Wasser ist ein hohes Gut. Sein Schutz hatte in Deutschland daher schon sehr früh einen hohen Stellenrang. Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) hat diesen Schutz verstärkt und einen Paradigmenwechsel weg vom Bewirtschaftungsansatz hin zu einem eher ökologischen Verständnis eingeläutet. Zentraler Baustein des modernen europäischen Wasserrechts sind die Bewirtschaftungsziele des Art. 4 I WRRL, in deutsches Wasserrecht umgesetzt in §§ 27, 44 und 47 WHG.
Hierzu hat der Europäische Gerichtshof am 1. Juli 2015 auf Veranlassung des Bundesverwaltungsgerichts ein Grundsatzurteil gesprochen, das vor allem mit Blick auf die Straßenentwässerung auch den Straßenbau nicht unberührt lassen wird. Außerdem ist am 21. Juli 2016 eine neue Oberflächengewässerverordnung (OGewV) in Kraft getreten, die in Bezug auf die Straßenentwässerung ebenfalls Neuerungen bringt.
Damit sind nicht nur schwierige fachliche Fragen, sondern auch eine ganze Reihe rechtlicher Fragen aufgeworfen. Die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) hatte daher im Juni 2015 die Erstellung eines Rechtsgutachtens zu diesem Themenkomplex in Auftrag gegeben. Nach Inkrafttreten der neuen Oberflächengewässerverordnung ist dieses Gutachten nochmals überarbeitet und abschließend fertiggestellt worden. Auf Grund mehrerer Anfragen anderer öffentlicher Stellen und des auch sonst bekundeten hohen öffentlichen Interesses an den Ergebnissen dieses Gutachtens hat die NLStBV Freigabe zu dessen Veröffentlichung erteilt und konnten daher die folgenden Zeilen nun einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
Für wertvolle Hinweise insbesondere zu den praktischen Nöten der Straßenbaulastträger bei der Entwässerung von Straßen sowie zu den technisch-organisatorischen Hintergründen bedanken wir uns herzlich bei Herrn Stephan Köhler und Herrn Dr. Ulrich Kasting (beide NLStBV).
Nach der Darstellung der wesentlichen Hintergründe (sogleich I.) erfolgt die rechtliche Erörterung der aufgeworfenen Fragen (nachfolgend II.). Am Ende werden die gewonnenen Ergebnisse in insgesamt 20 Thesen noch einmal zusammenfassend wiedergegeben (zuletzt III.).
Inhaltsverzeichnis
- Wasserrecht und Straßenbau
- Auswirkungen des Weservertiefungsurteils
- I. Hintergründe
- II. Rechtliche Würdigung
- 1. Hintergründe
- 2. Bewertung und Konsequenzen
- 2.1. Kernaussagen des Urteils
- 2.2. Verbindlichkeit der Bewirtschaftungsziele
- 2.3. Verschlechterungsverbot
- 2.4. Ausnahme nach § 31 II 1 WHG
- 2.5. Neue Veränderung der physischen Gewässereigenschaften
- 2.6. Ausnahmegründe
- 2.7. Minimierungspflicht
- 2.8. Verhältnis zum europäischen Gebietsschutz
- 3. Auswirkungen der Novellierung der Oberflächengewässerverordnung
- 4. Alternativenprüfung
- III. Zusammenfassung, Ergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieses Gutachten analysiert die Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 1. Juli 2015 (C-461/13) und der Novellierung der Oberflächengewässerverordnung auf die wasserrechtliche Bewirtschaftung, insbesondere im Hinblick auf die Entwässerung von Straßen. Es klärt rechtliche Fragen und gibt Orientierung für Zulassungsverfahren und Planvorlagen im Straßenbau.
- Auswirkungen des Weservertiefungsurteils auf die Straßenentwässerung
- Interpretation der Bewirtschaftungsziele nach der WRRL und dem WHG
- Relevanz des Verschlechterungsverbots für den Straßenbau
- Anforderungen an Zulassungsverfahren und Planvorlagen im Kontext des Wasserrechts
- Die Rolle der neuen Oberflächengewässerverordnung
Zusammenfassung der Kapitel
Wasserrecht und Straßenbau: Dieses Kapitel legt den Grundstein, indem es die Notwendigkeit der Straßenentwässerung aus verkehrssicherheitstechnischen Gründen darlegt und gleichzeitig die damit verbundenen Herausforderungen im Kontext des Wasserrechts beleuchtet. Es hebt die Problematik der Einleitung von Straßenoberflächenwasser in Oberflächengewässer und Grundwasser hervor, insbesondere im Hinblick auf Schadstoffe wie Auftausalze. Der Fokus liegt auf der Notwendigkeit, die unionsrechtlich unterlegten Bewirtschaftungsziele bei der Straßenentwässerung zu berücksichtigen. Der Konflikt zwischen Verkehrssicherungspflicht und Gewässerschutz wird als zentrale Problemstellung eingeführt.
Auswirkungen des Weservertiefungsurteils: Dieser Abschnitt analysiert das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 1. Juli 2015 im Fall „Weservertiefung“ und seine weitreichenden Konsequenzen für die Praxis der Straßenentwässerung. Es wird detailliert auf die restriktive Interpretation des Verschlechterungsverbots und des Verbesserungsgebots eingegangen und deren Auswirkungen auf die Zulässigkeit von Straßenbaumaßnahmen diskutiert. Die Bedeutung der Bewirtschaftungsplanung und die Einhaltung der Qualitätskomponenten werden im Detail erläutert, wobei die Grenzen und Ausnahmen des Gesetzes betrachtet werden. Die Übertragbarkeit des Urteils auf den chemischen und mengenmäßigen Zustand der Gewässer wird ebenso beleuchtet wie der notwendige Maßstab des Wasserkörpers für die Bewertung.
Schlüsselwörter
Wasserrecht, Straßenbau, Straßenentwässerung, Weservertiefungsurteil, Oberflächengewässerverordnung (OGewV), Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), Bewirtschaftungsziele, Verschlechterungsverbot, § 27 WHG, § 31 WHG, Gewässerschutz, Zulassungsverfahren, Planvorlagen, ökologischer Zustand, Chlorid.
Häufig gestellte Fragen zum Gutachten: Auswirkungen des Weservertiefungsurteils auf die Straßenentwässerung
Was ist der Gegenstand des Gutachtens?
Das Gutachten analysiert die Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 1. Juli 2015 (C-461/13) – das sogenannte Weservertiefungsurteil – und der Novellierung der Oberflächengewässerverordnung auf die wasserrechtliche Bewirtschaftung, insbesondere im Hinblick auf die Entwässerung von Straßen. Es klärt rechtliche Fragen und bietet Orientierung für Zulassungsverfahren und Planvorlagen im Straßenbau.
Welche Themen werden im Gutachten behandelt?
Das Gutachten behandelt die Auswirkungen des Weservertiefungsurteils auf die Straßenentwässerung, die Interpretation der Bewirtschaftungsziele nach WRRL und WHG, die Relevanz des Verschlechterungsverbots für den Straßenbau, die Anforderungen an Zulassungsverfahren und Planvorlagen im Kontext des Wasserrechts sowie die Rolle der neuen Oberflächengewässerverordnung.
Welche Kapitel umfasst das Gutachten?
Das Gutachten umfasst die Kapitel "Wasserrecht und Straßenbau" und "Auswirkungen des Weservertiefungsurteils". Das Kapitel "Wasserrecht und Straßenbau" beleuchtet den Konflikt zwischen Verkehrssicherungspflicht und Gewässerschutz, insbesondere im Hinblick auf die Einleitung von Schadstoffen aus der Straßenentwässerung. Das Kapitel "Auswirkungen des Weservertiefungsurteils" analysiert das Urteil des EuGH und dessen Konsequenzen für die Praxis der Straßenentwässerung, einschließlich der Interpretation des Verschlechterungsverbots und der Bedeutung der Bewirtschaftungsplanung.
Wie wird das Weservertiefungsurteil im Gutachten interpretiert?
Das Gutachten analysiert das Weservertiefungsurteil detailliert und konzentriert sich auf die restriktive Interpretation des Verschlechterungsverbots und des Verbesserungsgebots. Es diskutiert die Auswirkungen dieser Interpretation auf die Zulässigkeit von Straßenbaumaßnahmen und erläutert die Bedeutung der Bewirtschaftungsplanung und der Einhaltung der Qualitätskomponenten, einschließlich der Grenzen und Ausnahmen des Gesetzes. Die Übertragbarkeit des Urteils auf den chemischen und mengenmäßigen Zustand der Gewässer und der notwendige Maßstab des Wasserkörpers für die Bewertung werden ebenfalls beleuchtet.
Welche Rolle spielt die Oberflächengewässerverordnung (OGewV)?
Die Rolle der novellierten Oberflächengewässerverordnung wird im Gutachten im Kontext der Bewirtschaftung und der Einhaltung der Bewirtschaftungsziele untersucht. Die Auswirkungen der Novellierung auf die Zulässigkeit von Straßenbaumaßnahmen werden analysiert.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für das Gutachten?
Schlüsselwörter umfassen Wasserrecht, Straßenbau, Straßenentwässerung, Weservertiefungsurteil, Oberflächengewässerverordnung (OGewV), Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), Bewirtschaftungsziele, Verschlechterungsverbot, § 27 WHG, § 31 WHG, Gewässerschutz, Zulassungsverfahren, Planvorlagen, ökologischer Zustand und Chlorid.
Für wen ist das Gutachten relevant?
Das Gutachten ist relevant für alle, die im Bereich des Straßenbaus und des Wasserrechts tätig sind, einschließlich Planer, Behörden und Entscheidungsträger. Es bietet wichtige Informationen zur rechtssicheren Planung und Umsetzung von Straßenbauprojekten unter Berücksichtigung der wasserrechtlichen Bestimmungen.
- Arbeit zitieren
- Klaus Füßer (Autor:in), Dr. Marcus Lau (Autor:in), 2016, Wasserrechtliche Bewirtschaftungsziele und die Entwässerung von Straßen nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 1. Juli 2015 (C-461/13) und der Novellierung der Oberflächengewässerverordnung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/340875