Mehrere Bereiche des französischen Kernkraftwerks Fessenheim wurden am 9. April 2014 mit Wasser überflutet. Dies war die Folge einer unsachgemäßen Befüllung eines Wasserreservoirs, wodurch ein Strang des Reaktorschutzsystems von Block 1 beschädigt wurde. Das Reaktorschutzsystem wird zur Selbstabschaltung und zur Aktivierung anderer Sicherheitssysteme benötigt – ein zweiter, funktional gleicher Strang war weiterhin funktionsfähig.
Reparaturbedingt wurde die Anlage sofort heruntergefahren. Gemäß INES-Stufensystem, welches auf acht Stufen von 0 (Ereignis ohne oder mit geringer sicherheitstechnischer Bedeutung) bis 7 (Katastrophaler Unfall) die meldepflichtigen Ereignisse klassifiziert, wurde das Ereignis von der französischen Atomaufsichtsbehörde ASN als einfache.
Beinahe zwei Jahre später wurden die Ergebnisse der Recherchen des WDR und der Süddeutschen Zeitung zu diesem Vorfall bekannt gegeben. Demnach hat die ASN viele Faktoren der Störung verschwiegen (Süddeutsche, 2016). Die Schwere des Vorfalls wurde heruntergespielt: Da die Abschaltung mit Steuerstäben nicht funktionierte, musste eine Notabschaltung mittels Bor-Flutung (sogenannte Notborierung) vorgenommen werden, was störfallbedingt zum ersten Mal in Westeuropa durchgeführt wurde. Minutenlang sei auch die Temperatur des Reaktors unkontrolliert gestiegen (WDR, 2016). Eine konkrete Erwähnung des Vorfalls inklusive der Notborierung fehlt im vorgeschriebenen jährlichen Bericht der ASN (ASN II, 2014, S. 302).
Dieses Beispiel legt zwei nicht kontrollierbare Risikobereiche offen: Das Risiko einer nicht (mehr) beherrschten Technologie und das Risiko einer ihre Befugnisse überschreitenden Führungskraft bzw. einer bei der Ausübung ihrer originären Aufgabe versagenden Institution. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden zunächst zwei Lösungsansätze, welche den beiden Risiken entgegenwirken sollen, dargestellt: Es handelt sich um das Konzept der Technikfolgenabschätzung und das Konzept der Personenfolgeneinschätzung. Beide Konzepte werden im weiteren Verlauf mithilfe der Verantwortungsdimensionen nach Ropohl (1996) miteinander verglichen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Grundlegung
- Orientierung
- Technikfolgenabschätzung
- Personenfolgeneinschätzung
- Vergleich der PFE mit der TA anhand der Dimensionen der Verantwortung unter Zuhilfenahme des Störfalls Fessenheim
- Vergleich der WER-Dimension
- Vergleich der WAS-Dimension
- Vergleich der WOFÜR-Dimension
- Vergleich der WESWEGEN-Dimension
- Vergleich der WOVOR-Dimension
- Vergleich der WANN-Dimension
- Vergleich der WIE-Dimension
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit einem Vergleich der Personenfolgeneinschätzung (PFE) und der Technikfolgenabschätzung (TA) anhand des Störfalls Fessenheim. Ziel ist es, die beiden Konzepte im Kontext der Verantwortung zu analysieren und ihre Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzuzeigen.
- Verantwortung und ihre Dimensionen
- Der Störfall Fessenheim als Fallbeispiel
- Analyse der PFE und TA im Kontext des Störfalls
- Schlussfolgerungen und Herausforderungen für die Anwendung der Konzepte in der Praxis
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Das Kapitel stellt den Störfall Fessenheim als Ausgangspunkt der Analyse vor und skizziert die Relevanz des Themas Personenfolgeneinschätzung im Kontext von Technikfolgenabschätzung.
- Grundlegung: Dieses Kapitel liefert eine Definition und Einordnung der PFE und TA sowie deren theoretische Grundlagen. Der Fokus liegt auf der Darstellung der jeweiligen Konzepte und deren Relevanz im Bereich der Risikobewertung.
- Vergleich der PFE mit der TA anhand der Dimensionen der Verantwortung: Der Schwerpunkt dieses Kapitels liegt auf dem Vergleich der PFE und TA anhand der Dimensionen der Verantwortung, wie z.B. WER, WAS, WOFÜR, WESWEGEN, WOVOR, WANN und WIE. Die Analyse bezieht sich auf den konkreten Fall des Störfalls Fessenheim.
Schlüsselwörter
Personenfolgeneinschätzung, Technikfolgenabschätzung, Verantwortung, Störfall Fessenheim, Risikobewertung, Ethik, Sicherheit, Kernkraft, Kernkraftwerk, Folgenabschätzung.
- Citation du texte
- Oliver Ellermann (Auteur), 2016, Personenfolgeneinschätzung und Technikfolgenabschätzung. Ein Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/341579