Gibt es den Heldentod in Herborts von Fritzlar "Liet von Troje"?


Hausarbeit, 2014

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Philomenis - Der erste namenhafte Tod

3 Patroclus - Ein Tod aus Selbstüberschätzung und der Beginn des Rachedurstes

4 Hector - Der Tod des größten Helden

5 Achilles - Der Mord im Tempel

6 Paris - Des schönen Mörders Tod

7 Ayax - Der Mord im Dunkeln und keine Heldentode außerhalb des Krieges

8 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Herborts von Fritzlar um 1190 entstandener Antikenroman, das Liet von Troye, ist eine Wiederer- zählung des trojanischen Kriegs.1 Durch eine Neukonzeptionalisierung der antiken Stoffe drin- gen die Leitthemen des höfischen Romans in die Antikenmaterie ein. Dazu zählen in erster Linie Ritterschaft und Minne2, außerdem unterläuft der Stoff einer Christianisierung. Hieraus ergeben sich einige Leitfragen, die von der Forschung ausführlich besprochen wurden, woraus die häufig vertretene These entstand, dass es sich beim Liet von Troje um ein Antikriegsepos handelt. Dies als Grundlage annehmend, beschäftigt sich diese Arbeit mit der Thematik des Heldentodes.3 Ist die Glorifizierung des Helden durch seinen Tod auf dem Schlachtfeld in einem Antikriegsepos überhaupt möglich?

Einen Heldentod zu sterben, ist für den Helden von immenser Bedeutung: „Der letzte Akt in der Lebensgeschichte des Helden ist der Tod oder der Fortgang. Darin findet der ganze Sinn sei - nes Lebens sein Denkmal.“4 Der klassisch antike Heldentod unterliegt bestimmten Bedingungen, wozu die sogenannte Versöhnung mit dem Grab zählt.5 RENEHAN zufolge konfrontiert in heroischen Kulturen der Held seinen Tod mit der Würde seiner angeborenen Tapferkeit, ohne Angst und ungeschlagen bis zum Ende.6 In der Gewissheit des Todes eines jeden Menschen verspricht der öffentliche Tod in der Schlacht ewigen Ruhm: „the hero is granted [...] the single privilege of dying a hero's death, not a random or undignified one.“7

Herbort selbst verweist an einer Stelle auf die Bedeutung eines Heldentodes:

Ir iegelich sich so versuchte

Daz ir dehein enruchte Welches todes er sturbe

Uf daz er pris erwurbe (V. 7625-7628)8

Der Erwerb des pris durch den heldenhaften Tod ist also ein Konzept, das auch Herbort keines- wegs fremd ist. So wird zwar der Topos des Heldentodes von Herbort aufgegriffen, interessant ist aber, wie der Autor damit umgeht. Das Ziel dieser Arbeit ist es, die sich ergebende zweigeteil - te Problematik aufzuzeigen, die in Herborts Text entsteht: Es gibt als Helden bezeichnete Krie- ger oder auch Ritter, die einen wenig glorreichen, brutalen oder makaberen Tod sterben, sind diese dennoch Helden? Mit anderen Worten: Wie ausschlaggebend ist der Tod an sich für die Heldenehrung? Und: Andere Helden, stellen ihr Heldentum durch ihre Taten massiv in Frage. Wird ihnen dennoch ein Heldentod gewährt? Wirkt sich ein heldenhafter Tod positiv auf ihre Rezeption aus?

Ein erster Blick sei hier auf den Tod des Polidames geworfen, der eine Antwort anzudeuten scheint:

Der kune Polidames

Genoz in dem tode des

Daz er lebende was ein degen

Sin wart an dem tode wol gephlegen. (V. 12041-12044)

Dies als Richtlinie nehmend, sollen in dieser Arbeit sechs Tode genauer betrachtet werden:

Die erste Untersuchung ist dem ersten namenhaften Tod, dem des Philomenis, gewidmet. Darauf folgen die abwechselnd griechisch und trojanisch Tode, die eine Folge von Racheakten bilden, da der jeweils Nachgestellte den Vorherigen tötet, um den Tod des davor Getöteten zu rä - chen: Patroclus - Hector - Achilles - Paris - Ayax. Diese großen Namen, deren Heldentum als relativ unbestritten gilt, bilden eine solide Untersuchungsgrundlage.

Themenkomplexe wie der Heldenstatus, der Heldentod (also die Versöhnung mit dem Tod, die Öffentlichkeit und Brutalität des Kampfes, die Darstellung des Sterbens, die Bergung des Leich- nams), sowie die Klage um den Toten, seine Bestattung und Würdigung, werden im Folgenden in Betracht gezogen.

Obwohl Homers Ilias nicht als Vorlage gedient hat und direkte Vergleiche somit abwegig wirken mögen, wird diese Arbeit bei gegebenem Anlass Vergleiche ziehen, zum einen, da eine inhaltli - che Nähe der zwischen den beiden Texten vorliegt, zum anderen, weil die Ilias den Begriff des Heldentodes maßgeblich geprägt hat.9

2 Philomenis - Der erste namenhafte Tod

Der erste namentlich erwähnte und im Krieg fallende ist Philomenis, König von Segontoie10 und Verbündeter Troyas. Er wird nicht in der Heldenschau aufgeführt und auch im Verlauf der Handlung nicht als Held bezeichnet. Er ist der erste namenhafte Agent der Landungsschlacht.

Der Kampf11 ist weder besonders lang noch besonders glanzvoll erzählt. Philomenis stellt sich Ulixes, König von Ithaka, entgegen, der als erster an den Strand gesprungen ist. Grußlos teilt Philomenis harte Schläge aus, was Ulixes duldet: Schone stunt ulixes / Und gestattete im des / Bis er muden began [V. 4403-44056]. Dann stößt Ulixes ihm in einer einzigen Bewegung sein Schwert durch das Kinn in den Mund. Mit dem Zurückziehen des Schwertes geht Philomenis zu Boden. Dessen Gefolgsmänner klagen harte sere und wollen den Leichnam bergen [V. 4414]. Ulixes ge- stattet dies nicht, worauf der Leichnam her ud dare gezogen wird, bis die Trojaner zu Hilfe kom- men [V. 4424].

Dieser Kampf findet hauptsächlich zur Profilierung Ulixes' statt, dennoch lässt sich an dieser Szene einiges über den Ablauf eines Todes in den folgenden Schlachten ablesen, denn bereits hier sind die Elemente von Zweikampf, Tod, Bergung des Leichnams und Klage enthalten. Die Aspekte der Namensnennung, des öffentlichen Todes und des Mutes, dem Tod bewusst ins Auge zu sehen, sowie eine existente, wenn auch nur kurze Klage und der Streit um den Leich - nam sprechen für einen Heldentod. Die Chancenungleichheit der Kontrahenten - die nicht dar - auf beruht, dass Philomenis zu Pferd ist und Ulixes zu Fuß12, sondern, dass Ulixes, der zu diesem Zeitpunkt schon als erfahrener Kämpfer und erprobter Held auftritt, keinerlei Schwierigkeiten hat, seinen Gegner niederzustrecken - verstärkt allerdings eher die Profilierung des Helden als dem Besiegten Glorie zu bereiten.

In diesem, die zwei Fronten repräsentierenden Zweikampf stehen sich darüber hinaus bezeichnenderweise zwei ungleiche Gegner gegenüber, nicht.

Tendenziell lässt sich feststellen, dass einer relativ unwichtige Person ohne Heldenstatus ein relativ schneller, d.h. kurz beschriebener Tod erteilt wird13. Brutalität ist in diesem Szenario durchaus vorhanden, scheint hier aber zur Etablierung des kriegerischen Grundtones beizutragen, denn im vergleich zu den später besprochenen Toden, erscheint der Grad an Brutalität hier verhältnismäßig mild. Des Weiteren lässt sich aus der nur einzeiligen Klage und fehlender Bestattung oder Würdigung schließen, dass Heldentum in Herborts Epos bewiesen und verdient werden muss, so wie Ulixes es schon getan hat und weiter konsequent unter Beweis stellt.

3 Patroclus - Ein Tod aus Selbstüberschätzung und Der Beginn des Rachedurstes

Patroclus wird als Achilles geselle bezeichnet [V. 4437], spielt jedoch zunächst eine scheinbar un- wesentliche Rolle. Dies lässt sich auf Dares und Benoît zurückführen. Er wird in der Helden - schau als Held etabliert, die prominente vierte Position dort ist allerdings auf Achilles Position an dritter Stelle zurückzuführen. Seiner Charakterisierung nach hat er gute site und ist kune und fro da- mite/ wol bekannt und ernsthaft/er hette zucht und kraft/ volwassen und reine, nur sei er honsam, sonst lo- besam [V. 2993-3000]. Dies ist alles, was der Hörer, die Leserin über ihn erfährt, denn er stirbt schon am ersten Tag der sich der Landungsschlacht anschließenden Kämpfe. Patroclus zieht gegen Hector14, sie reiten Als von einem bogen ein zein/ Oder ein phil aufeinander zu und zerbrechen beide ihre Speere [V. 4975-76]. Es kommt zum Schwertkampf:

Do begunden die recken

Mit den brunen ecken Howen und sniden

Und den halsberc darunde (V. 4984-4987)

Patroclus erhält hiernach ohne Umschweife eine wunde in daz herze und fällt tot zur Erde [V. 4989- 4990]. Das Sterben wird präzise veranschaulicht, sein Körper wird hart und kalt wie ein Stein. Hector schleift den Toten umher und will ihm Rüstung und Waffen nehmen. Merion verhindert dies und schlägt auf Hector ein, bis dieser vor Müdigkeit niedersinkt, worauf er schließlich geret- tet wird. (V. 5001-5015)

Patroclus' Angriff entpuppt sich also als fatale Selbstüberschätzung, wäre aber im Siegesfall ein kluger Zug gewesen, denn mit Hector, dem Thronfolger und Heerführer Trojas, steht oder fällt die Stadt. Ein Sieg hätte den gesamten Krieg potenziell verkürzt und die Tötung Hectors hätte Patroclus ewigen Ruhm eingebracht. Doch schon durch den frühen Zeitpunkt seines Todes er- gibt sich für die Bewertung seines Heldentodes eine Besonderheit: Vergleicht man seinen Tod, mit der signifikanten Rolle, die diesem in der Ilias beikommen, so scheint er hier zunächst un- scheinbar und jeglichen Glanzes beraubt - eine überstürzte Handlung. In Homers Dichtung führt Patroclus Achilles' Krieger in die Schlacht, da dieser den Kampf verweigert. Nachdem die Trojaner bis ins griechische Lager vorgedrungen waren und damit den Krieg beinahe gewonnen hatten, kleidete sich Patroclus in Achilles Rüstung und trieb die Trojaner bis an die Stadtmauer zurück, wo er von den Göttern niedergestreckt und von Hector schließlich getötet wurde.15 Während solch ein Szenario erinnerungswürdig ist, bleibt Patroclus bei Herbort nur die präzise Beschreibung seines Todes, die hervorsticht. Die Beschreibung des Kampfes erscheint verhält- nismäßig kurz dafür, dass Patroclus zuvor in der Heldenschau genannt wurde.

Es ist vor allem die Konsequenz seines Todes, die umstritten scheint. Bei Homer war Patroclus' Tod der Auslöser für Achill, sich seinem Schicksal zu stellen und Hector anzugreifen, bei Herb - ort wird laut SIEBER vor allem durch die zeitliche Auseinanderziehung zwischen Tod und Rache Patroclus' Tod zum „handlungslogisch blinden Motiv“16. Dem ist jedoch entgegenzusetzen, dass der Rüstungsraub, der in der Ilias natürlich eine gravierendere Rolle spielt, da es sich um Achilles' Rüstung handelt, erhalten bleibt um später vor Hectors Tod als Motiv gespiegelt zu werden. Da- mit entsteht eine Brücke, da Hector diese für seine Vollkommenheit als Held untypische Geste nur genau zweimal vollzieht. Zudem ist Achilles' Klage um Patroclus zwar weniger dramatisch als in der Ilias, bleibt jedoch von bemerkenswerter Länge17 und ist intensiv; besonders durch sei- ne Bedeutung für Achilles wird Patroclus aufgewertet; im Tod erfährt das Publikum die eigentli- che Stellung des gefallenen Helden, der als fehlende halbe Seele bezeichnet und mit einem Kuss verabschiedet wird.18 Drittens löst der Tod des Freundes zwar nicht unmittelbar einen motivisch bekannten Zornausbruch aus, erwirkt aber einen Racheschwur, der erst viel später erfüllt wird, womit das Rachemotiv nach hinten verschoben ist. Der Tod des Freundes fungiert nach wie vor als „Entstehungsbedingung der personalen Feindschaft“19 zwischen Hector und Achilles, auch wenn dies erst im Verlauf der Handlung zur Geltung kommt. Er bleibt also Auslöser der Rache - akte, was im Wortgefecht zwischen Achill und Hector über Patroclus20 deutlich wird, wenn Achilles sagt:

Den frunt den ich verloren han Patroclun will ich immer klagen Her hector den ir hat erslagen

Daz kumet uch zu unheil (V. 8216-8219) [ … ]

Ez enkume noch die zit

Daz ich uch leide getu (V. 8236-8237)

Für die Handlung ist dieser Tod also keineswegs unwichtig. Einen Hinweis darauf, ob es sich hierbei nun um einen Heldentod handelt findet sich in der Grabinschrift:

Daz er in strite

was tot bliben

So daz nie dehein sin gliche Also menliche

Bie siner zite

Tot bleip in strite (V. 6099-6104)

Hierbei wird folglich der Aspekt des im Kampf Sterbens und der Männlichkeit als klares Merk- mal eines Heldentods erkannt. Dem als mutigen Helden gezeigten Krieger, wird passenderweise das Herz durchbohrt. Die Entwürdigung durch das Schleifen und den Rüstungsraub wird durch die Trauer des Freundes und die ehrenvolle Bestattung aufgewogen. Auch ist die Dauer des Kampfes und die Heftigkeit der detaillierten Beschreibung Indizien, die für einen Heldentod sprechen. Während sein Tod in der Ilias durchaus heroischer ist, so scheint er bei Herbort doch zumindest eines Helden würdig.

4 Hector - Der Tod des größten Helden

Hector ist einer der unumstrittenen Helden. Da er Beschützer Trojas, Heerführer und bester Kämpfer ist, weder durch Angst noch Liebe korrumpierbar, stellt sich die Frage, wie man solch einen Helden zu Fall bringen kann. Achilles ist der einzig würdige Gegner, was in fünf Kämpfen etabliert wird, die für beide mal in Sieg, mal in Niederlage, jedoch nicht im Tod eines der Helden enden.21 Dadurch wird zwar der abschließende Vergeltungskampf hinausgezögert, wie SIEBER richtig feststellt22, jedoch ist eine Verbindung zum Tod Patroclus' keineswegs zu leugnen. Diese dem Spannungsaufbau dienenden, retardierenden Momente stellen Hector und Achilles als zu- nächst gleichwertige und persönliche Feinde dar.23 Sie finden alle vor dem Streit der beiden wäh- rend eines vereinbarten Friedens statt, in dem Hector als der Schlächter Patroclus' erkannt wird Es scheint auf Patroclus Rüstung zurückzuführen, die Hector trägt, dass es heißt: Ich gesach uch also rechte nie / So in dirre stat hie / Um daz ich zu uch haben haz [V. 8229-8231] . Ob dies nun bedeu- tet, dass Achilles vorher nicht wusste, dass Hector seinen Freund getötet hat, oder ob Hectors Dreistigkeit, Patroclus Rüstung zu tragen, ihn zornig macht, ist hierbei schwer auszumachen. Je - doch erklärt diese Aussage das Herauszögern des letzten entscheidenden Kampfes und bringt die Motivation, beim nächsten Aufeinandertreffen nicht wieder abzulassen. Hector, der sich nicht in seinem eigenen Land beleidigt sieht, fühlt sich gezwungen verbal zu parieren sonst sei er immer ein zage [V. 8242]. Er provoziert Achilles bis aufs Blut. Dieser kann seinen Zorn kaum hal- ten und bricht beinahe den Frieden24. Somit wird der Zorn als Vergeltungsantrieb keineswegs vermieden, wie in der Forschung behauptet25, sondern wie der Rest der Episode um vier bis fünf Jahre verschoben, wodurch er befremdlich wirkt. Es ist in der Schlacht unmittelbar nach diesem Frieden, dass die beiden mit fatalen Folgen aufeinandertreffen. Hector lässt sich durch das Flehen seines Vaters und seiner Frau nur kurzfristig vom Kampf fernhalten, bis Achilles Hectors Halbbruder Margariton tötet.26 Dann heißt es:

Da tet hector wol schin

Daz er gut und leben

Umbe sine truwe wolde geben

Durch der troyerer heil (V. 10280-83)

Mit dieser heldenhaften Opferungsbereitschaft ist die Gewissheit und Akzeptanz des eigenen Todes als Kriterium für den Heldentod zum ersten Mal vollkommen gegeben. Hinzu kommen der seit dem Streit schwelende Zorn gegen Achilles und das Verlangen nach Rache für Margari - tons Tod als Impuls, um für sein Volk und seine Ehre den Tod in Kauf nehmen. Als Achilles und Hector aufeinandertreffen, steht Hector gerade über dem toten Politetes, den Achilles mit seiner Schwester hatte verheiraten wollen. Politetes' Tod lenkt nicht etwa von der Kausalität zwischen Patroclus' und Hectors Tod ab, sondern verknüpft sie durch die motivische Wiederholung des versuchten Rüstungsraubs.27 Dies wird hier von Achilles als unzucht verurteilt [V. 10433], was als Hinweis darauf gelesen werden kann, dass Herbort zumindest mit diesem un- sittlichen Verhalten das Idealbild seines trojanischen Protagonisten in Frage stellt. Achilles will nun eine endgültige Entscheidung: Wir bliben hie beide / Entweder ir oder ich [V. 10346- 10347]. Wieder beginnt dieser letzte Kampf28 mit einem retardierenden Moment: Hector verletzt Achilles mit drei Schlägen am Kopf (er spaltet seinen Helm) und warnt, diese Wunde gebe ihm des todes frist [V. 10362]. Achilles verlässt das Schlachtfeld, um seine Wunde versorgen zu lassen, kehrt aber danach zurück. Hector reitet ihm brüllend entgegen, als wolle er ihn bizzen [V. 10369] . Achilles artikuliert noch eine Aufforderung, dann schlagen sie sich geliche / Uf und nider durch den rinc [V. 10381] . Sie kämpfen Als ein lewe und als ein bere 29 / Mit zorne und mit nide [V. 10384] , so dass von ihren Rüstungen Funken springen. Ihr Kampf wird mit einem langen Sturm verglichen, der hut, lider und fleisch dar mite in Fetzen hängen lässt [V. 10390-10391], so dass ihre Kleidung unter der Rüstung blutgetränkt ist. Schließlich bringt Achilles Hector zu Fall und schlägt und tritt auf ihn ein. Hector wird nicht gestattet, sich noch einmal aufzurichten und schließlich werden seine Augen trübe und seine Nase bleich.

[...]


1 Herbort beruft sich auf die Quellen der fiktiven Augenzeugenberichte von Dares und Dictis, sowie Benoîts Bearbeitung des Dares-Stoffes, die als Stoff zugrunde liegen. Da Homers Ilias nur in Ausschnitten für den Lateinunterricht bekannt war, kann man davon ausgehen, dass Herbort zumindest diese Bruchstücke aus seiner Ausbildung bekannt waren (Vgl. Worstbrock (2004): Tradition des Troiastoffes, S 161).

2 SIEBER sagt, BRUNNER stelle fest, dass Antikenromane, Liebe und ritterlicher Kampf die Grundlagen für die höfische Literatur sind und es somit nur natürlich sei, dass diese Themen aufeinander Einfluss nehmen. (Vgl. SIEBER (2005): Feindschaft, S. 75).

3 Das Thema des Heldentums an sich ist hier aus Platzgründen vernachlässigt, es sei nur das Folgende gesagt: Die

Protagonisten eines Antikenepos sind dessen Helden. Während Benoîts Text aufgrund seiner Dares-Quelle eine trojafreundliche Einfärbung zu Gunsten Hectors aufweist, ist Herborts Text aufgrund der Arbeit mit zwei Protagonisten (Hector und Achilles) um einiges ausgeglichener. Diese „Konzentration auf die Taten jeweils eines heroischen Individuums als Repräsentant ihrer Gruppen“ führt laut MERTENS zu einer grundsätzlichen Hochschätzung heldischen Handelns (S. 162). Dazu auch WORSTBROCK (2004): Tradition des Troiastoffes.

4 CAMPBELL (2011): Der Heros, S. 376.

5 Ebd.

6 Vgl. RENEHAN (1987): The Heldentod in Homer, S. 100.

7 RENEHAN (1987): The Heldentod in Homer, S. 107.

8 Herbort’s von Fritslâr liet von Troye, hg. von Karl Frommann, Quedlinburg/Leipzig 1837(Bibliothek der gesammtendeutschen National-Literatur 5). [Nachdruck Amsterdam 1966] Im Folgenden nur als Vers angegeben.

9 Vgl. RENEHAN (1987): The Heldentod in Homer S. 106. Editorische Anmerkung: Bei längeren Passagen wird die Verskennung für die gesamte Stelle nur einmal zu Beginn angegeben und bei weiterem Referieren auf Teile der Stelle darauf verzichtet.

10 V. 4425.

11 V. 4398-4412.

12 V. 4400.

13 Laut RENEHAN sind Zweikämpfe, die mit einem einzigen Schlag entschieden werden, ein auffälliges Merkmal des Stoffes. Vgl. RENEHAN (1987): The Heldentod in Homer S. 106.

14 V. 4968-5000.

15 RENEHAN beschreibt: „First Apollo strikes him senseless with his hand from behind. His eyes spun, says the poet. The god then knocks off Patroclus' helmet and disarms him completely; he stands stupefied. Next, Euphorbus takes advantage of this divine intervention and hits Patroclus in the back with a spear again from behind. Patroclus tries to shrink back into the throng of his fellow warriors and avoid death (Homer is explicit on this), but Hector sees his opportunity, rushes up to him as he retreats, and drives his spear deep into his flanks. That is the fatal blow. How a warrior who is killed while he is running away in an attempt to save his own life can be said to have died defiantly and heroically - looking death in the face, as it were - is not readily apparent.“ RENEHAN (1987): The Heldentod in Homer, S. 109.

16 SIEBER (2005): Feindschaft, S. 81.

17 V. 6073-6104; zur Klage siehe KRAß, S. 84.

18 KRAß, (1999) Achill und Patroclus, S. 89.

19 Nach SIEBER resultiert Feindschaft aus kausaler Motivierung des Krieges und persönlicher Schädigung. Tödliche Konkurrenz, bei der ausschließlich die radikale Vernichtung des Gegners als erfolgreicher Ausgang der Feindschaft akzeptabel ist führt zur Normüberschreitung oder an deren Schwelle. (Vg l . (2005): Feindschaft, S. 77).

20 V. 8177-8289.

21 Kampf 1 (6309-55): Zweikampf, dann Streit um Achilles Pferd, anderen gehen dazwischen. Achill ist unterlegen. K. 2 (6736-46): Achilles mischt sich in Kampf Hector vs. Agamemnon ein, verletzt Hector am Kopf, Hector ist unterlegen. K. 3 (6809-16): Hector kommt Eneas zu Hilfe, der gerade von Diomedes zu Boden gestoßen wurde. Achilles kommt auch hinzu, wird am Kopf verletzt, dann wendet sich Hector Diomedes zu und sticht ihn auf dem Sand, wovon dieser sich erholt, der Kampf geht im Schlachtgetümmel unter. Achill unterliegt. K.4 (7010-20): die alte not mit Hector [V.7020], hier sind sie bereits etablierte Feinde. Sie greifen an ir alde were [V. 7013]. Achill gewinnt die Überhand, Hector muss gerettet werden.

K. 5 (7772-810): Gleichwertiger Kampf, sie steigen ab, es kommt zum Schwertkampf, Achill schafft es zuerst zurück zu seinem Pferd und stiehlt Hectors', welches von anderen zurückgewonnen wird.

22 SIEBER(2005): Feindschaft, S. 81.

23 SIEBER beschreibt Feindschaft als kollektive Konfrontation oder individuelle Konkurrenz, nicht als spontanen Affekt sondern als emotionales Verhaltensmuster, eine Gefühlskonstellation aus Zorn, Hass, Wut, Neid, Ekel. (Vgl. (2005): Feindschaft, S. 72).

24V. 8173-8292.

25 SIEBER(2005): Feindschaft, S. 83.

26 LIENERT (2001) Deutsche Antikenromane, S. 115.

27 V. 10298-10335.

28 V. 10336-10428.

29 Nach DORNINGER dient die animalische Darstellung hierbei nicht zur Verunmenschlichung sondern auch als ein Mittel der Heroisierung. (Vgl. DORNINGER (2002): Darstellung im Mittelalter, S. 153).

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Gibt es den Heldentod in Herborts von Fritzlar "Liet von Troje"?
Hochschule
Universität Leipzig  (Germanistik)
Veranstaltung
Vertiefungsmodul Mediävistik
Note
1,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
19
Katalognummer
V340899
ISBN (eBook)
9783668303713
ISBN (Buch)
9783668303720
Dateigröße
1308 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Troja, Heldentum, Herbort von Fritslar, Liet von troje
Arbeit zitieren
Anna Schenck (Autor:in), 2014, Gibt es den Heldentod in Herborts von Fritzlar "Liet von Troje"?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/340899

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