Sinnmaschinen. Modellierung sozialer Beziehungskonstrukte


Bachelor Thesis, 2014

55 Pages, Grade: 1,3

Anonymous


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Formelverzeichnis

1 Einleitung Sinnmaschinen-Projekt
1.2 Sinnmaschine
1.2 Problemstellung

2 Motivation zum Modellieren

3 Modellierungsmethoden
3.1 Quantitativ und Qualitativ
3.2 Social-Dynamics-Modellierung
3.3 Agentenbasierte Modellierung

4 Optimales Vorgehen beim Modellieren

5 Probleme beim Modellieren
5.1 Bedeutung des Problemlöseprozesses
5.2 Fehlende Hintergrundinformationen
5.3 Richtigen Auflösungsgrad der Modellierung wählen
5.4 Dialektische Barriere
5.5 Probleme bei der Modellierung menschlicher Absichten
5.6 Problem bei der Validierung der Variablen

6 Anforderungsanalyse
6.1 Kriterien
6.2 Muss-Kriterien
6.3 Kann-Kriterien
6.4 Gewichtung der Kriterien

7 Marktanalyse
7.1 Auswahl der Modellierungswerkzeuge
7.2 Genauere Betrachtung
7.3 Eigenentwicklung
7.4 Modellierungswerkzeug für die Sinnmaschinen-Webseite

8 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Glossar

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Modellierungsschritte für Sinnmaschinen

Abbildung 2: Zusammenhang reale Welt & Simulation [nach Gilbert & Troitzsch, 2005, S. 17]

Abbildung 3: Kompetenz in System Dynamics [nach Peterson und Eberlein, 1994, S. 161]

Abbildung 4: Problemlösung

Abbildung 5: Struktur eines Problems

Abbildung 6: Handlung wird durch Motiv beeinflusst

Abbildung 7: Aufbau des InsightMaker

Abbildung 8: Dialog zur Einbindung eines Modells in die Sinnmaschinen-Webseite

Abbildung 9: Vergabe von Benutzerrechten

Abbildung 10: Aufbau des iModeler+

Abbildung 11: Beispielanleitung des iModeler+

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Absichtsvariablen [Schaub, 1993, S.79ff]

Tabelle 2: Kriterieneinteilung

Tabelle 3: Kriteriengewichtung

Tabelle 4: Auswahl gängier Modellierungswerkzeuge

Tabelle 5: ausgeschlossene Modellierungswerkzeuge auf Grund der Herstellerangaben

Tabelle 6: Modelleriungswerkzeuge für die genauere Betrachtung

Tabelle 7: Gewichtung der Kriterien

Tabelle 8: geschätzte Kosten der Eigenentwicklung

Formelverzeichnis

GLEICHUNG 5.01: TRIEBSTÄRKE

GLEICHUNG 5.02: EMOTIONSSTÄRKE

GLEICHUNG 5.03: WILLENSTÄRKE

GLEICHUNG 5.04: ABSICHTSSTÄRKE

GLEICHUNG 5.05: BEDÜRFNISBEFRIEDIGUNG

GLEICHUNG 5.06: BEDÜRFNISGEWICHTUNG

GLEICHUNG 5.07: BEDÜRFNISGESAMTBEFRIEDIGUNG

1 Einleitung Sinnmaschinen-Projekt

1.2 Sinnmaschine

Das Wort Sinnmaschine setzt sich aus den Worten Sinn und Maschine zusammen. Sinn bezeichnet eine Empfänglichkeit für geistige Sachverhalte bzw. ist die Bedeutung oder der Zweck eines geistigen Gebildes oder einer Handlung, aber auch des Lebens und der Welt. Die Sinnfrage stellt etwas in einen größeren Zusammenhang, indem sie den Fragenden mit einbezieht, um auf diese Weise ein Verstehen zu erreichen. [nach Verschiedene: Sinn, in: Readers Digest Universallexikon, Bd. 16, Gütersloh/München 2000, S. 62.].

Das Wort Maschine steht für ein künstlich zusammengesetztes Ding ohne Leben. Im Zusammenhang der Sinnmaschine ist auch eher die Rede von einer abstrakten Maschine. Abstrakte Maschinen sind gedachte Maschinen, mit denen die Komplexität einer Aufgabe reduziert wird, um leichter zur Lösung einer Aufgabe zu gelangen.

Sinnmaschinen gibt es nicht notwendigerweise, um Menschen ein Ziel oder das Zusammenspiel von Bedürfnissen und sozialen Verhalten zu erklären. Für Menschen ist es wichtig, dass alles einen Sinn hat, weil Menschen gern sinnvolle Dinge tun und für ihr Handeln eine Erklärung brauchen. Sie müssen verstehen, inwiefern ihr Tun das Leben beeinflusst. Sinnmaschinen sollen helfen, die kulturelle Ordnung und die gesellschaftlichen Zwänge und Normen zu verstehen, indem sie die Komplexität der Zusammenhänge nachvollziehbar darstellen.

Mit der Simulation von Sinnmaschinen soll dargestellt werden können, wie sich das Verhalten der Menschen steuern lässt und dabei Situationen aus dem Alltag, dem Privat- und Berufsleben aufgreifen. Sinnmaschinen werden benötigt, um den Sinn von Dingen zu erklären, die Unwohlsein verursachen und dabei die Vermutung widerlegen, dass diese Dinge nur existieren, weil es sie schon immer gab oder schon immer so waren. Es gibt immer einen Grund für die Entstehung der als schon immer dagewesen empfundenen Prozesse. Dieser Grund soll den Menschen mit der Hilfe von Sinnmaschinen aufgezeigt werden, damit diese mehr Freiheit in ihrem eigenen Handeln bekommen. Ein autonomeres Leben sollte das Ziel aller Menschen sein, wofür ein Verständnis der gesellschaftlichen Ordnung von Nöten ist, dass sich mit Sinnmaschinen erreichen lässt.

1.2 Problemstellung

Im Rahmen des Aufbaus einer Webseite, auf der Sinnmaschinen erstellt und ausgetauscht werden können, soll die Motivation, die hinter der Erstellung von Modellierungen steht, gefunden werden, um Menschen zur Teilnahme am Sinnmaschinen-Projekt zu überzeugen.

Da sich die Webseite auch an Neulinge im Bereich der Modellierung richtet, sollen gängige Modellierungsmethoden, die sich zur Erstellung von Sinnmaschinen eignen, vorgestellt werden. Um den Einstieg neuer Nutzer zu erleichtern, soll außerdem eine Beschreibung des richtigen Vorgehens bei der Erstellung von Modellierungen erstellt werden.

Für einen weiteren Bereich der Webseite, der zur Lösung von auftretenden Problemen beim Modellieren beitragen soll, müssen die wesentlichen Probleme erörtert und Lösungsansätze vorgestellt werden.

Für die Webseite muss außerdem ein geeignetes Modellierungswerkzeug gefunden werden, das sich direkt in die Webseite integrieren lässt. Dazu müssen zunächst die Anforderungen für das Modellierungswerkzeug ermittelt werden, um damit Sinnmaschinen erstellen bzw. modellieren zu können. Da bei der Erstellung von Sinnmaschinen vor allem der Spaß im Vordergrund steht, sollte bei den Anforderungen besonders die Bedienbarkeit und der Preis des Modellierungswerkzeugs, sowie die Zusammenarbeit mit anderen Nutzern betrachtet werden. Auf Basis dieser, bei der Anforderungsanalyse ermittelten, Kriterien soll dann eine Marktanalyse über geeignete und verfügbare Modellierungswerkzeuge durchgeführt werden.

2 Motivation zum Modellieren

Eine Modellierung bietet sich immer dann an, wenn die Untersuchung am realen Objekt sehr aufwendig, zu teuer, zu gefährlich oder nur schwierig zu bewerkstelligen ist. Auch bei Dingen, die noch gar nicht existieren oder nicht in der realen Welt beobachtet werden können, ist die Modellierung oft die einzige Möglichkeit, eine Untersuchung des Sachverhaltes zu realisieren. Außerdem sind Modellierungen reproduzierbar und können wesentlich leichter verändert und modifiziert werden, als die Realität.

Bei komplexen Untersuchungen besteht weiterhin die Möglichkeit, den Komplexitätsgrad zu vereinfachen bzw. auf die, für die Untersuchung benötigte Stufe, anzupassen oder den Fokus auf einen bestimmten Teil der Untersuchung zu verlagern. Dabei kann das Modell immer genau kontrolliert und protokolliert werden.

Neben diesen allgemeinen Gründen gibt es bei der Modellierung im Bereich der Sinnmaschinen eine weitere wichtige Motivation für die Modellierung: Spaß. Das Modellieren der Sinnmaschinen soll den Menschen vorrangig Spaß machen und erst in zweiter Linie dazu dienen, die Vorgänge und das Verhalten der Menschen in verschiedenen sozialen Konstrukten zu erforschen. Natürlich werden die gewonnenen Erkenntnisse den Menschen ebenso viel Spaß bringen, wie das Modellieren selbst. Denn jeder Mensch möchte den Sinn verstehen, der hinter dem eigenen Handeln und dem der anderen steckt. Durch dieses Verständnis kann nämlich die eigene Handlungsorganisation an die Gegebenheiten der Gesellschaftsordnung angepasst werden, sodass man sich selbst geordnet in diese einfügen kann.

Eine weitere Motivation das Verhalten von Menschen, in komplexen Situationen, zu beschreiben und zu simulieren, liegt in dem Drang, dass Menschen Dinge gerne vorhersagen möchten. Um aber das Verhalten von Menschen in speziellen Situationen vorherzusagen, ist ein vollständiges Verständnis der gegebenen Situation unabkömmlich. Und dieses lässt sich mit Modellen besser erreichen, weil dort das Verhalten in die dahinter stehenden Motive und Emotionen zerlegt und simuliert werden kann.

Neben dem Spaß und der Erfüllung, die Menschen verspüren, wenn sie den Sinn und den Einfluss des eigenen Handelns auf das Leben verstehen, gibt es noch weitere gute Gründe für die Modellierung psychologischer Prozesse des Menschen. Wenn bspw. das Verhalten von Menschen in Krisensituationen aufgrund von simulierten Modellen vorhergesagt werden kann, könnten Leben gerettet werden. Wäre bspw. eine Gruppendynamik-Simulation im Vorfeld der Loveparade 2010 durchgeführt worden, hätte man die Katastrophe wohl vorhersagen und Gegenmaßnahmen treffen können. Ein weiteres Motiv für das Modellieren in Bezug auf menschliches Verhalten findet sich in der Wirtschaft. Dort könnte bspw. untersucht werden, welche Auswirkungen ein zusätzlicher Mitarbeiter mit einem der vier Temperamentstypen (Sanguiniker, Choleriker, Phlegmatiker oder Melancholiker) auf die Arbeitsleistung des Teams hätte und könnte damit die Personalpolitik des Unternehmens beeinflussen und optimieren. Die Modellierung wird hier also vor allem zur Entscheidungsfindung benutzt.

Es gibt für jeden Menschen natürlich noch weitere eigene persönliche Motive, die ihn zum Modellieren veranlassen. Sei es, um Probleme zu lösen, Entscheidungen zu treffen oder einfach, um für ihn interessante Dinge zu erforschen und zu verstehen.

3 Modellierungsmethoden

3.1 Quantitativ und Qualitativ

Man unterscheidet zwischen der quantitativen und der qualitativen Modellierung. Bei der qualitativen Modellierung werden die wesentlichen Elemente des Modells in Beziehungen zueinander gesetzt und dient der Strukturanalyse und dem Treffen von elementaren Aussagen über das Verhalten. Die quantitative Modellierung hingegen werden Zahlen aus Messungen und Befragungen genutzt, um die qualitative Modellierung auf einer empirischen Ebene zu konkretisieren mit dem Ziel, Ergebnisse zu berechnen, die interpretierend in die Wirklichkeit umgesetzt werden können.

3.2 Social-Dynamics-Modellierung

Die Social-Dynamics -Modellierung ist eng verwandt mit der System-Dynamics-Modellierung. Diese Methodik ist eine sehr mächtige Methode, um dynamische komplexe Sachverhalte in sozioökonomischen Systemen zu modellieren. Neben der Modellierung gehören zu dieser Methodik auch die Analyse und Simulation der modellierten Strukturen.

Bei dieser Methodik liegt der Fokus immer auf einer Ansammlung von Objekten und nicht auf dem Objekt selbst. Wenn bspw. die Einwanderung von Migranten nach Deutschland modelliert werden soll, dann werden immer die gesamten Einwanderer betrachtet und nicht ein spezifischer Migrant. Dabei gibt es vier grundsätzliche Bestandteile bei der Modellierung:

1. Bestände: Bestände speichern Bestandsgrößen, die durch Flüsse verändert werden können. In einem Bestand „Bankkonto“ wird bspw. Geld gespeichert. Die Veränderung der Bestände ist die Basis für die Beobachtung von Auswirkungen.

2. Flüsse: Flüsse verändern Bestände, indem sie zu den Bestandsgrößen Werte hinzufügen, entnehmen oder zwischen verschiedenen Beständen austauschen. Durch einen Fluss könnten bspw. Menschen einer Bevölkerung durch Zuwanderung hinzugefügt oder durch Auswanderung entnommen werden.

3. Variablen: Bei Variablen handelt es sich entweder um Konstanten oder um dynamisch berechnete Werte. Im Beispiel der Migranten könnte es sich hierbei um eine dynamisch berechnete Zuwanderungsrate handeln oder um eine Konstante, die von einem Land festgelegt wurde.

4. Verbindungen: Verbindungen zeigen die Übertragung von Informationen zwischen den grundsätzlichen Bestandteilen des Modells. Wann immer zwei grundsätzliche Bestandteile des Modells miteinander durch eine Verbindung verknüpft sind, sind sie in irgendeiner Art und Weise voneinander abhängig. Dabei wird zwischen entgegen gerichteten und gleichgerichteten Verbindungen unterschieden. Bei gleichgerichteten Verbindungen gibt es eine Zunahme beider Elemente, währenddessen bei entgegen gerichteten Verbindungen die Zunahme eines Elementes die Folge einer Abnahme eines anderen Elementes ist.

Auf Grund der Tatsache, dass bei dieser Methodik der Fokus immer auf einer Ansammlung von Objekten liegt, beschäftigt man sich bei der Social-Dynamics-Modellierung immer mit einem höheren Level der Modellierung. Der Vorteil besteht deswegen darin, dass die Konzentration bei dieser Modellierungsart immer auf dem wirklich Wichtigen liegt. Unnötige Dinge werden durch die aggregierte Sicht bei der Modellierung ausgeblendet, sodass die gesamten Beziehungen der Modellierung auf einer Makro-Ebene zu verstehen sind. Auf Grund dessen, ist diese Methodik auch eine ausgezeichnete Methode, um komplexe Sachverhalte einfach zu erklären und somit Laien zugänglich zu machen.

3.3 Agentenbasierte Modellierung

Die agentenbasierte Modellierung wird vor allem dann genutzt, wenn die Entstehung des Verhaltens von einer Ansammlung von Objekten erklärt werden soll oder die Robustheit eines Systems untersucht werden soll, d.h. wie es auf veränderte Rahmenbedingungen reagiert und wie sich die veränderten Bedingungen auf das Verhalten der einzelnen Individuen auswirkt.

Im Unterschied zur bereits betrachteten Social-Dynamics-Modellierung wird bei der agentenbasierten Modellierung die Mikro-Ebene betrachtet und der Fokus liegt nicht auf einer Ansammlung von Objekten, sondern auf einem einzelnen Objekt, einem sogenannten Agenten. Dabei hat jeder Agent einen definierten Zustand. Im Beispiel der Zuwanderung könnte so bspw. ein Agent den Zustand „immigriert“ und ein anderer den Zustand „einheimisch“ haben. Dieser Zustand würde sich dann bspw. verändern, wenn der Einheimische auswandert oder der Immigrierte in sein Heimatland zurückkehrt. Außerdem können die Agenten ihre Umwelt wahrnehmen, Handlungen ausführen und Entscheidungen treffen. Dabei kann jeder Agent im Hinblick auf seine Motive, Ziele, Verpflichtungen und Emotionen unterschiedlich modelliert werden und die Auswirkungen der Unterschiede und die Interaktion zwischen den verschiedenen Agenten betrachtet werden. Außerdem müssen Regeln definiert werden, um das Verhalten der Agenten zu beeinflussen. Das Ziel ist eine möglichst nahe Abbildung der realen Verhaltens.

Neben diesen aktiven Entitäten gibt es weiterhin passive Entitäten, auch Objekte genannt. Diese Objekte können von den Agenten ebenfalls wahrgenommen werden und ihren Informationsstand beeinflussen. Objekte selbst sind aber nicht aktiv.

Dem Nachteil des größeren und aufwendiger zu modellierenden und zu berechneten Modells stehen die Vorteile des erhöhten Detaillierungsgrades und der größeren Freiheit im Modellieren entgegen. Vor allem die Tatsache, in den simulierten Kopf der Agenten schauen zu können und das individuelle Verhalten verfolgen zu können, rechtfertigt den erhöhten Aufwand.

4 Optimales Vorgehen beim Modellieren

Bei der Modellierung gibt es sieben wesentliche Schritte, die aufeinander aufbauen. Dabei muss ein Schritt immer dann wiederholt werden, wenn bei einem späteren Schritt auffällt, dass Informationen fehlen oder Fehler gemacht wurden (s. Abb. 1). Wenn bei der Modellierung bspw. auffällt, dass nicht klar ist, welche Beziehungen zwischen zwei Objekten bestehen, so müssen weitere Hintergrundinformationen eingeholt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Modellierungsschritte für Sinnmaschinen

1. Ziel der Modellierung festlegen und Hintergrundinformationen sammeln

Vor dem Beginn der eigentlichen Modellierung muss genau geklärt werden, was modelliert werden soll und aus welchem Grund. Der Sachverhalt des Modells muss genau festgelegt werden. Dazu ist es nötig, einen Ausschnitt der Wirklichkeit zu wählen. Als Grund könnte die Untersuchung einer Theorie, eine Veranschaulichung einer Beobachtung, das Erforschen komplexerer Situationen oder die Vereinfachung eines komplexen Sachverhaltes in Frage kommen. Die Zielfragestellung sollte genauestens definiert werden. Nach der Festlegung des Ziels und dem Grund müssen verfügbare Hintergrundinformationen gesammelt werden. Dabei orientiert man sich an den relevanten Eigenschaften der angestrebten Modellierung. Hierbei gilt, je mehr Informationen desto besser. Es ist im voraus meist nicht abzusehen, welches die relevanten Eigenschaften der Modellierung sind und welche Informationen tatsächlich benötigt werden.

2. Wahl der Modellstruktur

Zunächst muss die Überlegung stattfinden, auf welcher Struktur modelliert werden soll, d.h. es muss klar sein, ob sich das Modell mit der Makro-, Mikro- oder beiden Strukturen befassen soll. Demzufolge wird die Modellierungsmethodik ausgewählt, wobei für die Makrostruktur die Social-Dynamics-Modellierung und für die Mikrostruktur die agentenbasierte Modellierung gewählt wird. Soll die Modellierung auf beiden Strukturen beruhen, so müssen beide Modellierungsmethoden benutzt werden. Ist man sich nicht sicher, auf welcher Struktur modelliert werden soll, empfiehlt sich eine Untersuchung, ob Ursache-Wirkungs-Beziehungen existieren und es sich demnach um eine dynamische Problemstruktur handelt, sodass eine Social-Dynamics-Modellierung angewendet werden kann. Wenn klar ist, dass es sich um eine Verhaltensbeobachtung von individuellen Einheiten handelt, so kommt in jedem Fall die agentenbasierte Modellierungsmethodik zum Einsatz.

3. Den richtigen Auflösungsgrad wählen

Da das Modell nicht die gesamte Realität abbilden kann, muss ein Auflösungsgrad gewählt werden, der die Bestandteile des Modells so wählt, sodass zum einen eine erkenntnisgewinnbringende, handhabbare, verständliche und zu verändernde Komplexität und andererseits eine möglichst realitätsnahe Abbildung erzielt wird. Dazu ist es nötig die Hintergrundinformationen auszuwerten und die Fragestellung vollständig zu verstehen, damit die Modellgrenzen genau definiert werden können.

4. Modellierung Um mit der Modellierung überhaupt beginnen zu können, sollte die Dokumentation des Modellierungswerkzeugs gelesen worden sein. Jedes Modellierungswerkzeug ist anders aufgebaut und wird anders benutzt. Sobald die Anwendung des Modellierungswerkzeugs verstanden wurde, sollten zunächst die Randbedingungen und Regeln, wie bspw. die Zeiteinheit, festgelegt werden. Danach werden die wesentlichen Objekte im Modell angelegt. Dabei sollten zunächst möglichst viele Objekte in das Modell aufgenommen werden, um dadurch ihren Einfluss und die Wichtigkeit für das Modell abschätzen zu können. Objekte, die kaum Einfluss haben oder schon optisch dadurch auffallen, dass sie keine Beziehungen zu anderen Objekten haben, werden später wieder entfernt. Im nächsten Schritt sollte festgestellt werden, in welcher Beziehung die Objekte zueinander stehen. Die Beziehungen sollten sich aus den Hintergrundinformationen ergeben. Dabei ist es zunächst egal, ob es sich um heuristische Annahmen handelt, die durch Beobachtungen erzielt wurden oder um Gesetzmäßigkeiten. Im letzten Schritt werden dem Modell die empirischen Daten hinzugefügt. Der Schritt ist erst dann abgeschlossen, wenn ein funktionstüchtiges Modell mit exakten Variablen vorliegt und die Einheiten eine vollständige Konsistenz aufweisen.

5. Simulation und Auswertung der Ergebnisse Die eigentlichen Erkenntnisse ergeben sich im Verlauf der Simulation (s. Abb. 2), was diesen Punkt zum spannendsten macht. Dabei wird dieser Schritt sehr häufig ausgeführt, um die Auswirkungen von Veränderungen im Modell feststellen zu können. Anhand der ursprünglichen Fragestellungen werden die Bedingungen, wie zum Beispiel die Laufzeit, für die Simulation angepasst. Bei einer Social-Dynamics-Modellierung werden außerdem die der Fragestellung entsprechenden Variablen ausgesucht, die bei der Ausführung der Simulation beobachtet werden sollen. Eine grafische Auswertung der Daten ist für die schnelle Erfassung von Auswirkungen meist von großem Nutzen. Die Ergebnisse der Simulation sollten zusammen mit den ausgewählten Parametern genau dokumentiert werden, damit die erhobenen Daten später genau zugeordnet werden können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Zusammenhang reale Welt & Simulation [nach Gilbert & Troitzsch, 2005, S. 17]

6. Optimierung und Problemlösung

Spätestens nach der ersten Simulation, aber möglicherweise auch schon während der Implementierung, werden Optimierungen vorgenommen werden müssen. Dies kann die Randbedingungen des Modells betreffen, wie zum Beispiel die Anpassung des Zeitrahmens oder die Änderung des Berechnungsalgorithmus, weil die Genauigkeit nicht stimmt oder der Computer mit seiner Rechengeschwindigkeit den genaueren Algorithmus nicht bewältigen kann. Aber auch Variablen und mathematische Formeln werden überarbeitet werden müssen, wenn die Ergebnisse nicht den Erwartungen besprechen. Dazu sollte zunächst eine Theorie aufgestellt werden, die sich mit dem unerwarteten Verhalten und dessen Ursache beschäftigt. Aus diesem Verständnis kann dann eine Verbesserung des Modellverhaltens erfolgen. In diesem Schritt werden die meisten Probleme auftreten, mit denen sich der Modellierer aber ausführlichst auseinander setzen sollte, weil sich die eigene Kompetenz und das Verständnis für das Modell dadurch exponentiell erhöhen wird (s. Abb. 3). [nach Petersen und Eberlein (1994), S. 161]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Kompetenz in System Dynamics [nach Peterson und Eberlein, 1994, S. 161]

7. Diskussion

Zuletzt sollte das Modell mit anderen Ansätzen und Modellen verglichen werden. Diese Alternativen können bereits vorhandene Modelle sein, aus dem Austausch mit Kollegen stammen oder durch das Testen mit anderen Parametern im eigenen Modell erstellt werden. Am Schluss sollte möglichst eine Diskussion mit anderen Sachkundigen geführt werden. Bei einer Veröffentlichung auf der Sinnmaschinen-Webseite bietet sich dazu die Kommentarfunktion und das Forum an.

5 Probleme beim Modellieren

5.1 Bedeutung des Problemlöseprozesses

Bei dem Erstellen und Modellieren von Sinnmaschinen kommt der Lösung von Problemen eine besondere Bedeutung zu. Wie Peterson und Eberlein 1994 beim Modellieren von System-Dynamics-Modellen festgestellt haben, wächst die Kompetenz und das Verständnis der Modelle in der Problemlösungsphase exponentiell an. Deswegen ist das Beschäftigen mit Problemen für jeden Modellierer empfehlenswert und sollte den Spaß am Erstellen von Sinnmaschinen nicht trüben.

5.2 Fehlende Hintergrundinformationen

Wenn man bei der Erstellung von Sinnmaschinen feststellt, dass man nicht weiß, wie man Dinge modellieren soll, nicht weiß in welcher Beziehung Objekte zu einander stehen oder empirische Daten für die Aufstellung mathematischer Formeln fehlen, dann wurden nicht genug Hintergrundinformationen eingeholt. Das führt zu einem großen Problem, weil genau diese Hintergrundinformationen die Grundlage der Modellierung bilden. Um diesen Fehler zu vermeiden, sollte man sich mit den möglichen verschiedenen Informationsquellen beschäftigen. Informationsquellen können schriftlich, numerisch oder mental sein. Dabei ist festzuhalten, dass die Menge der mentalen Informationen am größten und die der numerischen im Normalfall am kleinsten ist.

Zu den mentalen Informationen zählen Beobachtungen über die Randbedingungen und die Struktur des Modells, Informationen über das erwartete Modellverhalten und Informationen über das tatsächlich beobachtete Modellverhalten. Dabei sollte beachtet werden, dass nur die Informationen, die für die Randbedingungen und die Struktur des Modells beobachtet wurden, als zuverlässig anzusehen sind, während die Informationen über ein erwartetes Modellverhalten eher als unzuverlässig einzustufen sind. Schriftliche Informationsquellen dienen der Erweiterung der eigenen Kenntnisse, können meist aber nicht direkt in das Modell integriert werden. Bei numerischen Daten gestaltet sich die Überprüfung meist schwierig, ob die erhobenen Daten unter den selben festgelegten Randbedingungen und derselben Struktur erhoben wurden.

Oft ergibt sich ein Informationsproblem, weil die beschafften Informationen nicht zur gewählten Struktur der Modellierung passen. Für eine Modellierung auf Makro-Ebene sind andere Informationen nötig als bei einer Modellierung auf Mikro-Ebene. Wurde im Voraus von einer anderen Struktur der Modellierung ausgegangen und diese wieder geändert, so müssen in jedem Fall neue Hintergrundinformationen beschafft werden. Dieser Schritt ist ebenso notwendig, wenn man während der Modellierung oder Simulation eine Erweiterung des Modells vornehmen möchte. Dieses Szenario ergibt sich oft nach einem ersten Test des Modells, wenn nicht erwartete Abweichungen im Simulationsablauf und dessen Ergebnissen auftreten.

Es gibt vier generelle Methoden der Informationsbeschaffung. Diese sind die mündliche Befragung, also ein Interview, die schriftliche Befragung bspw. per Fragebogen, die Beobachtung und die Datenbestandsanalyse.

Die mündliche Befragung kann als Einzelinterview oder Gruppeninterview in direkter oder indirekter (bpsw. per Telefon) durchgeführt werden. Dabei kann ein niedriger oder hoher Standardisierungsgrad der Fragen und/oder Antworten gewählt werden. Der Vorteil dieser Methode liegt in der Möglichkeit, bei Unklarheiten direkt nachfragen zu können, sich dem Gegenüber anpassen zu können, um an weitere Informationen zu gelangen und durch offene Fragen zu neuen Einsichten zu gelangen. Dazu ist allerdings ein hoher Aufwand nötig und die Auswertung freier Fragen gestaltet sich meist schwierig. Besonders wichtig bei dieser Methode ist vor allem eine sorgfältige Vorbereitung und eine genaue Dokumentation der Antworten.

Die Methode der Verwendung eines Fragebogens bietet eine besonders strukturierte Möglichkeit der Erhebung von Informationen und bietet meist ein gutes Gesamtbild. Vor allem kann mit dieser Methode der Informationsbeschaffung eine möglichst große Anzahl von Personen auf einmal befragt werden und die Auswertung der Ergebnisse gestaltet sich als relativ einfach. Komplexe Sachverhalte sind allerdings nicht erhebbar und ein Nachfragen bei Unklarheiten nicht möglich. Der Fragebogen sollte aus möglichst verständlichen Fragen in einer neutralen Formulierung und einer sinnvollen Reihenfolge bestehen. Um dabei Suggestivfragen zu vermeiden sollten nach Möglichkeit Fragen gestellt werden, die gegen die aufgestellte Hypothese sprechen.

Für die Erstellung von Sinnmaschinen von besonderer Bedeutung bei der Informationsbeschaffung ist die Beobachtung. Beobachtungen eigenen sich hervorragend zur Erhebung von Strukturen und Abläufen. Dabei gibt es verschiedenen Formen der Beobachtung (bspw. Feld- und Laborbeobachtung, freie und systemische Beobachtung etc.). Beobachtungen können standardisiert, teilstandardisiert und nicht standardisiert durch Außenstehende oder Betroffen selbst erfolgen. Die Beobachtung sollte gut geplant und mit einem Beobachtungsbogen durchgeführt werden.

Die Datenbestandsanalyse wird für die Auswertung von retrolektiven Daten benutzt, d.h. für Daten die bereits ermittelt wurden. Das können bspw. Studienunterlagen oder Bücher sein. Diese Methode eignet sich vor allem bei Themen, über die bereits umfangreiche Untersuchungen vorgenommen wurden.

Mit den gesammelten Informationen sollten dann im Anschluss möglichst sinnvolle Hypothesen aufgestellt werden. Dabei sollten abstrakte Strukturschemata verwendet und das Verfahren der Analogiebildung eingesetzt werden.

5.3 Richtigen Auflösungsgrad der Modellierung wählen

Bei dem Problem der Wahl des richtigen Auflösungsgrad handelt es sich um ein Suffizienzproblem, bei dem die richtige Beschreibungsebene für das Modell zu finden das Ziel ist. Zum einen wird ein Modell erst dadurch nützlich, dass es nur bestimmte Aspekte der Realität abbildet und dadurch eine Kompexitätsreduktion herbeiführt mit der die Dinge einfacher zu verstehen sind. Zum anderen darf der Abstraktionsgrad nicht zu hoch sein, weil das Modell sonst wichtige Aspekte weglässt, die es verfälschen und die angestrebten Ziele nicht erreichen lässt.

Ein „zu geringer Auflösungsgrad bedeutet eine undifferenzierte Sichtweise und damit Unfähigkeit zur adäquaten Planung von Maßnahmen. Ein zu hoher Auflösungsgrad bedeutet die Gefahr der Verzettelung in unwesentlichen Details. Der richtige Auflösungsgrad ergibt sich aus der Wahl des Zieles.“ [DÖRNER et al. 1983, S. 41]

Dabei kann sich die Wahl des Auflösungsgrad zum einen auf die Struktur der Modellierung beziehen, d.h. die gewählten Objekte und Beziehungen betreffen, oder auf die Messgenauigkeit der Merkmalsausprägungen.

Weiterhin weißt Dörner darauf hin, dass es notwendig ist, die subjektive Komplexität einer Handlungssituation zu verringern und Schwerpunkte zu bilden. [vgl. DÖRNER et al. 1983, S. 44ff]

„Schwerpunktbildung bedeutet die Festlegung der Denk- und Handlungsrichtung auf eine Auswahl aus den Zielen und dementsprechend die Einschränkung der Informationsaufnahme auf diejenigen Teile des Realitätsausschnitts, die relevant sind im Hinblick auf die ausgewählten Schwerpunktziele.“ [Ebenda, S. 45]

Bei der Bestimmung der Ziele für das Modell, sollte sich der Modellierer am Stellenwert dieser Ziele für das Modell orientieren. „Der richtige Auflösungsgrad ergibt sich aus der Wahl des Zieles. D.h. der richtige Auflösungsgrad ist jener, der es erlaubt, auf die zielführenden Variablen differenziert einzuwirken und die übrigen Variablen nur oberflächlich zu betrachten. Das Problem bei der Angabe der adäquaten Auflösung ist, dass man zumeist erst im Nachhinein beurteilen kann, welches die kritischen Variablen waren, und was „differenziert einwirken“ bedeutet hätte.“ [Schaub, 1993, S. 51]. Um den Stellenwert zu bestimmen, sollten die „Zentralität“ und „Dringlichkeit“ erörtert werden [vgl. Dörner et al., 1983, S. 48]. DÖRNER et al. [Ebenda] merkt des weiteren an, dass es dabei ggf. nötig ist, den Schwerpunkt zu verlagern.

Als Beispiel für die Wahl des richtigen Auflösungsgrades soll das Modell einer Schulklasse dienen, mit dem die Auswirkungen von verschiedenen Förderprofilen analysiert werden soll.

Möchte man die Auswirkungen der verschiedenen Förderprofile auf Klassen- oder Jahrgangsebene untersuchen, so würde man einen niedrigeren Auflösungsgrad auf der Makro-Ebene wählen, weil es sich um ein generalisiertes Förderprofil handelt, dessen Unterrichtsmethoden für alle Klassen des Jahrgangs gleich sind. Bei den Klassen handelt es sich dabei um eine Menge von Schülern. Diese Schüler besitzen allesamt dieselben Eigenschaften wie Geschlecht, Alter, Intelligenzquotient, Fleiß, Ehrgeiz etc., deren Ausprägung sich natürlich voneinander unterscheidet. Diese Ausprägungen würden bei einem niedrigen Auflösungsgrad nur durch statistische Kenngrößen in ihrer Gesamtheit beschrieben werden. Es wird also nur das Niveau der Sozialkompetenzen der ganzen Klasse und nicht das der, einzelner Schüler beschrieben.

Im Unterschied dazu müsste ein hoher Auflösungsgrad auf der Mikro-Ebene gewählt werden, wenn die Sozialkompetenzen einzelner Schüler modelliert werden müssten, weil das die Auswirkungen des Förderprofils auf der Schülerebene untersucht werden soll. Hierbei müsste für jeden Schüler ein individuelles Profil der selben Eigenschaften (Geschlecht, Alter, Intelligenzquotient, Fleiß, Ehrgeiz) beschrieben und modelliert werden. D.h. die Unterschiede in den Sozialkompetenzen der Schüler würden durch unterschiedliche Parameter charakterisiert werden. An diesem Beispiel sieht man, dass der richtige Auflösungsgrad sehr von der Art und Weise der gewählten Betrachtung einer Sache abhängig ist und dadurch sozusagen im Auge des Betrachters liegt, wenn das Ziel nicht genauestens definiert wurde.

Um sich dem passenden Abstraktions- bzw. Auflösungsgrad anzunähern, gibt es zwei verschiedene Methoden. Der eine wird als Top-Down-Ansatz bezeichnet und betrachtet das System zunächst als Ganzes. Im weiteren Verlauf dieses Ansatzes wird das Modell immer spezialisierender bis der angemessene Auflösungsgrad erreicht ist. Die zweite Methode ist der Bottom-Up-Ansatz, wobei das Modell zunächst nur auf seinen elementaren Grundbestandteilen basiert und so lange erweitert wird, bis wiederrum der angemessene Auflösungsgrad erreicht wurde.

Die generelle Empfehlung, ob eher ein niedriger oder höherer Auflösungsgrad gewählt werden sollte, ist von der Zielstellung des Modells abhängig. Dabei gilt, je mehr das Modell auf die Erklärung und das Verständnis eines Sachverhaltes ausgerichtet ist und je weniger man darüber weiß, sollte der Auflösungsgrad der Modellierung höher gewählt werden. Vor allem wenn im Modell auch die konkreten und diskreten Wechselwirkungen eine große Rolle spielen. Zu beachten ist außerdem, dass ein Modell mit einem hohen Auflösungsgrad besser an veränderte Rahmenbedingungen angepasst werden kann.

5.4 Dialektische Barriere

Sehr oft im Alltag und beim Lösen von komplexen Problemen, wie es bei der Modellierung nicht unüblich ist, tritt des Öfteren das Problem der dialektischen Barriere auf. Dörner bezeichnet diese Barriere deswegen als dialektisch, weil die Lösungsvorschläge auf Widersprüche interner und externer Art geprüft werden müssen. Bei diesem Problem handelt es sich um ein offenes, schlecht definiertes Problem mit einem komplexen Problemraum, bei dem der Anfangszustand unerwünscht, der Zielzustand unbekannt ist und sich kaum Kriterien für diesen formulieren lassen. Man weiß, dass ein Zustand oder eine Situation überprüft oder analysiert werden soll, kennt dafür aber nur wenige allgemeine Kriterien. Weitere Komparativkriterien zu finden stellt dabei einen wichtigen Schritt zur Lösung des Problems dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Problemlösung

Beispiele für dialektische Barrieren

- Wie kann die Lebensqualität in Dresden verbessert werden?
- Wie führt man ein sinnvolles Leben?
- Wie kann eine bessere Welt geschaffen werden?
- Wie kann das Zimmer verschönert werden?

Das Problem bei dem Beantworten der Frage liegt darin, dass weder der Ausgangszustand, noch der Endzustand und selbst die Maßnahmen unbekannt sind (s. Abb. 4). Man weiß also gar nicht, was man denn genau will. Auch über die Nebenwirkungen der Maßnahmen gibt es deswegen keinerlei wissen. Für die Lösung des Problems müssen also der Ausgangszustand, der Endzustand, die Operatoren selbst, deren Quantität und Qualität, sowie deren Nebenwirkungen bestimmt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Entwürfe gestaltet und diese auf Widersprüche überprüft werden. Werden dabei Widersprüche gefunden, so müssen diese beseitigt und der Entwurf wieder auf Widersprüche überprüft werden. Dies wird so lange durchgeführt, bis der Entwurf widerspruchsfrei ist. Widersprüche können dabei zu Sachverhalten externer Art oder mit den Entwurfsobjekten zueinander auftreten. Im Verlauf der Problemlösung werden also verschiedene Zielvorstellungen entwickelt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Struktur eines Problems

Um zu einer Lösung des Problems zu gelangen, sollten folgende Fragen gestellt werden (s. Abb. 5):

- „Welche Faktoren und wie viele Faktoren haben Einflüsse auf das Problem?“
- „Wie sind die Faktoren untereinander vernetzt?“
- „Kann das Problem überhaupt klar dargelegt werden?“
- „Wie ist die dialektische Barriere zu beschreiben?“
- „Hat dieses Problem eine Eigendynamik entwickelt, oder wird es aller Voraussicht nach in Zukunft evtl. sogar durch den Problemlöseprozess selbst eine Eigendynamik entwickeln?“ [Fischer, Bernd, Probleme Problemlösungen Konflikte, o. V., o. J., S.23]

Um das Beispiel der Verschönerung des Zimmers zu lösen, würde man also zunächst überlegen, was in einem Zimmer als schöner verstanden werden könnte. Das Zimmer könnte bspw. schöner werden, in dem die Wände in zueinander harmonierenden Farben gestrichen werden würden. Die Möbel sollten ebenfalls eine Farbe haben, die zu den Wänden passt. Dabei könnte man evtl. feststellen, dass die derzeitigen Möbel weder eine passende Farbe haben, noch dass sie aus einem Stoff bestehen, den man ohne Probleme färben könnte. Also müssten neue Möbel beschafft werden. Dabei könnte wiederrum das Problem auftreten, dass der angestrebte Kostenrahmen gesprengt werden würde. Dieser auftretende Widerspruch müsste beseitigt werden. Dazu müsste eine Lösung entwickelt werden, wie die Wohnung verschönert werden kann, ohne das sämtliche Möbel ausgetauscht werden müssen. So würde man sich allmählich an eine Konkretisierung des Ziels heranwagen. Dabei wird deutlich, dass das Problem eng mit den handelnden Personen existiert. Ein Tischler könnte bspw. für das Zimmer einfach selbst neue passende Möbel entwerfen.

In Bezug auf die Sinnmaschinen-Webseite würde sich für dialektische Probleme die Zusammenarbeit mit anderen Nutzern der Webseite anbieten. Durch die Zusammenarbeit gäbe es eine Kompetenzerweiterung, die hilfreich für die Lösung eines dialektischen Problems wäre. Diese Zusammenarbeit könnte über eine Rechtefreigabe entweder direkt am Modell erfolgen oder noch besser, über eine Diskussionsplattform in Form eines Forums oder eine Kommentarfunktion in direktem Zusammenhang mit dem Modell.

5.5 Probleme bei der Modellierung menschlicher Absichten

Wenn Modelle menschliches Verhalten simulieren sollen, dann ergibt sich die Aufgabe, menschliches Handeln, dass von Motivation getrieben wird, in adäquater Weise abzubilden. Dabei gestaltet sich vor allem die Berechnung der Motive als schwierig.

Motive werden in der Modellierung, anders als im allgemeinen Sprachgebrauch, „als Indikatoren für körperinterne Sollwertabweichungen oberhalb einer bestimmten Toleranzgrenze definiert.“ [Schaub, Harald, „Modellierung der Handlungsorganisation, Verlag Hans Huber, 1993, S. 63]. D.h. einfach gesagt, eine Variable weicht von ihrem Soll-Wert ab. Agenten müssen demnach so modelliert werden, dass sie zur Motivbefriedigung bzw. beim Abweichen einer Motiv-Variable handeln. Als Beispiel dafür ist „Hunger“ das Motiv für die Handlung „Essen“. Dabei entsteht dieses Motiv, sobald eine Schwelle der Differenz von „Ist-Wert Sättigungsgefühl – Soll-Wert Sättigungsgefühl“ überschritten wird.

Man könnte also eine Variable für das Sättigungsgefühl S erstellen und dafür als Soll-Wert höher als 0,5 annehmen, wobei der Wert 1 einem vollständig gesättigten Menschen entsprechen würde. Sobald die Variable die den Wert von 0,5 unterschreitet entsteht das Motiv zu essen. Je kleiner dabei der Wert wird, desto wichtiger wird das Motiv im Modell. Anhand dieses simplen Beispiels wird bereits deutlich, dass für die Modellierung von Motivationen und Emotionen mathematische Berechnungen angestellt werden können und müssen. Diese gestalten sich allerdings nicht immer so leicht, wie in diesem kurzen Beispiel beschrieben, denn der Mensch hat immer mehrere Motive gleichzeitig, die durch verschiedene Kriterien gewichtet werden müssen. Als Beispiel dafür, ließe sich das gegebene Beispiel um das Motiv „Fertigstellung der Bachelorarbeit“, das sich aus der Differenz „Ist-Stand Bachelorarbeit – Soll-Stand Bachelorarbeit“ ergibt, erweitern. Je nachdem, welcher Befriedigungswert der beiden Bedürfnisse nun kleiner ist, würde in diesem einfachen Beispiel als wichtiger gewertet werden. Da nun aber auch zwei Motive die gleiche Differenz eines Befriedigungswertes aufweisen können, müssen weitere wichtige Größen für die Berechnung herangezogen werden. Zu diesen Größen gehören vor allem die Triebstärke, die Emotionsstärke und die Willensstärke (s. Abb. 6).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Handlung wird durch Motiv beeinflusst

Für die Triebstärke (T) von Bedeutung sind vor allem das Bedürfnis (B) und der Umwelteinfluss (U). Neben diesen beiden können aber noch weitere Einflussgrößen (X) existieren. Für die Berechnung der Triebstärke (T) ergibt sich demnach die Gl. (5.01).

(5.01)

Bei den Emotionen spielen kognitive Prozesse eine Rolle, die von außen angeregt werden. Deswegen ist für die Berechnung der Stärke elementarer Emotionen wie Ärger, Angst, Liebe, Neid, Traurigkeit, Freude und Scham eine Gewichtung des Sachverhalts (G), eine Wertung des Sachverhalts (W) und weitere Einflussgrößen (X) wichtig (vgl. Gl. 5.02).

(5.02)

Um konstruktives Verhalten zu modellieren, bei dem das Ziel bekannt, aber nicht veränderbar ist, müssen Zustandsvariablen geschaffen werden, mit der die Umgebung charakterisiert werden kann. Um also eine Formel für die Willensstärke aufzustellen, müssen die Bedeutung des Ziels (Z), die Zielentfernung (E) und weitere Einflussgrößen einbezogen werden (vlg. Gl. 5.03).

(5.03)

Aus den Motiven ergeben sich dann Absichten, die zu Handlungen führen. „Absichten sind somit Strukturen, die aus einem Indikator für einen Mangelzustand und Prozessen zur Beseitigung dieses Mangelzustands bestehen.“ [Schaub, Harald, „Modellierung der Handlungsorganisation, Verlag Hans Huber, 1993, S. 63].

Diese Absichten bestehen aber nicht nur aus Motiven, sondern nach SCHAUB (1993) auch aus den folgenden Komponenten:

- Zielzustand: Ein Zustand, indem die Differenz „Ist-Zustand – Soll-Zustand“ kleiner der jetzigen Differenz oder null ist, d.h. ein Zustand, bei dem der Mängelzustand beseitigt wurde.
- Ausgangspunkt: Die aktuelle Situation, die sich während der Zielerreichung ständig ändert.
- Absichtsgeschichte: Die Aufzeichnung der getätigten Schritte und Zustände auf dem Weg zum Zielzustand.
- Plan: Der Weg oder die Wege, um den Zielzustand zu erreichen. Dabei kann der Plan mehr oder weniger ausgearbeitet oder auch gar nicht vorhanden sein.
- Absichtszweck: Die Befriedigung des Motivs.
- Erledigungstermin: Das Zeitfenster, indem die Absicht erledigt werden muss. Von dieser Komponente leitet sich die Variable Dringlichkeit ab.
- Wichtigkeit: Bildet sich aus der Höhe der Abweichung der Differenz „Ist-Wert – Soll-Wert“ und deren Dauer.
- Zeitbedarf: Beschreibt den Zeitaufwand, der zur Erledigung der Absicht benötigt wird. Der Wert ist dabei vor allem von der Detailliertheit des Plans abhängig.
- Kompetenz: Ergibt sich aus dem Wissen und den Fähigkeiten, die nötig sind, um eine Absicht zu erledigen. Je höher die Kompetenz, desto wahrscheinlicher kann die Absicht befriedigt werden und desto kürzer wird das Individuum dafür benötigen.

[...]

Excerpt out of 55 pages

Details

Title
Sinnmaschinen. Modellierung sozialer Beziehungskonstrukte
College
Fachhochschule Dresden - University of Applied Sciences  (Informatik/Mathematik)
Course
Bachelorstudiengang Wirtschaftsinformatik
Grade
1,3
Year
2014
Pages
55
Catalog Number
V340905
ISBN (eBook)
9783668304253
ISBN (Book)
9783668304260
File size
1121 KB
Language
German
Keywords
sinnmaschinen, modellierung, beziehungskonstrukte
Quote paper
Anonymous, 2014, Sinnmaschinen. Modellierung sozialer Beziehungskonstrukte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/340905

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Title: Sinnmaschinen. Modellierung sozialer Beziehungskonstrukte



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