Menschliche Motivation. Zwischen populärwissenschaftlichen und psychologischen Grundannahmen und neurowissenschaftlicher Forschung


Masterarbeit, 2015

66 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Motivationsbegriff und die Fragestellung der Arbeit
2.1 Motive, Motivation und Motivierung
2.2 Der Motivationsbegriff in Theorie und Praxis
2.3 Die Fragestellung dieser Arbeit

3. Motivation in der akademischen Psychologie und der Alltagspsychologie
3.1 Das Spektrum der Motivationspsychologie
3.1.1 Die Entdeckung des Unbewussten; Motivation und Persönlichkeit nach Freud
3.1.2 Erwartungs-mal-Wert-Theorien
3.1.3 Motivation und Volition
3.2 Motivation populärwissenschaftlich betrachtet
3.2.1 Motivation in der Arbeitswelt
3.2.2 Motivation im Leistungssport

4. Motivation als Teil der Persönlichkeit aus neurowissenschaftlicher Sicht
4.1 Die vier Ebenen der Persönlichkeit
4.1.1 Die untere limbische Ebene: unser vegetativ-affektives Selbst
4.1.2 Die mittlere limbische Ebene: unsere emotionale Konditionierung
4.1.3 Die obere limbische Ebene: unser individuell-soziales Ich
4.1.4 Die kognitiv-kommunikative Ebene: unser denkendes und sprechendes Ich
4.2 Die Bedeutung von Neuromodulatoren, Neurohormonen und Neuropeptiden
4.2.1 Dopamin
4.2.2 Endogene Opioide
4.2.3 Noradrenalin
4.2.4 Serotonin
4.2.5 Acetylcholin
4.2.6 Oxytocin
4.3 Psychoneurale Regulationssysteme

5. Die vier motivationalen Systeme
5.1 Das Belohnungssystem – Aktivierung von Motivation
5.2 Das Emotionssystem – Bewertung durch Emotionen
5.3 Das Erinnerungssystem – Erinnern durch emotionale Relevanz
5.4 Das Entscheidungssystem – Das Headquarter des Handelns

6. Zusammenfassung und Resümee

7. Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Eigene Abbildung des Rubikon-Modells nach Heckhausen& Gollwitzer

Abb. 2: Eigene Abbildung des Vier-Ebenen-Modells der Persönlichkeit nach Roth

Abb. 3: Eigene Abbildung des Vier-Ebenen-Modells der Persönlichkeit nach Roth

Abb. 4: Eigene Abbildung nach Roth, Das Schema der menschlichen Gedächtnisarten

1. Einleitung

Das Thema Motivation ist heutzutage in aller Munde. Es wird im alltäglichen Gebrauch z.B. von motivierten oder auch demotivierten Mitarbeitern, Leistungssportlern, Schülern und Studenten gesprochen. Insbesondere ist - in einer leistungs- und ergebnisorientierten kapitalistisch geprägten Welt - offensichtlich von nicht nachlassendem Interesse, wie man Menschen dazu bewegen kann, für fremde Ziele zu arbeiten und dabei „gute Leistungen“ zu erbringen. Dies fällt dann in den Managementwissenschaften unter das Thema „Führung“.

Der frühere amerikanische General und spätere Präsident der USA soll gesagt haben, dass Führen die Fähigkeit sei, „[…]jemanden dazu zu bringen, das zu tun, was man will, wann man will und wie man will – weil er es selbst so will.“[1]

Nun steht dies natürlich ganz in der militärischen Tradition, ist durchaus manipulativ zu verstehen und sicherlich in vieler Hinsicht nicht mehr zeitgemäß. Aber am Ende der Aussage kommt dann doch ein Hinweis auf ein Verständnis des menschlichen Wesens auf, indem er sagt: „weil er es selbst es so will.“

Dies ist eine grundlegende Aussage, die den wesentlichen Kern auch dieser Arbeit ausmacht. Es ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig, darauf zu achten, woher dieses „Selbst wollen“ kommt. Hier profitiert die Psychologie mittlerweile sehr stark von den Erkenntnissen der Neurowissenschaften. Diesem „Selbst wollen“, dessen Determinanten und Herkunft aus bewussten und unbewussten Hirnstrukturen will der Autor dieser Arbeit sich hier widmen.

Die vorliegende Arbeit beginnt mit einer Klärung der Begriffe Motiv, Motivation, Motivierung und Zielsetzung. Es wird die Arbeitshypothesen aufgestellt, dass die neuesten neurowissenschaftlichen Erkenntnisse zur Motivation in der Praxis kaum angewendet werden, und dass Persönlichkeitsfaktoren wesentliche Determinanten menschlichen Verhaltens sind und damit auch die menschliche Motivation in entscheidender Weise beeinflussen.

In der akademischen Psychologie hat sich das Spezialgebiet der Motivationspsychologie herausgebildet. Nach einem kurzen Überblick über die verschiedenen Blickwinkel der sehr diversen Theorien zu menschlicher Motivation (eine komplette Darstellung würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen) werden die folgenden psychologischen Motivationstheorien untersucht.

Das erste Kapitel befasst sich mit Freud und der Entdeckung des Unbewussten für die Persönlichkeit (und für die Motivation) des Menschen.

Im weiteren Verlauf werden dann die Erwartungs-mal-Wert-Theorien und das Thema Motivation und Volition in Bezug auf motivationale Prozesse vorgestellt.

Der Autor dieser Arbeit hat diese Auswahl der psychologischen Theorien aus folgendem Grund gewählt.

1. Freud hat uns viele Erkenntnisse in Bezug auf die Bedeutung des Unbewussten für unser Verhalten geliefert. Viele Aspekte unbewusster Prozesse lassen sich heute durch moderne Darstellungsmethoden der Hirnforschung bestätigen. (siehe Kapitel 4)
2. Die Erwartungs-mal-Wert-Theorien und die Theorien zu Motivation und Volition sind ebenfalls in Lichte der neueren neurowissenschaftlichen Erkenntnisse in ihren wissenschaftlichen Aussagen, aber auch ihrer Grenzen noch besser zu verstehen.

Bevor dann Motivation im Rahmen der menschlichen Persönlichkeit aus neurowissenschaftlicher Sicht beleuchtet wird, geht der Autor dieser Arbeit kurz auf die populärwissenschaftliche Rezeption motivationaler Theorien in der Arbeitswelt und dem Sport ein.

Der Hauptteil dieser Arbeit (Motivation aus neurowissenschaftlicher Sicht) geht von den vier Ebenen der Persönlichkeit nach Roth aus (siehe Kapitel 4.1). Das Wechselspiel der drei limbischen Ebenen mit der kognitiv-sprachlichen Ebene wird für den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit beleuchtet. Vermittelt werden diese Kommunikations- und Austauschprozesse auf der molekularen Ebene durch Neuromodulatoren, Neurohormone und Neuropeptide, die die psychoneuralen Regulationssysteme darstellen. Diese werden in Kapitel 4.2 und 4.3 dargestellt.

Der Hauptteil schließt dann damit, dass die in den Kapiteln zuvor untersuchten Aspekte der Motivation in vier grundlegenden motivationalen Systemen zusammengefasst werden (siehe Kapitel 5). Hier verknüpfen sich dann die Erkenntnisse der vier Ebenen der Persönlichkeit – vermittelt über neuromodulatorisch wirksame Regulations-Systeme – mit den genannte vier motivationalen Systemen, die sich mit Belohnung, Emotionen, Erinnerungen und Entscheidungen befassen.

Abschließend wird dann versucht, die Fragestellung zu beantworten, wie Motivation innerhalb der Neurowissenschaften zu verstehen ist und, wo es Abgrenzungen und Ergänzungen zur akademischen Psychologie und deren populärwissenschaftlicher Rezeption geben sollte?

Darüber hinaus geht es um die Beantwortung der Frage, wie die Erkenntnisse der Neurowissenschaften in die tägliche motivationale Praxis in hirngerechter und damit menschengerechter Form einfließen können?

Anmerkung: Werden im Folgenden aus Gründen der besseren Lesbarkeit Personenbezeichnungen lediglich in der männlichen oder weiblichen Form verwendet, so schließt dies das jeweils andere Geschlecht mit ein.

2. Der Motivationsbegriff und die Fragestellung der Arbeit

Die menschliche Motivation wird in sehr vielen Lebenszusammenhängen des täglichen Lebens implizit oder explizit angesprochen. Dabei ist der Motivationsbegriff sehr unscharf. Jeder hat zu Motivation eine Meinung, wenige kennen die neurowissenschaftliche Fundierung der menschlichen Motivation.

Eine Google-Suche im November 2015 (Stand 16.11.2015) ergab zum Thema menschliche Motivation 679.000 Hits, zum Thema Motivation allein ergaben sich 264.000.000 Ergebnisse.

Das Thema Motivation beschäftigt uns vom Kindergarten bis ins Rentenalter. In einer durch Leistungs- und Ergebnisorientierung geprägten Lebenswelt wird die Frage nach Leistungsbereitschaft und Motivation der beteiligten Menschen immer virulenter.

2.1 Motive, Motivation und Motivierung

Die Motivationspsychologie hat sich bereits in den 50er Jahren mit Bedürfnissen, Interessen und der daraus resultierenden Motivation auseinander gesetzt.[2] Die Hierarchie der Bedürfnisse nach Maslow wird bis heute in populärwissenschaftlichen Kreisen als Erklärungsmodell für menschliches Verhalten herangezogen.

In der akademischen Psychologie hat die „kognitive Wende“ in den 60er Jahren dazu geführt, die inner-psychischen Mechanismen der Motivation aus der Black-Box des Behaviorismus herauszuholen und transparent zu machen.

Erkenntnisprozesse, die auf z.B. auf Motiven, Emotionen, Wollen und Denken basieren, sind damit vermehrt in das Interesse der Persönlichkeits- und Motivationspsychologie gerückt. Wie definieren denn nun die verschiedenen Autoren der Persönlichkeits- und Motivationspsychologie die Begriffe Motive und Motivation? Asendorpf und Neyer betten Begriffe wie Bedürfnisse, Motive und Interessen in Persönlichkeitsaspekte der Individuen ein:

„Während Temperamentseigenschaften sich primär auf die Form des Verhaltens beziehen, beziehen sich Bedürfnisse, Motive und Interessen primär auf die Richtung des Verhaltens, also auf Verhaltensziele. Jedem Bedürfnis, Motiv oder Interesse entspricht eine bestimmte Inhaltsklasse von Verhaltenszielen. Alltagspsychologisch wird auch von Neigungen, Strebungen oder Antrieben gesprochen.“[3]

„Das Wort >>Motivation<< ist abgeleitet von dem lateinischen Verb >>movere<<=bewegen. Motivation ist also das, was uns in Bewegung setzt. Ein Mangel an Motivation dagegen führt dazu, dass wir uns eben nicht in Bewegung setzen“.[4]

Roth setzt einige zwingende biologische Strukturen voraus, damit Motivation entstehen kann.„Motivation beruht also auf einer Voraussage oder Vorerwartung der positiven oder negativen Konsequenzen zukünftigen Verhaltens und setzt ein zentralnervöses Bewertungssystem voraus; bei Wirbeltieren ist es das limbische System“.[5]

Motive sind in der Persönlichkeit des Menschen tief verwurzelt, es werden biogene Motive, wie das Stillen von Hunger und Durst von soziogenen Motiven, wie dem Streben nach Anschluss, Intimität, Macht und Leistung unterschieden. Alle soziogenen Motive müssen jedoch mit biogenen Motiven verbunden sein, um wirksam zu werden.[6]

Motive, die uns unbewusst antreiben und Ziele, die wir uns bewusst setzen, sind so lange konfliktfrei, so lange es eine Motiv- und Zielkongruenz gibt.[7]

„Was wir tun, muss im Lichte unserer bewussten und insbesondere unbewussten Lebenserfahrung plausibel und gerechtfertigt erscheinen. Dies entspricht der Übereinstimmung unbewusster Motive und bewusster Ziele. Können wir dies auf Dauer nicht, so werden wir psychisch krank.“[8]

Der Autor dieser Arbeit verwendet in diesem Zusammenhang noch den Begriff der „Motivierung“, der den Prozess der Erzeugung erwünschten Verhaltens beschreibt (bei sich selber oder bei anderen Individuen im Sinne einer Selbst- oder Fremdoptimierung).

Motivierung ist der Prozess, der erwünschtes Verhalten zu erzeugen versucht. (bei sich oder bei Dritten)

Motivation ist der antreibende, handlungsleitende innere Prozess der Hinwendung zu Zielen, Aktivitäten und Handlungen.

2.2 Der Motivationsbegriff in Theorie und Praxis

Kaum ein Thema erregt in der breiten Öffentlichkeit, z. B. im Sport und in Spezialgebieten, wie z. B. der Wirtschaftswelt ein so großes Interesse wie die Motivation des Menschen.

Selbstmotivation im Sinne einer Selbstoptimierung und Selbstwirksamkeitserhöhung des Menschen ist in der psychologischen Forschung in verschiedensten Kontexten untersucht worden.[9]

Aber auch besonders die Motivation von Individuen im Sinne einer Fremdoptimierung ist in der modernen auf Leistung ausgerichteten Gesellschaft von großem Interesse und wird deshalb populärwissenschaftlich und aus der Laienperspektive sehr intensiv diskutiert. Diese Diskussion findet aus Sicht des Autors allerdings nicht immer frei von dogmatischen Prägungen statt und resultiert häufig in monokausalen Erklärungsmustern, die nicht selten Motivation auf einen reinen Willensakt reduzieren.

2.3 Die Fragestellung dieser Arbeit

Die Fragestellung dieser Arbeit ist zweigeteilt.

1. Was ist Motivation aus der Sicht der Neurowissenschaften in Abgrenzung und Ergänzung zur akademischen Psychologie und deren populärwissenschaftlicher Rezeption?
2. Wie können die Erkenntnisse der Neurowissenschaften in die tägliche motivationale Praxis in hirngerechter und damit menschengerechter Form einfließen?

Damit sollenmotivationspsychologische und populärwissenschaftliche Grundannahmen zum menschlichen Verhalten und deren praktische Anwendung, die häufig auf verkürzten psychologischen Erkenntnissen beruhen, unter Berücksichtigung der aktuellen neurowissenschaftlichen Forschung beleuchtet werden.

Die Motivationspsychologie hat in den letzten Jahrzehnten eine große Fülle teilweise sehr diverser (und sich auch teilweise widersprechender) Erklärungsmodelle für menschliches Verhalten und damit auch für Motivation hervorgebracht. Motivation wird sehr häufig in rationalen Entscheidungsmodellen auf Belohnung durch materielle Anreize reduziert. (siehe Kapitel 3.1)

Darüber hinaus wird Motivation im täglichen praktischen Gebrauch sehr häufig auf einen willentlichen Akt reduziert. Es wird z. B. sehr häufig davon ausgegangen, dass der Mensch durch appellierende Bemühungen Dritter und eine darauf folgende Reaktion, durch willentlichen Energieaufwand, Veränderungen seines Verhaltens jederzeit an den Tag legen kann. Dass dieser Zusammenhang unserer alltäglichen Erfahrung nur sehr bedingt entspricht, scheint dabei kaum eine Rolle zu spielen.

Eine neurowissenschaftlich fundierte naturwissenschaftliche Basis, die für Strömungen aus anderen Disziplinen zwar immer offen ist, die jedoch das spekulative Element einiger Strömungen der Motivationspsychologie vermeidet, kann aus Sicht des Autors hier sehr gute Beiträge zum besseren Verständnis und zur empirischen Absicherung des zu untersuchenden Spektrums der Motivation leisten.

Dies ist eine wesentliche Zielsetzung dieser Arbeit und dazu wird im späteren Verlauf der Arbeit noch eingegangen.

3. Motivation in der akademischen Psychologie und der Alltagspsychologie

Das menschliche Verhalten, das sich in seiner aktiven Ausrichtung, seiner offensichtlichen Zielorientierung und der damit verbundenen Organisationsfähigkeit der Individuen zeigt, ist ein wesentlicher Untersuchungsgegenstand der Motivationsforschung.

Aber auch mit der Tatsache, dass es vielfältige Störfaktoren sozialer und biologischer Art gibt, hat sich die Motivationsforschung auseinanderzusetzen. Wie die „Bewegung“, die den Wortstamm von Motivation ausmacht - innerhalb interindividuell sehr diverser Konstellationen - zustande kommt und in welche Richtungen diese „Bewegung“ geht, ist letztendlich die Frage, die es innerhalb der Motivationspsychologie zu beantworten gilt.

Für die alltagspsychologischen Zusammenhänge hat der Autor dieser Arbeit, die Arbeitswelt und den Sport ausgewählt, da sich hier vielfältige Bezüge zu Motivationstheorien ergeben haben, die jedoch stark verkürzt verwendet werden und häufig der Untermauerung gängiger populistischer Grundannahmen dienen. Phänomene, die es z.B. im weiteren Verlauf zu untersuchen gilt, sind die Anwendung rationaler Theorien der Entscheidung aufgrund von materiellen Erwartungen und deren möglicher Befriedigung in der Arbeitswelt. In der Sportwelt ergibt sich sehr häufig aus der Sicht des Autors bei motivationspsychologischen Aspekten menschlichen Verhaltens in stark leistungsbezogenen Kontexten eine eindimensionale Betrachtung auf die Willenskomponente von Leistung.[10]

Diese oben geschilderten alltagspsychologischen Phänomene sind im Licht der Ergebnisse der Hirnforschung - insbesondere des Vier-Ebenen-Modells der Persönlichkeit - für motivationale Aspekte des Verhaltens zu bewerten.

3.1Das Spektrum der Motivationspsychologie

Die wissenschaftliche Motivationsforschung hat sich im Laufe des letzten Jahrhunderts als ein Teilgebiet der Psychologie entwickelt. Das in diesem Kontext bearbeitete Untersuchungsfeld hat ein extrem breites Spektrum und einzelne Theorien sind wissenschaftshistorisch gesehen naturgemäß immer „Kinder ihrer Zeit“.

Die Motivationspsychologie muss sich dem Dilemma stellen, dass es ein sehr vielfältiges Spektrum an Forschungsperspektiven gibt, die sich teilweise widersprechen und/oder sich gegenseitig sogar ausschließen.

„Contemporary cognitive theories of motivation postulate that individuals`thoughts, beliefs, and emotions are central processes that underlie motivation. These cognitive perspectives stand in contrast both to early views that linked motivation with individual differences in instincts and traits and to behavioral theories that viewed motivation as an increased or continued level of responding to stimuli caused by reinforcement or rewards.”[11]

Im Folgenden gebe ich eine Übersicht über die verschiedenen Wege, die in der Motivationsforschung bisher gegangen wurden. Das Oxford Handbook of Human Motivation von Richard M. Ryan handelt die verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven ab und macht dabei den starken interdisziplinären Charakter deutlich, die den Forschungsstand zum Thema gegenwärtig kennzeichnet. Motivation wird hier aus der Perspektive verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen gesehen.

„Within this Handbook we see the problem of motivated, organized behavior viewed through multiple perspectives, including evolutionary (see Bernhard, Chapter 22) physiological (e.g., Gendolla, Wright, & Richter, Chapter 24), neurological (Reeve & Lee, Chapter 21), cognitive (e.g., Carver &Scheier, Chapter 3), phenomenological/experiental (e.g., Jackson, Chapter 8), and cultural (e.g., Sedikedies&Alicke, Chapter 17), among others. At each level of this analysis there are basic scientific questions concerning the processes that instigate and support versus disrupt or deplete motivational processes. In fact, the volume illustrates that motivation can be meaningfully studied through multiple levels of description and causal models.”[12]

Im deutschsprachigen Raum haben Rudolph und Heckhausen das extrem breite Spektrum an motivationspsychologischen Untersuchungsbereichen zusammengefasst. Auf deren Ausführungen basiert der folgende deutschsprachige Überblick.

Heckhausen schreibt dazu: „Kaum ein Gebiet der psychologischen Forschung ist von so vielen Seiten zugänglich wie die Motivationspsychologie und doch zugleich so schwer zu überschauen, wenn man erst einmal einzudringen versucht. Auch wer sich, wie der Autor dieses Buches, der Faszination motivationspsychologischer Fragen verschrieben hat, sucht noch nach Jahren nach mehr Überblick und mehr Ordnung in der Vielfalt von Problemen und Antwortversuchen.“[13]

Das folgende geht auf die Zusammenfassung zur Motivationspsychologie von Rudolph zurück. Das Spektrum der Erkenntnisse beginnt bereits in der Antike bei Epikur und dessen Postulat des Prinzips der Lustsuche und der Unlustvermeidung, aus dem sich die Philosophie des Hedonismus entwickelt hat.

Dieses Suche nach Lust und die Vermeidung von Schmerz stellt eine wesentliche motivationale Komponente menschlichen Verhaltens dar und kann als Vorläufer moderner motivationspsychologischer Theorien wie Appetenz und Aversion gesehen werden.

Die Darstellung geht weiter über die Theoriegeschichte der Motivationspsychologie in den letzten beiden Jahrhunderten bis in die Gegenwart. Wesentliche Beiträge wurden hier von Freud und der psychoanalytischen Theorie der Motivation geleistet. (siehe 3.1.2)

Ebenso hat der Behaviorismus, der mit den Namen Hull und Skinner eng verbunden ist, wichtige Beiträge zum Verständnis von Lerneffekten innerhalb der Motivationstheorie geleistet.

Rudolph fährt mit Lewins Feldtheorie fort, die gestaltpsychologische Elemente enthält und spätere für die folgenden humanistischen und kognitiven Motivationstheorien von grundlegender Bedeutung waren.

Erwartungs-mal-Wert-Ansätze finden sich in den Theorien der Leistungsmotivation und des Leistungsstrebens. Schließlich folgt eine Darstellung der Attributionstheorien und der attributionalen Theorien in Kontext der Motivation, sowie die Darstellung der Psychologie des Willens und evolutionärer Theorien motivierten Verhaltens.

Heckhausen findet für die unterschiedlichen Blickwinkel der Motivationsforschung den Begriff des Problemstranges. Folgende ebenfalls sehr unterschiedliche Zugänge zu menschlicher Motivation werden beschrieben:

- Willenspsychologischer Problemstrang,
- Instinkttheoretischer Problemstrang,
- Persönlichkeitstheoretischer Problemstrang mit
- motivationspsychologischer Linie
- kognitionspsychologischer Linie
- persönlichkeitspsychologischer Linie
- Assoziationstheoretischer Problemstrang
- Lernpsychologische Linie
- Aktivationspsychologische Linie

Der Autor dieser Arbeit sieht in dieser motivationspsychologischen Unübersichtlichkeit und der paradigmatischen Vielfalt der Motivationspsychologie die Gefahr,dass eine unbeabsichtigtewissenschaftliche Unklarheit entsteht, die den Untersuchungsgegenstand „Motivation“ eher obskur erscheinen lässt, anstatt klare Erkenntnis zu Tage zu bringen.Dazu wird im Resümee dieser Arbeit noch einzugehen sein.

Aus dem breiten Spektrum der Motivationspsychologie wurden vom Autor folgende Theorien ausgewählt: die Erkenntnisse von Sigmund Freud werden unter dem Blickwinkel von Motivation und Persönlichkeit beleuchtet. Dann folgen Erwartungs-mal-Wert-Modelle und das Rubikon-Modell der Handlungsphasen (als Vertreter der Willenskomponente von Motivation)

3.1.1Die Entdeckung des Unbewussten; Motivation und Persönlichkeit nach Freud

Das ausgehende 19. und das beginnende 20.Jahrhundert sind gekennzeichnet durch die Erkenntnisse dertiefenpsychologischen Schulen und mit den Namen Sigmund Freud (Psychoanalyse), Alfred Adler (Individualpsychologie), Carl Gustav Jung (analytische Psychologie) und später Viktor Frankl (Logotherapie) verbunden.

So unterschiedlich die Konzepte aller oben genannten Personen auch sind, es eint sie alle eine Suche nach den verborgenen, teilsunbewussten, teils vorbewussten Kräften, die den Menschen bewegen, die seine Persönlichkeit ausmachen und die zudiversen Ausprägung menschlichen Verhaltens führen, wenn der Fokus auch oft auf der auf pathologischen Zuständen und deren Heilung lag.

Sigmund Freud ist es dabei zu verdanken, dass er das Unbewusste sehr früh als einen wesentlichen Bestandteil menschlicher Antriebe definierte und damit den Weg ebnete, sich auch mit in „Verborgenen“ stattfindenden Prozessen auseinanderzusetzen.Im Folgenden werden Freuds psychoanalytischen Modellannahmen in Bezug auf Motivation und auch dieEbenen der Persönlichkeit dargestellt.[14]

„Freuds Beitrag zur Motivation. Drei Theorieelemente sind zentral für Freuds Konzeption menschlichen Verhaltens: sein Triebkonzept, sein Persönlichkeitsmodell und sein Denk- und Handlungsmodell.Bevor wir uns diesen zuwenden, fassen wir zunächst einige Grundgedanken Freuds zum menschlichen Verhalten zusammen:

- Alle Handlungen, auch scheinbar zufälliges oder unsinniges Verhalten, haben eine Ursache (psychologischer Determinismus).
- Die Motive (Antriebskräfte) unseres Verhaltens sind weitgehend triebhaften Ursprungs, wobei diese Triebe biologisch bedingt und uns nur selten bewusst sind.
- Das Verhalten ist nur selten direkter Ausdruck der zugrunde liegenden Triebimpulse, sondern vielmehr Ausdruck konflikthafter Zustände (wenn es interne Widerstände gibt oder der direkte Ausdruck vorhandener Triebimpulse sozial unerwünscht ist).“[15]

Die Trieblehre ist auch ein wesentlicher Bestandteil von Freunds Persönlichkeitsmodell. Die Triebimpulse des Menschen finden sich im „Es“ wieder. Dieses „Es“ wird aber durch zwei Instanzen reguliert. Nach Freud ist dies das „Ich“ einerseits und das „Über-Ich" andererseits.

Das „Ich“ entsteht durch die Auseinandersetzung mit den Anforderungen, die das Leben und die Umwelt an uns stellen. Die hedonistische Komponente des „Es“ wird durch das „Ich“ im Sinne eines Abgleichs mit den Möglichkeiten und Grenzen der jeweiligen umweltbedingten Realität, die das Individuum erfährt, reguliert.

„Im Gegensatz zum Es sind die Inhalte des Ichs zumindest teilweise bewusst oder bewusstseinsfähig; hierfür prägte Freud den Begriff >>Vorbewusstes<<.“[16]

Das Über-Ich wiederum stellt die durch Erziehung geprägten Wertvorstellungen und sozialen Normen dar, die uns teilweise bewusst, teilweise unbewusst sind und die unser moralisch-ethisches Grundgerüst bilden. „Dem Ich als vermittelnder Instanz fällt nun die Aufgabe zu, zusätzlich zu den Anforderungen des Es und der Realität auch die Idealvorstellungen des Über-Ichs zu berücksichtigen und die daraus entstehenden Konflikte zu bewältigen.“[17] Freud hat hier mit seiner eher induktiven, fallstudienorientierten Art des Arbeitens erstaunliche Erkenntnisse gewinnen können.

Es sind hier beträchtliche Parallelen zum4-Ebenen-Modell der Persönlichkeit zu finden, das im Kapitel 4.1 dargestellt wird.

3.1.2 Erwartungs-mal-Wert-Theorien

„Eine systematische Integration von Person- und Situationsfaktoren in Modellen, aus denen sich Verhaltensvorhersagen ableiten lassen, bieten die Erwartungs-mal-Wert-Modelle […]. Während die Erwartung ein bestimmtes Ziel erreichen zu können in hohem Maße von situativen Faktoren abhängt, liegt der Wert eines Zieles weitgehend in der Einschätzung des Handelnden selbst und hängt von dessen impliziter und expliziter Motivlage ab. Wenn das Produkt von Erwartung und Wert maximal ist, dann ist es am wahrscheinlichsten, dass der Einzelne zur Tat schreitet.“[18]

Konzept des Anreizes

„Anreiz ist ein Konstrukt, das situative Reize bezeichnet, die einen Motivationszustand anregen können. Im Kern dieses Konstruktes stehen dabei affektive Reaktionen, die eine grundlegende (basale) Bewertung vornehmen.“[19]

Das Konzept des Anreizes wird dann mit positiven und negativen Affekten verknüpft, also mit positiven und negativen Anreizen. Das Individuum wird durch die positiven Affekte angezogen und im Antrieb „energetisiert“, während negative Affekte eher zu einer Vermeidungshaltung führen. Aus den vielfältigen Anreizen entwickelt das Individuum dann ein Bewertungssystem, das handlungsleitend wird und sehr individuell geprägt ist. „Der Anreiz von Objekten oder Ereignissen kann sich als erlernt oder angeboren (erfahrungsunabhängig), als eher abhängig oder unabhängig von momentanen Bedürfnissen erweisen“.[20]

Die hinter diesem Verhalten liegenden neurophysiologischen Prozesse werden zwar angedeutet aber nur sehr rudimentär in den Erklärungszusammenhang menschlicher Motivation gestellt.

[...]


[1] Sprenger (1993)

[2] vgl. Maslow (1954)

[3] Asendorpf/Neyer (2012), S. 168

[4] Rudolph (2013), S. 14

[5] Roth (2010), S. 8

[6] vgl. Roth (2015), S. 302 ff.

[7] vgl. ebd., S. 308 ff.

[8] edb., S. 226

[9] vgl. Bandura (1997)

[10] vgl. Weierstall (2015), S. 1

[11] Ryan (2012) S. 13

[12] Ryan (2009), S. 5

[13] Heckhausen (2010), IX

[14] vgl. Rudolph (2009), S. 27 ff.

[15] ebd., S. 29

[16] ebd., S. 32

[17] ebd., S. 32

[18] Heckhausen (2010), S. 6

[19] ebd., S. 106

[20] ebd., S. 107

Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Menschliche Motivation. Zwischen populärwissenschaftlichen und psychologischen Grundannahmen und neurowissenschaftlicher Forschung
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
66
Katalognummer
V340184
ISBN (eBook)
9783668303171
ISBN (Buch)
9783668340077
Dateigröße
1125 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
menschliche, motivation, spannungsfeld, grundannahmen, forschung
Arbeit zitieren
Rolf-Peter Koch (Autor:in), 2015, Menschliche Motivation. Zwischen populärwissenschaftlichen und psychologischen Grundannahmen und neurowissenschaftlicher Forschung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/340184

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Menschliche Motivation. Zwischen populärwissenschaftlichen und psychologischen Grundannahmen und neurowissenschaftlicher Forschung



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden