Goethes Revolutionsreflexionen in seinen Werken "Der Groß-Cophta" und "Der Bürgergeneral"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

29 Seiten, Note: 2.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der Groß-Cophta
2.1 Werkentstehung und historischer Kontext
2.2 Revolutionsreflexionen
2.2.1 Halsbandaffäre
2.2.2 Geheimgesellschaften
2.2.3 Korruptes Adelsgeschlecht
2.2.4 Schlussfolgerungen Goethes

3 Der Bürgergeneral
3.1 Werkentstehung und historischer Kontext
3.2 Revolutionsreflexionen
3.2.1 Revolutionsangst in Deutschland
3.2.2 Kritik an Bürgern in höheren Ämtern
3.2.3 Jakobinerkritik
3.2.4 Schlussfolgerungen Goethes

4 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die Arbeit beinhaltet die Untersuchung des sozialphilosophischen Denkens Johann Wolfgang Goethes gegenüber der Französischen Revolution in ihren Anfangsjahren. Da es kaum Zeug- nisse über Goethes Reaktionen innerhalb dieses Zeitraumes gibt,1 müssen seine Werke hinsichtlich dessen untersucht werden. Das Motiv für die spärlichen Informationen über Goethes Reaktionen könnte in seiner starken politischen Tätigkeit unter Herzog Carl August begründet sein. Demnach untersteht er dem Absolutismus und kann nichts gegen diesen äu- ßern, ohne dabei die Autorität des Herzogs anzugreifen. Deshalb war er in dieser Zeit sehr vorsichtig mit Anmerkungen zur Revolution umgegangen. Der Einwand, die von Goethe ver- fassten autobiographischen Schriften die Campagne in Frankreich und die Belagerung von Maynz als Reflexionen Goethes über die Französische Revolution heranzuziehen, muss wi- derlegt werden, da diese Schriften in zu großer zeitlicher Distanz zum Geschehenen, nämlich erst 1822, veröffentlicht und einige Jahre zuvor geschrieben wurden. Im Nachhinein kann man ja immer behaupten, die Revolution durch diesen oder jenen Aspekt voraus gesehen zu haben. Außerdem sind viele Emotionen und Erinnerungen nach so langer Zeit in einer abge- schwächten und verklärten Version vorhanden, was man selbst sicher auch schon mal festge- stellt hat. Allgemeinhin ist dennoch bekannt, dass Goethe der Revolution von Beginn an ne- gativ gegenüberstand.

Es stellt sich nun die Frage, wie Goethe seine Ansichten über die ersten Jahre der Revolution von 1787-1793 in seinen Werken reflektiert hat. Denn ein Autor kann, wenn sein Kommentar zu einem Thema nur unter Befangenheit möglich ist zu geben, in seinen Werken indirekt, z. B. mittels Metaphern und Anspielungen, seine Ansichten kundtun. Daher ist es sinnvoll den Groß-Cophta von 1791 und den Bürgergeneral von 1793 nach den Revolutionsreflexionen Goethes werkimmanent zu untersuchen. Hierzu ist es wichtig, den Entstehungsprozess der Werke in Bezug zum historischen Kontext zu kennen, um daraus schon eventuelle Bezüge zur möglichen Reflexion über eines während der Werksentstehung stattfindenden Ereignisses herzustellen. An Reflexionsthemen zur Französischen Revolution bietet der Groß-Cophta die Halsbandaffäre, die Geheimgesellschaften und ein korruptes Adelsgeschlecht, welche Goethe sehr ausführlich in seinem Werk behandelt. Daher wird der Groß-Cophta auch mehr Diskus- sionsstoff liefern als der Bürgergeneral mit seinen nicht so umfangreichen Reflexionsthemen Revolutionsangst in Deutschland, Kritik an Bürgern in höheren Ämtern und Jakobinerkritik.

Beide Werke werden durch die Schlussfolgerungen, die Goethe aus den ganzen Reflexionen ziehen könnte, ergänzt. Im Fazit werden die verschiedenen Tendenzen von Goethes Ansich- ten zur Revolution, die sich aus seinen Werken herauslesen lassen kurz zusammenfassend gegenübergestellt.

2 Der Groß-Cophta

2.1 Werkentstehung und historischer Kontext

Die in diesem Werk thematisierte Halsbandaffäre am Hofe Frankreichs im Jahr 1785 be- schäftigte Goethe so sehr, dass er sie schon im Sommer 1787 auf seiner Italienreise als komi- sche Oper mit dem Titel Die Mystificirten konzipierte. Es kam nie zu einer Fertigstellung als Oper und daher wurde die Arbeit daran spätestens im Winter 1790/91 aufgegeben, was man aus einem Brief von Goethe an seinen Komponisten Reichardt vom 25. Oktober 1790 her- auslesen kann.2 Dort heißt es: ÄAn den Conte hab ich nicht wieder gedacht. Es können die Geschöpfe sich nur in ihren Elementen gehörig organisiren. Es ist jetzt kein Sang und Klang um mich her.“3 Von März bis September 1791 wurde die Oper als ein Lustspiel in fünf Akten umgeschrieben, am 17. Dezember desselben Jahres in Weimar uraufgeführt und zur Oster- messe 1792 im Band 1 von Goethe’s neuen Schriften veröffentlicht.4

Zunächst muss gesagt werden, dass das Werk als vorrevolutionäres zu betrachten ist. Goethe verwendet hier nicht die Revolution als Thema, sondern die Halsbandaffäre, die sich noch vor der Revolution ereignete. Als Goethe die Mystificirten entwickelte befand er sich in Italien und konnte eher weniger etwas von den Entwicklungen in Frankreich im Jahre 1987 mitbe- kommen haben. Zumal sich erst ab dann die Revolte der Aristokraten abzeichnete, die sich bis 1789 zog. Diese Zeit wird auch als die Vorphase der Französischen Revolution bezeichnet. Dieses Ereignis könnte auch der Grund sein, warum Goethe die komische Oper in ein Lust- spiel umwandelte. Die Lage wurde in Frankreich ernster und war nicht mehr so harmlos wie noch zu Beginn als Goethe die Oper am Entwickeln war. Ein Beleg dafür könnte auch sein, dass er in einem Brief an Jacobi am 3. März 1790 schrieb: ÄDaß die Französische Revolution auch für mich eine Revolution war kannst du denken“.5 Ein weiterer Beweis für die Einwir- kung der Französischen Revolution auf Goethe, die ihn dazu bewog die Oper als Lustspiel umzugestalten, könnte seine Bemerkung in der Campagne in Frankreich darstellen: ÄGlückli- cherweise ward mein Tasso noch abgeschlossen, aber alsdann nahm die weltgeschichtliche Gegenwart meinen Geist völlig ein.“6 Der Tasso war vor dem Groß-Cophta abgeschlossen und mit der Äweltgeschichtlichen Gegenwart“ kann nur die Französische Revolution gemeint sein, wenn man den ersten Beleg berücksichtigt, indem die Revolution für Goethe schon ein Thema war.7

2.2 Revolutionsreflexionen

2.2.1 Halsbandaffäre

Der Werkinhalt erklärt sich fast von selbst, wenn die Halsbandaffäre näher erläutert wird. Jeanne de St. Rémy de Valois, verheiratet mit dem Grafen de La Motte, spielte dem Fürstbi- schof von Straßburg Louis-René de Rohan, der bei Marie Antoinettes in Ungnade gefallen war und ihre Gunst wieder erlangen wollte, vor, sie sei eine Vertraute der Königin. Dadurch sollte de Rohan de la Motte vertrauen. Sie engagierte Marie-Nicole LeGuay d’Oliva, eine Schauspielerin und Prostituierte, die dem Kardinal vorspielen sollte, sie sei die Königin. Dies geschah im August 1784 im Garten von Versailles. Dort überreichte sie ihm als Zeichen der Wiedererlangung der Gunst des Hofes eine Rose. Des Weiteren wurden gefälschte Briefe an den Kardinal übergeben. Durch diese wurde ihm weisgemacht, dass die Königin ein Halsband im Wert von 1,9 Mio. Livre kaufen möchte, aber der Kardinal als Käufer auftreten solle. Er kaufte dieses Anfang Februar 1785 und übergab es de la Motte, die als Übermittlerin fungie- ren sollte. Diese behielt das Halsband für sich, ließ es auseinanderbrechen und verkaufte einen Teil der Diamanten in Frankreich und mittels Ehemann auch in England. Das hatte zur Folge, dass die Zahlungen an die Juweliere ausblieben und diese sich im August 1785 an den Hof wendeten. Dadurch flog der Schwindel auf, de la Motte wurde zu lebenslänglichem Kerker verurteilt, de Rohan und d‘Oliva wurden freigesprochen. Des Weiteren befand sich ein be- rühmter Abenteurer, Geisterseher und Magier mit Namen Giuseppe Balsamo, der sich fälsch- licherweise als Conte Alessandro di Cagliostro ausgab, zum Zeitpunkt dieser Intrige in Paris und hatte Kontakt zum Kardinal Rohan. Daher wurde Cagliostro vorgeworfen auch in diese Affäre verwickelt zu sein, weswegen man ihn von August 1785 bis Mai 1786 gefangen hielt, ihm aber nichts direkt nachweisen konnte und er aus diesem Grund aus Frankreich verbannt wurde.8

Im Unterschied zur realen Halsbandaffäre hat Goethe aus dem Versailler Hof einen unbe- nannten Fürstenhof gemacht, den Ritter und mehrere Nebenfiguren hinzugefügt sowie aus der Schauspielerin und Hure d’Oliva die Nichte der Gräfin de la Motte gemacht. Ansonsten sind die Figuren eindeutig mit den historischen zu vergleichen: Graf und Gräfin de la Motte, Dom- herr de Rohan und Graf Rostro (Cagliostro). Inhaltlich baut Goethe den Grafen Rostro als Kopf einer Geheimgesellschaft ein, um den sich ein Kreis von Adligen, u. a. der Domherr, die Marquise und der Ritter, tummelt. Ihnen gaukelt er Wunder vor, wenn sie sich unterwürfig zeigen. Dies wird aber von der Marquise und ansatzweise vom Ritter durchschaut. Doch sie entlarvt ihn nicht, genauso wie der Graf ihr Vorhaben den Domherrn zu betrügen etwas durchschaut und sie nicht verrät. So hilft der Graf ihr den Domherrn zu verwirren und ist indi- rekt am Komplott beteiligt. Nachdem der Domherr das Halsband der Marquise übergibt, wird ihm ein Treffen mit der Prinzessin im Schlossgarten versprochen, wo sie ihm die Gunst er- weisen wird. Die Nichte soll die Prinzessin mimen. Sie verrät das Vorhaben dem Ritter, da sie von ihm in der Prinzessin Kleider ertappt wird und erhofft sich von ihm Rettung. Dieser alar- miert den Minister und dadurch werden die Beteiligten im Garten auf frischer Tat ertappt, inklusive des Graf Rostro, der sich von der Angelegenheit auch einen Vorteil erhofft hatte. Die Marquise und der Marquis, der mit der Nichte heimlich nach England flüchten wollte, sowie der Graf werden Äim Stillen“ des Landes verwiesen. Die Nichte geht freiwillig ins Kloster und der Domherr wird freigesprochen.

2.2.2 Geheimgesellschaften

Goethe hatte keine gute Meinung von Geheimgesellschaften, was sein Austritt aus der Wei- marer Freimaurerloge Anna Amalia im Jahre 1782, das Verbieten der Neugründung einer Je- naer Freimaurerloge im April 1789 und nochmals 1807, die Veröffentlichung einer Annonce in der Allgemeinen Literatur-Zeitung und Vorlesungen in Jena gegen Geheimgesellschaften sowie die Erlaubnis einer Neugründung der Weimarer Freimaurerloge Anna Amalia 1808 zei- gen.9 Die Erlaubnis wurde nur zwangsläufig eingeführt, weil die Loge ansonsten im Gehei- men gegründet worden wäre und somit nicht beaufsichtigt werden konnte. Goethe trat ihr deshalb bei. Zudem wurde sie mittels der Schröderschen Reform, die eine Trennung von Freimaurerei und kritischer Aufklärung beinhaltet, weniger gefährlich gestaltet. Goethe ver- sucht deshalb mit dem Groß-Cophta, neben der Lächerlichmachung, das Publikum und die Leser vor solchen Geheimbünden zu warnen, indem er den Halsbandbetrug an Fürst und Fürstin als Produkt der geheimen Intrigen unter dem Deckmantel eines Logenwesens veran- schaulicht.10

Die Geheimgesellschaft im Groß-Cophta wird satirisch gezeigt, womit, nach Mehra (1982), Goethe die Geheimgesellschaften öffentlich bekämpfen will, aufgrund des Verdachts revolu- tionsgetreu zu sein.11 Daher gibt es auch etliche Parallelen zwischen der Geheimgesellschaft im Groß-Cophta und den realen.12 Die Enthüllungszeremonie im achten und neunten Auftritt des dritten Aktes (vgl. MA 55-63) ähnelt einer realen Zeremonie, die Cagliostro als Anhänger der ägyptischen Loge vollzog und sich dabei selbst als Groß-Cophta offenbarte.13 Weitere Gemeinsamkeiten zwischen Graf und Cagliostro sind verordnete Fastenkuren (vgl. MA 10, 22), Geisterbeschwörungen (vgl. MA 14-15, 34-36, 61-63), Weissagungen (vgl. MA 36-37) sowie Unsterblichkeitsversprechungen mit ewiger körperlicher Schönheit und Gesundheit (vgl. MA 18).14 Sogar die Kristallkugelszene im neunten Auftritt des dritten Aktes (vgl. MA 60-63) ist aus dem wahren Leben des Cagliostro entlehnt worden.15 Zusätzlich spricht für die Darstellung einer der Realität nahen Geheimgesellschaft, insbesondere der Freimaurerloge, im Groß-Cophta das allmähliche Aufsteigen in die verschiedenen Grade durch besondere Prü- fungen der Schüler, das Frage- und Antworten Prinzip zwischen Lehrling und Meister (vgl. MA 17, 46-50) (Freimaurer-Katechismen), die Hutsymbolik, bei der der Meister seinen Hut in der Loge (hier beim Marquis und der Marquise zu Hause) anbehalten darf (vgl. MA 33) und erst den Lehrlingen auch einen zu tragen erlaubt, wenn sie den zweiten Grad erreicht haben (vgl. MA 46) bis hin zum Hutziehen des Meisters vor einem gerade aufgestiegenen Meister (vgl. MA 53), die Astrologiesymbolik des Mondes als das passiv-weibliche, der Sonne als das aktiv-männliche (vgl. MA 16) und die Licht-Finsternissymbolik zur esoterischen Wahrheitsfindung (vgl. MA 16-18).16

Die satirische Ausarbeitung dieser realen Handlungsweisen im Groß-Cophta zeigt sich in den Szenen, in denen der Graf die Geister anruft und diese nie erscheinen. Im zweiten Auftritt des ersten Aktes werden nur Regieanweisungen gegeben, die das Handeln der Personen beschrei- ben, aber nicht das der Geister. Die Anweisungen, die einen Kontakt des Grafen mit den Geistern beschreiben, sind in Form einer Äals wenn“ Konstruktion angegeben, z. B. Ä(Pause, als wenn er Antwort vernähme)“ oder Ä(als wenn er vertraulich zu den Geistern spräche)“ (MA 14-15). Dies ist schon mal für den Leser der Hinweis, dass diese Geister nicht existieren, da der Graf ja nur so machen soll als ob. Schon allein als der Ritter die Geister mit seinem Schwert töten will und der Graf ihn dazu auffordert die Klinge durch seine undurchstoßbare Brust zu stechen, gibt der Ritter dann doch auf, obwohl die Geister nicht da sind und der Graf ihn eigentlich von seinem Vorhaben nur durch imponierendes Gehabe abhalten kann (vgl. MA 15). Er wäre der Sache schutzlos ausgeliefert. Hinzu kommt, dass das Mädchen die Andre fragen muss ob sie was sehen könne von den Geistern (vgl. MA 15). Also sind sie nicht sichtbar. Warum sonst sollte Goethe diese Figuren eingefügt haben als zu zeigen, dass die Geister nicht präsent sind. Sie scheinen auch dann nicht da zu sein als es darum geht Türen von allein aufschlagen zu lassen. Dafür musste sich der Äach so mächtige“ Groß-Cophta einen Bediensteten engagieren (vgl. MA 21). Weiterhin wird die Geistersituation des Grafen im fünften Auftritt des zweiten Aktes dadurch lächerlich, dass genau in dem Moment, indem der Graf davon berichtet wie gefährlich es ist von den Geistern überlistet zu werden, sie sich sei- nes Körpers bemächtigen (vgl. MA 34-35). In dieser Szene wird die Lächerlichkeit durch die leise gesprochenen Äußerungen der Marquise und des Marquis, in denen sie das Verhalten des Grafen als unverschämt und verlogen verurteilen, verdeutlicht (vgl. MA 36). Im neunten Auftritt des dritten Aktes wird die Geisterszene komplett als lächerlich entlarvt, indem die Nichte alles, was sie in der Kristallkugel sieht, erfindet und zuvor zum Schauspielern ange- halten wurde (vgl. MA 60-63). Die vermeintlichen Geister werden vom Groß-Cophta dazu benutzt, den Domherrn in der Annahme zu bestärken er würde die Prinzessin treffen. Die Geister sind am deutlichsten in der letzten Szene des fünften Aktes der Lächerlichkeit preis- gegeben. Hier sagt der Oberst dem Grafen, dass er seine Geister rufen solle um ihn zu be- freien, aber er kann es nicht und wird dann auch noch verprügelt (vgl. MA 91-92). Dies zeigt ganz stark die Machtlosigkeit des Grafen und die Abstinenz seiner Geister. Sonst konnte er sie zu jedem Anlass rufen, aber hier nicht, wo er sie am nötigsten bräuchte. Ergo existieren und existierten sie auch nicht.

Die Weissagung im fünften Auftritt des zweiten Aktes wirkt völlig lachhaft, da der Graf zum einen seine Vorhersage nach dem Eintreten des Vorhergesagten macht, wodurch es keine Weissagung mehr ist und zum anderen nichts von der verlorenen Unschuld der Nichte erwähnt, was durch die Aussage des Marquis, Ädiesmal hat Uriel gewaltig fehlgegriffen“, dem Leser verstärkend vor Augen geführt wird (MA 37).

Das Wissen wie die Unsterblichkeit, dauerhafte Gesundheit, Reichtum und Macht über Geister sowie Elemente erreicht werden können, wird mittels Rätsel ins Lächerliche gezogen. Genau in dem Moment, indem der Graf seinen Schützlingen die Geheimnisse vermitteln will, spricht er in Rätseln: Ä- -Die größten Geheimnisse, Kräfte und Wirkungen liegen verborgen- - in verbis, herbis et lapidibus“, ÄIn Worten Kräutern und Steinen“ und löst diese auch nicht auf (MA 59-60). Er verweist immer auf weitere Dinge (unaussprechliche Worte, das Herz), die zur Erfüllung der oben genannten Wünsche führen werden und lässt seine Schüler am Ende genauso schlau wie vorher da stehen. Diese merken das kaum, da der Graf sie mit der Nichte und der Kristallkugelszene ablenkt (vgl. MA 60).

Die verordnete Fastenkur für die Lehrlinge des Grafen und ihn selbst werden nicht eingehalten. Die Lehrlinge treffen sich für einen Abendschmaus während der Fastenzeit, was von ihrem Meister bestraft wird (vgl. MA 9-18) und er bedient sich von der wohl gedeckten Tafel ohne das Wissen seiner Schüler (vgl. MA 22). Daher werden die Bedingungen, die oftmals Geheimgesellschaften stellen, ins Lächerliche gezogen.

Die Lehren werden dadurch satirisch dargestellt, dass das Gelernte im ersten Grad komplett das Gegenteil beinhaltet was im zweiten Grad gelehrt wird (vgl. MA 48). Denn dadurch wurde keine Lehre aus dem ersten Grad gezogen, auf die der zweite aufbaut. Zudem wird Egoismus, eine moralisch schlechte Eigenschaft, über Barmherzigkeit und Mitgefühl gestellt, was jedem Leser regelrecht diffus und damit lächerlich vorkommen muss.17

[...]


1 Vgl. Reiss, Hans: Goethe und die Französische Revolution. In: Zeitschrift für Pädagogik 24 (1989), S. 317-332, hier: S. 318.

2 Blumenthal Lieselotte: Goethes Großkophta. In: Weimarer Beiträge - Zeitschrift für deutsche Literaturgeschichte VII (1961), S. 1-26, hier: S. 12 [künftig: Blumenthal (1961)].

3 Braunbehrens, Volkmar; Busch-Salmen, Gabriele und Salmen, Walter (Hrsg.): J. F. Reichardt - J. W. Goethe. Briefwechsel. Weimar 2002, S. 109.

4 Vgl. Blumenthal (1961), S. 12-13.

5 Jacobi, Max (Hrsg.): ÄIch träume lieber Fritz den Augenblick…“ Der Briefwechsel zwischen Goethe und F. H. Jacobi. 2. Auflage, neu hrsg. v. Andreas Remmel und Paul Remmel. Bonn 2005, S. 121.

6 Goethe, Johann Wolfgang von: Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens. Münchner Ausgabe. Hrsg. von Karl Richter; Herbert G. Göpfert; Norbert Miller u. a. Bd. 14: Autobiographische Schriften der frühen Zwanzigerjahre. Hrsg. und kommentiert von Reiner Wild. München 1986, S. 510.

7 Vgl. Blumenthal (1961), S. 20.

8 Vgl. Goethe, Johann Wolfgang von: Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens. Münchner Ausgabe. Hrsg. von Karl Richter; Herbert G. Göpfert; Norbert Miller u. a. Bd. 4.1: Wirkungen der Französischen Revolution. 1791-1797. Hrsg. und kommentiert von Reiner Wild. München 1988, S. 940-941 [künftig: MA].

9 Vgl. Wilson, W. Daniel: Geheimgesellschaften. In: Goethe Handbuch. Personen, Sachen, Begriffe A-K. Hrsg. von Hans-Dietrich Dahnke und Regine Otto. Stuttgart; Weimar 1998 (= Goethe Handbuch in vier Bänden, hrsg. von Bernd Witte; Theo Buck; Hans-Dietrich Dahnke u. a. Redaktion: Carina Janßen; Petra Oberhauser und Christoph Schumacher, 4.1), S. 343-346, hier: S. 343-346.

10 Vgl. Mehra, Marlies: Goethes Groß-Cophta und das zeitgenössische Lustspiel um 1790. In: Goethe yearbook 1 (1982), S. 93-111, hier: S. 106.

11 Vgl. Mehra (1982), S. 109.

12 Vgl. ebd., S. 108.

13 Vgl. ebd. (1982), S. 106.

14 Vgl. ebd.

15 Vgl. ebd.

16 Vgl. Mehra (1982), S. 107.

17 Vgl. Mehra (1982), S. 107.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Goethes Revolutionsreflexionen in seinen Werken "Der Groß-Cophta" und "Der Bürgergeneral"
Hochschule
Universität des Saarlandes  (Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
Goethe und die Französische Revolution
Note
2.3
Autor
Jahr
2014
Seiten
29
Katalognummer
V341605
ISBN (eBook)
9783668313071
ISBN (Buch)
9783668313088
Dateigröße
757 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
goethes, revolutionsreflexionen, werken, groß-cophta, bürgergeneral
Arbeit zitieren
Marita Becker (Autor:in), 2014, Goethes Revolutionsreflexionen in seinen Werken "Der Groß-Cophta" und "Der Bürgergeneral", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/341605

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