

Insbesondere das Anstreben einer externen Legitimation führt dazu, dass sich die Gebiete „Qualitä63 tssicherung“ sowie „Wirkfaktoren und Wirksamkeit“[98] zu eigenen Forschungsfeldern auf dem jungen Wissenschaftsgebiet Coaching entwickeln. In aktuellen Studien konnte der Erfolg von Coaching bereits nachgewiesen werden. Unklar bleibt dabei jedoch, welche Faktoren genau zu diesem Erfolg führen und anhand welcher Qualitätsaspekte sich ein „gutes“ von einem „schlechten“ Coaching unterscheidet.[99] Durch bereits mehrere empirische Studien abgesichert und damit offenbar belegt, ist die zentrale Bedeutung der Beziehung zwischen Coach und Coachee für den Erfolg von Coaching.[100]

Eine ersten Ansatz zur Erfolgskontrolle auf Basis einer ROI-Berechnung zeigen Phillips und Schirner: Sie zeigen am Beispiel einer international tätigen Hotelkette dass eine finanzielle Bewertung möglich ist. Ermittelt wurde eine Kosten-Nutzen-Beziehung von 321 % Plus, denn jeder Euro, den die Hotelkette in die Coaching-Maßnahme investiert hatte, resultierte in einer Nutzensteigerung von 3,21 €.[101]

Berndt hingegen stellt in den aktuellen Forschungsdesigns mangelnde (erkenntnis)-theoretische sowie fehlende statistische Gütekriterien fest, was er vor allem damit begründet, dass die Autoren dieser Forschungsstudien Coaches, aber keine Forscher sind. Die nicht vorhandenen Ein- und Austrittsbarrieren am Markt, die fehlenden Standards und ethischen Selbstverpflichtungen sowie fehlende Qualitätssicherungsinstrumente sorgen für ein „Scharlatanerieproblem“[102], welches sich aufgrund mangelnder Kenntnisse der Personalentwickler in der Praxis bei der Auswahl von Coaches sowie der Durchführung und Begleitung von Coachings fortsetzt.[103]

Eine stärkere Verzahnung der deutschen Coaching-Schulen mit der Wissenschaft ist ein möglicher Ansatz, die angestrebte Legitimation zu fördern. Ein Blick über deutsche Grenzen hinaus zeigt, dass die Forschung auf internationalen Coaching-Konferenzen bereits wesentlich stärker vertreten ist, als dies in Deutschland der Fall ist. Coaching-Ansätze, wie z.B. der Ansatz der Positiven Psychologie oder das Narrative Coaching, werden von Coaches in England und Australien aufgenommen und in bestehende Coaching-Konzepte integriert, während sie hierzulande kaum bekannt sind. Im Ausland hat Coaching-Forschung damit nicht nur eine Legitimations- sondern auch eine Innovationsfunktion.[104]

3.2 Definition und Formen von Coaching

Aufgrund der im vorangegangenen Kapitel festgestellten Definitionsproblematik soll im Rahmen dieser Arbeit das Coaching als eine personenbezogene Beratungsdienstleistung im betrieblichen Kontext – also als Personalentwicklungsinstrument auf individueller Ebene – abgegrenzt werden. Coaching hat zum Ziel, personelle Kompetenzen und Leistungsfähigkeit im arbeitsweltlichen Kontext zu schaffen, zu erhalten bzw. auszubauen.[105]

Das grundlegende Verständnis von Coaching entspricht dem einer Prozessberatung im Sinne professioneller Hilfe zur Selbsthilfe. Der Coach gestaltet also eine Beziehung zu seinem Klienten, die es diesem ermöglicht, „die in seinem internen und externen Umfeld auftretenden Prozessereignisse wahrzunehmen, zu verstehen und darauf zu reagieren, um die Situation, so wie er sie definiert, zu verbessern[106] “. In Abgrenzung zur Psychotherapie wird von „gesunden“ Klienten ausgegangen.[107]

Neben diversen thematisch differenzierten Coachings (Führungskräftecoaching, Projektcoaching usw.) ist die Unterscheidung zwischen Einzel- und Gruppencoaching von praktischer Bedeutung. Da Coaching stets mit der Bearbeitung individueller Themen assoziiert wird, ist das Einzelcoaching die am häufigsten verwendete Coaching-Form. Die Frage nach der praktischen Anwendbarkeit von Gruppencoachings sorgt deshalb bei einigen Experten für die These, dass ein Gruppencoaching eher einer Trainingsmaßnahme entspricht, die sich schlimmstenfalls als ein Einzelcoaching unter Zeugen entpuppt.[108] Tatsächlich kann die Grenze zwischen einem (Gruppen-)Coaching und einem Training fließend sein. Insbesondere in qualitativ hochwertigen Verhaltenstrainings (z.B. Stressbewältigungstrainings) werden heute bereits Coaching-Methoden eingesetzt. Stärker als früher orientieren sich die Trainings dabei an den Bedürfnissen der Teilnehmenden, welche zumeist im Rahmen einer Vorab-Befragung evaluiert werden. Gleichzeitig wird in den Trainings mittels Praxisfällen, Rollen- oder Planspielen sehr teilnehmerbezogen gearbeitet. Mit Transfer-Tagen oder Follow-Up-Telefonaten, die zum Teil sogar individuell erfolgen, erhalten die Trainings einen prozesshaften Charakter.[109]

Eine weitere Coaching-Variante, die im betrieblichen Kontext bislang allerdings eine untergeordnete Rolle spielt, ist das Selbstcoaching. Hierunter werden Methoden und Vorgehensweisen subsummiert, die dem Coachee helfen, sich ohne fremde Hilfe die Vorteile eines Coachings zu erschließen. Der Nachteil des Selbstcoachings ist, dass es subjektiv bleibt, weil das Feedback des Coaches fehlt. Eine Kompetenzerweiterung ist unter diesem Aspekt nur schwer vorstellbar. Die fehlende „Fremdmeinung“ schließt jedoch andererseits eine Manipulation aus. Darüber hinaus steht Selbstcoaching einer breiten Masse zur Verfügung, während von einem klassischen Coaching im betrieblichen Kontext häufig nur die Führungsebene profitiert.[110] Dieser Aspekt macht Selbstcoaching für das Blended-Coaching-Konzept interessant, weshalb der Einfluss von Selbstcoaching im Folgenden näher betrachtet wird.

3.3 Die Bedeutung von Selbstcoaching

Wie im Kapitel 3.2 bereits skizziert, ist im Selbstcoaching das Individuum für seinen eigenen Lernprozess und somit auch für die eigene persönliche Entwicklung verantwortlich. Dabei fördert es die Selbststeuerung[111] und Selbstverantwortung.[112] „Die für das Selbstcoaching bevorzugten Techniken stammen vor allem aus den Themengebieten zur Entspannung, Selbstakzeptanz, Selbstreflexion, Zielformulierung und –erreichung (…)“[113].

An dieser Stelle gibt es also eine enge Verbindung zwischen den Themengebieten des Selbstcoachings sowie möglichen Interventionen einer Burnout-Prävention. Deshalb ist in besonderer Weise darauf zu achten, dass im Rahmen des Selbstcoachings ein „innengeleitetes Selbstmanagement“[114] forciert wird, welches auch den Zielsetzungen der Burnout-Prävention Rechnung trägt. Im Zuge der eingangs beschriebenen Individualisierung und gleichzeitig zunehmend komplexer Lebensanforderungen, sind die Menschen aufgerufen, sich von einem fremdbestimmten Selbstmanagement zu lösen. Damit ist Selbstmanagement nicht mehr als das Aufteilen eines Arbeitstages in Aufgaben und Prioritäten definiert, welche von der Außenwelt angestoßen werden, sondern als ein Prozess mit nach vorn ausgerichteten Zielformulierungen, die für das Individuum persönlich relevant sind.[115]

Ein ausschließliches Selbstcoaching ist an dieser Stelle wenig erfolgsversprechend, da die eigenen Wahrnehmungs- und Reflektionsmöglichkeiten zu subjektiv sind[116] und die Gefahr eines „Abrutschens“ in fremdbestimmtes Selbstmanagement gegeben ist. Außerdem erfordert Selbstcoaching neben der Kompetenz, selbst Problemlösungen zu entwickeln, auch ein hohes Maß an Eigenmotivation und Selbstdisziplin[117], welche nicht durchgängig gegeben sein müssen und gegebenenfalls (ggf.) einer gewissen Steuerung durch einen Coach bedürfen.

Ein Coaching, welches jedoch „Leitplanken“ für ein innengeleitetes Selbstmanagement setzt und diese durch Selbstcoaching-Elemente ergänzt und fördert, kann den Prozess der Burnout-Prävention in besonderer Weise unterstützen.

3.4 Überblick: Coaching Ansätze

Die in Coachings angewendeten Methoden und Tools basieren in aller Regel auf unterschiedlichen Lerntheorien bzw. daraus abgeleiteten Coaching-Ansätzen. Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die Coaching-Ansätze, welche für ein Blended-Coaching-Konzept in Frage kommen.

Ausgangspunkt der Überlegungen stellt das Lernparadigma des Konstruktivismus dar. Der Konstruktivismus ist ein „Ausdruck für eine wissenschaftliche Denk- und Erkenntnishaltung, die davon ausgeht, dass Wissen, Erkenntnisse, Vorstellungen und andere Inhalte nicht naturgegeben (objektiv) sind (…)“[118], sondern dass sich jedes Individuum auf Basis verschiedenster Einflüsse und Prozesse Wissen konstruiert. Wissen wird in diesem Zusammenhang als Fähigkeit verstanden, mit unterschiedlichen Situationen umgehen bzw. komplexe Situationen bewältigen zu können.[119] Dies entspricht auch dem Kompetenzverständnis von Erpenbeck und Rosenstiel, die in diesem Zusammenhang die Selbstorganisation bzw. das Selbstmanagement als „Metakompetenz“ bezeichnen, da diese das Individuum auch in schwierigen Situationen handlungsfähig macht.[120]

Eine Weiterentwicklung des Konstruktivismus stellt der Konnektivismus dar, welcher im Rahmen eines Blended-Coaching-Konzepts zunächst interessant erscheint. Die Lerntheorie des Konnektivismus betrachtet das Individuum als vernetztes, lernendes Wesen und möchte so die neuen Medien in den Lernprozess integrieren. Als Methoden des Konnektivismus werden Virtual Classrooms oder Massive Open Online Courses (MOOC)[121] genannt – dabei liegt der Fokus klar auf der Verwendung der Methoden und der Informationsvermittlung.[122] Dies greift im Sinne des Konstruktivismus zu kurz, zumal die Gefahr besteht, dass durch den Einsatz von MOOCs die Anforderungen an erwachsenengemäßes Lernen nicht erfüllt werden, da sie lediglich überfüllte Klassenzimmer in den virtuellen Raum verlagern, das Prinzip einer Erzeugungsdidaktik jedoch bestehen bleibt. Für die im Blended-Coaching-Konzept erforderliche Kompetenzentwicklung kann also im Konnektivismus kein Ansatzpunkt gefunden werden.

Dieser lässt sich hingegen in der Ermöglichungsdidaktik finden, die sich ebenfalls aus dem Konstruktivismus begründet. Die Ermöglichungsdidaktik wurde durch Rolf Arnold geprägt. Sie beschreibt, dass kein Wissen von außen erzeugt werden kann, wenn sich – wie im Konstruktivismus angenommen – jedes Individuum seine eigene Wirklichkeit konstruiert. Die Ermöglichungsdidaktik erfordert auf Seite des Lernenden also die Kompetenzen, sich Wissen selbst zu erschließen. Untrennbar damit verbunden ist auch die Reflektionskompetenz. Aber auch die Rolle des Lehrers verändert sich grundlegend. Seine Aufgabe ist es nicht mehr, Wissen zu vermitteln, sondern vielmehr Gelegenheiten für selbstbestimmten Wissenserwerb zu ermöglichen und geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Ermöglichungsdidaktik ist damit stimmig zum Coaching-Grundgedanken „Hilfe zur Selbsthilfe“ und soll für die Umsetzung der im Blended-Coaching-Konzept verwendeten Methoden Berücksichtigung finden.

Neben den didaktischen Entwicklungen des Konstruktivismus haben sich auch verschiedene Coaching-Ansätze aus diesem Lernparadigma heraus kristallisiert. Hierzu zählt z.B. der systemisch-orientierte Coaching-Ansatz. Systemische Coaches erfassen das organisatorische System eines Klienten ganzheitlich. Das Verhalten und Erleben des Coachees wird also immer in Abhängigkeit seines jeweiligen Kontextes und auf die darin vorherrschenden Wirkungen und Wechselwirkungen gesehen. Außerdem erfolgt systemisches Coaching ziel-, lösungs- und ressourcenorientiert. Angenommen wird, dass der Coachee die Lösung bereits in sich trägt. Der Coach versucht mittels passender Interventionstechniken dieses implizite Wissen verfügbar und damit anwendbar zu machen.[123] Im klassischen systemischen Verständnis spielt allerdings die Person mit ihren Eigenheiten und ihrer Persönlichkeit keine Rolle. Problematisches Verhalten wird immer als Ergebnis von Kommunikation und Interaktion erklärt. Die ggf. dahinterliegenden Einstellungen, Glaubenssätze, und Wertvorstellungen werden nicht berücksichtigt.[124] Aus der Idee, auch diese handlungsleitenden Einstellungen zu reflektieren, hat sich der Ansatz des systemisch-konstruktivistischen Coachings ergeben.

Neben dem systemisch-konstruktivistischen Coaching-Ansatz sollen im Folgenden der psychodynamische Ansatz, der gesprächstherapeutisch-klientenzentrierte Ansatz, der gestalttherapeutische Ansatz, der transaktionsanalytische Ansatz, das ZRM-Modell sowie die Verhaltenstherapie knapp erläutert werden, da sich Elemente dieser Ansätze ebenfalls für eine Verwendung im Blended-Coaching-Konzept eignen.

Der psychodynamische Ansatz geht auf die Psychoanalyse von Freud zurück und greift im Bereich des Coachings zusätzlich systemische Aspekte auf. Psychodynamische Konzepte sollen die Reflektion sowie das Verstehen von bewussten und unbewussten Wirkungen seelischer Kräfte fördern. Hierfür werden Kommunikationsprozesse, Emotionen und Konflikte im Kontext von Arbeitsabläufen und Organisationsstrukturen analysiert und bearbeitet.[125]

Der gesprächstherapeutisch-klientenzentrierte Ansatz ist in der humanistischen Psychotherapie begründet, die vor allem durch Carl Rogers geprägt wurde. Rogers nimmt an, dass jeder Mensch die Fähigkeit und Tendenz besitzt, sich konstruktiv, also zum für ihn Positiven hin zu entwickeln und selbstverantwortlich seine Probleme zu lösen – sich also selbst zu erhalten bzw. selbst zu verwirklichen. Werden diese Tendenzen von äußeren Faktoren blockiert, kommt es zu Störungen.

[...]


[1] (Rump & Walter, 2013, S. 27)

[2] vgl. (Rump & Walter, 2013, S. 25f.)

[3] vgl. (Rump & Walter, 2013, S. 23)

[4] vgl. (Buchenau & Nelting, 2015, S. VI)

[5] vgl. hierzu Kapitel 2.3

[6] Das Konzept der Leistungswandlung geht davon aus, dass Beschäftigte das Anforderungsprofil ihres bisherigen Arbeitsplatzes nicht mehr erfüllen können, an anderer Stelle jedoch volle Leistungsfähigkeit erreichen können. Damit grenzt er sich definitorisch von Begriffen wie „Tätigkeitseinschränkung“ oder „Behinderung“ ab. Die Praxis zeigt, dass Leistungsfähigkeit nicht immer an messbaren Größen verankert werden kann, weshalb das Konzept der Leistungswandlung sehr individuell zu betrachten ist und in der Praxis eher einen idealistischen Charakter hat.

[7] vgl. (Rump & Walter, 2013, S. 73)

[8] (Rump & Walter, 2013, S. 91)

[9] vgl. (Rump & Walter, 2013, S. 74)

[10] vgl.(Scherrmann, 2015, S. 85f.)

[11] (Rump & Walter, 2013, S. 66)

[12] vgl. (Schreyögg, 2010, S. 11)

[13] vgl. (Geißler & Metz, 2012, S. 331)

[14] vgl. (Hartmuth, 2012, S. 2)

[15] vgl. (Scherrmann, 2015, S. 171)

[16] (Väth, 2011, S. 11)

[17] (Väth, 2011, S. 51)

[18] vgl. (Scherrmann, 2015, S. 54)

[19] vgl. (Burisch, 2014, S. 36)

[20] vgl. (Burisch, 2014, S. 37)

[21] vgl. (Rösing, 2003, S. 55)

[22] (Väth, 2011, S. 51)

[23] vgl. (Väth, 2011, S. 52)

[24] ICD-10 ist ein internationales Diagnose-Klassifikationssystem, welches für den Dialog zwischen Ärzten und Krankenkassen entwickelt wurde. Vgl. (Nelting, 2010, S. 31)

[25] (Scharnhorst, 2012, S. 13f.)

[26] vgl. (Tröster, 2013, S. 34f.)

[27] (Nelting, 2010, S. 119)

[28] (Tröster, 2013, S. 14)

[29] vgl. (Tröster, 2013, S. 27f.)

[30] vgl. (Scherrmann, 2015, S. 32)

[31] (Scharnhorst, 2012, S. 28)

[32] vgl. (Scherrmann, 2015, S. 34)

[33] vgl. (Hartmuth, 2012, S. 9)

[34] vgl. (Tröster, 2013, S. 12)

[35] vgl. (Scherrmann, 2015, S. 46f.)

[36] (Scherrmann, 2015, S. 48)

[37] vgl. (Scherrmann, 2015, S. 49f.)

[38] (Cherniss, 1999, S. 18f.)

[39] (Väth, 2011, S. 19)

[40] vgl. (Väth, 2011, S. 19)

[41] vgl. (Hartmuth, 2012, S. 35)

[42] vgl. (Pines, Aronson, & Kafry, 2000, S. 91)

[43] vgl. (Moosbrugger, 2012, S. 96f.)

[44] vgl. (Buchenau & Nelting, 2015, S. VI)

[45] vgl. (Statista - Das Statistik-Portal, 2015), zugegriffen am 16.08.2015; URL: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/451218/umfrage/au-tage-aufgrund-psychischer-und-verhaltensstoerungen-nach-geschlecht/

[46] vgl. (Buchenau & Nelting, 2015, S. VIII)

[47] (Statista - Das Statistik-Portal), zugriffen am 09.08.2015; URL: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/446021/umfrage/arbeitsunfaehigkeitstage-aufgrund-des-burn-out-syndroms-nach-geschlecht/

[48] vgl. (Scherrmann, 2015, S. 172f.)

[49] vgl. (Buchenau & Nelting, 2015, S. VIII)

[50] (Middendorf & Fischer, 2014 / 2015, S. 14)

[51] (Greif, 2013, S. 218)

[52] vgl. (Väth, 2011, S. 63)

[53] Bei einer „inneren Kündigung“ kündigt der Beschäftige zwar nicht seinen formalen Arbeitsvertrag, allerdings seinen „psychologischen Arbeitsvertrag“. Die innere Kündigung drückt sich durch die Verweigerung von Einsatzbereitschaft bzw. Eigeninitiative aus. Der Grundhaltung des Beschäftigten ist distanziert bis resignativ.

[54] vgl. (Tröster, 2013, S. 28)

[55] vgl. (Väth, 2011, S. 64)

[56] (Scharnhorst, 2012, S. 170f.)

[57] Vgl. (Schneider, 2014, S. 102)

[58] vgl. (Hernstein Institut für Management und Leadership der Wirtschaftskammer Wien, 2015); abgerufen am 05.08.2015; URL: http://www.hernstein.at/Institut/Presse/Pressemitteilungen/Burn-out-bei-Fuehrungskraeften/

[59] (Greif, 2013, S. 218)

[60] MINT bezeichnet die Branchen in den Bereichen Mathematik, Informationstechnologie (IT), Naturwissenschaft und Technik. Ihnen gehören typischerweise die Berufsgruppen der Ingenieure, Forscher oder IT-Spezialisten an.

[61] vgl. (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2013, S. 2); abgerufen am 05.08.2015; URL: www.baua.de/dok/3430796

[62] vgl. (Scherrmann, 2015, S. 86f.)

[63] vgl. (Scherrmann, 2015, S. 86f.)

[64] vgl. (Scherrmann, 2015, S. 86f.)

[65] vgl. (Scharnhorst, 2012, S. 28)

[66] vgl. (Scharnhorst, 2012, S. 130f.)

[67] vgl. (Scharnhorst, 2012, S. 132)

[68] (Bergner, 2010, S. 15)

[69] vgl. (Bergner, 2010, S. 14f.)

[70] vgl. (Bergner, 2010, S. 14f.)

[71] vgl. (Bergner, 2010, S. 14f.)

[72] vgl. (Bergner, 2010, S. 14f.)

[73] vgl. (Bergner, 2010, S. 14f.)

[74] vgl. (Bergner, 2010, S. 14f.)

[75] vgl. (Bergner, 2010, S. 14f.)

[76] vgl. (Bergner, 2010, S. 14f.)

[77] vgl. (Bergner, 2010, S. 14f.)

[78] vgl. (Scharnhorst, 2012, S. 210)

[79] vgl. (Klein, 2011, S. 358f.)

[80] vgl. (Bergner, 2010, S. 14f.)

[81] vgl. (Bergner, 2010, S. 14f.)

[82] vgl. (Bergner, 2010, S. 14f.)

[83] vgl. (Buchenau & Nelting, 2015, S. IX)

[84] vgl. (Scherrmann, 2015, S. 54f.)

[85] vgl. (Väth, 2011, S. 103)

[86] An dieser Stelle wird auf die Bedürfnispyramide nach Maslow verwiesen, insbesondere auf die sogenannten „Wachstumsbedürfnisse“ wie Anerkennung und Selbstverwirklichung.

[87] vgl. (Tröster, 2013, S. 15)

[88] Ein Sabbatical oder auch Sabbat-Jahr meint ein berufliches „Auszeit-Jahr“, welches die Beschäftigten häufig für eine längere Reise, eine persönliche Neuorientierung oder eine Weiterbildung nutzen.

[89] (Scharnhorst, 2012, S. 189)

[90] vgl. (Scharnhorst, 2012, S. 176)

[91] vgl. (Burisch, 2014, S. 131)

[92] (Buchenau & Nelting, 2015, S. VII)

[93] vgl. (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2013, S. 4); abgerufen am 05.08.2015; URL: www.baua.de/dok/3430796

[94] vgl. (von Schumann, 2014, S. 1)

[95] vgl. (Berndt, 2011, S. 144)

[96] vgl. (Berndt, 2011, S. 245)

[97] vgl. (Bitsch, 2013, S. 17f.)

[98] vgl. (Berndt, 2011, S. 245)

[99] vgl. (Geißler & Wegener, 2015, S. 4)

[100] vgl. (von Schumann, 2014, S. 19f.)

[101] (von Schumann, 2014, S. 20)

[102] (Berndt, 2011, S. 245)

[103] vgl. (Berndt, 2011, S. 245)

[104] vgl. (Greif, 2012, S. 35f.)

[105] vgl. (Bitsch, 2013, S. 20)

[106] (Geißler & Metz, 2012, S. 13)

[107] vgl. (Bitsch, 2013, S. 20)

[108] vgl. (von Schumann, 2014, S. 5)

[109] vgl. (von Schumann, 2014, S. 6)

[110] vgl. (Rauen, 2005, S. 132f.)

[111] Selbststeuerung meint, „dass der Coachee in der Lage ist, Veränderungsanforderungen selbst zu erkennen und selbst zu realisieren.“; vgl. (Meier, 2013, S. 65)

[112] vgl. (Lieser, 2012, S. 42)

[113] (Lippmann, 2013, S. 104)

[114] Riesman hat im Jahr 1950 eine Studie mit dem Titel „The lonely crowd“ veröffentlicht, in welcher er belegt, dass der Mensch der Moderne sich in seinem Denken und Handeln von anderen leiten lässt, was zu Charakterschwäche führt., vgl. (Abels, 2008, S. 513)

[115] vgl. (Hartmuth, 2012, S. 6ff.)

[116] vgl. (Hartmuth, 2012, S. 30)

[117] vgl. (Lieser, 2012, S. 201)

[118] (Meier, 2013, S. 58)

[119] vgl. (Baumgartner & Payr, 1999, S. 110)

[120] (Heppelter & Möller, 2013, S. 138)

[121] MOOCS sind kostenlose Onlinekurse, die Lerninhalte auf Hochschulniveau für eine breite Masse an Teilnehmenden zur Verfügung stellen.

[122] vgl. (Sauter & Sauter, 2013, S. 150f.)

[123] vgl. (von Schumann, 2014, S. 11ff.)

[124] vgl. (von Schumann, 2014, S. 14)

[125] vgl. (Lippmann, 2013, S. 54)

Ende der Leseprobe aus 77 Seiten

Details

Titel
Mein Computer, der Coach und ich. Burnout-Prävention mittels Blended-Coaching
Hochschule
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau  (DISC)
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
77
Katalognummer
V339760
ISBN (eBook)
9783668379220
ISBN (Buch)
9783960950219
Dateigröße
1977 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Burnout;, Coaching;, Mitarbeiterbindung;, Personalentwicklung;, E-Coaching;, E-Learning;
Arbeit zitieren
Daniela Bräsemann (Autor:in), 2015, Mein Computer, der Coach und ich. Burnout-Prävention mittels Blended-Coaching, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339760

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