Der Heimat- und besonders der Burgenforscher ist seit langem von der rätselhaft scheinenden Anhäufung künstlicher Hügel in Verbindung mit alten Wällen und Gräben besonders im Gemeindegebiet von Nieder- und Oberwartha beeindruckt. Dank einiger historischer und zaghafter archäologischer Forschungen wurden diese als Befestigungsanlagen identifiziert, die mit den neuzeitlichen Flurnamen "Niederwarthaer Burgberg", "Böhmerwall", "Heiliger Hain" und "Obere Warte" verbunden sind. Im folgenden sollen diese Anlagen nach historischen, fortifikalischen, linguistischen und verkehrslogistischen Gesichtspunkten analysiert und neu bewertet werden.
Aus Urkunden geht hervor, dass einige mehr oder weniger bedeutende Personen des Mittelalters in Beziehung zu Ober- und Niederwartha gestanden haben. Im Zeitraum 1087-1088 war dies der böhmische König VRATISLAV I., im Jahre 1123 waren es die Herzöge VLADISLAV und LOTHAR und über 100 Jahre später im Zeitraum 1205-1228 die Brüder HENRICUS und TYMO DE WARTA. Hypothetisch kann angenommen werden, dass die Brüder Henricus und Tymo de Warta beide jeweils ihre eigenen Herrensitze in Wartha hatten, nämlich den "Böhmerwall" bzw. den "Heiligen Hain". Beide waren sog. Turmhügelburgen (Motten) in Spornlage.
Da allerdings die befestigte Anlage beim "Böhmerwall" gegenüber dem "Heiligen Hain" größer zu sein scheint, gehörte die erstere wohl dem älteren und wohl bedeutenderen Bruder Heinricus de Warta und die letztere, kleinere dem Tymo de Warta. Da die Namen "Böhmerwall" und "Heiliger Hain" ohnehin modernen Ursprungs sind, ist zu überlegen, ob in Übereinstimmung mit den mittelalterlichen Gegebenheiten der "Böhmerwall" künftig besser "Henricusburg" und der "Heilige Hain" entsprechend "Tymoburg" genannt werden sollte.
Die Brüder hatten vermutlich die Aufgabe, die offenbar wichtige Fernstraße von Nordosten über die Elbfurt oder -fähre im heutigen Niederwartha hinauf nach Oberwartha und mit einiger Wahrscheinlichkeit weiter in südliche Richtung über Kesselsdorf, den Tharandter Wald (Grillenburg) und Frauenstein nach Böhmen zu kontrollieren.
Inhaltsverzeichnis
- Bisherige Ergebnisse archäologischer Forschungen
- Die Befestigungsanlagen in Nieder- und Oberwartha in der historischen Überlieferung
- Die Rolle des Böhmenkönigs Vratislav I. im Zeitraum 1087-1088 und seines Sohnes Vladislav im Jahre 1123 in Nieder- und Oberwartha
- König Vratislav I. baut 1087 die Burg Gvozdec wieder auf
- Wo lagen die 1087 wieder aufgebaute und die 1088 verlegte Burg Gvozdec?
- Gab es eine Burg in Oberwartha?
- Die feindlichen Heerlager der Herzöge Vladislav und Lothar im Jahre 1123
- Zur Bedeutung des Burgnamens Gvozdec
- Furt und Fähre in Niederwartha
- Die Brüder Heinrich und Tymo von Wartha im Zeitraum 1205-1228, ihre mögliche Herkunft und Beziehung zu den Burganlagen "Böhmerwall" und "Heiliger Hain"
- Resümee: Vorschläge zur neuen Zuordnung der Nieder- und Oberwarthaer Burgen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Neubewertung der mittelalterlichen Befestigungsanlagen von Nieder- und Oberwartha. Sie analysiert die Anlagen aus historischer, linguistischer, fortifikalischer und verkehrslogistischer Sicht und zielt darauf ab, die Lage der Burg Gvozdec, die im 11. Jahrhundert eine bedeutende Rolle spielte, neu zu bestimmen.
- Die historische Rolle der Burg Gvozdec im Kontext der politischen Beziehungen zwischen Böhmen und der Mark Meißen
- Die archäologischen Befunde und ihre Interpretation im Hinblick auf die verschiedenen Befestigungsanlagen
- Die linguistische Analyse des Burgnamens "Gvozdec" und seine Verbindung zu den Verkehrswegen
- Die fortifikalischer Analyse der Anlagen und die Bewertung ihrer strategischen Bedeutung
- Die verkehrslogistische Bedeutung der Anlagen im Kontext der alten Fernstraßen und Flussübergänge
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel behandelt die bisherigen Ergebnisse archäologischer Forschungen in Nieder- und Oberwartha und gibt einen Überblick über die Funde und den Belegungszeitraum der Anlagen. Das zweite Kapitel beleuchtet die Rolle des Böhmenkönigs Vratislav I. und seines Sohnes Vladislav in Nieder- und Oberwartha im 11. Jahrhundert. Hier wird die Bedeutung der Burg Gvozdec für die politische Situation dieser Zeit hervorgehoben. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Lage der Burg Gvozdec und der Frage, wo sie sich vor und nach ihrer Verlegung im Jahr 1088 befand. Das vierte Kapitel untersucht die Frage, ob es eine Burg in Oberwartha gab und welche archäologischen Relikte dafür sprechen.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Themen Burg Gvozdec, mittelalterliche Befestigungsanlagen, Niederwartha, Oberwartha, Böhmen, Mark Meißen, historische Überlieferung, archäologische Forschungen, fortifikalischer Analyse, linguistische Analyse, verkehrslogistik, Fernstraßen, Flussübergänge.
- Arbeit zitieren
- Bernd Hofmann (Autor:in), 2016, Wo lag die Burg Gvozdec?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/341335