Humanitas als Erziehungsideal. Plinius‘ epistula IX, 12 (Sekundarstufe 1 Gymnasium)


Unterrichtsentwurf, 2015

17 Seiten, Note: 2,3

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Textvorerschließung
2.1 Transphrastische Texterschließung
2.2 Die Textform Brief aus didaktischer Perspektive
2.3 Didaktisierte Fassung des Briefes IX,12
2.4 Aufgaben zur Textvorerschließung

3. Übersetzung
3.1 Übersetzungsmethodik
3.2 Mögliche Rekodierungsprobleme und grammatikalische Schwerpunkte des Briefs IX,12
3.3 Übersetzung des Briefes IX,12

4. Interpretation

5. Plinius‘ epistula IX, 12 im Unterricht
5.1 Reihenplanung
5.2 Stundenplanung

6. Schlussbemerkung

7. Literaturverzeichnis
7.1 Quellen
7.2 Sekundärliteratur
7.3 Anhang
7.3.1 Arbeitsblatt

1. Einleitung

Die Auseinandersetzung mit Originallektüre ist ein fester Bestandteil des Lateinunterrichts, was auch die Verankerung in den Kernlehrplänen beweist[1]. Ein jeder Lateinschüler arbeitet darauf hin, diese nicht nur übersetzen, sondern auch inhaltlich zu verstehen und damit interpretieren zu können. Begründet wird das literarische Studium im altsprachlichen Unterricht in vielerlei Hinsicht: zum einen werden die Schülerinnen und Schüler[2] mit antiken Texten vertraut gemacht, deren Wirkung bis in die Gegenwart reicht und beim Verständnis neuzeitiger Texte helfen kann. Zum anderen ist die Literatur „integraler Bestandteil der Kultur“[3], denn erst durch sie können sich die SuSein ganzheitliches Bild der antiken Kultur machen. Im Sinne des Kernlehrplans werden damit interkulturelle Kompetenzen angesichts des Fremdverstehens und der historischen Kommunikation mit einem Perspektivwechsel ausgebildet.[4] Durch die Auseinandersetzung mit Literatur wird außerdem die Kreativität der Lernenden im Hinblick auf ihre Selbstkompetenz gefördert, da sie Leerstellen kreativ vervollständigen müssen.[5]

Aus didaktischer Perspektive stellt sich nun die Frage, wie der Lehrende die SuS bei der Arbeit mit der Originallektüre unterstützen kann. Sowohl die Vorentlastung als auch die Übersetzung und Interpretation müssen im lateinischen Literaturunterricht Berücksichtigung finden. Jenes soll in dieser Arbeit exemplarisch für den Brief IX,12des Plinius dem Jüngeren erarbeitet werden. Schlussendlich ergibt sich daraus eine Stundenplanung, welche in die Planung zu der Unterrichtsreihe zu Plinius‘ Briefen eingebettet wird. Diese soll ein möglichst breites Spektrum an Themen, welche von Plinius behandelt werden, abdecken, um den SuS einen Überblick über dessen Briefliteratur zu geben. Das erarbeitete Wissen wird dann in einer Klausur, welche den Abschluss dieser Unterrichtsreihe bildet, geprüft.

2. Textvorerschließung

2.1 Transphrastische Texterschließung

Ein wichtiger Schritt des Studiums lateinischer Texte ist deren Vorerschließung, wodurch eine Basis für die Übersetzung geschaffen wird. Diese ermöglicht einen ersten Zugang zum Text und ist somit eine Vorentlastung für die SuS. Für die Dekodierung eines ganzen Textes wird die transphrastische Texterschließung verwendet. Dabei können der historische Hintergrund, die Textgattung, der Autor und dessen Intention, das Publikum, die Überschriften und Vokabeln betrachtet werden. Außerdem können auch Bilder der Vorentlastung dienen, da sie bereits das Thema eines Textes illustrieren. Es handelt sich hierbei um die pre-reading Phase, bei der Sachinformationen zum Text und Autor gegeben werden sollen, ein Zusammenhang zum Vorhergehenden hergestellt, Vorwissen aktiviert und Motivation für die Lektüre erweckt werden soll.[6]

Im Hinblick auf die Textrezeption sind generell zwei Prozesse zu unterscheiden: zum einen gibt es den top-down- und zum anderen den bottom-up- Prozess.[7] Ersterer zeichnet sich dadurch aus, dass das Vorwissen und die Vorerwartung das Textverständnis beeinflussen. Im Gegensatz dazu wird das Textverständnis beim bottom-up -Prozess durch die „sprachlichen Einzelinformationen von der Lexik über die morphologischen und syntaktischen bis hin zu den satzübergreifenden und den Text strukturierenden Elementen“[8] suggeriert. Zu Problemen bei der Anwendung dieser Prozesse kommt es dann, wenn der bottom-up- Prozess, bei dem Detailinformationen ermittelt werden, bei einer satzweisen Übersetzung nur einseitig aktiviert wird und dadurch ein fehlgeleiteter top-down- Prozess, der sich durch die ganzheitliche Vorerwartung auszeichnet, entstehen kann.[9] Daher zeigt sich, dass das Vorwissen der SuS eine große Rolle für das Studium eines lateinischen Textes spielt und somit eine transphrastische Texterschließung sowohl auf grammatikalischer als auch auf inhaltlicher Ebene wichtig ist.

2.2 Die Textform Brief aus didaktischer Perspektive

Wie im einhergehenden Kapitel beschrieben, ist das Wissen um die Gattung des zu bearbeitenden Textes ein wichtiger Aspekt für die transphrastische Texterschließung. Die Textform Brief zählt zu den „kommunikativen Texten“[10], welche sich dadurch auszeichnen, dass sie „von einem expliziten Ich verfasst und an ein ausdrückliches Du adressiert sind“[11]. Dadurch ergibt sich eine Besonderheit, nämlich die Beziehung zwischen Autor und Adressat, welche sich auf den Inhalt und die Form des Textes auswirkt. Denn die Aussagen antiker Persönlichkeiten, welche in einem Brief auftreten, dürfen nicht als authentisch aufgefasst werden, sondern als „stilisiert und überformt“[12]. Daher muss den SuS bewusst gemacht werden, dass sich die Ansichten des Autors nicht mit den Aussagen des Textes decken, sodass falsche Vorstellungen von deren Charakter vermieden werden können. Es bietet sich an, diesen didaktischen Aspekt in die Diskussion über Briefliteratur einzubringen.[13]

2.3 Didaktisierte Fassung des Briefes IX,12

An dieser Stelle soll die transphrastische Texterschließung konkret auf den Brief IX,12 angewendet werden. Deren Gelingen hängt auch von der Didaktisierung des Textes ab, da durch Vokabelangaben und Wortergänzungen ein Vorverständnis suggeriert wird.

C. PLINIUS IUNIORI SUO S.

Castigabatquidamfiliumsuum, quod paulosumptuosiusequoset canes emeret. Huic ego iuvenedigresso: „Heustu, numquamnefecisti, quod a patrecorripiposset? ‚Fecisti‘dico? Non interdumfacis, quod filiustuus, sirepente paterilletufilius, parigravitatereprehendat? Non omneshominesaliquoerroreducuntur? Non hic in illosibi, in hocaliusindulget?“Haectibiadmonitusimmodicaeseveritatisexemplo, pro amore mutuoscripsi, ne quandotuquoquefiliumtuumacerbiusduriusquetractares.Cogita et illumpuerum esse et tefuisse, atqueitahoc,quod es pater,utere, utmemineris et hominem esse te et hominispatrem. Vale.

Vokabelhilfen[14]:

Castigare – strafen, tadeln, züchtigen; paulo (Abl. mensurae)– (um) etwas; sumptuosus,a,um – teuer, verschwenderisch; heus – he!, pass auf!, hör mal!; corripere – tadeln, kritisieren; ille – erg. esset; filius – erg. esses; gravitas,atis f.– Härte, Strenge; erroreduci – in einem Irrtum befangen sein; in illo …, in hoc – in jenem…, in diesem Punkt – sibiindulgere – mit sich Nachsicht haben; pro – gemäß; tractare – behandeln; hoc,quod – die Tatsache, dass

2.4 Aufgaben zur Textvorerschließung

Der Brief IX,12 setzt kein bestimmtes Welt- und Handlungswissen für die SuS voraus, da Plinius die Thematik anhand einer Anekdote exemplifiziert und eine Lehre transferiert, wodurch auch ein Missverstehen des Briefes ausgeschlossen wird. Um thematische Lücken zu kompensieren, bietet es sich an, dass entweder die Lehrperson selbst einen Informationstext herausgibt, oder die SuS auffordert die antiken Erziehungswerte zu recherchieren.

Nachdem die Lehrperson den Brief vorgelesen hat, sollen die SuS folgende Aufgaben bearbeiten:

1. Gliedere den Brief, untersuche ihn im Hinblick auf bedeutungstragende Wörter und ordne diese in Wortfelder ein.

Textstrukturierend ist in diesem Brief die wörtliche Rede, welche fast den ganzen ersten Abschnitt einnimmt, und dann im zweiten Abschnitt für die Lebensrealität des Adressaten konkretisiert wird. Plinius gibt ein Beispiel für mangelnde humanitas in der Erziehung und beschreibt dann deren Bedeutung für den Leser. Durch diese Gliederung erfolgt bereits eine erste Strukturierung des Textes, welche das Vorwissen ordnet.

[...]


[1] Vgl. Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen: Kernlehrplan für das Gymnasium – Sekundarstufe I in Nordrhein-Westfalen. Latein. Frechen 2008. Vorwort ohne Paginierung ff.

[2] Im Folgenden werden Schülerinnen und Schüler als SuS abgekürzt.

[3] Peter Kuhlmann: Lateinische Literaturdidaktik. Bamberg 2010. S.10.

[4] Vgl. ebd. S.12.

[5] Vgl. ebd. S.13.

[6] Vgl. ebd. S.25.

[7] Vgl. Peter Kuhlmann: Fachdidaktik kompakt. Göttingen ³2012. S.120f.

[8] Ebd. S.121.

[9] Ebd.

[10] Ebd. S.130.

[11] Ebd.

[12] Ebd.

[13] Vgl. 6.1.

[14] Vgl. Ursula Blank-Sangmeister: Plinius der Jüngere. Briefe. Kommentar. Münster 2000. S39f. Eigene Änderungen vorbehalten.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Humanitas als Erziehungsideal. Plinius‘ epistula IX, 12 (Sekundarstufe 1 Gymnasium)
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Note
2,3
Jahr
2015
Seiten
17
Katalognummer
V341105
ISBN (eBook)
9783668331402
ISBN (Buch)
9783668331419
Dateigröße
550 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
humanitas, erziehungsideal, plinius‘, sekundarstufe, gymnasium
Arbeit zitieren
Anonym, 2015, Humanitas als Erziehungsideal. Plinius‘ epistula IX, 12 (Sekundarstufe 1 Gymnasium), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/341105

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