In der Ausgangssituation des Romans steht Werther noch in Identität mit dem Jugendlichendasein, doch befindet sich diese schon an der Schwelle, es gibt Orientierungen von ihm und von Außen in neue Definitionsräume des Ichs; er kann sich schon zum Teil mit dem suchenden „unruhigen Vagabunden“ in einem Niemandsland, in einer „weiten, öden Welt“ identifizieren (denn er hat diese Situation schon in seinen Gedankengängen, im Bewußtsein). Ich möchte Werthers Weg als Identitätsentwicklung betrachten, denn der Übergang zwischen der Adoleszenz und dem Erwachsenendasein ist ja ein Wechsel der Ich-Definition, der Identität. Welche Räume betritt und erfährt er, welche Möglichkeiten von Identität sucht Werther an der Schwelle von der Adoleszenz, in welche verschiedenen Richtungen strebt der Vagabund, wie verändert/ entwickelt sich sein eigenes Identitätsbild bis zu seinem Scheitern?
Ich möchte, da ich es für mein Ziel für besonders aussagekräftig halte, diese Entwicklung besonders anhand der Situationen und Äußerungen seiner Liebe zu Lotte betrachten, ergänzt durch seine philosophischen Gedanken (da er hier oft allegorisch seine eigene Situationen begreift), seine beruflichen Stationen und Aussagen nur am Rande erwähnen.
Werther befindet sich in der Ausgangssituation des Romans in einem fortgeschrittenen Alter des Jugendlichendaseins - an der Spitze der Adoleszenz. Dies wird zum einen von einer Außenwelt suggeriert, die ihn, in Gestalt von Wilhelm und Werthers Mutter, immer wieder dazu auffordert in den Berufsstand zu treten -„meine Mutter möchte mich gern in Aktivitäten sehn, sagst du“ oder wenigstens die Malerei ernsthaft zu betreiben -„da Dir so viel daran gelegen ist, daß ich mein Zeichnen nicht vernachlässige“; genau wie diese soll auch die Liebe ernsthaft betrieben werden, die Hoffnungen an Lotte „durchgetrieben“ oder fallengelassen werden. Man fordert somit von Werther den Wechsel von der Lebensstufe des Jugendlichendaseins in die Welt der Erwachsenen. Er soll einen festen Beruf annehmen und eine geregelte Partnerschaftsbeziehung ist auch gewünscht - die maßgebenden Faktoren, die eine Familiengründung und damit die wohl allgemein wichtigste Aufgabe des Erwachsenendaseins bestimmen; so steckt auch Werther diese Lebensstufe ab: Hütte, Gattin, Kinder und Geschäfte zu ihrer Erhaltung.
Inhaltsverzeichnis
- Jugend/ Gesamtreflexion
- Erwachsen sein
- Schwelle
- Integration/ Negation
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Goethes "Die Leiden des jungen Werthers" analysiert die Identitätsentwicklung eines jungen Mannes in der Übergangsphase von der Adoleszenz zum Erwachsensein. Der Roman zeigt die Konflikte auf, die mit dieser Lebensstufe einhergehen, und beleuchtet Werthers Sehnsüchte, sein Streben nach Selbstfindung und seine Schwierigkeiten, sich in die Welt der Erwachsenen einzugliedern.
- Identitätsentwicklung in der Adoleszenz
- Sehnsucht nach Liebe und Selbstverwirklichung
- Konflikt zwischen jugendlicher Freiheit und gesellschaftlichen Erwartungen
- Die Rolle der Liebe als Katalysator für die Identitätsfindung
- Die Grenzen des jugendlichen Idealismus
Zusammenfassung der Kapitel
Die ersten Kapitel des Romans zeichnen ein Bild von Werthers jugendlicher Sehnsucht nach Freiheit und Unabhängigkeit. Er reist umher, sucht nach neuen Erfahrungen und sucht nach Sinn und Erfüllung. Doch gleichzeitig spürt er die innere Sehnsucht nach Geborgenheit und Zugehörigkeit.
In der Begegnung mit Lotte erfährt Werther die Macht der Liebe und die Intensität von Gefühlen. Doch diese Liebe erweist sich als kompliziert und führt zu innerem Konflikt, da Lotte bereits verlobt ist. Werther versucht, sich in die Welt der Erwachsenen einzufügen, doch er fühlt sich gefangen in seinen Sehnsüchten und Idealen.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen des Romans sind Identitätsentwicklung, Adoleszenz, Sehnsucht, Liebe, gesellschaftliche Erwartungen, Freiheit, Geborgenheit und Selbstfindung. Die Figur des Werthers repräsentiert den typischen Konflikt des jugendlichen Idealismus, der an die Grenzen der Realität stößt.
- Arbeit zitieren
- Magister Heiko Michels (Autor:in), 2004, Goethes "Die Leiden des Jungen Werther" als Drama der Adolseszenz und gescheitertes Übergangsritual, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/340757