Personenfolgeneinschätzung und Technikfolgenabschätzung. Ein Vergleich


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

26 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlegung
2.1 Orientierung
2.2 Technikfolgenabschätzung
2.3 Personenfolgeneinschätzung

3 Vergleich der PFE mit der TA anhand der Dimensionen der Verantwortung unter Zuhilfenahme des Störfalls Fessenheim
3.1 Vergleich der WER-Dimension
3.2 Vergleich der WAS-Dimension
3.3 Vergleich der WOFÜR-Dimension
3.4 Vergleich der WESWEGEN-Dimension
3.5 Vergleich der WOVOR-Dimension
3.6 Vergleich der WANN-Dimension
3.7. Vergleich der WIE-Dimension

4 Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Kernkraftwerk Fessenheim

Abb. 2: Übersicht zur Einordnung von TA und PFE innerhalb der angewandten Ethik

Abb. 3: Beispiele für Konzepte und Merkmale der Technikfolgenabschätzung

Abb. 4: Technikfolgenabschätzung

Abb. 5: Dimensionen der Verantwortung

Abb. 6: Personenbezogenes Werteviereck der Führungsverantwortung

Abb. 7: Ursachen und Folgen der Führungskräftegefährdung

Abb. 8: Stellung der PFE im operativen Umsetzungsplan für ein Wertemanagement

Abb. 9: Übersicht zum Konzeptvergleich TA und PFE anhand der Verantwortungsdimensionen

1 Einleitung

Mehrere Bereiche des französischen Kernkraftwerks Fessenheim wurden am 9. April 2014 mit Wasser überflutet. Dies war die Folge einer unsachgemäßen Befüllung eines Wasserreser-voirs, wodurch ein Strang des Reaktorschutzsystems von Block 1 beschädigt wurde. Das Reaktorschutzsystem wird zur Selbstabschaltung und zur Aktivierung anderer Sicherheits-systeme benötigt – ein zweiter, funktional gleicher Strang war weiterhin funktionsfähig. Reparaturbedingt wurde die Anlage sofort heruntergefahren (Badische, 2016). Gemäß INES-Stufensystem, welches auf acht Stufen von 0 (Ereignis ohne oder mit geringer sicherheits-technischer Bedeutung) bis 7 (Katastrophaler Unfall) die meldepflichtigen Ereignisse klassifi-ziert, wurde das Ereignis von der französischen Atomaufsichtsbehörde ASN als einfache Störung (Stufe 1) gemeldet (ASN, 2014).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Kernkraftwerk Fessenheim (Foto: dapd)

Beinahe zwei Jahre später wurden die Ergebnisse der Recherchen des WDR und der Süddeut-schen Zeitung zu diesem Vorfall bekannt gegeben. Demnach hat die ASN viele Faktoren der Störung verschwiegen (Süddeutsche, 2016). Die Schwere des Vorfalls wurde herunterge-spielt: Da die Abschaltung mit Steuerstäben nicht funktionierte, musste eine Notabschaltung mittels Bor-Flutung (sogenannte Notborierung) vorgenommen werden, was störfallbedingt zum ersten Mal in Westeuropa durchgeführt wurde. Minutenlang sei auch die Temperatur des Reaktors unkontrolliert gestiegen (WDR, 2016). Eine konkrete Erwähnung des Vorfalls inklu-sive der Notborierung fehlt im vorgeschriebenen jährlichen Bericht der ASN (ASN II, 2014, S. 302).

Dieses Beispiel legt zwei nicht kontrollierbare Risikobereiche offen: Das Risiko einer nicht (mehr) beherrschten Technologie und das Risiko einer ihre Befugnisse überschreitenden Füh-rungskraft bzw. einer bei der Ausübung ihrer originären Aufgabe versagenden Institution.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden zunächst zwei Lösungsansätze, welche den beiden Risiken entgegenwirken sollen, dargestellt: Es handelt sich um das Konzept der Tech-nikfolgenabschätzung und das Konzept der Personenfolgeneinschätzung. Beide Konzepte werden im weiteren Verlauf mithilfe der Verantwortungsdimensionen nach Ropohl (1996) miteinander verglichen.

2 Grundlegung

2.1 Orientierung

Die Definition des Ethikbegriffs ist sehr umfangreich. Alleine in Metzler´s Enzyklopädie der Philosophie und Wissenschaftstheorie (Mittelstraß, 2004) hat die Begriffsklärung einen Um-fang von sieben Seiten. „Ethik, von griechisch „ethos“ (Gewohnheit, Sitte, Brauch), ist zu-nächst die Lehre von der Moral im Sinne der handlungsleitenden Sitten und Gebräuche (der „mores“), Gewohnheiten und Institutionen. Die Ausgangs- und Hauptfrage der Ethik ist die Frage nach der Möglichkeit einer guten Moral, d.h. einer solchen Moral, nach der wir gut leben, gerecht handeln und vernünftig über unser Handeln und Leben entscheiden und urtei-len können. Die Geschichte der Antworten auf diese Frage hat auch die Fragestellungen der Ethik (wie man sie aufgrund der Antwortgeschichte noch für sinnvoll halten kann) aufge-fächert und verändert (Mittelstraß, 2004, S.592).“

Es gibt eine Vielzahl von ethischen Ansätzen und ethischen Konzeptionen. Wenn Ethik kon-kret wird, dann heißt sie „angewandt“ (Knoepffler, 2009, S.50). „Angewandt und konkret wird die Ethik dadurch, dass sie sich ganz bestimmten Handlungsfeldern zuwendet und deren eigene Problemlagen aufgreift, dabei aber auch Rücksicht auf deren jeweilige sachliche Zusammenhänge nimmt. […] Fragen zum Risiko der Kernenergie haben die Unterschiede verschiedener Reaktortechniken zu berücksichtigen. […] Erst wenn der Sachstand grundle-gend geklärt ist, können ethische Sollensforderungen angemessen formuliert werden (Knoepffler, 2009, S.50).“

Die wesentliche Aufgabe der angewandten Ethik ist „der Aufweis, wie das Norm- und Wertgefüge von Menschenwürde und Menschenrechten, von Gerechtigkeit und Nachhal-tigkeit in den einzelnen Bereichen zur Anwendung kommen kann (Knoepffler, 2009, S.147).“ Technikethik und Führungsethik als Teilbereiche der angewandten Ethik beinhalten folglich die Sollensforderungen an das technische Handeln und an die Unternehmensführung.

Die im Rahmen dieser Arbeit behandelten Konzepte der Technikfolgenabschätzung (im wei-teren Verlauf kurz „TA“ genannt) und der Personenfolgeneinschätzung (im weiteren Verlauf kurz „PFE“ genannt) werden im ethischen Gesamtzusammenhang in Abbildung 2 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2: Übersicht zur Einordnung von TA und PFE innerhalb der angewandten Ethik (eigene Darstellung)

2.2 Technikfolgenabschätzung

In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre entstand in den USA die Idee eines systematischen und umfassenden „Technology Assessments“, welches viele Industrienationen rasch aufgriffen. Zu Beginn wurden, mit dem Ursprung in der Umwelt- bzw. Konsumentenbewegung, die nicht-intendierten negativen Folgen des Technikeinsatzes thematisiert. Die verbesserte Mög-lichkeit, sich unabhängig von der Exekutive umfassende Informationen über wissenschaftlich-technische Entwicklungen und Projekte und deren Auswirkungen zu verschaffen, hatte die Gründung des OTA (Office of Technology Assessment) des US-Kongresses im Jahr 1972 zur Folge (Bimber, 1996). In Deutschland fand das Konzept bald darauf seinen Weg als Technik-folgenabschätzung in die politischen und administrativen Ebenen. Von der Art der wissen-schaftlichen Aufgabenstellung war die OTA mit dem Büro für Technikfolgen-Abschätzung im Deutschen Bundestag bzw. auf institutioneller Ebene mit dem Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages vergleichbar. Mehr als die Hälfte der EU-Mitgliedsstaaten verfügt inzwi-schen über parlamentarische TA-Einrichtungen (Paschen, 1999, S.78).

Idealerweise wird TA definiert als

- ein Prüfungsverfahren zur Früherkennung technologieinduzierter Risiken,
- ein Analyseinstrument für mögliche soziale, wirtschaftliche, rechtliche, politische, kulturelle und ökologische Auswirkungen,
- eine Möglichkeit zur problemorientierten Aufbereitung der Untersuchungsergebnisse als alternative und entscheidungsorientierte Handlungsoptionen und
- eine Hilfe, die unterschiedliche gesellschaftliche Interessen und Werturteile, die sich an die Entwicklung und Nutzung neuer Technologien knüpfen, offenlegt (Schuchardt & Wolf, 1990, S.19).

"Die Aufgabe der Technikethik besteht in der ethischen Reflexion auf die Bedingungen, Zwecke und Folgen der Entwicklung des Einsatzes von Technik (Grunwald 2000, S.508, zitiert nach Knoepffler 2009, S.170).“ Für die von Knoepffler vertretene Technikethik gilt, dass den ethischen Bezugsrahmen das Norm- und Wertegerüst von Menschenwürde und Menschenrechte, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit bilden (Knoepffler 2009, S.170f.).

Es gibt verschiedene Formen der TA, welche ihre Bezeichnungen über den Auftraggeber[1], die Teilnehmer oder den Untersuchungsgegenstand erhalten können. Ausgewählte Typen und einige ihrer Merkmale werden beispielhaft in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Beispiele für Konzepte und Merkmale der Technikfolgenabschätzung (eigene Darstellung)[2]

Allerdings musste sich die TA immer wieder auch einer Kritik aussetzen, welche von Wirtschaft, Politik und Wissenschaft, je nach Motivationslage, entsprechend formuliert wurde. Eine generell ablehnende Haltung z.B. in Deutschland basiert auf dem Vorwurf, die TA „[…]behindere das Investitionsklima durch einseitige Betonung der potentiellen negativen Folgen der Technik und das Schüren von Technikängsten und erschwere damit die Lösung der akuten Probleme, die die Menschen konkret bedrängen (zitiert in Paschen, 1999, S. 78).“

Ropohl (1996) erhebt zum einen den Vorwurf, die TA sei in der Praxis immer noch zu sehr auf den Anwendungsbereich von Politik und Administration bezogen. Da der Großteil der technischen Entwicklungen in der Industrie stattfindet, sei die TA „praktisch folgenlos“ (Ropohl, 1996, S. 232). Ferner wird das Prognosedilemma (immer dann, wenn sich etwas ändert, werden Prognosen schnell schwierig, unzuverlässig und systemlos) als Kritikpunkt herangezogen, da es realistische Aussagen über hoch komplexe vernetzte Systeme verhindert. Neben Forschungs-, Bewertungs- und Organisationsdefiziten wird häufig das Collinridge-Di-lemma als ein TA-Problem genannt: Je weiter eine Technologie entwickelt ist, desto mehr Wissen steht zur Verfügung, aber je weiter sie entwickelt ist, desto schwerer lässt sie sich gestaltend beeinflussen (Grunwald, 2010, S. 165 ff.). Paschen (1999) hält dagegen, dass ein inzwischen moderneres TA-Verständnis zu einem Prozess der Umorientierung geführt hat, in dessen Verlauf Bemühungen stattfinden, die TA praktikabler, nützlicher und „demo-kratischer“ zu machen (Paschen 1999, S. 79). Zusammenfassend lassen sich die Entwick-lungsvorgänge innerhalb der TA, welche neue bzw. erweiterte Funktionen beinhalten sollen, wie folgt verdichten:

1. Wachhund-/Spürhundfunktion der TA (Frühwarnung vor potenziellen negativen Technikfolgen sowie das Erkennen von Chancen durch neue Entwicklungen)
2. „Normative Assessment“-Funktion (Reduzierung der Prognoselast durch Beschrei-bung von alternativen Optionen und Maßnahmen bei der Erarbeitung von Szenarien; probleminduzierte statt technikinduzierter TA)
3. Unterstützungsfunktion bei der strategischen Entscheidungsfindung in Verbindung mit der Gestaltung wissenschaftlich-technischer Entwicklungen und ihrer Anwendungs-modalitäten
4. Implementierung von Korrekturfunktionen und somit Betrachtung der TA als Prozess (Abkehr von Einmalstudien), damit die TA besser an die Komplexität politischer und unternehmerischer Entscheidungsprozesse angepasst wird
5. Partizipation von Nicht-Fachleuten zur Erhöhung von Glaubwürdigkeit und Akzep-tanz, Steigerung der Legitimation und Verbesserung des Konfliktlösungspotenzials
6. TA als wertsensible Analysefunktion durch Berücksichtigung der subjektiven Ein-schätzungen der TA-Analytiker

Die Forderungen nach Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit finden somit Berücksichtigung (Paschen, 1999, S. 80 ff.).

Die Definition gemäß VDI-Richtlinie 3780 (VDI, 1991) wird in Abbildung 4 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Technikfolgenabschätzung (entnommen aus Knoepffler, 2009, S. 175)

2.3 Personenfolgeneinschätzung

Der beschleunigte Wandel stellt für Führungskräfte eine große Herausforderung dar. Darunter sind die drei Aspekte technische Beschleunigung (Transport, Kommunikation), sozialer be-schleunigter Wandel (Familienstrukturen, politische/religiöse Bindungen) und das beschleu-nigte Lebenstempo der Individuen (Zeitnot/Stress) zu verstehen (Rosa, 2005, S. 460 und S. 463). Ist die Führungskraft diesen Herausforderungen nicht gewachsen, besteht das Risiko, dass durch unzureichendes Führungsverhalten die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit ver-letzt werden (Knoepffler/Albrecht, 2009, S. 469 ff.):

1. Soziale Dimension: Konkretisiert die Folgen für das Zusammenleben der Menschen vor dem Hintergrund der Prinzipien von Menschenwürde, Menschenrechten und Ge-rechtigkeit.
2. Ökonomische Dimension: Berücksichtigt das Eigeninteresse der heutigen Menschen und das Wohl der jeweiligen Unternehmen.
3. Ökologische Dimension: Erweitert den Verantwortungshorizont auf die Umwelt und die Generationen in einer fernen Zukunft.

Im Rahmen der drei Nachhaltigkeitsdimensionen hat die ökonomische Nachhaltigkeit kon-stitutiven Charakter bei der ethischen Bewertung einer Führungskraft. Interne und externe Versuchungen stellen ein Gefährdungspotenzial für Führungskräfte dar, ihrer ethischen Ver-antwortung (nach Einhaltung der drei Dimensionen der Nachhaltigkeit) nicht gerecht zu werden. Sofern eine Führungskraft zum Beispiel den kurzfristigen Erfolg einer langfristigen Maßnahme im Rahmen der Unternehmensleitung vorzieht, liegt eine interne Versuchung vor. Bestechung, Korruption oder sonstige Complianceverstöße sind Beispiele für externe Versu-chungen (Knoepffler/Albrecht, 2009, S. 472).

Um verantwortungsvolles Führungsverhalten im Unternehmen zu fördern, müssen die viel-stelligen Dimensionen der Verantwortung definiert werden. Im Rahmen des Konzepts der Personenfolgeneinschätzung (PFE) wird somit auf die nachfolgenden Dimensionen des Füh-rungshandelns (oder -unterlassens) Bezug genommen (Knoepffler/Albrecht, 2010, S. 319 ff.):

WER-Dimension: Zu Beginn wird geklärt, welche Individuen, Unternehmen oder Staaten in der Verantwortung stehen, als Handelnde oder Unterlassende beteiligt zu sein.

WANN-Dimension: Die Klärung des zeitlichen Aspekts ist ebenfalls zu Beginn zu erledigen – wird die Verantwortung vor, während oder nach dem Führungsereignis wahrgenommen?

WIE-Dimension: Geklärt wird hier die Zurechenbarkeit der Führungshandlung zu einer Per-son oder zu einer Gruppe. Dies hat Auswirkungen auf eine mögliche Haftung, da Verursa-chung und Zurechnung nicht identisch sein müssen.

WAS-Dimension: Handlungen bzw. Unterlassungen sorgen für Resultate, welche fest-zustellen sind.

WOFÜR-Dimension: Über das intendierte Produkt bzw. Resultat hinaus kann es zu vorher-sehbaren und unvorhersehbaren Folgen der Handlung kommen.

WEM GEGENÜBER-Dimension: Diese Dimension beantwortet die Frage, wovor (Insti-tutionen, Gerichte, Individuen) sich der Handelnde bzw. Unterlassende zu verantworten hat.

WESWEGEN-Dimension: Eine Konkretisierung der Verantwortung verlangt nach einer Be-gründung, welche Normen, Werte oder Gesetze als Grundlage für die Anwendung der Dimen-sionen der Verantwortung unterstellt werden.

Abbildung 5 veranschaulicht die Dimensionen der Verantwortung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Dimensionen der Verantwortung (entnommen aus Knoepffler/Albrecht, 2010, S. 321)

Der WESWEGEN-Dimension kommt im Rahmen der PFE-Darstellung eine zentrale Bedeu-tung zu, da sie als Management-Wertesystem der Führungsverantwortung eine positive und erwünschte Kennzeichnung verleiht. Die Wertedimension wiederum kann auf persönlicher oder gesellschaftlicher Ebene charakterisiert werden. Somit sind Werte Wegmarken für ein lebensdienliches Verhalten, die sich für die Führungskraft als Verantwortung in Bezug auf die zentralen gesellschaftlichen Werte Menschenwürde, Menschenrechte, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit manifestieren (Knoepffler/Albrecht, 2010, S. 322).

Im Ergebnis bedarf es moralischer und nicht-moralischer Werte, um verantwortungsvolles Management gestaltbar zu machen. (Knoepffler/Albrecht, 2011, S. 149 ff.). Die nicht mora-lischen Werte werden in Leistungs-, Kommunikations- und Kooperationswerte unterteilt. Ab-bildung 6 zeigt das personenbezogene Werteviereck der Führungsverantwortung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Personenbezogenes Werteviereck der Führungsverantwortung (in Anlehnung an Knoepffler/Albrecht, 2010, S. 323)

Allerdings sind Führungskräfte stark gefährdet, diese Werte zu verletzen und folglich ihrer ethischen Verantwortung nicht gerecht zu werden. Druck, Belastung und ein risikoreiches Umfeld können dazu führen, dass positive Eigenschaften von ihrer negativen Ausprägung verdrängt werden. Abbildung 7 zeigt die Schwierigkeiten einer Führungskraft im Zusammen-hang mit den zwiespältigen Charakterausprägungen im Überblick.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Ursachen und Folgen der Führungskräftegefährdung[3] (in Anlehnung an Knoepffler/ Albrecht, 2010, S. 324)

Typischerweise wird zur Problemlösung das Prinzip von „Belohnung und Strafe“ herange-zogen, um die Einhaltung der Werteordnung zu gewährleisten. Allerdings geht dieses klassi-sche Modell ins Leere, da

- die technische Beschleunigung in der Arbeitswelt dazu führt, dass die Bewertung der Arbeitsergebnisse von Mitarbeitern immer komplexer wird,
- die Implementierung eines Kontrollsystems, welches nur auf Belohnung und Strafe basiert, sich aufgrund exponentiell wachsender Kontrollaktivitäten als zu teuer oder als unwirksam erweist und
- die Führungskraft selbst als Regelverletzer auftreten kann.

Hierarchisch-zentralistische Steuerungsmodelle stehen folglich im Zuge des sozialen und ökonomischen Wandels vor Problemen bei der Absicherung verantwortlichen Verhaltens von Führungskräften (Knoepffler/Albrecht, 2010, S. 324 ff.).

Daher verfolgt die Personenfolgeeinschätzung (PFE) das Ziel, die Person(en) zu finden, wel-che die Absicherung des Wertevierecks aus eigenem Antrieb stützt. Bisherige Konzepte ver-folgen über z.B. Stärken- und Schwächenanalysen das Ziel, Qualifikation, Leistungs-performance oder das Entwicklungspotenzial eines Bewerbers als Eignungsabgleich mit einem Stellenprofil zu untersuchen. Explizite Diagnosen zur Erkennung spezifischer Risiko-faktoren der Führungskraft, die z.B. auf ein Risiko bei der Wahrnehmung ihrer ethischen Ver-antwortung schließen lassen, werden allerdings nicht durchgeführt. Die PFE behebt diesen Mangel, indem sie das Risiko- und Gefährdungspotenzial einer Person analysiert. Die Ein-schätzung der Persönlichkeitszüge, des Wertegerüsts sowie der Fähigkeiten und Schwächen wird ermittelt, damit soziale, ökologische und ökonomische Folgen eingeschätzt werden kön-nen. Das Aufzeigen von Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Person, basierend auf einer Beurteilung dieser Folgen, rundet das Konzept ab. Als Analyseverfahren stehen hierfür zur Verfügung (Knoepffler/Albrecht, 2010, S. 327):

- Biographische Interviews (zur Recherche objektiver Fakten),
- Critical Incident Interviews (zur Feststellung des Verhaltens in Extremsituationen),
- vertiefende Persönlichkeitsinterviews (zur gezielten Veränderung des Blickwinkels)
- und psychometrische Verfahren zur Erkennung genauerer Persönlichkeitsmerkmale (wie z.B. Motivation/Sinn der Arbeit, Belastung, Stress, Verhalten, Störungen).

[...]


[1] Die vorliegende Arbeit verwendet zur besseren Verständlichkeit ausschließlich männliche Bezeichnungen, meint aber jeweils auch die weibliche Bezeichnung.

[2] Als Vorlagen dienten Paschen (1999), EUROPTA (2000), Gloede (1994), ITAS (2016), Netzwerk TA (2016), BATS (2016), IZT (2016).

[3] Die Überschrift „Ambivalente Folgen“ zielt darauf ab, dass auch die negative Ausprägung je Begriffspaarung möglich, jedoch keinesfalls gewollt ist.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Personenfolgeneinschätzung und Technikfolgenabschätzung. Ein Vergleich
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Bildung und Kultur)
Veranstaltung
Führungsethik
Note
1,3
Autor
Jahr
2016
Seiten
26
Katalognummer
V341579
ISBN (eBook)
9783668313651
ISBN (Buch)
9783668313668
Dateigröße
1578 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Personenfolgeneinschätzung, Technikfolgenabschätzung, PFE, TFA, Knoepffler, Albrecht, Ropohl, Dimensionen der Verantwortung, Technikethik, Führungsethik, angewandte Ethik, Führungskräftegefährdung, Personenbezogenes Werteviereck
Arbeit zitieren
Oliver Ellermann (Autor:in), 2016, Personenfolgeneinschätzung und Technikfolgenabschätzung. Ein Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/341579

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